Vorschau: Borussia Dortmund
Am Sonntag kommt es nun zum Topspiel, was für Viele bereits vorentscheidenden Charakter für die Meisterschaft hat. Schließlich hat der FC Bayern gegenwärtig vier Punkte Vorsprung und eine leicht bessere Tordifferenz. Die Partie markiert den Abschluss vieler englischer Wochen und zugleich ist nach Ablauf der Begegnung bereits ein Viertel der Saison absolviert.
Bisheriger Saisonverlauf
Thomas Tuchel hat das Spiel des BVB nicht grundlegend verändert, aber er hat das Spiel von Jürgen Klopp konsequent weiterentwickelt. Im Mittelpunkt steht nicht mehr nur das aggressive Pressing, sondern auch ein zielgerichtetes Pass- und Kombinationsspiel. Gerade gegen Gegner aus dem Mittelfeld hatte der BVB in den vergangen Jahren Problemen. Die Dortmunder konnten zu viele Spiele mit eigenem Ballbesitz von über 60 – 65% nicht gewinnen. Negativer Höhepunkt war sicherlich die Hinrunde der Saison 2014/15, als die Mannschaft von Jürgen Klopp meist ziemlich planlos anrannte und durch eine Vielzahl von individuellen Fehlern viele Punkte liegen ließ.
Die Zeiten haben sich verändert. Der BVB spielt mittlerweile ein konsequentes 4-3-3/4-2-3-1. Wobei die 8er Kagawa und Gündogan eine zentrale Aufgabe im Spielaufbau übernehmen. Mchitarjan und Reus unterstützen konsequent über die Flügelpositionen. Das Ziel in der Offensive ist ziemlich klar:
In der Regel wird der linke Halbraum so überladen, dass die gegnerischen Abwehrketten zusammenrücken und Räume auf der ballfernen Seite entstehen. Da die bereits erwähnten Kagawa, Mchitarjan und Gündogan aber so Pass- und Kombinationssicher sind, sind Ballverluste selten. Viel mehr lösen sie die Situation mit einem tödlichen Pass oder einem Dribbling auf. Anschließend kommt ein flacher Pass im Strafraum auf Aubameyang oder Reus, die durch das vorherige Verschieben viel Platz bekommen haben. Alternative noch eine Seitenverlagerung auf Ginter, der wiederum in den Strafraum flankt. Dieses Angriffsmuster hat die Elf-Spiele-Siegesserie des BVB getragen. Alleine Matthias Ginter hat mit diesem Angriffsmuster schon vier Tore in der Bundesliga vorbereitet.
Die Elf von Thomas Tuchel setzt dabei gezielt auf ein Kombinations- und Passspiel. Mit einer durchschnittlichen Passlänge von 18 Metern weist die Borussia den gleichen Wert wie der FC Bayern auf. Auch die sonstigen Werte lesen sich ziemlich identisch. Im Schnitt hat der BVB 62% Ballbesitz – nur die Bayern haben mit 69% etwas mehr in der Bundesliga. Auch die Passquote von 84% gehört zu den Bestwerten. Der BVB konnte sich in der Bundesliga bisher 96 Torchancen erspielen und 120 Torschüsse abgeben, also gute 17 Abschlüsse pro Partie. Aus diesen Werten generiert der BVB im Schnitt 3 Tore pro Bundesligapartie. Ein für sich genommen überragender Wert. Auch das Problem der Chancenverwertung hat der BVB in den Griff bekommen. Die Qualität der Abschlüsse ist gut – das zeigt das Chancen/Torschussverhältnis. Zudem scheint Aubameyang Robert Lewandowski vergessen zu machen. Neun Tore in sieben Spielen sprechen für sich.
Auch Defensiv macht der BVB allerhand richtig. Durch das Überladen der linken Angriffsseite ergeben sich beim Ballverlust gleichzeitig wiederum gute Chancen ins Pressing zu kommen. Schlägt dieses Fehl, greift das gute Auge von Julian Weigl. Der Ex-Löwe kommt im Schnitt auf 2.6 abgefangene Bälle pro Partie. Er klärt somit viele Situationen bereits in der Entstehung. Gegner vom BVB kommen so nur selten zum Abschluss. In den bisherigen sieben Bundesligapartien ließ der BVB nur 39 Abschlüsse für den Gegner (FC Bayern 45) zu – 20 Schüsse (FC Bayern 12) gingen aufs Tor. Rechnerisch war aber jeder dritte Torabschluss für den Gegner erfolgreich. Anders formuliert sind Chancen für den BVB-Gegner zwar Mangelware, aber die wenigen Möglichkeiten können sie überdurchschnittlich gut nutzen. Das Spiel von Darmstadt hat dies vielleicht in der krassesten Form aufgezeigt. Aber auch die Spiele gegen Hertha BSC oder Hannover 96 können hier genannt werden. Lediglich Bayer Leverkusen und Hoffenheim nutzten ihre Chancen nicht vollends aus.
Nach den elf Siegen in Serie ’schwächelte‘ der BVB zuletzt etwas. Die letzten drei Partien endeten allesamt Unentschieden. Die Ursachen sind vielschichtig. Gegen Hoffenheim und gegen PAOK Thessaloniki rotierte Thomas Tuchel viel. Das System griff nicht mehr gut ineinander. Abspielfehler und leichte Ballverluste häuften sich. Gegen Darmstadt waren es vor allem individuelle Fehler, die zum Punktverlust führten. Beim 1:0 für Darmstadt war es ein leichtfertiger Ballverlust von Gündogan im Aufbauspiel. Beim 2:2 waren es die mangelnden Klärungskünste des BVB bei einer Standardsituation. Gleichzeitig zeigt sich, dass die ersten Gegner ein Mittel gegen das Überladen des linken Halbraums gefunden haben. Insbesondere Hoffenheim reagierte sehr gut und konnte die Überlagerung durch exzellente Bewegungen von Rudy auf der linken Seite kontern. Die Überlagerungen von Dortmund waren dadurch nicht so erfolgreich. Zugleich zeigt sich, dass die Spieler 14 – 16 vielleicht nicht 100% zum System vom Thomas Tuchel passen. Ramos, Castro, Bender oder Subotic – so namhaft sie auch sind. Gegen Hoffenheim war es zum Beispiel Castro, der durch einen leichten Ballverlust den zwischenzeitlichen Führungstreffer für Hoffenheim einleitete. Allerdings bewies auch der BVB – ähnlich wie der FC Bayern in dieser Saison – gewisse Comeback-Qualitäten. Auch der BVB war wie der FC Bayern in dieser Saison in der Bundesliga bereits drei Mal im Rückstand – gegen Hannover reichte es für drei Punkte. Gegen Hoffenheim und Darmstadt mussten die Schwarzgelben dennoch die ersten Punktverluste der Saison hinnehmen.
Worauf muss der FC Bayern achten?
- Nur ein Mal in der Bundesliga-Historie gab es nach sieben Spieltagen zwei Spieler mit mindestens neun Toren: 1977/78 traf Gerd Müller zehn Mal und Dieter Müller neun Mal. Lewandowski und Aubameyang machen zur Zeit den Unterschied in ihren jeweiligen Mannschaften aus. Aubameyang profitiert endgültig vom Verschieben in die Sturmspitze und kann dort seine Schnelligkeit bei scharfen, meist flachen Hereingaben sehr gut ausnutzen. Der FC Bayern muss also sowohl die bereits oben erwähnten Überlagerungen verhindern, sowie scharfe Hereingaben und vertikale Zuspiele auf Aubameyang unterbinden.
- Ein Schlüssel für Pep Guardiola wird es sein, die Spielweise des BVB vorherzusagen. Zwei Varianten sind denkbar. Variante 1 – der BVB versucht sein Ball- und Kombinationsspiel auch in München durchzudrücken. Schließlich hat Tuchel im Falle von Ballverlusten mit Kagawa, Gündogan und Weigl drei Spieler, die Umschaltsituationen für Gegner vermeiden und durch gutes Pressing Ballverluste erzwingen können. Variante 2 ist dennoch etwas wahrscheinlicher. Der BVB wird auf ein 4-4-2 setzen und über Aubameyang, Reus und Mchitarjan auf schnelle Kontersituationen setzen. Wolfsburg hat es in der Bundesliga vor zwei Wochen eine Halbzeit sehr gut vorgemacht.
- Der FC Bayern muss die Schlüsselduelle für sich entscheiden. Eines könnte dabei Douglas Costa gegen Ginter sein. Piszczek spielte zwar gegen PAOK, war aber offensichtlich noch nicht bei 100%. Ein weiteres dürfte Alonso gegen Kagawa werden. Dem BVB dürfte sehr daran gelegen sein, dass Alonso keine Diagonalpässe auf die Außenpositionen spielt, um direkte Duelle zwischen bayerischen Außenstürmern und BVB-Verteidigern zu vermeiden.
- Eigene Risikobereitschaft kalkulieren. Der FC Bayern muss dieses Spiel nicht gewinnen. Daher wird Pep Guardiola wahrscheinlich eher auf ein System mit klarer Vierkette setzen. Martinez und Boateng durften sich dafür in der Champions League einspielen. Auch wenn Martinez gegen die schnellen BVB Spieler auch ein gewisses Risiko birgt. Zugleich rückt dafür aber Alaba auf die Außenposition und hat in der Verteidigung dort einen direkteren Zugriff, als in einem System mit Dreierkette. Allerdings gibt Pep Guardiola so auch viel Kontrolle im Mittelfeld auf. Gegen Wolfsburg ergab sich im Aufbau zu oft das starre „U-System“, das keine vertikalen Zuspiele im Mittelfeld erlaubt und keinerlei Raumgewinne garantierte.
- Statistik zum Spiel: Sieben Spiele – Sieben Siege sind keine Garantie auf die Meisterschaft. Vier Teams gelang bisher ein ähnlicher Start – drei Teams sind am Ende kein Meister geworden.
Mögliche Aufstellungen:
FC Bayern München: FC Bayern München: Neuer – Lahm, Javi Martinez, J. Boateng, Alaba – M. Götze, Xabi Alonso, Thiago – Douglas Costa, Lewandowski, Müller
Borussia Dortmund: Bürki – Ginter (Piszczek), Sokratis, Hummels, Schmelzer – Weigl, Gündogan – H. Mkhitaryan, Kagawa, Reus – Aubameyang