Vorschau: VfL Wolfsburg – FC Bayern München

Justin Trenner 25.02.2016

Unser Gast ist Daniel (@Kaestorfer) und er gibt uns Einblicke in die derzeitigen Baustellen des VfL Wolfsburg.

Stell dich doch bitte kurz vor. Seit wann bist du Fan des VfL Wolfsburg und warum? Was fasziniert dich an deinem Verein?

Mein Name ist Daniel, ich bin 27 Jahre alt und derzeit Student. Ich bin seit 1996 VfL Wolfsburg Fan. Mein Vater nahm mich damals zum ersten Mal mit ins Stadion. Es ging in der zweiten Liga gegen den FSV Zwickau und wir standen auf der Gegengerade, was nach dem Aufstieg 1997 auch mein Stammplatz wurde. Immer auf Höhe der Mittellinie standen wir bei Wind und Wetter, ehe es 2005 in die neue Volkswagen Arena ging. Viele Fans können nicht verstehen, wie man einen Verein wie Wolfsburg oder Leverkusen unterstützen kann. Hier in Wolfsburg fiebern alle leidenschaftlich mit. Wolfsburg hat eine Einwohnerzahl von 125.000 Menschen, das Stadion fasst 30.000 Zuschauer und wird auch am kommenden Samstag ausverkauft sein. Natürlich auch mit vielen Bayern-Fans aus der Region. Allerdings darf man nicht vergessen, dass über 50.000 Arbeiter täglich ins VW-Werk strömen. Dass VW im Jahr 2001 so richtig bei uns eingestiegen ist, tat meiner Faszination für den Verein keinen Abbruch, denn der VfL gehört zur Stadt Wolfsburg wie das Werk.

Mit Platz 8 sollte Wolfsburg unzufrieden sein, oder? Allerdings sind es nur fünf Punkte bis zu Platz 3. Wie schätzt du die Situation ein?

Natürlich ist man derzeit in Wolfsburg – gerade wenn man den Kader betrachtet – alles andere als zufrieden mit der Situation. Noch ist der Zug in Richtung Europa nicht abgefahren, aber sollte man sich auswärts nicht verbessern, dann dürften die Heimspiele nicht ausreichen, um sich für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Noch sehe ich dieses Ziel nicht in Gefahr, da alles sehr eng beieinander ist. Sollte man in den nächsten Spielen keine Punkte holen, dürfte es mit der Situation auch um unseren Trainer deutlich schwieriger werden. Einige Fans fordern schon seit längerem seine Entlassung.

Zu Hause hat der VfL erst ein Spiel verloren und das sehr unglücklich. In der Auswärtstabelle steht Wolfsburg mit nur einem Sieg und 7 Punkten auf dem letzten Platz. Wo siehst du die Gründe dafür und welchen Anteil hat Dieter Hecking daran?

Für das Dortmund-Spiel kannst du dem Trainer keinen Vorwurf machen. Das war unglücklich. Auswärts hingegen gibt es einen anderen VfL zu sehen. Kein Selbstvertrauen, wenig Laufbereitschaft und vor allem: Wenig bis gar keinen Kampf. Hinzu kommt die fehlende Stabilität bei Rückstand. Ich sehe hier auch ein mentales Problem. Zu Hause müssen wir das Spiel oft selbst machen, das liegt uns derzeit eher als das Konterspiel aus der letzten Saison. Die unzähligen Kontertore, die durch Kevin de Bruyne eingeleitet wurden, sind in dieser Saison nicht vorhanden. In München haben wir wohl unsere beste erste Halbzeit auf fremdem Platz gespielt. So hätte man es sich aus unserer Sicht gerne immer gewünscht. Dieter Hecking hat seit seinem Amtsantritt den besten Punkteschnitt aller bisherigen VfL-Trainer. Er hat es geschafft, dass wir nach zwei Jahren im unteren Tabellendrittel endlich wieder oben mitspielen konnten und uns stabilisiert haben. Was ihm fehlt ist ein Stürmer, den wir im Grunde genommen seit 3 Jahren suchen, um unseren Ansprüchen gerecht zu werden. Mit Max Kruse haben wir einen Nationalspieler aus Gladbach geholt, der nach starkem Beginn derzeit auch in einem Formtief ist und als alleinige Spitze sehr verloren wirkt.

In der Innenverteidigung darf Dante neben Naldo spielen und gibt der Abwehr statt Stabilität neue Unsicherheiten. Wir hätten in der derzeitigen personellen Situation die Möglichkeit gehabt auch junge Spieler zu integrieren. Seit Jahren sind wir mit unserer Jugendabteilung unter den besten vier in Deutschland vertreten, schaffen es aber nicht, außer Knoche und Arnold, Jugendspieler in unsere Mannschaft einzugliedern. Am Wochenende in Berlin hatte man einige dieser Spieler auf der Bank, verpasste aber die Gelegenheit ihnen eine Chance zu geben, obwohl einige Stammspieler sehr müde wirkten. Hecking nun alleine zu beschuldigen wäre aber zu einfach. Einige Spieler rufen derzeit einfach nicht ihr Potential der Vorsaison ab. Dazu zählen Benaglio, Naldo, Rodriguez, Vieirinha und Kruse.

Vor der Saison gingen mit de Bruyne und Perisic zwei der wichtigsten Spieler. Trauert man ihnen sehr nach, oder ist es dir zu einfach die schwierige Situation darauf zu begrenzen?

Natürlich ist es nicht schön mit anzusehen, dass die beiden Spieler nun bei anderen Vereinen spielen, aber damit hätte man rechnen müssen. Beide haben von Anfang an klar kommuniziert, dass sie bei einem entsprechenden Angebot gehen könnten. Allerdings kritisiere ich den Zeitpunkt des Wechsels. Nach meinen Informationen hätte man schon am Anfang der Sommerpause für dieselben Ablösesummen verkaufen können. Dies war nicht der Fall und so gab es kurz vor Schluss noch die Neuverpflichtungen von Dante und Draxler. Bei Dante muss man leider sagen, dass er uns nicht weitergebracht hat. Er ist ein guter Backup, aber nicht mehr. Draxler ist einer der talentiertesten Spieler, aber noch zu inkonstant. Unser Spiel vor der Draxler-Zeit wurde von Kevin de Bruyne diktiert. Er hat neben seiner sportlichen Qualität auch diesen unbedingten Willen gehabt Spiele zu gewinnen. Das System lief mit ihm. Diese Lücke konnte man nicht ausreichend schließen. Hier benötigen wir Ideen und eine andere Spielphilosophie, die derzeit nicht so ganz zu erkennen ist.

Klaus Allofs wurde in der jüngeren Vergangenheit mehrfach kritisiert. Es wurde teilweise viel Geld für Spieler in die Hand genommen, die Form- oder Formationsbedingt (noch) nicht funktioniert haben. Einen international renommierten Mittelstürmer sucht man auch schon länger, wurde bisher aber nicht fündig. Wie bewertest du seine Arbeit?

Es gibt seitens des Managements Äußerungen, dass wir „oben angreifen“ wollen. Letztendlich holte man aber kaum Spieler, die in das System passen und uns weiterbringen. Das beste Beispiel ist hier wohl der Schürrle-Transfer im vergangenen Winter. Wir haben ihn zu einem extrem hohen Preis gekauft. Der Nationalspieler passt allerdings nicht zu unserer aktuellen Spielweise. Es tut mir vor allem für den Menschen Schürrle leid, dass er nun so abstempelt wird, aber hier haben wir einen großen Fehler begangen, den man auch nicht so schnell korrigieren kann. Zudem wurden Spieler wie Ascues oder Zhang geholt, die nicht ein einziges Pflichtspiel seit ihrer Verpflichtung gemacht haben. Dies lässt auch große Zweifel an unserem Scouting aufkommen.

Das Stürmerproblem macht die Situation nicht besser. Seit Mario Mandzukic – den Dieter Hoeneß holte – haben wir es nicht geschafft adäquaten Ersatz zu verpflichten. Dost ist ein guter Strafraumstürmer, der sich in seiner Zeit hier bei uns schon sehr gesteigert hat, aber unseren Ansprüchen auch nicht genügt. Und dann wäre da noch Nicklas Bendtner, der nie wirklich Leistung gebracht hat und es sich nun auch mit dem Trainer verscherzt hat, weshalb er kaum Einsatzzeiten bekommt. Außerdem fehlt uns ein kreativer Mann neben Gustavo. Maxi Arnold macht seine Sache wirklich gut und fehlte uns auch in den vergangenen Wochen, aber ein Taktgeber ist er auch (noch) nicht. Seit dem Tod von Junior Malanda haben wir diese Position nicht mehr richtig besetzt. Auch in der Abwehr haben wir uns eher verschlechtert als verbessert.

Wie muss der VfL Wolfsburg deiner Meinung nach gegen den FC Bayern auftreten, um eine reelle Chance zu haben? Wo siehst du Schwächen beim FCB und wo eure größten Stärken?

Gegen die Bayern wird es mal wieder ein schwieriges Spiel. Aber manchmal sind es auch die Spiele, in denen man sich besonders beweisen will. Vor allem unsere Offensive könnte dies am Samstag tun. Allerdings wird es nichts, wenn wir uns nur auf Konter verlassen wollen und passiv spielen. Deshalb wünsche ich mir eine selbstbewusst auftretende Mannschaft, die versucht die Räume eng zu machen und schnell nach vorne zu spielen. Besonders durch die Schwächungen in der Innenverteidigung denke ich, dass die Offensive unsere beste Verteidigung sein kann. Ich bin gespannt, wie das Team eingestellt ist und wie man in den ersten Minuten in das Spiel findet. Gerade das ist bei uns in dieser Saison oft entscheidend gewesen. Unsere größte Stärke würde ich derzeit in der Unberechenbarkeit sehen.

Wie geht das Spiel aus und wo landet Wolfsburg am Ende der Saison national, aber auch international?

Bayern hat auch mit den Ausfällen einen starken Kader und ist uns in allen Belangen überlegen.  Ich könnte mir allerdings ein Unentschieden vorstellen. Vor allem im Hinblick auf die Doppelbelastung mit dem Spiel in Turin erhoffe ich mir, dass wir den frischeren Eindruck auf dem Platz machen. Deshalb gehe ich von einem 1:1 aus.

National wünsche ich mir, dass wir einen Lauf starten können, wenn alle Verletzten wieder dabei sind. Ich tippe auf die Plätze zwischen 4 und 7. International könnten wir mit einem Sieg gegen Gent zu Hause in das Viertelfinale der Champions League einziehen. Da ist dann auch für uns Feierabend.

Auf der zweiten Seite folgen eine Vorschau, wissenswerte Statistiken und fünf Thesen zum Spiel.