Vorschau: FC Bayern München – FC Schalke 04
21 Punkte trennen den FC Bayern derzeit von Königsblau. Die wiederum haben 14 Punkte Vorsprung auf Mainz 05, die auf dem Relegationsplatz stehen. Ein Sinnbild für die Bundesliga? Vielleicht. Doch Häme gegenüber Schalke wäre unverdient.
Es scheint nach Jahren des Chaos nun endlich Ruhe eingekehrt zu sein. Vielleicht nicht diese Ruhe, die man aus Freiburg oder Mainz gewohnt ist, aber eine, die für Schalker Verhältnisse durchaus angenehm ist.
Heidel hat den Laden weitestgehend im Griff und vermittelt mit der richtigen Mischung aus Anspruchsdenken und Geduld, dass dieser Klub auf einem guten Weg ist, aber noch Zeit benötigt. Selbiges gilt für Domenico Tedesco, der seiner Mannschaft diesen Umschwung ermöglichte.
Tedescos Philosophie und Schalkes Weg an die Spitze
Man kann bis jetzt durchaus von einer erfolgreichen Saison reden – trotz des hohen Etats, trotz der Ansprüche, die der einstige Hauptkonkurrent des FC Bayern immer noch hat. Spielerisch hat sich das Team weiterentwickelt. Die Balance aus jungen Akteuren und erfahrenen Eckpfeilern stimmt.
Speziell die Entwicklung gegen den Ball ist zu nennen. Schalke schafft es, kompakt zu stehen, aber gleichzeitig enormen Druck auf den Gegner auszuüben. Sie wollen vorwärts verteidigen und nicht passiv den Gegner irgendwo hinlenken. In einigen Spielen öffneten sie durch einzelne Undiszipliniertheiten Räume, die von ihren Gegnern eiskalt ausgenutzt wurden. So bemängelte Tedesco hier und da, dass seine Spieler nicht durchliefen, sondern zu passiv gewesen wären.
Das sind Kleinigkeiten, die Königsblau derzeit noch zum absoluten Spitzenteam in der Liga fehlen. Die Entwicklung ist aber erkennbar und Schalke bekommt diese Situationen immer besser in den Griff. Sie zwingen ihren Gegner zu schnellen Entscheidungen und erarbeiten sich damit einige Ballverluste.
Vor der Dreier- beziehungsweise Fünferkette variiert Tedesco nicht nur sein Personal, sondern er passt auch die Staffelung je nach Gegner an. Sein Grundkonzept hat er vor einigen Monaten in einem hochinteressanten Interview mit „Halbfeldflanke.de“ erklärt. 80-90% der Grundidee basieren auf dem eigenen Spiel. Der Rest orientiert sich am Gegner.
„Ich finde, wer die Umschaltmomente kontrolliert, der kontrolliert Fußballspiele, der gewinnt in den meisten Fällen Fußballspiele“, sagte Tedesco damals. Er bezieht sich dabei auf die vier Phasen nach Louis van Gaal: Spiel mit Ball, Umschalten nach Ballverlust, Spiel gegen den Ball und Umschalten nach Ballgewinn.
Tedesco ist ein Trainer, der sich intensiv mit kleinen Details beschäftigt. Welcher Spieler spielt welche Position und macht es Sinn, ihm diese Aufgabe zu übertragen oder leidet damit eine seiner großen Stärken? Wie verhalten sich die einzelnen Akteure auf dem Platz, damit das Team schon in Ballbesitz so gut gestaffelt ist, dass der Umschaltmoment bei Ballverlust einfacher fällt? Solchen Fragen stellt sich der 32-Jährige tagtäglich.
In einem weiteren Interview mit „Spielverlagerung.de“ hat er erklärt, dass er seiner Mannschaft dabei nichts aufzwingt. Schon im Training erarbeitet er mit den Spielern gemeinsam ein Konzept, bei dem alle Beteiligten sagen, dass sie davon überzeugt sind. Nur wenn sie ihm ein „Ja“ geben, kann es erfolgreich sein. Die ständige Problemlösung steht im Mittelpunkt seiner Beschäftigung auf Schalke.
Seine Philosophie äußert sich in einem sehr ausgewogenen Spiel. Das Ballbesitzspiel ist für Tedesco deshalb wichtig, weil die Positionierung der Spieler darüber entscheidet, wie gut man bei Ballverlusten reagieren kann. Diese Balance spiegelt sich auch in den Statistiken.
Schalke steht mit 49,4% im Mittelfeld der Liga, kann dafür aber die sechstbeste Passquote (80,6%) aufweisen. Kein Team spielt zudem so wenige lange Bälle wie Schalke (53 pro Spiel). Tedesco versucht, seiner Mannschaft spielerische Lösungen an die Hand zu geben.
An guten Tagen zählen die Knappen zum besten, was diese Liga derzeit zu bieten hat. Sie laufen strukturiert an, zwingen ihre Gegner zu Fehlern und schließen die wichtigen Zonen mit einer sehr guten Staffelung und Raumaufteilung. An weniger guten Tagen geht die Struktur schon in Ballbesitz etwas verloren und die Umschaltmomente können nicht mehr kontrolliert werden.
33 Tore sind speziell im Vergleich zu Leverkusen, Dortmund oder auch den Bayern noch zu wenig. Und doch hat man bei den Schalkern das Gefühl, dass sie mit dem Ball etwas anfangen können. Schalke schiebt nur selten den Ball durch die eigenen Reihen, um ihn einfach zu haben. Meist suchen sie vertikale und schnelle Lösungen.
Das ist riskant, entwickelt sich aber im Laufe der Saison zu einer Grundeinstellung, die sich auszahlt. Schalke ist noch nicht da, wo sie eigentlich seit Jahren sein sollten. Aber mit Domenico Tedesco und Christian Heidel entwickelt sich ein Team, das auf Dauer wieder gefährlich werden kann. Trotz einiger Verluste wie dem von Leon Goretzka.
Kann Schalke den FC Bayern auf dem falschen Fuß erwischen?
„Den Gegner auf dem falschen Fuß erwischen“ war also das Stichwort in Tedescos Interviews. Auch den FC Bayern wird er unter der Woche analysiert und bemerkt haben, dass das Mittelfeld gar nicht mal so gut strukturiert ist, wie man das aufgrund der Ergebnisse so denken könnte.
Schalke wird deshalb Druck ausüben. In einigen Phasen könnte sich dies im Angriffspressing äußern, in anderen wiederum im höheren Mittelfeldpressing. Tedescos Mannschaft wird auch mal hinten drin stehen und kompakt verschieben, um einige Kräfte zu sammeln. Grundsätzlich wird es aber sein Plan sein, den FC Bayern genau im Mittelfeld zu überraschen.
Sollten Vidal und/oder Tolisso spielen, sind das zwei Fokuspunkte, die er im Pressing ausgemacht haben könnte. Beide neigen dazu, unter Handlungsdruck Fehler zu machen. Es ist also denkbar, dass Tedesco in den Halbzonen um den bayerischen Sechser herum versucht, Überzahlsituationen zu kreieren.
Bayern kann dem nur etwas entgegensetzen, wenn die Achter ihren Sechser und die anderen Mannschaftsteile ihr ganzes Mittelfeld unterstützen. Nicht indem sie sich auf den Füßen stehen, sondern indem sie mit gesunden Abständen Dreiecke generieren, die Schalke ins Leere laufen lassen. Auch schnelle Verlagerungen sind ein probates Mittel gegen Tedescos Elf.
Schaffen die Münchner es, das Herausrücken der Schalker zu provozieren und gleichzeitig deren Mittelfeld zu überspielen, können sie Räume für ihre Flügelspieler, James und Lewandowski öffnen.
In den Umschaltsituationen wird sich frei nach Tedesco auch diese Partie entscheiden. Für den FC Bayern werden sich hier Szenarien bieten, die auch in der Champions League noch eine Rolle spielen. Sie können testen, wie sie mit dem Druck im Mittelfeld am besten zurecht kommen.
Dieses Spiel hat deshalb die bisher größte Aussagekraft für die kommenden Wochen. Kann Bayern eine gut organisierte Defensive, die keinesfalls nur hinten drin steht, sondern aktiv verteidigt, bezwingen? Wenn sie dieses Spiel souverän gewinnen und die Tedesco-Fallen umgehen können, dann wäre das ein wichtiges Zeichen – speziell für die Mannschaft selbst, die in den letzten Wochen zurecht eher Kleinlaut war, was den Anspruch auf einen Favoritenplatz in der Champions League angeht.
Fantipp
Im Fantipp tippt einer unserer Leser den Spielausgang. Für den richtigen Tipp gibt es drei Punkte und für die richtige Tendenz (Sieg, Unentschieden, Niederlage) einen Punkt. Verglichen wird dies dann mit einem Tipp aus der Miasanrot-Redaktion. Am Ende der Saison wird sich zeigen, ob die eingeladenen Fans mehr Punkte erreicht haben, als die Redaktion.
Insgesamt steht es nach den jüngsten Ergebnissen 30:20 für die Redaktion. Zu Gast ist diese Woche Marvin. Er ist 24 Jahre alt und kommt aus Quakenbrück. Seit seiner Kindheit ist er großer Fan des FC Bayern und seit einigen Jahren auch Anhänger des Guardiola-Fußballs.
Marvin: Tedesco hat klar gesagt, dass er die 3 Punkte holen will und seine Mannschaft mutig agieren will. Auch für Leon Goretzka ist es sicherlich ein besonderes Spiel, er wird zeigen wollen, weshalb der FC Bayern ihn verpflichtet hat. Ich tippe auf ein sehr intensives Spiel mit dem besseren Ausgang für den FC Bayern, da die individuelle Qualität am Ende gewinnt.
Justin: Tedesco wird seine Mannschaft akribisch vorbereiten und es auch schaffen, die Bayern zumindest teilweise auf dem falschen Fuß zu erwischen. Die sind nämlich nicht von Anfang an voll da. Am Ende werden die Münchner etwas stärker und Schalke lässt nach. Für den sonst üblichen Siegtreffer reicht es aber nicht mehr und so endet die Partie mit einem 1:1-Unentschieden.
Abschließend noch ein kleiner Hinweis: Wir haben unseren Instagram-Account (@miasanrot) reaktiviert. Dort werden wir ab sofort aktiv sein und – wenn möglich – vor Ort berichten oder zusätzlichen Content bieten. Aktuell haben wir ein paar Fotos und Videos vom Testspiel der U17 gegen die Blauen in unserer Story. Ein Follow lohnt sich also!