VfL Bochum – FC Bayern München 0:3 (0:1)

Christopher Trenner 10.02.2016

Der aktuell Tabllenfünfte der zweiten Liga war zu Beginn der Rückrunde gut aus den Startlöchern gekommen: Die Mannschaft von Gertjan Verbeek besiegte den Aufstiegskonkurrenten SC Freiburg mit 2:0. Medial wurden die Bochumer mitunter sogar als Dominatoren der zweiten Bundesliga angekündigt – in den 90 Minuten gegen den FC Bayern sollte sich zeigen, warum das nicht ganz falsch ist.

Falls Ihr es verpasst habt:

Für den FC Bayern war die Partie in Bochum das zweite von drei Auswärtsspielen in Folge. Pep Guardiola kündigte vor dem Spiel schon indirekt an, die gegenwärtige Stammelf auf den Platz zu schicken. Schließlich betitelte er die Partie als ‘Endspiel’. Nicht gänzlich verkehrt, denn für den Verlierer ist der Wettbewerb in dieser Saison beendet.

Demzufolge gab es nur zwei Änderungen auf Seiten der Bayern. Thiago und Müller, die gegen Leverkusen in der Endphase der Partie nochmal viel Schwung in die Begegnung brachten, durften gegen Bochum von Beginn an starten. Für beide Spieler rotierten Vidal und Coman zunächst auf die Bank. Taktisch änderte sich im Vergleich zu den Vorwochen dadurch nicht viel.

Bochum vs. BayernGrundformationen VfL Bochum und FC Bayern München

Pep Guardiola setzte auf eine Mischung aus Dreier-/Vierkette mit Alaba, Badstuber, Kimmich und Lahm. Allerdings gab es zunächst eine experimentelle Änderung. Während in den Vorwochen meistens Lahm bei eigenem Ballbesitz ins Mittelfeld abkippte, gestaltete sich die Spielweise dieses Mal wesentlich variabler. Alaba, Kimmich und Lahm rückten immer wieder situativ ins Mittelfeld vor. Dardurch gestaltete sich die Überlagerung einer Angriffsseite wesentlich dynamischer – zumindest in der Theorie. Denn auch Verbeek hatte sich etwas für seine Bochumer ausgedacht.

Der Zweitligist setze auf ein 5-3-2, das sich sehr anpassungsfähig zeigte. So pressten bis zu drei Bochumer die Dreieraufbaukette, wenn sich diese schon klar formiert hatte. Im Mittelfeld wurden Müller und Lahm immer wieder in Manndeckung genommen, so dass sich der Spielaufbau der Münchner schleppend gestaltete. Dies lag zum Teil auch an der Zentrumsfokussierung von Costa und Alaba, die die linke Außenbahn zunächst nicht wie in gewohnter Manier bearbeiteten. Verbeek stellte seine Mannschaft geschickt auf schnelles Umschaltspiel ein. In der Anfangsphase wurde meist mit nur einem langen Ball das Mittelfeld überwunden. Hier erwies sich die variable Dreierkette der Münchner zunächst als äußerst fragiles Gebilde, da die Bayern viele einfache Ballverluste im Mittelfeld hatten. So ergab sich auch die erste Chance für Bochum nach einer Kontersituation. Eine Halbfeldflanke konnte auf der rechten Abwehrseite nicht unterbunden werden und Terodde spielt Alaba aus, doch sein Schlenzer verfehlt knapp das lange Eck. Nur wenig später klärte Badstuber einen ähnlich herausgespielten Konter in gefährlicher Situation. Fortan zeigten die Münchner sich ballsicherer und Bochum kam nur noch selten zu gefährlichen Umschaltbewegungen ohne aber sich große eigene Chancen erspielen zu können.

Es dauerte bis zur 39. Minute, ehe sich die Münchner selbst eine nennenswerte Torchance erspielen konnten. Thiago eroberte im Mittelfeld in einer 50:50 Situation den Ball mit einer guten Grätsche. Da sich einige Bochumer bereits im Vorwärtsgang befanden, ergab sich etwas Raum. Müller und Lewandowski spielten den Angriff mustergültig aus. Schlussendlich war es der Pole, der mit einem platzierten Schuss den Innenpfosten traf und die Münchner Führung besorgte (39.). Bochum verlor in dieser Phase etwas den Kopf und agierte zu offensiv. In einer weiteren Szene kombinierten sich die Münchner durch die Zentrale, wo Robben von Simunek gefoult wurde. Der Tscheche stand erst 14 Minuten für den verletzten Perthel auf dem Platz. Den Strafstoß vergab Müller jedoch relativ leichtfertig gegen Riemann.

In der zweiten Halbzeit entwickelte sich aufgrund der numerischen Unterlegenheit von Bochum eine äußerst einseitige Partie, in der es die Münchner zunächst verpassten, das Spiel vorzeitig zu entschieden. Unter anderem vergaben Robben und Müller gute Gelegenheiten. In der 61. Minute half eine Standardsituation. Nach einem Einwurf chippte Robben wunderbar den Ball zu Müller, dieser flankte scharf nach innen und fand den eingelaufenen Thiago. Dessen Schuss wurde unhaltbar von Bulut ins Tor abgefälscht. Thiago ist damit erst der zweite Torschütze auf Seiten der Münchner im Jahr 2016. Alle fünf vorherigen Rückrunden-Treffer hatte Robert Lewandowski erzielt. Dieser markierte auch wenige Minuten vor Abpfiff den 3:0 Endstand. Vidal eroberte im Angriffsdrittel den Ball und brachte ihn zu Arjen Robben. Dieser legte quer auf Lewandowski, der alleinstehend vor Riemann überlegt ins rechte Toreck einschob.

In der Summe sichert sich der FC Bayern in einer zunächst umkämpften Partie die erneute Halbfinalteilnahme im DFB-Pokal. Bochum verpasste durch die frühe Möglichkeit von Terodde der Partie eine andere Farbnote zu verpassen. Der FC Bayern wiederum steigerte sich im Laufe der Partie und hatte in der zweiten Halbzeit nur wenig Mühe gegen den personell geschwächten Zweitligisten.

3 Dinge, die auffielen

1. Gute Chancenverwertung

In der 34. Minute gelang dem FC Bayern durch Arjen Robben der erste Torschuss in der Partie. Die Bayern taten sich wie in Leverkusen zunächst schwer Chancen zu erspielen. Bochum stand gut und hat mit der Fünferkette zunächst das Flügelspiel der Münchner gut unterbunden. Auch durch die Manndeckung von einzelnen Bayern-Akteuren im Mittelfeld wurde der Aufbau immer wieder gut gestört. Durch die guten Gegenstöße zu Beginn der Partie erarbeiteten sich die Bochumer viel Respekt. So spielte Alaba zunächst äußerst verhalten auf der linken Außenbahn und verzichtete auf raum-öffnende Vorstöße.

Da die Platzverhältnisse ebenfalls dem Spiel der Münchner nicht gerade entgegenkamen, war es umso wichtiger durch die erste Torchance in Führung zu gehen. Einmal mehr bewiesen Thomas Müller und Robert Lewandowski ihr gutes Verständnis untereinander. Zwar handelte es sich um eine leichte Kontersituation, dennoch agierten beide in nummerischer Unterzahl im Strafraum. Es reichte zum 1:0 der Münchner. Die Führung brachte Bochum im Anschluss etwas aus dem Konzept und resultierte schlussendlich im Platzverweis und im fälligen Strafstoß. Obwohl dieser nicht verwandelt werden konnte, litt das Spiel der Bochumer merklich durch die Unterzahl und bescherte dem FC Bayern den Einzug ins Halbfinale.

2. Kimmich – stets souverän

Etwas mehr als 300 Minuten sind gespielt, seitdem Jerome Boateng sich schwer gegen den Hamburger SV verletzte. In diesen 300 Minuten kamen die Gegner auf drei sehr gute Torchancen (2 Mal Hoffenheim und 1 Mal Bochum). Im Schnitt also eine hochkarätige Chance alle 100 Minuten – eine traumhafte Quote. Maßgeblichen Anteil daran hat Joshua Kimmich. Dieser füllt die Rolle als Innenverteidiger/Halbverteidiger mit einer ungeahnten Souveränität aus. Auch gegen Bochum gewann Kimmich 69% seiner Zweikämpfe. Lediglich ein Foul, kurz vor Ende der Partie, gab der Jungprofi der Münchner ab. Ansonsten zeigte er sich stets aufmerksam in der Defensive. Lediglich seine leichte Tendenz zu früh zu Grätschen, verhindert das Sternchen an der Note 1.

Ganz nebenbei übernahm Kimmich gegen Bochum auch die Hauptlast im Spielaufbau. Am Ende kam Kimmich auf 129 Ballaktionen bei einer Passquote von 95%. Nur sechs Zuspiele fanden keinen Abnehmer. Kimmich hatte fast 20 Aktionen mehr als der ebenfalls sehr präsente Thiago und ein vielfaches mehr an Aktionen als Alaba, Alonso und Badstuber. Kimmich wird durch sein souveränes Spiel nicht nur bei gegnerischem, sondern auch bei eigenem Ballbesitz immer mehr zum Stabilitätsfaktor.

3. Glück der frühen Entscheidung

Durch die relativ frühe Entscheidung in der 61. Miunte (2:0 durch Thiago) konnte Pep Guardiola einige Spieler schonen. Alonso durfte in der 64. Minute den Rasen verlassen, Lahm und Badstuber gute zehn Minuten später. Mit Bernat und Rafinha kamen zwei Spieler auf den Platz, die zuletzt aufgrund von Verletzungen nur wenig bis gar keine Einsatzzeit hatten. In Anbetracht der vielen englischen Wochen tut Pep Guardiola gut daran, die Kräfte vor allem von Badstuber, aber auch die der Altstars Alonso, Lahm und Robben gezielt zu dosieren.

Alonso wird am kommenden Wochenende gegen den FC Augsburg aufgrund seiner Gelb-Roten Karte zwangsweise pausieren. Aber auch bei Holger Badstuber muss die medizinische Abteilung die gegenwärtige Belastungssituation genauestens analysieren. Einen weiteren Ausfall kann sich der FC Bayern im Hinblick auf die kommenden Aufgaben in der Abwehr nicht erlauben – trotz der kurzfristigen Verpflichtung von Serdar Tasci.

VFL BOCHUM – FC BAYERN 0:3 (0:1)
VfL Bochum Riemann – Celozzi, Fabian, Bastians, Perthel (29. Simunek) – Losilla, Hoogland – Bulut, Eisfeld (46. Cacutalua), Haberer – Terodde (64. Mlapa)
Bank Dornebusch, Terrazzino, Novikovas, Weis
FC Bayern Neuer – Lahm (75. Bernat), Kimmich, Badstuber (80. Vidal), Alaba – Xabi Alonso (64. Rafinha) – Robben, Müller, Thiago, Costa – Lewandowski
Bank Starke, Coman, Rode
Tore 0:1 Lewandowski (38.), 0:2 Thiago (61.), 0:3 Lewandowski (90.)
Karten Gelb: Fabian / – Rot: Simunek (43., Notbremse)
Schiedsrichter Bastian Dankert (Rostock)
Zuschauer  28.000