Vorschau: FC Bayern München – FSV Mainz 05
Um euch auf die kommende Partie vorzubereiten, haben wir wieder ein Interview geführt, den Gegner analysiert und neben einigen Statistiken auch fünf Thesen zum Spiel aufgestellt. Unser Gast ist diesmal Petra (@ClioMZ).
Hallo Petra, stell dich doch bitte kurz den Lesern vor und erzähl uns wie du zum FSV Mainz 05 gekommen bist. Was unterscheidet deinen Verein von anderen?
Ich heiße Petra, bin 32 Jahre alt und wohne 20 km von Mainz entfernt. Mein Twitterhandle ClioMZ spielt auf mein Geschichtsstudium an – Clio / Klio ist der Name der Muse der Geschichtswissenschaft in der griechischen Mythologie.
Ich schaue Fußball seit ich Fernsehen darf, das heißt seit ich 2 Jahre alt bin. Allerdings habe ich erst mit 10 Jahren begonnen, mir durch Zuschauen die Regeln anzueignen. In Borussia Dortmund fand ich damals meine Lieblingsmannschaft. In Mainz war ich alle zwei Jahre mal, wenn ich wieder einen neuen Anorak gebraucht habe. Tatsächlich kam während der 1990er Jahre kaum ein Fan von außerhalb der Stadtgrenze. Das Ganze änderte sich Anfang der 2000er Jahre. „Kloppo“ wurde ja Rosenmontag 2001 Spielertrainer der Mannschaft und seit dieser Zeit schwappte das Interesse über die Mainzer Stadtgrenze hinaus. In der Saison 2001/02 verfolgte ich sowohl Dortmund als auch Mainz. Ich weiß nicht, wann oder wie es geschah, aber ich weiß, dass mich am Ende dieser Saison Mainz’ erster Nichtaufstieg wesentlich mehr berührte als Dortmunds kaum für möglich gehaltene Meisterschaft (Leverkusen hatte 3 Spieltage vor Schluss 5 Punkte mehr). Noch dazu hatte ich in dem Jahr mein Abi gemacht und es war klar, dass ich in Mainz studiere.
Als ich dann im Juli 2002 sah, dass der Bruchweg fünf Fußminuten von der Mainzer Campusuni lag, war alles klar. Im September 2002 wurde ich Mitglied, im Oktober 2002 war ich dann das erste Mal im Stadion. Ich weiß noch, dass es meinen Eltern gar nicht so recht war, dass ich völlig alleine spät(montags)abends im Stadion war. Aber ich konnte sie schnell von dem „Familiären“ in Mainz überzeugen. Mit „familiär“ meine ich nicht nur den Umgang aller miteinander, sondern auch die „Struktur“ der Fans. Verhältnismäßig viele Familien gingen zum Bruchweg und gehen in die Coface Arena. Dieses respektvolle, familiäre Verhältnis untereinander, das Auf-dem-Boden-bleiben, geprägt durch die beiden Nichtaufstiege, der Zusammenhalt, das prägt einfach.
Mainz steht derzeit auf Platz 5. Wie zufrieden bist du mit der aktuellen Situation und was erwartest du dir vom Rest der Saison? Ist Europa ein Thema für euch?
Ich bin ziemlich zufrieden. Sehr zufrieden bin ich dann, wenn wir die 40 Punkte haben. Zwei Nichtaufstiege bremsen meine innere Euphorie ganz automatisch – und auch bei vielen anderen Fans. Aber es gibt natürlich auch jene, man bezeichnet sie ja gerne als „Erfolgsfans“, die das Erreichen der Europa League-Plätze als einziges Ziel fordern, weil Mainz ja in der 1. Bundesliga etabliert ist und sich doch nicht kleinreden braucht und … ach, ich kann deren Argumentationskette nachvollziehen, aber die Nichtaufstiege haben mich zum gebrannten Kind gemacht. Das werde ich nicht mehr ablegen können und deshalb freue ich mich tatsächlich über jede Saison, in der wir nicht absteigen. Aktuelles Beispiel? Nach dem Spiel gegen Leverkusen skandierten ein paar Fans auf der Stehtribüne „Europapokal“, wurden aber direkt von „Nie mehr zweite Liga“ übertönt.
Zum Thema Europa League: Ich weiß ja nicht so recht, was ich mit der Europa League anfangen kann. Mainz scheint einfach keine Pokalmannschaft zu sein, denn im DFB-Pokal bekleckern sie sich häufig auch nicht mit Ruhm. Andererseits haben wir den Aufstieg ja auch im berühmtberüchtigten dritten Versuch geschafft. Schade wäre nur, wenn wir es zwar in die Gruppenphase der EL schaffen, dafür aber in der Liga gegen den Abstieg spielen.
Ich wünsche mir einen Abschluss in der oberen Tabellenhälfte. Ich brauche keine Europa League, aber wenn es dann doch irgendwie dazu kommt, dann nehme ich sie mit. Diesmal allerdings ohne große Hoffnungen – so, wie beim ersten Aufstieg von Mainz. Vielleicht bringt das ja Glück.
Martin Schmidt ist jetzt etwas mehr als ein Jahr Trainer des FSV. Wie bewertest du seine Arbeit? In welchen Bereichen hat er die Mannschaft merklich verbessert und für welche Art von Fußball steht er?
Ich weiß nicht, wie oft ich schon das Wort „Lehrbuch“ oder „lehrbuchartig“ in Zusammenhang mit seinem Namen und seiner Taktik gelesen habe. Tatsächlich behält er das 4-4-2-Spiel möglichst lange bei und setzt auch ansonsten auf Kontinuität mit möglichst wenig Wechseln – sowohl von Spiel zu Spiel als auch während des Spiels. Sein Vorgänger Kaspar Hjulmand variierte zwischen 4-2-3-1 und 4-3-3 und ließ Ballbesitzfußball spielen. Als Schmidt letztes Jahr an Fastnacht Trainer der ersten Mannschaft wurde (er war ja vorher Trainer der U23) und Mainz relativ tief in der Tabelle stand, ließ er den Rest der Saison vorwiegend Umschaltfußball spielen. Jenen Fußball, den vorher auch Jürgen Klopp und Thomas Tuchel spielen ließen und der ab und an als „Mainzer Fußball“ bezeichnet wird. Schmidt steigerte die Laufbereitschaft und Laufleistung, ließ bewusster und schneller das Zentrum und den Halbraum verschließen und erreichte so, dass Mainz die Saison im tabellarischen Mittelfeld auf Platz 11 abschließen konnte.
Die Sommerpause nutzte Schmidt, um der Mannschaft seine Art von Fußball zu lehren und sie zu trainieren. Hier zeigt sich, dass Schmidt zeitweise als Jugendtrainer bei Tuchel assistierte, dessen Taktik aufsog, sie aber mit eigenen Elementen ergänzte. Er bevorzugt eine Mischung aus Ballbesitzfußball und Umschaltfußball, basierend auf einer hohen Laufleistung. Deshalb lässt er sehr viel stärker als seine Vorgänger Kondition und Schnelligkeit trainieren und vermittelt den Willen, dieses Spiel bis zur letzten Sekunde durchzuziehen.
Kann man ihn mit Jürgen Klopp und Thomas Tuchel vergleichen?
Von der Tribüne aus betrachtet, ist Martin Schmidt ruhiger als Jürgen Klopp und Thomas Tuchel es sind. Das heißt aber weiß Gott nicht, dass er leise ist. Er hat unter Tuchel viel über Taktiken gelernt und stellt die Mannschaft personell je nach Gegner auf. Aber er setzt mehr auf Kontinuität als Thomas Tuchel, spielt meistens mit dem gleichen System. Insbesondere die Doppelsechs mit Latza und Baumgartlinger ist gesetzt (allerdings muss man nach der Genesung von Frei schauen, ob es nun nicht doch zu einer Rotation kommt; auch in Hinblick auf die englische Woche). Ließen Klopp und Tuchel Mainz 05 vorzugsweise Umschaltfußball und damit diesen „Mainzer Fußball schlechthin“ spielen, versucht Schmidt eine Mischung aus Umschalt- und Ballbesitzfußball zu spielen.
Wie erwartest du die Mainzer gegen den FC Bayern? Wo siehst du Schwächen bei der Elf von Pep Guardiola, die der FSV möglicherweise ausnutzen könnte?
Na, alles andere als überdachtes Offensivspiel würde mich verwundern. Ich glaube, Mainz hat noch nie gegen Bayern von Anfang an „gemauert“. Mir scheint, die Schwächen der Bayern sind auch die Schwächen der Mainzer – wenn auch auf anderem individuellen Niveau. Denn beide spielen frühes Pressing, sind in der Abwehr nicht ganz so stabil und eingespielt. Schnelle Konter des Gegners können für beide Mannschaften gefährlich werden. Mit frühem Pressing wollen beide ihre Gegner am Spielaufbau hindern. Allerdings ist Mainz keine englischen Wochen gewöhnt. Womöglich ein Vorteil für Bayern, denn Schmidt hat schon angekündigt, etwas zu rotieren.
Christian Heidel wird zur nächsten Saison beim FC Schalke 04 arbeiten. Wie groß ist das Verständnis der Fans dafür und wie groß ist das Loch, was er hinterlassen wird? Kannst du uns etwas zum Nachfolger Rouven Schröder erzählen?
Das Verständnis der Fans ist ziemlich zwiegespalten. Es gibt jene, die ihn als Söldner beschimpfen, was ich nicht verstehen kann, da er sehr emotional erklärte, er wechsele zu Schalke als neue Herausforderung. Es gibt die, die es zwar nachvollziehen können, aber persönlich von ihm enttäuscht sind und es gibt die, die natürlich traurig über seinen Weggang sind, aber ihm nicht nachgrollen. Ich gehöre zu letzteren. Letztendlich sind Fußballer und Funktionäre ja auch nur Menschen und sich für die letzten etwa zehn Jahre noch mal eine neue Herausforderung zu suchen, wenn es sich ergibt und einem passend erscheint, das ist nicht wirklich ungewöhnlich.
Über was ich mir allerdings Gedanken mache ist das angesprochene Loch. Denn dass eins entstehen wird, ist klar – allein menschlich. Die Sache mit Rouven Schröder ist ja noch nicht fix. Ich vermute, das hängt an der Ablösesumme, die Werder für Schröder haben möchte. Eine Tatsache, die Strutz scheinbar schlicht vergessen hat. Und jetzt mutmaßlich mokiert darüber ist, dass sich Werder anschickt, für einen Manager Geld haben zu wollen. Ich lasse das besser mal unkommentiert.
Aber: Mainz 05 ist Mainz 05 geblieben als Jürgen Klopp zu Dortmund gewechselt ist und als die Spiele nicht mehr im Bruchweg stattfanden. Sicher wird nicht alles so bleiben wie vorher, aber es wird sich auch nicht alles von jetzt auf gleich um 180° und auch nicht um 90° drehen.
Wie geht das Spiel aus und wo landet der FSV Mainz 05 am Ende der Saison?
Die letzten Begegnungen der beiden Mannschaften lassen auf ein munteres Spiel hoffen, bei dem die Bayern wohl durch ihre individuelle Klasse (ja, ich zahl ja schon ins Phrasenschwein) am Ende doch die Nase vorne haben. Wir haben die Bayern ja schon besiegen können, ach, ich tippe mal realistisch-hoffend auf ein 2:2. Ich wünsche mir, dass der FSV am Ende der Saison in der oberen Tabellenhälfte zu finden ist.
Auf der zweiten Seite folgen eine Vorschau, die wichtigsten Statistiken und fünf Thesen zum Spiel.