Frankfurt tritt, Lewandowski trifft
Experimentierfreudig zeigte sich Kovač dieser Tage nicht. Die Vorbereitung war eher langweilig. Strategisch hatte sich an der Säbener Straße bisher wenig verändert. Viererkette, Halbraumüberladungen – selbst die Mittelfeldbesetzung ähnelte der von Jupp Heynckes. Ein Abräumer, ein Taktgeber, ein vertikal ausgerichteter Spieler.
Gegen seinen alten Arbeitgeber musste der Trainer auf James, Gnabry, Boateng, Sanches und Tolisso verzichten.
Falls Ihr es verpasst habt:
Aus strategischer Sicht blieb erneut alles beim Alten.
Kovač setzte in der Viererkette auf Kimmich, Süle, Hummels und Alaba.
Davor gaben Martínez den Abräumer, Thiago den Taktgeber und Müller den vertikalen Spieler. Vorne verzichtete der Trainer auf Kingsley Coman. Es spielten also Ribéry und Robben. Zwischen ihnen durfte Lewandowski ran.
Auf der anderen Seite versuchte Adi Hütter, die Bayern-Offensive mit einer Dreier- bzw. Fünferkette zu stoppen. Das kompakte Zentrum sollte die Münchner so früh wie möglich auf die Außen lenken, wo die Flügelverteidiger vom Mittelfeld unterstützt wurden. Pokalheld Rebić saß zunächst auf der Bank.
Der Start der Bayern war zunächst behäbig. Im Spielaufbau fanden sie keine Lösungen und einige leichte Ballverluste führten zu guten Kontergelegenheiten der Frankfurter. In den ersten 20 Minuten gab es keine gefährliche Aktion des Rekordmeisters.
Dann sollte aber eine altbewährte Variante direkt zum ersten Tor der Saison führen. Kimmich streichelte den Ball von der rechten Außenbahn ins Zentrum, wo die Bayern Lewandowski durch eine kluge Strafraumbesetzung Platz verschafften. Der Pole nutzte seine Chance eiskalt per Kopf (21.).
Nur fünf Minuten später sollte der Angreifer schon wieder jubeln. Im Vorfeld einer Ecke bekam Lewandowski noch eine leichte Ohrfeige von Abraham, die allerdings nicht geahndet wurde. Wenige Sekunden später gab er mit seinem zweiten Kopfball-Tor die richtige Antwort (26.). Zwei Chancen, zwei Tore – so geht Effektivität.
Die Frankfurter hingegen hatten zweimal richtig Glück. Neben der nicht bestraften Ohrfeige Abrahams hätten die Bayern in der 29. Minute auch einen Elfmeter bekommen können, als Lewandowski von Fabían zu Fall gebracht wurde.
Bis zur Halbzeit gab es keine nennenswerten Großchancen mehr. Letztendlich reichten zwei Kopfbälle, um mit einer 2:0-Führung in die Kabine zu gehen. Wenig überzeugend, dafür aber effektiv und aufgrund der hohen Spielanteile auch verdient.
Im zweiten Durchgang ging die Partie genauso weiter. Bayern kontrollierte die Partie, ging aber nicht ins letzte Risiko. Es gab ja auch keinen Anlass dazu.
Auch die Effektivität nahmen die Münchner mit in die zweite Hälfte. In der 55. Minute war es wieder Lewandowski, der nach Ballgewinn seiner Mannschaft und Vorarbeit von Müller das 3:0 erzielte – diesmal mit dem Fuß. Lustigerweise wurde der Angreifer kurz zuvor erneut von Abraham provoziert. Auch dieser Stoß des Verteidigers wurde nicht geahndet.
Nach gut einer Stunde brachte Kovač Coman für Robben. Der Franzose hatte wenig später auch seine erste gute Szene. Nach einer flachen Hereingabe Alabas war er schnell genug, um den Ball am langen Pfosten einzuschieben (63.). Damit machten die Münchner mit ihrer vierten Großchance ihr viertes Tor.
Goretzka kam direkt im Anschluss für Müller, womit Kovač seiner Mittelfeld-Aufteilung treu blieb. Ein vertikal ausgerichteter Spielertyp für einen ähnlichen Spieler.
Nachdem Lewandowski erneut einen Ellenbogenschlag von Abraham abbekam, wechselte Kovač ihn aus und brachte Wagner. Vielleicht, weil er ihn schonen wollte. Vielleicht aber auch, weil er die Eintracht schonen wollte. Denn der Pole hätte sicherlich wieder innerhalb von Sekunden getroffen. Frankfurt trat, Lewandowski traf.
Die Bayern ließen nicht nach und die Intensität blieb hoch. Je länger das Spiel dauerte, umso müder wurden die Frankfurter. Beim Rekordmeister war allerdings keine Müdigkeit zu spüren. Und das, obwohl Alaba verletzt runter musste und Kovač nicht mehr wechseln konnte.
In der 85. Minute setzte sich Coman mit dem ersten wirklich sehenswerten Dribbling des Spiels durch. Der Franzose bediente Thiago, der wiederum das 5:0 erzielte. Kurz vor Schluss hatte Wagner sogar noch die Gelegenheit, auf sechs zu erhöhen, doch er verpasste aus zwei Metern.
Der Supercup ging mit dieser Leistung verdient nach München. Einzig Alabas Verletzung kurz vor Schluss bremste die Stimmung aus. Eine Diagnose steht noch aus.
3 Dinge, die auffielen:
1. Ohne Tempo und Kreativität, mit Effektivität
Wer sich am Nachmittag die Spiele von Liverpool und Manchester City angesehen hat, der dürfte bei der Partie der Bayern etwas enttäuscht gewesen sein. Klopps und Guardiolas Mannschaften überzeugten mit Tempo, Dynamik und Offensivfußball. Sie spielten sich fast im Minutentakt Chancen heraus.
Kovač scheint in seiner Anfangsphase bei den Bayern auf andere Werte zu setzen. Das Ballbesitzspiel der Bayern gegen Frankfurt war durch wenig Risiko geprägt. Gerade in der Offensive gab es lange Zeit zu wenig Bewegung, um wirklich mal für Überraschungen zu sorgen.
Die Achter standen meist relativ breit, um den Spielaufbau in die Halbräume zu lenken. Dort gab es dann die typischen Überladungen zu beobachten, die die Münchner schon unter Heynckes praktizierten.
Wenn es mal durch die Mitte ging, dann nur durch ein Abkippen Lewandowskis, dessen Bewegung vom einrückenden Robben aufgefangen wurde. Die meiste Zeit war der Zehner-Raum aber unbesetzt und viele Ansätze für aus dem Zentrum initiierte Angriffe gab es nicht. Spannend war hier höchstens, dass es oft Müller war, der für Breite im Spiel sorgte, wenn Robben in die Mitte zog und nicht Kimmich.
Der Außenverteidiger stand durchschnittlich tiefer als noch in der letzten Saison, beteiligten sich aber trotzdem an fast jedem Angriff. Kovač hat mit seinem Ansatz in diesem Spiel durchaus Recht bekommen. Zwei Tore aus den ersten beiden Möglichkeiten reichten, um den Sack früh zuzumachen.
Es war eine gnadenlose Effektivität der Bayern, die das Duell früh entschied. Natürlich ist es wünschenswert, dass die Mannschaft diese Chancenverwertung über die gesamte Saison zeigen kann. Doch wahrscheinlich ist das nicht.
Gerade deshalb muss das fehlende Tempo in der Offensive in den nächsten Wochen thematisiert werden. Ribéry und Robben schafften es nicht, mit Dribblings für Durchbrüche zu sorgen. Einerseits, weil sie bekanntermaßen an Geschwindigkeit verloren haben. Andererseits, weil sie auch zu selten gut freigespielt wurden.
Es fehlte dem Bayern-Spiel an Verlagerungen und an Kreativität. Von der Verteidigung ging der Ball meist schon in Richtung Außenbahn, von da zu Ribéry oder Robben. Frankfurt hatte jeweils genügend Zeit, um das zu verteidigen. Erst am Ende des Spiels, als die herausragende Fitness der Bayern den Unterschied machte, veränderte sich die Situation.
2. Kingsley Coman wird gebraucht
Anfang der zweiten Halbzeit konnten sich die Bayern sehenswert aus dem Druck der Eintracht befreien. Fast hätten die Frankfurter Alaba den Ball abgenommen, aber der Österreicher legte sich die Kugel clever in den Lauf und hatte schließlich freie Bahn.
Eigentlich eine Szene für einen Bilderbuch-Konter. Wie 2013. Damals rannten Alaba und Ribéry den Spielern des FC Barcelona auf und davon.
Im Jahr 2018 fehlte dem Österreicher aber der Ribéry von damals. Der Franzose versuchte zwar, dem Außenverteidiger zu folgen, doch er schaffte es einfach nicht. Und so liefen die beiden Kumpels gut 30 Meter auf einer Höhe in dieselbe Richtung, ohne sich irgendwelche Räume zum Tor zu erarbeiten.
Es war eine ebenso lustige wie bezeichnende Szene. Ribéry – und das gilt gleichermaßen für Robben – schafft es nicht mehr, sich mit Tempovorstößen vom Gegner abzusetzen. Dieser entscheidende Vorteil fehlte den Bayern auch im Saisonfinale der abgelaufenen Spielzeit.
Mit Kingsley Coman und Serge Gnabry stehen in dieser Saison wieder zwei Spieler im Kader, die mehr Tempo und Dynamik mitbringen. Schon im letzten Jahr zeigte Coman, dass er mehr Vorwärtsdrang und Gefahr ausstrahlt als die beiden Bayern-Legenden.
Auch gegen Frankfurt brachte der 22-Jährige direkt einen Mehrwert. Ein Tor und eine Vorlage steuerte er nach seiner Einwechslung bei.
Kovač hat es selbst in der Hand, die Spielzeit zwischen den vier Spielern so aufzuteilen, dass alle in eine gute Form kommen. Schaut man beispielsweise auf die Duelle mit Real Madrid zurück, so kann kein Zweifel daran bestehen, dass Coman den Bayern dort sehr gut zu Gesicht gestanden hätte.
3. Starkes Pressing
Ob 4-1-4-1, 4-4-2, 4-2-3-1 oder 4-3-3 – das Pressing der Bayern war bereits auf sehr gutem Niveau. In höheren Zonen erzwangen sie durch ihr strukturiertes Angriffspressing mehrfach Ballverluste der Eintracht.
Physis, Fitness und Zweikampfverhalten waren immerhin auch Schwerpunkte in der Vorbereitung des Trainerteams. Umso auffälliger war dieser Vorteil im direkten Duell mit einer Mannschaft, die sich genau über diese Werte definiert.
Viele gute Chancen hatten die Frankfurter nicht. Sicherlich ließen die Bayern hier und da auch mal Lücken, aber es gab zu keiner Zeit das Gefühl einer Instabilität. Schaffen es die Münchner in den nächsten Wochen und Monaten, etwas mehr Risiko in das eigene Spiel zu bringen, und diese Stabilität zu behalten, hat Kovač bereits viel gewonnen. Gegen Frankfurt brannte seine Mannschaft kein Feuerwerk ab, doch die Kontrolle war jederzeit gegeben.
Eintracht Frankfurt – FC Bayern München 0:5 (0:2) | |
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Eintracht Frankfurt | Rönnow – Abraham, Hasebe, Salcedo – da Costa (64. Blum), Torro, de Guzman (64. Rebic), Willems – Gacinovic, Fabian – Haller (76. Jovic) |
Bank | Wiedwald, Tawatha, Russ, G. Fernandes |
FC Bayern München | Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba – Martinez, Thiago, Müller (64. Goretzka) – Robben (58. Coman), Lewandowski (72. Wagner), Ribery |
Bank | Ulreich – Rafinha, Bernat, Rudy |
Tore | 0:1 Lewandowski (21.), 0:2 Lewandowski (26.), 0:3 Lewandowski (54.), 0:4 Coman (64.), 0:5 Thiago (85.) |
Gelbe Karten | Abraham – Hummels |
Schiedsrichter | Marco Fritz |
Zuschauer | 50000 |
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