Supercup: Borussia Dortmund – FC Bayern München 2:0 (1:0)

Steffen Trenner 13.08.2014

Falls ihr es verpasst habt: Bayern startete mit dem erwarteten Mix aus Spielern, die die komplette Vorbereitung absolviert haben, wie Lewandowski, Bernat und Alaba, sowie einigen verspäteten Rückkehrern, wie Müller oder Boateng. Guardiola setzte dabei ebenfalls wie erwartet auf das in der Vorbereitung einstudierte 3-4-3, das mit den variablen Außen schnell zu einem 5-4-1 wurde. Im Zentrum bekamen Rode und Gaudino die Chance von Anfang an. Bayern begann recht gefällig und hatte zunächst wenig Probleme mit Dortmunds Angriffspressing. Shaqiri vergab die erste Chance aus vielversprechender Position (3.). Mit zunehmender Spielzeit wurde Dortmund gefährlicher. Vor allem im Gegenpressing gelangen der Klopp-Elf dabei immer wieder schnelle Ballgewinne. Nach mehreren Halbchancen die Neuer gut parierte, gelang Mkhitaryan in der 23. Minute das 1:0. Als kurze Zeit später Martínez nach einem Zweikampf liegen blieb, verlor Bayern endgültig die Sicherheit. Fast 100 Fehlpässe spielte Bayern über 90 Minuten. 83 Prozent Passquote dürften dazu in der Guardiola-Ära ein ziemlicher Tiefstwert sein. Dortmund überrannte die Münchener phasenweise und erspielte sich über ein Dutzend sehr guter Möglichkeiten. Neuer bewies dabei mit einigen Paraden eine gute Frühform.

Zwar kam mit der Hereinnahme von Lahm zur Pause etwas mehr Struktur ins Spiel – an den Kräfteverhältnissen änderte sich aber wenig. Aubameyang nickte in der 62. Minute eine Piszczek-Flanke zum 2:0 Endstand ein. Am Ende war Bayern mit diesem Ergebnis noch sehr gut bedient.

3 Dinge, die auffielen:

1. Dortmunds Pressing entscheidet das Spiel

Wie so häufig steht und fällt ein Duell zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund mit dem Dortmunder Pressing und Bayerns Reaktion darauf. Es bleibt dabei: Je besser das Dortmunder Pressing funktioniert, je seltener der FC Bayern einen geregelten Spielaufbau organisiert bekommt, desto größer sind die Chancen der Klopp-Elf und umgekehrt. Selten wurde das deutlicher als in diesem Spiel. Bayern verstand es zunächst die Vorteile der Dreierkette ohne umständlich abkippenden 6er und mit sehr breiten Halbverteidigern, die Dortmund auseinanderzogen, das Angriffspressing immer wieder auszuhebeln. Bayern hatte in den ersten knapp 15 Minuten Spiel- und Ballkontrolle, kombinierte sich recht ansehnlich durch die Schnittstellen und nutzte die Räume hinter Dortmunds 2er-Sturm geschickt. Mit zunehmender Spieldauer gelang das immer seltener. Je kürzer der Weg der Dortmunder zum Tor nach einem Ballgewinn war, desto gefährlicher wurden die Angriffe. Das 0:1 fiel nach einem missglückten Diagonalball von Neuer nach dem Mkhitaryan das Spiel durch das Zentrum schnell machte. Über 10 Dortmunder Chancen entstanden innerhalb weniger Sekunden nach einem Ballgewinn. Bayern machte es dabei den Hausherren so leicht wie selten. Mit Boateng (11), Dante (10), Alaba (10) und Neuer (9) führten vier Aufbauspieler die Fehlpass-Statistik an. Auch Gaudino als häufig defensiverer zentraler Mittelfeldspieler spielte am Ende 9 Fehlpässe. 49 Fehlpässe also insgesamt von diesen für den Spielaufbau so wichtigen Akteuren – der beste Beweis für die Nachlässigkeit der Roten und die Qualität des Dortmunder Pressings. Dass Gaudino im Zentrum so gut wie nie Zugriff gegen die Dortmunder Gegenstöße bekam (nur 4 gewonnene Zweikämpfe) kam erschwerend hinzu.

Ein weiteres Erfolgskriterium für die Dortmunder war die Verteidigung von Robert Lewandowski. Es war klar zu sehen, dass Klopp die Anweisung ausgegeben hatte die Ballannahme des Polen engagiert zu attackieren. Im Prinzip eine simple vorgehensweise gegen einen technisch versierten Stürmer, die vor allem Sokratis fast in Perfektion umsetzte. 11 Zweikämpfe gewann der Grieche. Lewandowski nur 5. Dazu hatte der Pole mit 32 Ballkontakten die wenigsten auf Seiten der Münchener. 22:4 Torschüsse waren am Ende eine klare Ansage. Der Umgang mit Dortmunds Pressing wird definitiv die Königsaufgabe in den Duellen mit den Westfalen bleiben.

2. Die zweite Reihe enttäuscht

Der Supercup war eine gute Gelegenheit für Spieler aus der zweiten Reihe Ansprüche zu untermauern und das große Vertrauen, das Guardiola allen Spielern bisher entgegengebracht hat zu rechtfertigen. Genutzt hat diese Chance zumindest in diesem Spiel keiner. Die linke Seite mit Juan Bernat und Shaqiri blieb weitgehend wirkungslos. Vor allem Bernat offenbarte dabei durchaus überraschende spielerische Defizite wenn er unter Druck geriet. Shaqiri, der vor einer richtungsweisenden Saison steht, ließ sich nach engagiertem Beginn den Schneid abkaufen und traf allzu häufig falsche Entscheidungen. Auch Højbjerg wirkte seltsam gehemmt, verlor viele Zweikämpfe und war insgesamt wenig ins Spiel eingebunden. Einzig Rode, dem sicher auch nicht alles gelang, dem aber immer anzumerken war, dass er um seinen Platz in der Mannschaft kämpft, konnte ein paar Pluspunkte sammeln. 18 Zweikämpfe gewann der giftige Neuzugang. Die meisten aller Feldspieler.

Sicher nicht allzu hart sollte die Kritik an Gianluca Gaudino ausfallen. Der 17-Jährige unterstrich seine gute Ballbehandlung und Ruhe am Ball, trotzdem wirkte auch er spätestens ab der 30. Minute überfordert. 26 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind dafür der beste Beweis. Auch seine Passquote litt mit zunehmender Spielzeit und Spielintensität. Der FC Bayern steht vor einem extrem kniffligen Saisonstart – der 17-Jährige sollte die Zeit bekommen bei den Amateuren zu wachsen und sich an die Intensität des Herrenfußballs zu gewöhnen. Die Anlagen für eine gute Entwicklung mit Einsatzchancen in München hat er allemal. Das blitzte gegen Dortmund durchaus immer mal wieder auf.

Insgesamt wird die Leistung der „zweiten Reihe“, die den FC Bayern zum Saisonstart tragen soll (oder besser muss), Guardiola ein wenig Kopfzerbrechen bereiten. Er wird gerade von Ihnen schon am Sonntag in Münster eine Reaktion einfordern.

3. Die möglichen Folgen der Martínez-Verletzung

Es ist schon brutal wie viel eine Szene, ein Zweikampf verändern kann. Sollte sich der Verdacht auf einen Kreuzbandriss bestätigen, könnte der damit zu erwartende langfristige Ausfall von Martínez weitreichende Konsequenzen haben. Zuallererst für die Karriere des Basken. Ein Kreuzbandriss ist heute in der Regel kein Grund für eine Karriereende. Trotzdem wäre diese Verletzung für Martínez weiteren Karriereverlauf ein Einschnitt. Er wird so oder so Zeit brauchen, um zurück zu finden. Auch für den FC Bayern hätte eine schwere Verletzung des 25-Jährigen Konsequenzen. Die Innenverteidigerposition war die, auf der am wenigsten passieren durfte. Die Münchener werden wohl in den nächsten Tagen einen weitgehend leer gefegten Markt sondieren müssen. Die Verpflichtung eines Hochkaräters könnte zu diesem Zeitpunkt sehr teuer werden. Eine Lösung mit einem erfahrenen, international erprobtem Spieler – wie zuletzt Pepe Reina – scheint die naheliegenste Option zu sein, wenn Bayern tatsächlich nachlegen sollte. Schwierig wird diese Personalsuche allemal. Auch Holger Badstuber wird nun wohl deutlich früher als geplant als echte Alternative in den Fokus rücken müssen.

Unklar ist auch was eine Verletzung von Martínez für Guardiolas taktische Pläne bedeuten würde. Martínez war fest als zentraler Spieler in der Dreierkette eingeplant. Er hätte hier seine herausragenden Qualitäten am ehesten zur Geltung bringen können. Ohne Martínez hat der Bayern-Trainer mit Dante, Boateng, Badstuber und mit Abstrichen Alaba, der auf dieser Position bisher sehr fehleranfällig agiert, gerade einmal vier Alternativen für drei Positionen – darunter drei Linksfüßer. Es spricht nun wohl noch mehr dafür, dass der Rekordmeister zum Beginn der neuen Saison eher wieder auf ein System mit Viererkette zurückwechselt.

Es war ein eher unbedeutender Zweikampf im gegnerischen Sechzehner, bei dem Javi Martínez während eines Drehschusses an Marcel Schmelzer abprallte und sein linkes Bein sichtbar überdehnte. Eine Szene, wie sie in jedem Spiel hätte passieren können. Die Folgen sind für den FC Bayern wenige Tage vor dem Saisonstart alles andere als unbedeutend. Martínez Verletzung wiegt viel schwerer als die spielerisch bedenkliche, aber im Prinzip doch unbedeutende 0:2-Niederlage.

Borussia Dortmund – FC Bayern München – 2:0 (1:0)
BVB Langerak – Piszczek, Sokratis, Ginter, Schmelzer (46. Durm) – Kehl – Kirch (85. Bender), Mkhitaryan – Hofmann -Immobile, Aubameyang (63. Ramos)
FC Bayern Neuer – Boateng, Martínez (31. Dante), Alaba – Hojbjerg (59. Götze), Rode, Gaudino, Bernat – Müller (46. Lahm), Lewandowski, Shaqiri
Bank  Reina, Starke, Badstuber, Pizarro
Tore  1:0 Mkhitaryan (23.), 2:0 Aubameyang (62.)
Karten  Gelb: Lahm, Boateng, Hojbjerg
Schiedsrichter Peter Gagelmann (Bremen)
Zuschauer 80.667 (ausverkauft)