Bayern Munich's French midfielder Franck Ribery hits the pitch during the German first division Bundesliga football match VfL Wolfsburg vs FC Bayern Munich at Volkswagen Arena on February 17, 2018 in Wolfsburg, Germany. (Photo: RONNY HARTMANN / AFP / Getty Images)

VfL Wolfsburg – FC Bayern 1:2 (1:0)

Maurice Trenner 17.02.2018

In der vorangegangenen Saison hatte der FC Bayern mit einem 6:0-Kantersieg in Wolfsburg die 27. Meisterschaft der Vereinshistorie geholt. Trotz einer schwächelnden Konkurrenz in diesem Jahr ging es heute für die Münchner noch nicht darum den Titel fix zu machen und es wurde auch weitaus weniger deutlich.

Die wichtigste Personalie bei den Münchnern hatte sich bereits am Donnerstag geklärt: Der zuletzt Grippe-geplagte Jupp Heynckes stand wieder auf dem Trainingsplatz. Nachdem der Cheftrainer am letzten Samstag noch die erste halbe Stunde des Spiels gegen Schalke verschlafen hatte, saß er heute wieder auf seinem angestammten Platz neben Peter Hermann.

Im Spielerkader in Wolfsburg waren die zuletzt formstarken James Rodriguez und Kingsley Coman aufgrund einer Erkältung bzw. im Falle von James wegen Schonung nicht zu finden. Dafür stand Thiago wieder in der Startelf. Der Mittelfeldregisseur lief damit zum ersten Mal seit Ende November wieder für den Rekordmeister auf.

Auch ansonsten wechselte Heynckes fleißig durch und schonte seine komplette Viererkette und Lewandowski für das Achtelfinale-Hinspiel gegen Besiktas am Dienstag. Erstmals unter Jupp durfte Javi Martínez wieder in der Innenverteidigung beginnen.

Falls ihr es verpasst habt

Bereits ab Beginn der Partie zeigte sich, welche Art von Spiel dies heute Nachmittag werden sollte.

Grundformationen Wolfsburg - BayernGrundformationen VfL Wolfsburg – FC Bayern München

Bayern agierte mit viel Ballbesitz während alle elf Wolfsburger in einem 4-5-1 hinter dem Ball standen und auf Konter nach Ballverlusten der Münchner lauerten. Durch die kompakte Staffelung konnte Wolfsburg auf Außen die Angreifer der Münchner meist doppeln.

Mit der ersten Chance, dann urplötzlich die Führung der Wolfsburger in der achten Minute. Einen langen Ball aus dem Mittelfeld klärte Martinez per Kopf unglücklich zur Ecke. Diese führte der VfL kurz aus. Malli schlug von Robben unbedrängt eine Flanke auf Höhe Fünfmeterraum, wo Bernat dem nur 1,70-großen Didavi zu viel Platz ließ. Dieser köpfte, wie bereits im Hinspiel, unhaltbar für Ulreich ein.

Nach dem Rückstand wurden die Münchner deutlich aktiver. Verhaegh-Ersatz Jung foulte Ribery am linken Strafraumeck und erhielt die erste gelbe Karte der Partie (11.). Den fällig Freistoß setzte Rudy deutlich über den Kasten der Werkself.

Ein weiterer Freistoß führte zur nächsten Bayern-Chance. Aus dem rechten Halbfeld schlug Robben eine Flanke scharf auf den langen Pfosten. Der aufgerückte Süle verpasste hauchdünn und Casteels konnte klären (15.). Aus dem Spiel tat sich der Rekordmeister aber schwer gegen kompakte Wolfsburger.

So ergaben sich aus dem Spiel heraus, bis zur halben Stunde Marke, keine nennenswerten Chancen für die Münchner mehr. In den Offensivaktionen vermisste man die fehlenden Abläufe dieser zusammengewürfelten Mannschaft. Auch kamen die Außenspieler der Bayern nicht in Eins-gegen-Eins-Duelle.

Einigen Münchnern war der Frust spürbar anzumerken. In der 37. Minute entschied Referee Stegemann nach Videoanalyse auf Unsportlichkeit gegen Ribery, der Steffen mit dem Ellenbogen im direkten Duell getroffen hatte. Über Rot in dieser Szene hätte sich der Franzose nicht beschweren dürfen.

Dies sollte neben zwei verspielten Kontergelegenheiten über Ribery und Robben der letzte Aufreger bis zur Halbzeit bleiben. Damit ging es zum ersten Mal seit der Niederlage gegen Mönchengladbach am 13. Spieltag in der Bundesliga mit einem Rückstand in die Pause.

Zur Halbzeit standen nur mickrige vier Schüsse – keiner davon aufs Tor – auf dem Konto der Münchner. Vielleicht auch deswegen durfte sich Lewandowski in der Pause extra lange warm machen, musste dann aber vorerst weiterhin auf der Bank Platz nehmen. Auch Wolfsburg kam ohne Veränderungen aus der Kabine.

Direkt nach der Pause spielte Rudy einen haarsträubenden Rückpass in die Füße von Origi. Der Ex-Hoffenheimer konnte den Belgier nur per Foul stoppen. Den fälligen Freistoß schoss Malli übers Tor (46.).

In der 53. Minute spielten die Münchner erstmals direkt und sofort wurde es gefährlich im Strafraum der Autostädter. Wagner legte auf Martinez ab, dessen Hereingabe versucht Tolisso zu erreichen. Dabei kam es zum Kontakt mit Steffen und der Schiedsrichter Stegemann entschied auf Elfmeter. Eine zumindest nicht eindeutige Entscheidung.

Ohne den etatmäßigen Schützen Lewandowski, durfte Robben antreten. Doch der Schuss des Niederländers wurde von Casteels an den Außenpfosten gelenkt. Es blieb beim Rückstand.

Der verschossene Elfmeter stachelte den Tabellenführer sichtlich an. Gerade Tolisso suchte zunehmend den Weg in den Strafraum. Rafinhas Flanke fand ihn in der 57. Minute ungedeckt am langen Pfosten, doch die Direktabnahme des Franzosen geht genau auf den Torwart.

Nach einer guten Stunde beendete Thiago sein Comeback und wurde durch Thomas Müller ersetzt. Die Ausrichtung der Münchner wurde dadurch leicht offensiver, da man nun mit Müller im Zehnerraum agierte.

Kurz später wurde die zunehmende Offensive belohnt. Nach Ballgewinn gegen Origi spielte Bayern gegen unsortierte Wolfsburger über Müller nach vorne. Erstmals kam Robben in ein Tempodribbling und kann sich gegen Rechtsverteidiger Itter durchsetzen. Seine scharfe Hereingabe konnte Wagner am kurzen Pfosten verwerten. Das zweite Tor für den Neu-Münchner (64.).

Bereits wenige Minuten danach war auch der Arbeitstag für Kapitän Ribery beendet. Aufgrund der fehlenden Alternativen für Linksaußen wurde der Franzose durch David Alaba ersetzt.

Obwohl Bayern nun in immer mehr Zweikämpfe kam und auch immer wieder Dribblings über Außen suchte, kam man in der Folge nicht zu weiteren zwingenden Aktionen. Zu oft war der vorletzte Pass ungenau.

Als letzte Option brachte Heynckes in der 79. Minute mit Lewandowski den Top-Torschütze der Bundesliga positionsgetreu für Wagner.

Doch auch dieser Wechsel schien zu verpuffen. Die Bayern erspielten sich maximal Halbchancen oder Standardsituationen, kamen aber nicht zu gefährlichen Abschlüssen. Selbst ein typischer Robben-Abschluss von rechts segelte über die lange Ecke.

Und als alle bereits mit einem Unentschieden gerechnet hatten, entschied Steegemann nochmals auf Elfmeter für die Bayern. Robben kam nochmals mit Tempo auf seinem Dauerrivalen Itter zu. Im Sechzehner legt er sich den Ball an Selben vorbei und der junge Rechtsverteidiger fährt den Arm aus. Eine mehr als vertretbare Entscheidung.

Der eingewechselte Lewandowski machte seine Sache besser als Robben zuvor und verwandelte ins rechte untere Eck. Casteels hatte die richtige Ecke geahnt und sogar den Handschuh am Ball, war aber machtlos.

Durch eine sichtliche Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte entführt Bayern drei Punkte aus der Autostadt. Am Ende der Partie hatten die Münchner 18 Torschüsse auf dem Konto. Zeigten also eine positive Entwicklung. Damit grüßt Bayern weiterhin mit großem Vorsprung von der Spitze und geht mit dem Erfolgserlebnis eines gedrehten Spiels in das Champions-League Achtelfinale.

Drei Dinge, die auffielen

1. Keine Form, schweres Spiel

Mit Blick auf das nicht zu unterschätzende Hinspiel im Champions-League-Achtelfinale daheim gegen Besiktas Istanbul hatte Jupp Heynckes die Rotationsmaschine angeworfen. Gleich acht Neue im Vergleich zum Heimsieg gegen Schalke standen in der rot-weißen Startformation.

Dabei ließ der Chefcoach gerade die zuletzt formstarken Spieler außen vor. Hatten James, Coman und Müller zusammen oder getrennt in den letzten Wochen großen Anteil an den Siegen zu Beginn der Rückrunde, so fanden sie sich gegen Wolfsburg nicht in der Startelf. Der zuletzt wiedererstarkte und auffällig spielende Vidal war gelbgesperrt und daher ebenfalls nicht von der Partie.

Der Kader der Bayern hat durchaus Qualität, auch auf den hinteren Kaderplätzen. Doch aus verschiedenen Gründen sind diese Spieler momentan kollektiv in einem kleinen Formtief.

Seit dem Abgang von Ancelotti und der damit einsetzenden Reduzierung seiner Minuten, durchlebt Neuzugang Rudy eine mittlerweile handfeste Formkrise. Glänzte der Ex-Hoffenheimer im Herbst noch mit seiner Übersicht und Passsicherheit, so sind momentan gerade diese Aspekte problematisch in seinem Spiel.

Bei nahezu jedem Einsatz unterläuft Rudy ein horrender Fehlpass oder Ballverlust, so auch heute wieder. Insgesamt kam Rudy zwar auf eine Passquote von größer 90%, allerdings waren diese Pässe selten vertikal und häufig lateral – ohne Raumgewinn und ohne Kreativität.

Es wird für Heynckes eine große Aufgabe werden, auch die Spieler auf den hinteren Kaderplätzen in Form zu bringen. Gerade diese Fähigkeit zeichnete beispielsweise die Triple-Mannschaft von 2013 aus.

Um dies zu erreichen, werden immer wiederkehrende Einsätze in der vermeintlich bereits entschiedenen Bundesliga von Nöten sein. Das Spiel heute zeigt, wie schwer dieser Prozess sein kann.

2. Bernat und Ribery sind nicht Alaba und Coman

Dass Juan Bernat dem Wolfsburger Didavi vor dem 1:0-Führungstreffer der Wölfe zu viel Platz ließ, soll an dieser Stelle nicht teil der Analyse sein. Vielmehr soll auf das Zusammenspiel auf dem linken Flügel eingegangen werden.

In den letzten Wochen hatte gerade Alaba einen deutlichen Formanstieg gezeigt. Zusammen mit Coman spielte der Österreicher Woche um Woche gegnerische Hintermannschaften schwindlig. Die beiden Jungen auf Links hatten zueinander gefunden, die Abläufe schienen zu stimmen.

Immer wieder konnte Alaba Coman über Außen hinterlaufen und eine scharfe Flanke einstreuen, weil der Franzose einen oder zwei Gegenspieler gebunden hatte, oder aber der Österreicher überlief den Linksaußen nach innen, um entweder in den Strafraum zu ziehen oder einen Pass in den Rückraum zu ermöglichen.

Im heutigen Spiel war von dieser Dynamik auf links nur wenig zu sehen.

Bernat gegen Jung
Bernat versucht Akzente zu setzen.
(Foto von Stuart Franklin / Bongarts / Getty Images

Über die gesamte erste Hälfte hatte Ribery große Probleme in Eins-gegen-Eins-Duelle auf Außen zu kommen. Zum Einen wurde er früh von Steffen und Jung zusammen angegangen, wodurch er erst gar nicht mit Tempo auf die Abwehrreihe zu gehen konnte. Zum Anderen fehlt Ribery mittlerweile auch der schnelle Antritt auf den ersten zwei bis drei Metern, um sich aus einer solchen Manndeckung zu befreien.

Auch Bernat konnte Ribery nur selten unterstützen. Wenn Ribery mit Ball bereits den beiden Wolfsburgern gegenüberstand, war der Spanier meist zu statisch, so dass ein Pass auf ihn die Angriffsbemühungen der Bayern abbrach. Vertikale Läufe in die Räume hinter dieses Duo fanden gar nicht statt.

Hier könnte eine zusätzliche Unterstützung durch den linken Achter hilfreich sein. Im Dreieck, könnte eine solchartige zukünftige aggressive Deckung überspielt werden.

3. Thiago will, kann aber noch nicht

Fast drei Monate war Thiago ausgefallen. Dennoch ließ Heynckes seinen Mittelfeld-Regisseur erst zwei Wochen am Mannschaftstraining teilnehmen, bevor er ihn wieder in eine Partie warf.

Dem Spanier war sofort anzumerken, dass er keinen Tag länger mehr auf der Bank oder heimischen Couch sitzen mochte. In vielen Aktionen war die Spielfreude des letztjährig besten Bayern-Spielers anzumerken.

Der Ballgewinn auf Außen, die schnellen Drehungen und sogar vertikale Pässe waren im Ansatz zu sehen. Nach 60 Minuten stehen 81 Ballaktionen, ein Key Pass und 92% angebrachte Pässe. Dazu bewies Thiago seine defensiven Fähigkeiten, war mit fünf Zweikämpfen erfolgreichster Zweikämpfer auf Seiten der Roten und fing auch einen Pass ab.

Dennoch war in jeder Aktion offensichtlich, dass dieser Thiago noch einiges weg ist von dem Thiago der vergangen Saison. Jede Handlung war etwas langsamer und etwas ungenauer. Besonders in der zweiten Hälfte trat der Spanier nur noch selten in Erscheinung und wirkte langsam.

Hier spielt es dem spanischen Nationalspieler und dem FC Bayern in die Karten, dass im Achtelfinale von Europa der große Gegner ausblieb. Somit hat Thiago noch einige Wochen Zeit, um zurück in seine Form zu finden. Der Wille ist auf jeden Fall bereits da.

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VfL Wolfsburg – FC Bayern 1:2 (1:0)
VfL Wolfsburg Casteels – S. Jung (78. Wolliam), Knoche, Bruma, G. Itter – Arnold – Guilavogui, Didavi – Steffen (84. Osimhen), Malli – Origi
Bank Grün, Mehmedi, Rexhbecaj, Bazoer, Dimata
FC Bayern München Ulreich – Rafinha, Javi Martinez, Süle, Juan Bernat – Rudy – Tolisso, Thiago (62. Müller) – Robben, Ribery (66. Alaba) – Wagner (80. Lewandowski)
Bank Starke, Kimmich, Hummels, Boateng
Tore 1:0 Didavi (8.); 1:1 Wagner (64.); 1:2 Lewandowski (90. + 2)
Karten Gelb: Jung, Arnold, Steffen, Itter / Thiago, Ribery
Schiedsrichter Sascha Stegemann (Köln)
Zuschauer 30.000 (ausverkauft)