Auslosung Champions League: Achtelfinale gegen Kryptonit Liverpool

Justin Trenner 17.12.2018

Schaut man sich die aktuelle Verfassung des noch amtierenden Deutschen Meisters an, so dürften vor allem Lose wie Manchester United oder AS Rom interessant gewesen sein. In jedem Fall waren es aber Atlético Madrid und der FC Liverpool, denen die Münchner wahrscheinlich gerne aus dem Weg gegangen wären.

Nun ist es aber mit Liverpool nicht nur ein Vorjahresfinalist, sondern auch der unangenehmste Gegner geworden. Auf der Welt gibt es im Moment keine Mannschaft, die mit ihren Stärken so sehr zu den Schwächen des FC Bayern passt wie die Reds.

Vollgas-Fußball trifft auf Alte Hasen

In dieser Saison wirken die Münchner behäbiger denn je. In Ballbesitz haben ballführende Spieler zu lange den Ball, Gegner kommen besser in die Zweikämpfe und im letzten Drittel fehlt die entscheidende Idee. Liverpool scheint hingegen auf dem Höhepunkt der Ära Klopp angelangt zu sein. In der Premier League liefern sie sich ein beeindruckendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit Guardiolas Manchester City. International schafften sie am letzten Spieltag nur knapp die Qualifikation für die Runde der letzten 16 – allerdings in einer starken Gruppe mit PSG und Neapel.

Vor allem im Defensivverhalten konnten die Reds in der laufenden Saison beachtliche Fortschritte machen. Durch ein laufstarkes und physisches Mittelfeld sowie die individuelle Klasse einiger Verteidiger wie van Dijk stellen sie in der Liga die beste Abwehr mit nur sieben Gegentoren nach 17 Spielen. Gerade in München wird man sich noch an starke Dortmunder zwischen 2010 und 2013 erinnern. Mit Klopp entwickelten sie den sogenannten Vollgasfußball, der sich nun in England nochmal weiterentwickelt hat.

9 Siege, 3 Unentschieden, 10 Niederlagen – so lautet die beeindruckende Bilanz von Jürgen Klopp mit Borussia Dortmund gegen den FC Bayern. In seiner besten Phase mit dem BVB gelangen ihm fünf Siege am Stück gegen die Münchner.
(Foto: Jan Hetfleisch/Bongarts/Getty Images)

Mit schnellen und spielstarken Spielern gelingt es Liverpool, ein unfassbares Offensivtempo auf den Rasen zu zaubern. Bayern zeigte zuletzt schon Probleme gegen Mannschaften, die nicht annähernd auf dem Niveau spielen, das der FC Liverpool hat. Überspitzt formuliert trifft Jürgen Klopps Vollgas-Fußball auf höchstem Niveau auf die alten Hasen des FC Bayern.

Nur Einstellung wird nicht reichen

In München muss sich deshalb über den Winter nahezu alles ändern, damit eine realistische Chance auf das Weiterkommen besteht. Im Ballbesitzspiel braucht es wieder mehr Anspieloptionen, damit der Gegner nicht so schnell an den ballführenden Spieler kommt. Gegen den Ball braucht es mehr Disziplin, mehr Kompaktheit und eine klügere Entscheidungsfindung auf individueller Ebene. Insgesamt braucht es mehr Struktur, um nicht von Liverpool überrollt zu werden. Und dann braucht es ein bisschen Geschick und Glück, dass Schlüsselspieler wie Coman oder Thiago sich nicht verletzen. Auf fast jeder Ebene fehlt es an mindestens einer Stufe, um mit Mannschaften wie Liverpool mithalten zu können.

Die Liste der Dinge, die passen müssen, ist sehr lang. Im Normalfall ist der FC Bayern in dieser Partie der Außenseiter – auch wenn Jürgen Klopp alles in die Waagschale werfen wird, um das anders zu verkaufen. Liverpool ist als Vorjahresfinalist in Topform und vor allem auf taktischer und strategischer Ebene überlegen. Mit ihrer Spielweise sind sie zudem der klare Kryptonit für die Münchner. Durch das extrem schnelle Offensivspiel vielleicht sogar noch mehr als Atlético Madrid.

Nur mit einer guten Einstellung wird der FC Bayern gegen Liverpool keinen Blumentopf gewinnen. Dann reicht es maximal zur Schadensbegrenzung. Liverpool wird in dieser Saison aber auf jeden Fall ein Meilenstein sein. Entweder als Augenöffner, der den Münchnern zeigt, wie weit sie von Europas Spitze entfernt sind. Oder als Ausgangspunkt einer tollen Champions-League-Saison. Denn wenn die Bayern ihre Fehler und Macken tatsächlich über den Winter beheben können, dann ist dieses Duell vielversprechend. Wenn nur dieses „wenn“ nicht wäre.