Ein (fast) ungefährdeter Heimsieg
Im Hinspiel hatten die Münchner mit einem 4:0-Triumph den zum damaligen Zeitpunkt höchsten Saisonsieg eingefahren. Im Rückspiel standen erneut alle vier Torschützen aus dem Dezember auf dem Platz.
Falls ihr es verpasst habt
Im Vergleich zum enttäuschenden 1:1-Unentschieden im bayerischen Derby gegen Nürnberg rückte beim Tabellenführer Boateng und Gnabry für Hummels und Martínez in die Startelf. Der Spanier fehlte aufgrund von Knieproblemen genauso im Kader wie James, dessen Abgang zum Saisonende bereits in spanischen Medien berichtet wurde.
Auf der Gegenseite stellte Thomas Doll seine Mannen deutlich defensiver auf als beim Heimsieg am letzten Wochenende. Stürmer Jonathas musste zu Beginn auf der Bank sitzen. Für die Hannoveraner ging es gegen den sicheren Abstieg.
Bei leichtem Nieselregen in der Allianz-Arena ließen es beide Mannschaften vergleichsweise ruhig angehen. Hannover lief mit zwei vorgezogenen Angreifern die Münchner kurz nach der Mittellinie an. Etwas überraschend gab Walace hier den zweiten Stoßstürmer für die in grün spielenden Niedersachsen.
Nach fünf Minuten kam Haraguchi zwischen Boateng und Alaba zum Kopfball, der jedoch weit am Tor vorbeiging. Ein Weckruf für die bis dato sehr passiven Hausherren. Auf der Gegenseite verstolperte Gnabry den Ball in aussichtsreicher Position, während Lewandowski an einer Flanke von Alaba vorbeisegelte (7.).
Die Bayern waren in der Folge nun deutlich aktiver. Aus bester Position konnte Goretzka eine Hereingabe nicht mehr entscheidend verlängern. Allerdings stand der Mittelfeldspieler wohl auch im Abseits (10.). Keine Minute später scheiterte Coman aus fünf Metern mit einem Kopfball an Esser.
Der Titelverteidiger blieb in der Folge dominant, ohne dabei jedoch weitere große Torchancen zu kreieren. Meist fehlte in den Aktionen die letzte Konsequenz. Goretzka ließ sich in dieser Phase immer wieder weit fallen, um dann mit großen Schritten den Ball nach vorne zu tragen. So entstand in der 26. Minute auch der nächste gefährliche Abschluss von Müller, den Esser jedoch erneut entschärfte.
Die rechte Seite der Münchner begann nun das Spiel zu dominieren und kurz später ist es folgerichtig Kimmich, der mit seiner Flanke in der Mitte Lewandowski fand (27.). Der Pole köpfte mit Anlauf aus kurzer Distanz zur Führung der Heimmannschaft ein – sein 22. Saisontreffer.
In der Folge spielte der FC Bayern auf den nächsten Treffer. Immer wieder kam man über die rechte Außenbahn zu Chancen. Müller (35.) und Boateng (36.) scheiterten zudem mit Distanzschüssen. Bei den Gästen stellte Doll Haraguchi statt des überforderten Maina auf die linke Seite, um Albornoz zu unterstützen.
In der 40. Minute war es dann Goretzka, der sich ein Herz fasste und aus der zweiten Reihe einschoss. Ein zweiter Ball landete bei Coman, der das Leder zum deutschen Nationalspieler weiterleitete. Der zentrale Mittelfeldspieler schloss direkt und platziert ab. 2:0.
Mit der nächsten Szene hätte Goretzka nach Kopfballablage von Lewandowski sogar weiter erhöhen können. Doch dieses Mal scheiterte der gebürtige Bochumer am Hannoveraner Schlussmann. Die anschließende Ecke landete sogar im Netz, allerdings hatte Süle vorher ein strafbares Foul begangen.
Die Niedersachsen durften sich bis zur Pause bedanken, dass sie nicht noch weiter in Rückstand gerieten. Coman (43.) und erneut Goretzka (45.+1) vergaben beste Gelegenheiten. So wurden dann mit 2:0 die Seiten gewechselt.
In der Pause wechselte Doll positionsgetreu und brachte den zu Beginn geschonten Jonathas für Weyandt. Bei den Hausherren beließ es Kovač bei seiner Elf.
In der 50. Minute entscheidet Schiedsrichter Dingert nach minutenlanger Analyse mit dem Video-Schiedsrichter auf Handelfmeter. Zuvor hatte Boateng beim Wegdrehen den Ball gegen den angelegten Ellbogen bekommen. Für mich mehr als fragwürdig. Eine klare Fehlentscheidung des Unparteiischen, der weiterlaufen ließ, lag definitiv nicht vor. Den Strafstoß verwandelte Jonathas zum Anschluss (51.).
Weil der Torschütze nach dem Elfer mit Ulreich um den Ball rangelte, bekam er zudem Gelb. Eine Karte, die dem Brasilianer nach 55 Minuten zum Verhängnis wurde. Im Zweikampf mit Kimmich zog er dem Nationalspieler die Hand durchs Gesicht und wurde mit Gelb-Rot zum Duschen geschickt. Eine harte Entscheidung.
Kurzer Gruß aus dem Keller der Statistik-Nerds: Jonathas stellt mit handgestoppten zehn Minuten den Bundesliga-Rekord auf für die schnellste Einwechslung mit Tor und Platzverweis.
Fußball wurde dann tatsächlich auch noch gespielt. Hauptsächlich von den Bayern, die die Partie jedoch nicht mehr wie im ersten Durchgang dominierten. Gnabry scheiterte nach einem Freistoß von Kimmich per Kopf an Esser (56.). Eine Flanke von Müller landete bei Anton am Arm, ein Pfiff blieb jedoch aus (58.). Lewandowski gab bei einer Hereingabe von Müller, die durch drei Hannoveraner kullerte, zu früh auf (59.).
In der 71. Minute wechselte Bayern das erste Mal. Für den im ersten Durchgang starken Gnabry durfte Ribéry auflaufen. Mit ihm sollte das erlahmte Münchner Offensivspiel belebt werden.
Aus diesem Plan des Kroaten wurde jedoch zuerst nichts. Es blieb bestenfalls bei Halbchancen. Es war einzig dem offensiven Unvermögen der 96er zu verdanken, dass die Münchner nicht noch einmal gehörig wackelten.
Dass es dann doch mit dem Tor klappte, war dem ersten Patzer von Keeper Esser zu verdanken. Ein viel zu kurzer Abschlag landete bei Coman, der seinen Landsmann Ribéry bediente. Der 36-Jährige ließ zwei Gegenspieler aussteigen und traf zum 3:1 (83.). Es war sein 85. Ligator für die Rot-Weißen, eventuell sein letztes dahoam.
Emotional wurde es auch in der 86. Minute als Arjen Robben sein Comeback geben durfte. Unter tosendem Beifall durfte der Niederländer sein erstes Pflichtspiel seit November absolvieren. Dem zweiten Langzeitverletzten Tolisso wurde erneut seine Rückkehr verwehrt, denn als dritter Wechsel kam Rafinha in die Partie.
In der Nachspielzeit durfte Robben aus bester Position und unter Anfeuerungsrufen von den Rängen zum Freistoß antreten. Sein Ehrentreffer wurde ihm jedoch verwehrt.
Drei Dinge, die auffielen
1. Spielgestalter Goretzka?
Während Goretzka in vielen Spielen diese Saison oft so passiv agierte, dass man ihn aktiv auf dem Spielfeld suchen musste, war der gebürtige Bochumer heute deutlich aktiver. In der ersten Hälfte ließ er sich oft neben Boateng und Süle zurückfallen. Dabei fungierte er nicht als zentraler Quarterback, wie Thiago diese Rolle regelmäßig interpretiert oder Xabi Alonso dies pflegte.
Nein, der 24-Jährige rückte auf die linke Position in der imaginären Dreierkette. Nach einer Verlagerung von rechts über den zentral positionierten Boateng nahm Goretzka dann Tempo auf und versuchte mit seinen raumgreifenden Schritten die Vertikalität ins Spiel zu bringen, die durch Pässe häufig fehlte. Eine interessante Interpretation dieser Rolle.
Darüber hinaus glänzte Goretzka, wie bereits in der ganzen Saison, als nachrückender Spieler im Strafraum. Dort strahlt er eine große Gefahr aus, auch wenn er heute gleich zwei sehr gute Chancen vergab. Mit nun acht Toren ist er zugleich der dritterfolgreichste Münchner Torschütze.
2. Wenig Klitschko, viel Ottke
Wie bereits im ganzen Saisonverlauf machten die Bayern sich selbst das Leben schwer, da sie reihenweise beste Torchancen aus ließen. Gerade in den fünf Minuten vor der Pause in denen Hannover wie ein angeschlagener Schwergewichter taumelte, verpasste Bayern den finalen Knockout. Eine Qualität, die die Münchner in den vergangenen Jahren oft ausgezeichnet hatte.
Mit einer 3:0-Führung zur Pause hätte man den Willen der Niedersachsen wohl endgültig gebrochen. So wurde die Partie nach dem Anschluss per Handelfmeter unnötig scharf. So richtig zwar nur für wenige Minuten bis zum Platzverweis von Jonathas, aber eben dennoch.
Auch nach der Rausstellung des Brasilianers waren die Münchner zu zaghaft. Leicht konnte man die Überzahl der Bayern auch vergessen, wenn man nicht genau nach zählte. So musste man bis kurz vorm Ende zittern, ob der vermeintlich Unterlegene nicht doch noch einen Lucky Punch landen würde. Für die Bayern steht somit nur ein Sieg nach Punkten, aber kein echtes K.O. des Gegners. Sieg ist Sieg, denkt sich wohl Kovač.
Anmerkung: Sven Ottke konnte als Profiboxer nur sechs seiner 34 Siege per K.O. für sich entscheiden.
3. Meisterschaftsk(r)ampf
Sieg ist Sieg, denkt sich auch der Bayern-Fan. Die Pflichtaufgabe Hannover ist erledigt, auch wenn dieser Samstag keine Glanzleistung war. Der Vorsprung auf Dortmund ist zumindest bis 18:30 Uhr auf fünf Punkte ausgebaut und wird auch bis zum nächsten Spieltag mindestens zwei Punkte betragen. Im Meisterschaftskampf bleibt es spannend und eng, aber die Rot-Weißen haben weiterhin alle Trümpfe in der Hand.
An den letzten beiden Spieltagen geht es für Bayern nun noch nach Leipzig und gegen Frankfurt. Die Bullen sind mittlerweile fix auf dem dritten Platz und haben somit keinen Grund, außer den Münchnern die Meisterparty zu versauen. Außerdem steht das gleiche Duell auch im Pokalfinale bevor. Vermutlich wird sich Leipzig-Coach Rangnick im für ihn unwichtigen Ligaspiel noch nicht in die Karten blicken lassen wollen.
Zum Ligaabschluss geht es dann daheim gegen Frankfurt, die durch die Doppelbelastung mit der Europa League geschwächt in die Partie gehen könnten. Auch dies könnte den Bayern einen minimalen Vorteil verschaffen.
Angst muss auf jeden Fall keiner der kommenden Gegner vorm Tabellenführer haben. Der Rekordmeister wirkt momentan nicht in der Lage Spiele komplett zu dominieren und souverän zu gewinnen, egal ob gegen den Vorletzten oder Letzten.
3.1. Welkom terug, Arjen!
Zwischendurch hatten nicht nur die Fans, sondern sicher auch er selbst kurz gezweifelt, ob es noch zu einer letzten Partie im Bayern-Dress reichen wird. Doch heute war es soweit: Das Comeback von Arjen Robben war da. Der Spieler, der so viel für den FC Bayern gegeben hatte und zum Saisonende nach zehn Jahren den Verein verlassen wird, durfte noch einmal vor der Südkurve auflaufen.
Wir hoffen, dass Arjen in den letzten drei Pflichtspielen noch einmal zu einem Einsatz kommen wird. Eventuell kann der Holländer noch einmal ein Spiel mit seiner individuellen Klasse entscheiden. Zuzutrauen ist es ihm allemal.