Lineth Beerensteyn, 1. Frauenbundesliga 18/19 - TSG Hoffenheim vs FC Bayern am 24.02.2019 im Dietmar-Hopp-Stadion © Sven Beyrich

Spielerin des Sommers: Lineth Beerensteyn

Jolle Trenner 11.07.2019

Erst Ersatzbank, dann unersetzlich

So wahnsinnig viele Minuten haben die zwei Bayern-Spielerinnen der Niederlande bei der WM nicht gesammelt. Dabei haben sowohl Jill Roord als auch Lineth Beerensteyn vom ersten Gruppenspiel bis zum Finale gegen die USA in jedem Spiel auf dem Feld gestanden und gute Leistungen gezeigt.

Fünf Spiele hintereinander war Beerensteyn nur zweite Wahl auf dem rechten Angriffsflügel. Den Vorzug erhielt jeweils Janice van de Sanden, die als Shooting Star der EM vor zwei Jahren mit ihren explosiven Tempodribblings gehörigen Anteil am Überraschungstitel der Niederlande hatte. Seither gewann van de Sanden zweimal die Champions League mit Olympique Lyonnais und war in der Startelf von Sarina Wiegman gesetzt. Zu Unrecht.

Lineth Beerensteyn: Miasanrot Spielerin des Sommers
Photo by Robert Cianflone/Getty Images

Denn jedes Mal, wenn Beerensteyn reinkam, belebte sie das Offensivspiel, schob gegen Kanada zum 2:1-Siegtreffer ein und gab dem Team die Präsenz im letzten Drittel, die vorab so schmerzlich gefehlt hatte. Das erkannte auch Wiegman. Im Halbfinale und im Finale gab sie Beerensteyn, die ihren „Tore pro 90 Minuten”-Wert mit ihrem Treffer von 0,19 in der Liga auf 0,34 bei der WM steigern konnte, den Vorzug und ließ die Angreiferin von Beginn an ran.

Beerensteyn gibt Tiefe

Von der Bank zu kommen, nur wenige Minuten zu spielen – kurz: wenig Vertrauen zu genießen – und dann in jedem Spiel so zu überzeugen, dass die Trainerin nicht mehr an ihr vorbeikommt, das zeugt von mentaler Stärke. Lineth Beerensteyn ist bereit, in jeder Sekunde.

Für Kopfbälle mag die 1,60-Große Stürmerin vielleicht nicht die ideale Zielspielerin sein, aber sie ist explosiv auf den ersten Metern und zieht dann nochmal an. Die Ballführung könnte etwas enger sein und van de Sanden wird immer mehr Liebe vom Publikum für die spektakulären Körpertäuschungen samt Richtungswechsel bekommen, aber Beerensteyn hält den Ball im Spiel. Wie sie auf engem Raum die Lücken findet und den Ball unter Druck behauptet – stark. Sie erläuft die Pässe in die Tiefe, sie verarbeitet die Bälle so, dass ihr Team aufrücken kann und macht damit einen konstruktiven Angriff erst möglich.

Beerensteyn zieht zur Grundlinie, setzt zur Flanke an und nimmt dann doch den diagonalen Laufweg in den Sechzehner. Die sich in der Dynamik erst ergebenden Optionen entgehen ihr nicht. Nie ist das Dribbling vorhersehbar oder die Entscheidung stur getroffen. Und wenn Wiegman sie im Finale in die Sturmspitze stellt, dann bespielt sie die hochgewachsene US-Hintermannschaft, selbst wenn sie dafür unendlich viele Wege machen muss, ohne viel vom Ball zu sehen.

Damit ist sie unsere Spielerin des Sommers.

SpielerinSpieleMinutenTore (Elfmeter)Tore pro 90 Minuten ohne ElfmeterTorvorlagenAlter (neuer) ClubLand
Sara Däbritz54503 (1)0,41Bayern (PSG)Deutschland
Giulia Gwinn545010,21Freiburg (Bayern)Deutschland
Fridolina Rolfö634910,260Bayern (Wolfsburg)Schweden
Lina Magull530220,61BayernDeutschland
Lineth Beerensteyn726510,341BayernNiederlande
Melanie Leupolz420810,430BayernDeutschland
Verena Schweers3180001BayernDeutschland
Jill Roord715510,580Bayern (Arsenal)Niederlande
Kathrin Hendrich2135000BayernDeutschland
Amanda Ilestedt3132000Potsdam (Bayern)Schweden
Linda Dallmann276000Essen (Bayern)Deutschland
Leonie Maier147000Bayern (Arsenal)Deutschland
Laura Benkarth00000BayernDeutschland

Andere Bayern in der Verlosung

  • Fridolina Rolfö ist mit den Schwedinnen gegen Deutschland ins Halbfinale eingezogen.
  • Lina Magull und Sara Däbritz haben auf hohem Level den Ausfall von Dzsenifer Marozsán kompensiert und das deutsche Spiel getragen.
  • Däbritz traf sogar in drei aufeinander folgenden WM-Spielen. Das gelang einer Deutschen zuletzt 2003, nämlich Birgit Prinz.
  • Magull kam mit zwei Toren in gut 300 Minuten auf einen g/90-Wert von 0,6 und schoss mit ihrem Treffer gegen Schweden womöglich das Tor des Monats.
  • Melanie Leupolz hätte gegen Schweden den Laden dicht gehalten, da lehnen wir uns aus dem Fenster.
  • Verena Schweers ist für uns die Spielerin des Spiels gegen Spanien.
  • Jill Roord hätte aus unserer Sicht die angeschlagene Lieke Martens noch für viel mehr als 155 Minuten vertreten dürfen. Denn diese Minuten steuerte sie extrem viel für die niederländische Offensive bei.
  • Giulia Gwinn spielte als Newcomerin alle Partien durch und wurde von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg als Rechtsverteidigerin, als Rechtsaußen und als Linksverteidigerin eingesetzt. Für ihre Leistungen erhielt sie trotz Viertelfinalaus die Auszeichnung für die beste Nachwuchsspielerin. Wow!