Spieler des Monats Februar: Robert Lewandowski
Das sagte Erling Haaland, zweifellos einer der talentiertesten Stürmer, die aktuell im Profifußball zu finden sind, im Februar über Robert Lewandowski. Er führte weiter aus: „Wenn ich ein Tor erziele, sage ich mir: ‚Okay, jetzt bin ich ihm ein Tor nähergekommen‘. Aber dann macht er einfach mal wieder einen Hattrick als wäre es etwas Alltägliches“. Kleine Randnotiz: Ein Hattrick gelang Lewandowski dann ausgerechnet im direkten Duell mit Borussia Dortmund – Haaland traf doppelt.
Lewandowski startete für seine Verhältnisse denkbar schlecht in den Monat Februar. Am 20. Spieltag hielt Rune Jarstein im Spiel der Bayern gegen Hertha als erst zweiter Torhüter (nach Manuel Neuer) einen Elfmeter von Lewandowski. Das Spiel gegen Hertha stellt eine absolute Seltenheit dar. Es ist eine von vier Partien in der laufenden Bundesliga-Saison, in der Lewandowski torlos blieb.
Bereits in der Folgewoche zeigte sich dann eine seiner größten Stärken: Er spielt und trifft mit einer atemberaubenden Stabilität, der auch einzelne Ausnahmen nichts anhaben können. Allein das gedanklich bereits verankerte Muster „Lewandowski torlos = ungewöhnlich“ verdeutlicht, wie konstant er Tore erzielt. Dabei sind torlose Partien für Stürmer keine Ausnahme, im Gegenteil. Werfen wir einen Blick auf die vier Bundesliga-Angreifer, die in der Saison 2020/21 nach Lewandowski am häufigsten trafen:
- Haaland: 19 Partien, 19 Tore, 5 Torvorlagen, 84 min / Tor, 9x torlos
- Silva: 22 Partien, 19 Tore, 5 Torvorlagen, 100 min / Tor, 8x torlos
- Weghorst: 24 Partien, 15 Tore, 4 Torvorlagen, 137 min / Tor, 11x torlos
- Kramaric: 19 Partien, 14 Tore, 4 Torvorlagen, 115 min / Tor, 10x torlos
Im Vergleich dazu Lewandowskis Leistungsdaten: 23 Partien, 31 Tore, 6 Torvorlagen, 63 min / Tor, 4x torlos. Bitte nochmal lesen.
23 Partien, 31 Tore, 6 Torvorlagen, 63 min / Tor, 4x torlos.
Diese Statistik liest sich sehr außergewöhnlich. Das eigentlich Außergewöhnliche daran ist jedoch, dass die Zahlen viele Betrachter*innen nahezu kalt lassen. Ein nüchternes „na und“ schwirrt wohl vielen Leser*innen durch den Kopf, liefert Lewandowski doch bereits seit Jahren ausnahmslos mehr als 20 Tore pro Saison für die Bayern ab. Es ist die siebte Saison in Folge, in der er mehr als 20 Tore beisteuert, die vierte der letzten sieben, in denen er die 30er-Marke knackt.
Nachdem der Angreifer zwischen August und Oktober dreimal zum Spieler des Monats gewählt wurde, ist es an der Zeit, seine herausragenden Leistungen abermals zu würdigen. Durch seine konstant hohe Trefferquote und die absolute Verlässlichkeit, die er in Bezug auf seine Einsätze und Tore mitbringt, hat er einen sehr hohen Anker für die Bewertung seiner Leistungen gesetzt.
Anker sorgen für eine systematische Verzerrung eines Urteils oder einer Entscheidung. Im Fall der Beurteilung von Lewandowskis sportlichen Leistungen bedeutet diese Anpassungsheuristik: Der Anker (die konstant hohe Trefferquote pro Spiel) ist der Ausgangspunkt für einen bewussten Gedankengang (welcher Spieler hat im betreffenden Zeitraum gute Leistungen erbracht) und eine Entscheidung oder ein Urteil. Da Lewandowskis Leistungen sich auf einem so konstant hohen Niveau bewegen (Dezember: 4 Spiele, 5 Tore; Januar: 6 Spiele, 7 Tore; Februar: 4 Spiele, 4 Tore), ist die Messlatte bereits so hoch, dass seine außergewöhnlichen Leistungen als die Norm betrachtet werden. Diese Tatsache mutet absurd an, weshalb wir mit der Wahl zum Spieler des Monats und diesem Artikel einen Beitrag zur Korrektur des Ankers leisten möchten – gerade weil Lewandowskis beachtliche Leistungen im Monat Februar (4 Tore in 4 Spielen) sich so normal anfühlen.
(Quelle: Goalimpact)
Wie treffsicher Lewandowski ist, zeigt auch ein Blick auf seine Expected-Goals-Werte. Diese entstehen auf den einzelnen Schuss bezogen schließlich im Vergleich mit tausenden vergleichbaren Situationen, in denen andere Spieler einen solchen Abschluss hatten.
Lewandowski kommt nach StatsBomb auf 21,5 Expected Goals. Bedeutet das verglichen mit seinen 31 Saisontoren, dass der 32-Jährige überperformt? Das wäre eine Interpretation. Die deutlich wahrscheinlichere Schlussfolgerung ist aber, dass er einfach erheblich mehr Qualität mitbringt als die Spieler, die für die Vergleichswerte sorgen. Lewandowski ist in der Form seines Lebens und da sind eben auch Abschlüsse mit einer von den Modellen geschätzten Torwahrscheinlichkeit von nur 10 % häufiger als einmal von zehn Versuchen drin – Fußball ist manchmal eben keine Mathematik.
Der Spieler hinter den Zahlen
Hinter den beachtlichen Zahlen steht ein Stürmer, der ein beeindruckendes Komplettpaket mitbringt. An erster Stelle sind Lewandowskis Abschlussqualitäten mit beiden Füßen sowie mit dem Kopf zu nennen. Er trifft aus allen möglichen und unmöglichen Lagen und ist deshalb schwer ausrechenbar für seine Gegenspieler. Grund dafür ist zudem, dass er verschiedene Rollen ausfüllen kann. Er funktioniert als reiner Strafraumstürmer, besitzt aber auch die Fähigkeiten, sich Bälle im Mittelfeld abzuholen und sich am Spielaufbau im letzten Drittel zu beteiligen.
Hinzu kommt die psychologische Komponente. Lewandowski strahlt einen Torhunger aus, der an Besessenheit grenzt. Er möchte am Spiel teilhaben und nicht nur auf den Ball warten, schafft aktiv Freiräume, um möglichst selbst den Ball zu erhalten, oder Mitspieler freizuspielen. Die Besonderheit ist, dass er inzwischen in der Lage ist, Siegeswillen und Torhunger auszustrahlen, dahingehend positiv auf seine Mitspieler zu wirken und sein Spiel gleichzeitig geduldig aufzuziehen. Er ist erfahren genug, den passenden Moment abzuwarten, um zuzuschlagen. Die Voraussetzung hierfür ist Konzentrationsfähigkeit. Lewandowski ist in der Lage, sein Aufmerksamkeitsniveau über einen langen Zeitraum aufrecht zu erhalten und/oder sich im richtigen Moment zu fokussieren.
(Quelle: Georg Haas)
Die einzige Frage, die in dieser Saison offen bleibt lautet: Wird Lewandowski den Rekord-Torschützen Gerd Müller vom Thron stoßen, dem es in der Saison 1971/72 gelang, 40 Tore zu erzielen? Im direkten Vergleich nach 24 Spieltagen steht er fünf Tore vor dem „Bomber“, der damals bei 26 Treffern stand. Um die Dimension abermals zu verdeutlichen: Aktuell trifft Lewandowski pro 90 Minuten in der Bundesliga 1,42-mal. Spielt er die restlichen zehn Partien durch und kann er seinen Schnitt halten, wären das am Ende der Saison 45 (!) Tore. Im Weg stehen könnten ihm die Belastungssteuerung oder gelbe Karten. In der letzten Saison verpasste der Angreifer im Endspurt eine Partie wegen einer Gelbsperre. Aktuell steht er bei drei gelben Karten. Das Rennen zwischen Gerd Müller und Robert Lewandowski bleibt in jedem Fall spannend. Unabhängig davon, ob der Rekord fällt, ist aber klar, dass dieser Stürmer zu den besten zählt, die der Rekordmeister je hatte. Oder wie Haaland bereits sagte: „Der Typ ist verrückt, er ist einfach verrückt.“
Gute und treffende Würdigung von Lewa!
Zum ersten Mal in der langen Zeit, in der ich Fußball verfolge, sind die 40 Buden wieder ernsthaft in Reichweite. Kompliment dafür an Lewa!
In künftigen “Legenden-Teams” wird er wohl gleichauf mit Gerd Müller liegen. Oder fast…
Lewa ist der beste MS seit 10 Jahren.
Trotzdem hoffe ich das er weder die 40 noch die 365 schafft.
Lewa wird wohl auch ab 23/24 zu einem Club wechseln der ihm ein Gehalt zahlt was der FCB nicht zahlen will.
Deshalb wird man 22/23 auch Haaland verpflichten.
Fast schätze ich. Andere Zeit einfach. Epoche sozusagen. Aber natürlich, selbst wenn er den Rekord nicht schafft, sind wir froh, dass er für uns aufläuft. Auch wenn er in der in der letzten Zeit manchmal bisschen wirkt als passt ihm nicht alles, aber zumindest fordert er nicht dauernd gelbe Karten für Gegenspieler wie Haaland. Lewi ist ein super Profi und hat sich jeden Respekt und jede Auszeichnung verdient.
Einen guten Stürmer zeichnet aus, dass er mehr Tore schießt, als er xG verzeichnet, sprich Chancen bekommt. Lewa ist ein Spieler, der Chancen braucht und auf ein funktionierendes Offensivsystem setzen kann. Deswegen war die Saison 2019 und unter Kovac ein Problem, denn Lewa hatte massive Möglichkeiten und machte daraus vergleichsweise wenig Tore.
Der große Unterschied zu heute ist, dass er deutlich effizienter geworden ist. Seine xG vs. Tore Ratio ist aktuell die höchste seiner Karriere. Auch hat er sein Repertoire etwas umgestellt: er dribbelt weniger, läuft sich weniger schnell fest und schießt auch außerhalb des 16ers. Bei Elfmetern ist er inzwischen eine Bank. Da Lewandowski physisch-gesundheitlich zu den wohl fittesten Spielern gehört und er weiter an Erfahrung gewinnt, ist er für mich wie guter Wein: Er kann eigentlich nur besser werden und ich würde behaupten, es sind nach der Saison noch drei Spielzeiten für ihn mit 30+ Toren drin.
Aktuell dürfen wir also Zeitzeugen einer historischen Entwicklung sein (egal ob Müller-Rekord oder nicht), in einem Verein, der weiß Gott genügend davon hat. Das sollten wir wertschätzen.
Wobei ich gerne auf einen gravierenden Unterschied hinweisen möchte: Zu Müllers Zeiten spielte der FCB nicht jedes Jahr um den Titel mit, schoss nicht jede Saison 80+ Tore!
77/78 zum Beispiel wurde der FCB nur 12. in der BL und trotzdem wurde Gerd Müller mit 24 Treffern Torschützenkönig.
Ich will Lewas Leistung in keinster Weise klein reden, aber Müller hat auch in Spielzeiten deutlich über 20 Tore geschossen, in denen der FCB unter ferner liefen am Geschehen teilnahm und auf Platz 12,10, 7, 6 oder 5 die Saison beendete.
Man möge sich vorstellen, der Gerd hätte nur in solch dominierenden Zeiten gespielt, er hätte wohl ähnliche Zahlen wie LM und CR, die ja auch nur in Topteams in Topzustand gespielt haben bzw. spielen, wo das Tore schießen doch leichter fällt, wenn man 80 % der Liga haushoch überlegen ist.
+1
Wobei Vergleiche sich 50 Jahre später ohnehin nur schwer ziehen lassen. Beide – Gerd und Lewa – sind einfach absolut herausragend in ihrer jeweiligen Zeit.
Und Lewa wird sich dieses Jahr wohl auf jeden Fall den letzte Saison knapp verpassten Goldenen Schuh abholen.
Wie ich geschrieben habe, ich will damit keine Leistung schmälern. Aber unabhängig von den verschiedenen Zeiten, in denen die beiden aktiv waren bzw sind, kann man wohl doch davon ausgehen, dass dauerhaftes Spielen in der/den stärksten Mannschaft(en) der Liga das Erzielen von Toren eher positiv beeinflusst.
auch ich will keinen schmälern, aber vielleicht lag es ja auch am Gerd dass sie nur 12. wurden? deshalb hinken diese Argumente…
Klar, als bester Torschütze der gesamten Bundesliga muss es zwangsläufig an ihm liegen, wenn die Mannschaft nur auf Platz 12 die Saison beendet. Dieser Logik kann ich nun leider, man mag es mir verzeihen, nicht ganz folgen.
Es wäre, so finde ich, erwähnenswert, dass Lewandowski nur noch ein Tor hinter Klaus Fischer liegt:
https://www.transfermarkt.de/1-bundesliga/ewigetorschuetzen/wettbewerb/L1
Fischer traut in einem kicker-Interview Lewandowski sogar zu, die 365 Tore von Müller noch zu knacken. Falls er die 40er Marke heuer knackt, wären das noch etwa 90 Tore. Dann müsste Lewy aber über diese Saison hinaus noch 3-4 Jahre bei uns spielen und seine Form halten.
Interessant ist auch, dass Fischer meint, es wäre damals schwerer gewesen, die Tore zu schießen, weil Manndeckung gespielt wurde.
Gerd Müller war auch immer der Meinung.
Die Torschützenlisten sprechen allerdings nicht unbedingt dafür, dass es heute leichter wäre Tore zu schießen.
Wenn es eine naturgegebene Eigenschaft der Manndeckung wäre Tore besser zu verhindern, sollten natürlich alle tunlichst wieder darauf umstellen.
Das mit der Manndeckung ist auch nur ein Teil des Ganzen: Bis weit in die 80er hinein wurde im Zweifel gegen den Stürmer entschieden; den Tatbestand der Notbremse gab es bis dato nicht.
Die Stürmer waren Freiwild; erst als die Abseitsstellung 1990 zugunsten der Angreifer neu definiert wurde (“gleiche Höhe”) und es für die Notbremse seit 1990 zwingend Rot gibt, ist die Anzahl der Blutgrätschen gefallen. Die Grätsche von hinten wurde dann erst 1993 verboten.
Insofern wurde das ganze Spiel im Vergleich zum Knochenbrecher-Gekicke in den 60ern, 70ern und 80ern wieder deutlich offensiver.
Diese Entwicklung wird auch in einem der Maradona-Bios angesprochen: Er selbst, Rummenigge, Platini, Cruyff, Müller etcetc… waren alle Freiwild für Gegner, die oft mit 8 Bluthunden angetreten sind.
So – Löw hört nach der EM auf. Wer macht den Nachfolger: Flick oder Klopp?
Dadurch dass man das jetzt so früh und klar kommuniziert, entsteht ein ganz anderer Planungshorizont als vorher gedacht.
Damit rückt Flick automatisch ganz anders in den Fokus. Die nächsten 100 Fragen auf den diversen PK’s sind jedenfalls schon mal reserviert.
Ralf Rangnickk soll frei sein.
Mach es, Kloppo. In Liverpool läuft’s doch eh nicht mehr.
Von Bayern zur Nationalmannschaft wäre halt schon ein krasser Abstieg für Flick. Macht er nicht.
Peter Hyballa steht bereit.
Das Double aus FC Bayern und Nationalmannschaft wäre schon etwas einzigartiges in einer Trainerlaufbahn.
Damit könnte Flick in einen Olymp aufsteigen, in dem bisher nur Jürgen Klinsmann sitzt.
Immerhin.
@Jo: hast du da nicht jemand Kaiserlichen vergessen?
Äh – Da Klinsmann wohl eher ein Betriebsunfall war und nicht mal eine Saison überlebt hat sehe ich da bei ihm kein Double aus NM und FCB. Noch dazu weil der eigentliche Trainer bei der NM damals wohl eher Löw war.
@Willy: Der Kaiser thront auf seinem ganz eigenen Olymp, jenseits der Sterblichen.
Pele Wollitz wäre ein Geheimtipp… ;-)
Es kann nur einen geben. Entweder rettet Peter Neururer Schalke oder die Nationalmannschaft. Oder gleich beide?
@Jo: Ich habe mir früher immer gewünscht, dass wir mal einen ‘durchschnittlichen’ Trainer beim FCB ranlassen, nur um zu sehen was so einer mit einer – zumindest innerhalb deutscher Grenzen – Spitzenmannschaft in der BuLi anstellen kann. Als dann Nico Kovac kam, habe ich zwar zuerst einmal die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, bis mir mein alter Wunsch wieder eingefallen ist und ich das Ganze mit Interesse verfolgt habe … nur um dann ziemlich schnell wieder die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen.
Mein absoluter Wunschkandidat damals: The one and only Peter Neururer! :D
Einen ähnlichen Wusch hatte ich übrigens auch bei Torjägern, wenn unsere Stürmerstars die Bälle wieder reihenweise in den weiß-blauen Bayernhimmel geschossen haben, aber entweder hatten wir, nach meinem Empfinden, immer mehrere brauchbare Stürmer oder nur Gurken. Was bei einem guten Stürmer und einem ‘Normalo’ passiert sehe ich auch gerade wenn Choupo statt Lewa auf dem Platz steht. Irgendwie bin ich Brazzo ja dankbar, dass er mir diese Wünsche erfüllt hat … aber jetzt habe ich auch wieder genug davon ;)
Mist, Klopp will nicht. Da heisst es, entsprechenden Begehrlichkeiten gegenüber Flick schnell zu begegnen. Wenn der teure Transferwünsche für den Sommer hat, wäre das wohl nicht der schlechteste Zeitpunkt, sie zu äußern.
Ehrlich gesagt, bin ich ganz froh drum, dass Klopp nicht übernehmen will. Den möchte ich nicht unbedingt als Nationaltrainer sehen, und wer weiß, ob er mit den wenigen Einheiten, die einem Trainer der Nationalmannschaft zur Verfügung stehen, überhaupt zurande gekommen wäre. Meine nicht geringen Vorbehalte gegen ihn sind aber weniger fachlicher Natur. – Ich denke, man braucht aber keine Angst um Flick zu haben, der bleibt bei Bayern. Kuntz fände ich dagegen ganz interessant, aber ich werde Löw vermissen – hat die Nationalmannschaft auf ein ganz hohes Niveau gehoben und mehr für das Ansehen des deutschen Fußballs geleistet als irgendein Trainer des Nationalteams vor ihm (inkl. Herberger).
Ich muss dazu auch sagen, dass mir die Nationalmannschaft inzwischen fast komplett egal ist – aus Gründen, die ich selber nicht ganz erklären kann, aber isagma, scho’au mit der Endphase der Ära Löw zu tun haben. Ich fand die Kritik an ihm auch lange überzogen, aber spätestens mit seinem Verhalten nach der verkorksten Russland-WM war bei mir der Ofen aus. An Müllers Stelle hätte ich ihm z.B. was gehustet (oder eine hygienischere Alternative), was eine Reaktivierung angeht. Von daher habe ich da nur noch die Interessen des Vereins im Blick.
Eine gewisse Sturköpfigkeit bei Löw ist nicht zu leugnen, womöglich landsmannschaftliche Prägung. Ich will das nicht entschuldigen, und fehlerfrei ist niemand. Nur habe ich wirklich in der Vor-Löw-Zeit so viele furchtbar bleierne Spiele der Nationalmannschaft gesehen, dass ich ihm wirklich dankbar bin für das, was er an Spielkultur zumeist umgesetzt hat. Er hat durchaus viel geleistet, und auch Bewunderung für die Auftritte der Mannschaft geweckt bei Leuten, die sonst eher kritisch waren (eingedenk z.B. der 96er Euro etc.). Da ich beruflich sehr viel mit Menschen aller Herren Länder zu tun habe, ist auch mein Freundes- und Bekanntenkreis recht bunt, dazu gehören etwa Spanier und Brasilianer, US-Amerikaner, deren Haltung gegenüber Fußball aus Dt. hat sich schon merklich verändert während der Löw-Zeit. – Was die Ausbootung unserer Spieler betrifft (rechnen wir großzügig Hummels noch dazu), da herrschte wohl der Zwang vor, einen Umbruch rechtzeitig einzuleiten zu müssen, aber wenn Müller es sportlich nimmt, wie seine letzten Äußerungen beweisen, dann will ich nicht päpstlicher sein als der Papst…
Das Problem ist nicht die Sturköpfigkeit, sondern schlicht schon das Verarxxxen vo Spielern und Fans.
“Alle Spieler haben jetzt die gesamte Rückrunde Zeit sich zu zeigen und ihre Nominierung zu rechtfertigen” so sprach der BT im Januar – und wenn es wirklich danach gegangen wäre, dann hätte – auch wenn er FCB-Spieler ist- ein Manu Neuer niemals mitfahren dürfen und ein ter Stegen als Nr 1 spielen müssen, dann hätte ein Petersen und nicht ein Gomez in den Kader gehört, dann wären nicht die Nr 2-5 der Bundesliga-Torjägerliste geschlossen zuhause geblieben, dann hätten auch andere gar nicht erst mitfahren dürfen.
“Petersen ist der beste Jokerspieler der ganzen Bundesliga!” Und deshalb wird er nach dem Trainingslager aussortiert, während ein Gomez, der zwar “Rücken hatte”, als Joker mitfährt
Und da muss man sich eben auch die Frage stellen dürfen, was denn solche Aussagen wert sind. Oder ob er die Leute auf den Arm nehmen will.
Bin mir sicher es wird Flick. Der tut sich Brazzo nicht länger an. Flick ist bekannt seine Linie durchzuziehen oder zu gehen. Wir könnten dann Löw…., der braucht ne Pause, Klopp wird nicht wollen. Tuchel hat man für immer versemmelt. Jupp, steck das Telefon aus…
Ich werfe für den Fall Nagelsmann ins Rennen.
Naja, da ist viel Medientheater bei bei all dem “Streit” mit Brazzo. Von daher glaube ich nicht, dass Flick auch nur ansatzweise daran denkt, die Nationalmannschaft zu diesem Zeitpunkt zu übernehmen. In drei Jahren sieht die Welt vielleicht anders aus, aber mittelfristig wird er bei uns bleiben. Bin da bei sevealseasons, keiner muss Angst haben, dass Flick geht – ohne Überraschungen ausschließen zu wollen. Muss dazu sagen: Lasse mich in diesem Fall nur ungern eines Besseren belehren…
Die PK diese Woche wird interessant. Die Frage kommt zu 100%.
Und dann wird es spannend wie Flick antwortet. Er könnte das ganze Thema mit einem klaren Satz zwar nicht beerdigen, aber doch jeden Dampf rausnehmen.
Oder es kommt das branchenübliche “lebe im Hier und Heute, bin nur auf meine Mannschaft fokussiert, beteilige mich nicht an Spekulationen”
Version Nummer 2 wäre mein Tipp. Und dann könnten das nervige Wochen werden.
Ich halte die Lösung Flick nicht für unwahrscheinlich. Er hat in der einen Saison mit Bayern alles geschafft, was geht. Eigentlich kann er nur verlieren. Bei aller aktuell berechtigten Kritik an Löw, rechne ich ihm hoch an, dass er nach dem WM Titel weitergemacht hat. Er hätte sich wie Lahm, Schweinsteiger etc. verabschieden können und hätte sich nie wieder beweisen müssen.
Flick würde auf dem Zenit gehen, würde sich Türen offen halten für eine Rückkehr in den Vorstand, er müßte sich nicht mit Brazzo arrangieren… Vielleicht passiert mit ihm das gleiche wie mit Klopp, dass nach einiger Zeit einfach die Luft raus ist, dann kann ein Abgang unschön werden. Insgesamt ist er ein solcher Sympathieträger, dass er es vielleicht ähnlich geschickt anstellen kann wie bislang Klopp, der einen Verein immer als “Liebling” verlassen hat. (insgesamt halte ich es hier mit einem meiner Vorredner, da ich Klopps arrogante, cholerische Art -abgesehen vom Fachlichen- überhaupt nicht mag.)
Ich wäre allerdings eher bei Eric ten Haag – als zweite Wahl hinter Flick.
lasst doch rangnick den bundestrainer machen, dann kann flick bei uns bleiben. und wenn hansi doch zur NM gehen will, sollten wir erik ten hag holen…
Klopp und auch Nagelsmann haben heute bereits abgewunken.
Rangnick hat letzte Woche bei Bommes Interesse durchblicken lassen. In Leipzig kehrte er ja nach Hasenhüttls Abgang 2018/19 für ein Jahr auf die Trainerbank zurück – er kann also auch Interim. Stefan Kuntz wäre ebenfalls eine brauchbare Alternative, der auch Turniere kann.
Löw hat den goldenen Zeitpunkt zum Abtreten verpasst (2014, evtl. noch 2016). Aber er ist da in prominenter Gesellschaft von Bundestrainer-Ikonen (Schön 1978, auch Herberger 1962). Die Abschiedsverkündigung rechtzeitig vor der EURO kann sogar einen Befreiungsschlag darstellen. Zudem kann die TFK (Trainerfindungskommission) sich ein wenig Zeit lassen.
In den Nachwuchsleistungszentren werden nur noch Mittelfeldspieler gezüchtet, keine Mittelstürmer und schon gar keine Verteidiger, die Manndeckung spielen können/möchten.
Du findest ja heutzutage schon in den Bezirksligen nur noch Verteidiger, die alles spielerisch und im Raum lösen wollen. Wenn der Trainer 90 Minuten Manndeckung anordnen würde, wäre er die längste Zeit Trainer gewesen, weil die Spieler ihm den Vogel zeigen würden.
Die Zeiten haben sich geändert, ob zum guten oder schlechten muss jeder für sich entscheiden.
Und die Torschützenlisten muss man immer differenziert betrachten. Schau mal wie viele Stürmer es in den 60er bis 80er Jahren gab, die 10 bis 15 Saisonen in der Bundesliga spielten. Die findest du jetzt nicht mehr. Lewa ist da fast eine Ausnahme.
Ich finde den Vergleich zwischen Lewa und Haaland nur an den geschossenen Toren fest zu machen hinkt etwas, weil die beiden nun mal von ihren Teams auch unterschiedliche Vorarbeiten bekommen und Haaland dazu noch ein paar Spiele in dieser Saison ausgefallen ist. Der xG-Wert macht das ganze allerdings schön vergleichbar, wenn man ausrechnet wie viele Tore die beiden in dieser Saison pro erwartetem Tor machen. Die Anzeige von understat.com (von denen ich die Daten entnommen habe) für einzelne Spieler bezieht sich auf einen größeren Zeitraum, in dem die beiden überwiegend nicht unter vergleichbaren Bedingungen gespielt haben. Die Werte nur von dieser Saison haben eher vergleichbare Rahmenbedingungen. Auch das hinkt natürlich immer noch, weil die Spielsituationen, aus denen beide ihre Tore machen müssen, oft andere sind. Gefühlt würde ich sagen, dass Haaland öfter aus Laufduellen und Kontersituationen kommt und Lewa sich für seinen Tore mehr im Strafraum durchwühlen muss, aber ein erwartetes Tor ist nun mal ein erwartetes Tor und ein Gegner wie Mainz bleibt Mainz (wie’s eher selten singt und lacht in dieser Saison).
Hier hat Lewa in dieser BuLi-Saison 31 Tore aus 23,01 erwarteten Toren gemacht – also 1,35 Tore pro xG. Das ist aller Ehren Wert oder um es mit Haaland zu sagen: „Der Typ ist verrückt, er ist einfach verrückt.“
Haaland hat dagegen 19 Tore aus 14,45 xG gemacht – also eine Quote von 1,31 pro xG. Macht also pro erwartetem Tor 0,04 Tore weniger als Lewa, was einem ganzen Tor alle 25 Spiele entsprechen würde bei gleichem Chancenaufkommen. Ergo: ‘Haaland ist also auch verrückt, er ist einfach genauso verrückt!’ Dazu ist er gerade mal 20 und kann sich mit Sicherheit noch das ein oder andere von seinen Kollegen abschauen.
Die expected Assists pro Spiel sind übrigens auch fast identisch mit 0,14 pro Spiel für Lewa und 0,15 für Haaland. Beide sind also auch durchaus vergleichbar als ‘Mannschaftsspieler’, wobei man Haaland beim BVB – nach meinem persönlichen Empfinden – allzu oft vorne verhungern lässt. Ich würde Haaland ja zu gerne mit Münchner Ballmaschinen wie Müller und Kimmich als Zuarbeiter sehen. Die Tore pro xG sind ja, wie gesagt, fast identisch mit denen von Lewa. Außerdem hege ich so ein bisschen den Traum, dass Haaland noch 1-2 Jahre bei Dortmund macht und sich in der BuLi so wohl fühlt, dass er dann zu uns kommt – gerne auch in einer anderen Formation als Doppelspitze neben Lewa solange der noch will und kann. Das ist natürlich völlig unrealistisch ohne eigenen Oligarchen oder Scheich (für deren Fernbleiben ich auch gerne auf Haaland verzichte) und wenn der BVB die CL vergurkt, fühlt Haaland sich wahrscheinlich schon nach dieser Saison reif für die Insel oder den spanischen Strand.
Doch genug über Haaland und wieder weiter mit Daumendrücken für Lewa, damit er auf 41 oder mehr Tore kommt. Irgendwann wird schließlich jeder Rekord gebrochen und bei aller Liebe zu Gerd Müller, würde ich es diesem Lewa, der er heute ist, von Herzen gönnen. Ich gestehe, dass ich nicht immer ein Fan von ihm war, aber wenn ich mir seine Entwicklung nicht nur als Fußballer sondern greade auch characterlich ansehe, dann kann ich nur den Hut ziehen (dafür müsste man ihn nicht einmal mit anderen Hochbegabten wie Messi, CR7 oder Zlatan vergleichen … macht aber Spaß das trotzdem zu tun;)
P.S.: Schreibt Alexander eigentlich noch in diesem Forum? Ich fand seine Beiträge immer hochinteressant, weil sie sich auch häufig mit ‘ballferneren’ Themen beschäftigt haben, als andere gängige Medien, habe aber schon länger keine Beiträge mehr von ihm gesehen. Weiß jemand wo der abgeblieben ist oder ob er wieder kommt?
Also wenn Gerds Rekord schon fallen sollte, dann bitte nur durch eine andere Bayern Legende ;-)
@Hans501: Mich gibt es noch, mir fehlt es momentan nur an zündenden Ideen für spannende Themen. Ich habe mal Podcasts zu den Auswirkungen des Brexit auf die EPL, zum Vergleich der Einkommensteuersysteme der Länder der großen fünf Ligen im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Attraktivität für Spieler und Trainer als Arbeitsplatz, oder auch eine kurze Historie der Investitionen/Investoren in Fußballvereine(n) in Europa gemacht. Vielleicht kann ich mal etwas davon in einen Artikel gießen. Gäbe es dafür Interesse? Oder sonst irgendwelche spannenden Ideen? Ich bin für Vorschläge offen. @alle.
CL Reform und deren Auswirkungen
Payroll und Transfer cap wie von ECA vorgeschlagen
Die Themen hören sich für mich spannend an. Gerne verschriftlichen.
Sehr gerne! Gibt auf jeden Fall Interesse.
Hallo, Alexander. Danke für die Antwort. Freut mich auf jeden Fall, dass es dich hier noch gibt :)
Die steuerliche Geschichte klingt auf jeden Fall interessant. Vor Alabas Wechselepos wusste ich z. B. nicht, dass er in Spanien einen Steuervorteil hätte. Ich gehe allerdings auch nicht davon aus, dass Steuervorteile heutzutage das einzige Lockmittel sind. Das Schweizer Nummernkonto ist ja schon gefühlt seit der Zeit als ‘Sie Dreckschwein’ noch eine tolle Beleidigung war, aus der Mode, aber Konten auf den Caymans, Bahama oder Panama dürften immer noch ‘in’ sein und wenn so eine Scheich oder Oligarch das Geld erst an den Verein gibt, muss er am Ende auch noch Infantino und Co. von der Rechtmäßigkeit der Verstöße gegen irgendwelche albernen Fair-Play-Regeln “überzeugen”, wie es bei ManCity der Fall war. Auch etwas offenere Methoden ein Gehalt aufzubessern, wie gut dotierte Werbedeals mit Firmen der Eigentümer, sind nichts Neues. Was da wirklich alles im Hintergrund läuft, wird, denke ich, äußerst selten publik, aber vielleicht hast du was gesehen, das du hier aufarbeiten könntest.
Die, von dir angesprochenen, steuerlichen Gegebenheiten und Subventionen an Vereine (gerne auch mit RB unter den Beispielen – viele halten das ja immer noch für einen normalen Verein) fände ich also schon sehr interessant. Ich würde das für einen vollständigen Überblick über die derzeitige Marktsituation bei europäischen Spitzenclubs noch um alle nachweislichen zusätzlichen Einnahmequellen für Spieler und Clubs erweitern – von dubiosen Werbepartnerschaften bis Schwarzgeld-Konten – wenn es dafür auch nur halbwegs seriöse Quellen gibt. Falls das für einen Artikel zu viel ist, könnte man es evtl. nach Ländern aufteilen. Beispielsweise könnte die EPL wohl alleine einen Artikel füllen, der Rest von Europa einen weiteren, aufstrebende Fußballnationen wie China, USA, Katar und auch Russland, bieten ebenfalls starke finanzielle Anreize für Spieler.
Ich persönlich glaube, dass der FCB im Vergleich zu einigen anderen Spitzenclubs einen enormen Wettbewerbsnachteil haben dürfte, der auch verdeutlichen könnte, weshalb wir uns eben keinen gleichwertigen ‘zweiten Anzug’ leisten können (und falls hier wider Erwarten doch mal ein Spieler mitliest, könnte er vielleicht sogar ein paar Anregungen für seine “sportliche Entwicklung” mitnehmen;)
Eine andere Idee wäre einmal aufzuschlüsseln, was als Ergänzungsspieler geplante Einkäufe den FCB kosten und im Vergleich dazu was es (näherungsweise im Vergleich mit anderen Spielern) gekostet hätte, gleichwertige Eigengewächse als Back-ups zu verwenden. Dass nicht jeder Nachwuchsspieler einen für die Position vergleichbaren Neukauf ausstechen würde – wie es z. B. bei Musiala im Vergleich zu Costa ist – halte ich für selbstverständlich, aber einige kann man meiner Meinung nach eins-zu-eins gegenüberstellen: Choupo – Zirkzee , Roca – Stiller, Sarr – Richards. Ich behaupte explizit nicht, dass man jeden dieser Nachwuchsspieler irgendwann in die erste Mannschaft integrieren würde, aber ich glaube, man hätte ordentlich Geld sparen können, wenn man sie solange eingesetzt hätte, bis man wieder sich wieder einen Spieler holt, von dem man zumindest GLAUBT, dass er auch für die erste Elf tauglich ist. Das muss zwar auch nicht immer klappen (z. B. Tolisso), aber das würde ich für den zumindest finanziell besseren Weg halten. Evtl. ist das ja ein Thema, das für dich interessant genug ist, @Alexander.
@alle: Danke für euer Feedback! @Hans501: Danke auch für deine ausführlichen Gedanken. Die Themen, die du ansprichst, sind sehr spannend und hätten es durchaus verdient, in längeren Artikeln gewürdigt zu werden. Bei den Themen Schwarzgeld und geheimen Konten auf den Bahamas oder Cayman-Inseln oder auch dubiosen Finanzierungs-Kanälen muss ich allerdings leider passen. Ich glaube, da bist du besser bei Rafael Buschmann und seinen Büchern zu den Football Leaks aufgehoben. Der Mann ist ein echter Investigativjournalist, ich bin dann doch nur ein kleiner Gelegenheits-Blogger. Mehr als einige der Kernaussagen seiner Recherchen in andern Worten zusammenfassen könnte ich auch nicht.
Zu der Frage der relativen wirtschaftlichen Attraktivität der Fußball-Ligen in Europa für die Aktiven könnte ich schon eher etwas schreiben. Deutschland hat keine besonderen einkommensteuerlichen Anreizsysteme für Großverdiener, wie es z.B. Spanien, Italien oder Frankreich haben, das stimmt. Auch der 5-millionste Euro wird noch genauso mit dem Spitzensteuersatz versteuert wie der 250-tausendste. Allerdings muss man bei den Steuervorteilen von Profisportlern in verschiedenen Ländern grundsätzlich zwei Ebenen auseinanderhalten: Die Einkommensteuer und die Sozialabgaben. Deutschland hat gegenüber vielen anderen Ländern den Vorteil, dass es bei den Sozialabgaben in den sozialen Sicherungssystemen (Rente, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc.) schon bei für Profifußballer-Verhältnisse sehr geringen Beträgen (<€100.000) eine Beitragsbemessungsgrenze gibt, d.h. das über diese Grenze hinausgehendes Einkommen nicht mehr zur Berechnung der Sozialabgaben herangezogen wird. Eine solche Deckelung gibt es in vielen anderen Ländern in der Form nicht. Dort müssen auf den 5-millionsten Euro noch die gleichen Sozialabgaben bezahlt werden wie auf den ersten.
Das Thema Steuern hat noch einige weitere sehr überraschende Seiten, vielleicht sollte ich das wirklich mal zu Papier bringen (und danach vielleicht auch mal einen Blick auf die Neuordnung der CL werfen, @918).
Das Thema Jugend aus finanzieller Sicht haben Marc und ich einmal in einem epischen englischen Artikel, in dem wir die Finanzen des FCB ausführlichst diskutiert haben, am Rande beleuchtet (https://miasanrot.com/discussion-bayern-financials). Der Campus hat ungefähr €70 Millionen Investitionskosten verschlungen und kostet pro Jahr nach inoffiziellen Schätzungen ungefähr €20-30 Millionen operativ, wovon laut einer Studie der ECA ungefähr €3-5 Millionen auf die Jugendabteilungen entfallen (höchstwahrscheinlich vor Gehältern, also maintenance und upkeep). Damit wird ein Apparat von ca. 25 Trainern und 185 Spielern verteilt auf 11 Teams aufrechterhalten, von denen jedes Jahr so ca. 20-30 graduieren dürften, d.h. die älteste Jugendklasse U-19 verlassen und sich nach neuen Aufgaben umsehen. Rein finanziell dürfte die Variante "Jugendspieler hochziehen" statt "externen Spieler kaufen" also bei den allermeisten head-to-head-Vergleichen wie bei den von dir genannten Zirkzee vs. Choupo-Moting, Richards vs. Sarr und Stiller vs. Roca klar für den Case "Jugendspieler hochziehen" ausgehen. Aber das Finanzielle ist natürlich immer nur eine von ganz vielen Facetten. Erfahrung, Konstanz, körperliche Reife, sich bereits bewiesen haben etc. kommen natürlich immer noch hinzu und bereichern die Gleichung Jugendspieler vs. externe Kraft um eine Vielzahl weiterer Variablen.
@Alexander: Danke für den verlinkten Artikel mit Marc – sehr interessant und in weiten Teilen immer noch aktuell.
Nach der Lektüre dieses Artikels und nach einem kurzen Blick auf dein MSR-Profil bin ich offenbar beidbeinig ins Fettnäpfchen gehüpft, wenn es um die Integration des Nachwuchses im Vergleich zum Kauf fertiger Spieler geht und ebenso beim Thema RB/inverstorgeführte Fußballmannschaften – da haben wir wohl unterschiedliche Blickwinkel.
Gerade das RB-Thema könnte man thematisch schön umdrehen – statt das Konstrukt RB als Hecht im Karpfenteich der gewachsenen Vereine zu sehen, kann man natürlich auch beleuchten was RB in Deutschland so schnell so erfolgreich macht und was davon für Vereinsmannschaften wie den FCB (auch ohne zusätzliches Investorengeld) adaptierbar oder in Planung ist, bzw. schon gemacht wird. Das ist natürlich auch wieder viel Arbeit für einen ‘kleinen Blogger’ aber die Latte hast du schließlich selbst hoch gelegt – oder du könntest dir wieder jemanden wie Marc angeln und das in Form eines Gesprächs angehen. Manche Themen bieten sich ja geradezu an für eine Analyse aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
@Hans501: Wieso solltest du ins Fettnäpfchen getreten sein, überhaupt nicht! Ich kann nur hoffen, dass dich meine Profil nicht zu sehr abgeschreckt hat und mein Standing bei dir jetzt völlig im Keller ist. ;-)
Deine Idee bezüglich RB ist gar nicht schlecht. Man (ich) könnte vielleicht wirklich mal beleuchten, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln Vereine wie RB Leipzig und TSG Hoffenheim so schnell so weit nach oben kommen konnten, wie sie sich von anderen Clubs unterscheiden, was davon für andere Clubs adaptierbar wäre, und welche Vor-, aber auch Nachteile ihnen ihr Status als Retortenclubs im Ligaalltag bringt. Da denke ich mal drüber nach, das dürfte aber wirklich viel Arbeit für wenig neue Erkenntnis sein.
Was die Jugendarbeit angeht hoffe ich, dass ich überhaupt nicht dogmatisch bin. Ich sehe durchaus großes Potential in hervorragender Jugendarbeit, sowohl aus geschäftlicher als auch sportlicher Perspektive. Das, denke ich, sollte in dem Artikel doch deutlich geworden sein? Angelo Stillers Klasse kann ich nicht einschätzen, aber bei deinen beiden anderen Vergleichen würde ich auch sagen, dass es Richards sicherlich keinen Deut schlechter gemacht hätte als Sarr und Choupo-Moting dem Team auch keinen Impact gebracht hat, der über das hinausgeht, was auch Zirkzee hätte leisten können. Auch bei Marc Roca fällt es mir schwer mir vorzustellen, dass Stiller die paar Minuten, die Roca letztlich auf dem Platz stand, so viel schlechter hätte absolvieren können.
Meine Zweifel sind eher grundsätzlicher Natur. Kann es sich eine Mannschaft wie die Bayern, die immer um alle Titel mitspielen will, die es überhaupt nur gibt und daher in schöner Regelmäßigkeit entsprechend viele “high pressure” und “high stakes” games hat, wirklich leisten, auf 18/19/20-jährige Nachwuchsspieler aus der eigenen Jugendakademie zu setzen, die keine solchen generationalen Talente wie ein Jaden Sancho oder Erling Haaland sind, die ihnen dann in der Champions-League-Knockout-Phase die Kohlen aus dem Feuer holen? Ich bin da skeptisch. Nachwuchsspieler wie Thomas Müller oder David Alaba (oder Jaden Sancho oder Erling Haaland) gibt es nicht so oft, zumal aus dem eigenen Nachwuchs. Bewährte Spieler haben den Vorteil, dass sie – nun ja – bewährt sind, sprich bewiesen haben, dass sie einigermaßen konstant ein bestimmtes Leistungsniveau abrufen können. Wenn ich Sportdirektor beim FCB wäre und mich dazwischen entscheiden müsste, für eine offene Position im Team entweder einen Nachwuchsspieler aus der eigenen Akademie mit wahnsinnig viel Potential, aber auch wahnsinnig viel Unsicherheit hochzuziehen, oder einen gestandenen Spieler mit vielleicht etwas weniger rohem Talent, aber dafür mehr Konstanz und mehr Prognostizierbarkeit in der Leistungsentfaltung einzukaufen, dann würde ich mich wahrscheinlich für den gestandenen Spieler entscheiden. Das Talent hat vielleicht das Potential, irgendwann in fünf Jahren ein Weltklasse-Spieler zu sein, aber die Champions League und die Meisterschaft muss ich _jetzt_ gewinnen.
Was Clubs wie der FC Barcelona mit ihrer Jugendakademie “La Masia” jahrelang in Sachen Nachwuchsspieler vollbracht haben, ist hoch anerkennenswert, aber es ist aus Sicht einer nüchternen und rationalen Risiken-/Chancen-Abwägung sportlich eigentlich zumindest fahrlässig. Die eigentlich rationale Strategie für Clubs, die immer alles gewinnen wollen und daher zum Zeitpunkt t = jetzt die erwartete Leistungsfähigkeit E(L) ihres Kaders maximieren und Streuung um diesen Wert minimieren müssen, ist es, in ihrem Kader stets die Spieler zu versammeln, die zum Zeitpunkt t = jetzt am konstantesten und prognostizierbarsten hohe Leistung abzuliefern in der Lage sind – bewiesen durch jahrelanges Spielen auf höchstem Niveau bei anderen Vereinen -, und nicht etwa erst in drei oder vier Jahren, wenn sie sich vom vielversprechenden Talent zum erfahrenen Leistungsträger entwickelt haben. Kurz: Es ist für Clubs wie FC Bayern, FC Barcelona, Real Madrid, Manchester City, Manchester United, PSG etc. ceteris paribus zu jedem Zeitpunkt rationaler, sich die besten Spieler zusammen zu kaufen als auf den eigenen Nachwuchs zu setzen.
Szevasz Sanyi! Jó látni. Üdv
Sei gegrüßt, Alain. Die Freude ist ganz meinerseits.
Alex
Payroll cap pro Club kommt
Schau Die die letzte ECA an
Die Antwort könnte etwas länger ausfallen, aber ich glaube nicht, dass wir hier noch jemanden ’stören’, weil es inzwischen diverse neuere Artikel gibt und hier wohl niemand mehr reinschaut außer uns beiden, @Alexander. Das mit dem Fettnäpfchen bezog sich darauf, dass ich dir Themen vorgeschlagen hatte, bei denen du Meinungen vertrittst, die von meinen abweichen. Inwieweit ist für dich natürlich schwerer einzuschätzen als für mich, weil du deutlich mehr darüber geschrieben hast.
Wenn man z. B. RB ausschließlich in den (für das Internet leider nicht unüblichen) Farben schwarz und weiß sehen möchte, würde ich klar schwarz wählen, weil ich die Gefahr für die gewachsenen Vereinsstrukturen mit Kleingartenvereinsgehabe als zu groß einschätze. Was man bei RB an langfristiger Planung zielgerichtet und erfolgreich umsetzt, ist zwar großartig, aber evtl. nur bedingt adaptierbar für einen ’normalen’ Verein, wo das regelmäßige Hauen und Stechen um die Führungspositionen langfristige Aufbauarbeiten schwierig bis unmöglich macht – der HSV und Schalke lassen grüßen. Das System von RB, das gezielt eine Einflussnahme der Fans als Vereinsmitglieder minimiert, ist da vergleichsweise leicht zu lenken und mit mit unseren Vereinen nur bedingt zu vergleichen, sondern eher mit den Franchises im US-Sport (wo unser Soccer dankenswerterweise immer noch größtenteils als stinklangweilig empfunden wird). Leichter wäre dieses System mit Farmteams als Zulieferer und Deckelung der Möglichkeiten nur durch die Zahlungswilligkeit des/r Inhaber/s (*innen bitte selbst ranbasteln;) für andere investorengeführte Konstrukte umsetzbar, aber wenn ich mir vorstelle, dass Red Bull Leipzig oder Hoffenheim irgendwann gegen andere inhabergeführte Mannschaften um die Meisterschaft spielen, weil man sich eine Werbewirksamkeit verspricht, die über z. B. Fernsehwerbung hinausgeht, wird mir schon etwas anders. Ich denke, man macht sich etwas vor, wenn man glaubt dass diese ‘Franchises’ nicht ein paar Gänge höher schalten könnten, wann immer sie wollen und dann nicht mehr Ausbildungsverein und Zulieferer sind, sondern Endabnehmer für Talente en gros – aber momentan wäre das eben keine positive Werbung mehr und RB-Brause würde im Regal stehen bleiben, wenn bei uns die Liga leergekauft würde. Das ganze sieht natürlich anders aus, solange die Philosophie ist, dass man nur Talente wegfischt und die im Idealfall sofort in ein anderes Land verfrachtet, wo sie erst einmal aus den Augen und aus dem Sinn sind. Spätestens wenn RB Leipzig in Deutschland so dominant würde wie RB Salzburg in Österreich, könnte ich mir als nächstes Projekt eine Filiale von RB z. B. im Londoner Stadtteil Redbridge vorstellen, die sich dann zu RB Leipzig so verhalten würde, wie RB Leipzig zu RB Salzburg. Das mir persönlich solche Vorstellungen nicht gefallen, mindert natürlich nicht die erbrachte Leistung von RB und natürlich darf das jeder individuell bewerten – mit oder ohne Ausblick auf potentielle Entwicklungen in der Zukunft. Was ich persönlich tatsächlich gerade sehe, ist auch nicht einfach schwarz sondern ein durchaus interessanter Graubereich mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko ins Schwarze abzudriften, wenn durch mehrere solcher ‘Erfolgsmodelle’ unsere Vereinsstrukturen langfristig auf der Strecke bleiben und wir statt dessen Zustände wie in der PL oder im US-Sport bekommen würden – aber auch das könnte man eher positiv sehen.
Was das Einbinden des Bayern-Nachwuchses anbelangt habe ich dich, denke ich, auch richtig verstanden, aber ich sehen den FCB nicht unbedingt als Team an, das permanent versucht die CL zu gewinnen – aus meiner Sicht versucht man sich international eher konstant gut zu verkaufen und wenn die anderen alle schwächeln (aus diversen Gründen wie verpassten Umbrüchen, Verletzungspech, vereinsinternen Querelen etc. etc.) kann man sich schon vorstellen, dass man da ist – eher noch hofft man auf eine ‘goldene Generation’ wie bei den tatsächlichen Siegen in der CL bisher und natürlich auch bei den Siegen im Europapokal der Landesmeister davor. Dass man sich gezielt ein Team zusammenkauft, um die CL zu gewinnen, wie das z. B. Real macht, sehe ich beim FCB eigentlich nicht und halte es auch nicht für wünschenswert, weil das finanziell zu riskant wäre. Man tritt meiner Meinung nach nicht an, um zu verlieren, aber man zieht eben auch nicht alle Register, die finanziell machbar wären, um einen CL-Sieg wirklich zu erzwingen.
Ein Hernandez für 80 Mio ist ein ziemlicher Ausrutscher nach oben was die Transfersummen anbelangt – vor allem für seine Position (natürlich IV oder LAV – ein Schelm wer hier Ersatzbank denkt;) – aber ich behaupte jetzt einfach mal, dass man man ohne Corona einen vergleichbaren Betrag für Sané ausgegeben hätte, weil man diese Summen ausgeben muss, um einen talentierten Spieler zu bekommen, der sich schon irgendwo bewiesen hat. Glücksfälle wie Robben oder Ribéry für kleines Geld oder gar Lewa für lau darf man sich erhoffen, aber fest einplanen darf man sie meiner Meinung nach nicht. Also muss ein Verein wie der unsere sparen, um sich solche Spieler zu holen, ohne sich finanziell zu sehr ins Risiko zu begeben. Ein Spieler wie Sarr ist für mich das absolute Gegenteil von sparen – nicht mehr jung genug um sich zu entwickeln, nicht talentiert genug, um ein Herausforderer um den Stammplatz zu sein und bei genauerer Betrachtung vor Ort dann nicht einmal gut genug als Vertretung. Er ist kein Einzelfall, wie die anderen Neuzugänge diese Saison zeigen.
Wenn ich also einerseits nicht so einkaufe, dass ich immer um den CL-Sieg mitspiele, dann kann ich mir andererseits auch die Ausgaben für Spieler ohne Perspektive schenken und mit dem Nachwuchs ins Risiko gehen. Natürlich sollte jede Position mehrfach mit etablierten Spielern besetzt sein, aber das müssen nicht immer verschiedene Spieler sein. Rotationen wie unter Pep erfordern natürlich wirklich gute Spieler aber genau solche brauchen wir doch auch und haben sie auch in weiten Teilen. Dass Süle als RAV besser spielt, als als IV ist zwar eine Überraschung, aber dass Alaba drei Positionen kann ist keine (und weil der sich natürlich nicht sofort mit einem neuen Hintermann blind versteht, braucht er eben gelegentliche Spielpraxis auf der 6). Müller kann schon mal den Außenstürmer geben, Phonsie noch viel mehr – hat man da Costa wirklich gebraucht? Kimmich als RAV tut zwar weh, aber den besten deutschen RAV zu haben ist ja auch nicht ganz schlecht. Pavard kann man verschieben und Goretzka rennt ja sowieso dauern zwischen 6, 8 und 10 herum etc. etc. Worauf ich hinaus möchte, ist, dass ich nicht jede Position zweimal besetzen muss, um im Notfall ein starkes und erfahrenes Back-up zu haben. Verschieben kann eine Lösung sein und für die Belastungssteuerung kann man dann den Nachwuchs ranlassen, wenn das Spiel eingetütet ist. 60 oder 70 Minuten tun nicht ansatzweise so weh wie 90. Um noch 20 oder 30 Minuten eine Führung zu verwalten, braucht man dann auch nicht den jungen Messi einzuwechseln, sondern Spieler wie Richards oder Stiller und wie sie alle heißen. Das ist für mich die Rolle, die der Nachwuchs primär haben sollte. Der Vorteil für die jungen Spieler wäre, dass sie sich mit dieser Spielpraxis und dem damit gewonnenen Selbstvertrauen besser entwickeln – ob das dann irgendwann für die Startelf des FCB reicht, oder man die Leute abgibt, wenn diese Perspektive fehlt, würde man ja sehen. Der Vorteil für den FCB wäre, dass man kein Geld mehr für diverse Notnägel ausgeben würde, sondern mehr Geld für den ein oder anderen teureren, etablierten Spieler hätte.
So ein Modell wirft natürlich auch Fragen auf: Was ist wenn zu viele Spieler verletzungsbedingt ausfallen und zu viele vom Nachwuchs ran müssen? – Gegenfrage: Was ist wenn Sarr, Tolisso und Costa starten? Könnte es wirklich so viel schlimmer sein?
Aber wir starten dieses Jahr doch schon mit den Ersatzspielern und Führungen zu verwalten haben wir ja eigentlich auch fast nie? – Könnte da evtl. ein Zusammenhang bestehen? Mit der ersten Elf zu starten und dann zu wechseln, wenn man in Führung ist, genau so wie letztes Jahr oder in den wichtigen Spielen, könnte deutlich mehr Kräfte sparen, als Rückständen hinterher zu rennen.
Aber was ist wenn man eben keine Führung hat, die man verwalten kann? – Das selbe wie jetzt auch in den Spitzenspielen, dann hofft man dass man die Belastungssteuerung auf nächste Woche verschieben kann und wechselt eben nicht.
Was wäre wenn uns das einmal eine Meisterschaft kostet? – Na und, dann ist das halt so. Ich persönlich sehe eher die Möglichkeit international mehr zu gewinnen mit mittelfristig 2 – 3 Starspielern mehr im Team und internationale Erfolge sind für die Einnahmen in einem globalisiert Markt langfristig vermutlich sowieso wichtiger.
Ich glaube übrigens, dass wir unserem Nachwuchs einen gewaltigen Schub verpassen, wenn wir mehr auf ihn setzen würden. Ich bin mir sicher du kennst Studien zu negativem und positivem Priming und Selbstbewusstsein ist im Sport von enormer Bedeutung. Den Nachwuchsspielern regelmäßig Spielpraxis zu geben und das Gefühl, dass man auf sie baut, kann auch Potenzial freisetzen. Z. B. Mathekenntnisse würde als ich noch deutlich weniger durch Selbstbewusstsein beeinflussbar ansehen als fußballerische Fähigkeiten, aber wir kennen alle die Experimente, bei denen Priming Kräfte freigesetzt oder blockiert hat. Asiatische Mädchen mit einem Priming als Mädchen waren schlecht in einem Mathetest – die Vergleichsgruppe mit Priming als als Asiaten waren super. Junge Spieler denen man Vertrauen schenkt, wären sicher nicht schlechter, als solche, die man auf der Bank vergammeln lässt, bis man sie abschenkt, weil die nächste Generation Bankwärmer nachrückt.
Das wäre zum Schluss auch wieder eine schöne Brücke zu RB, weil eine Sache, die man dort sicher richtig macht, ist, dass man dem Nachwuchs ganz konsequent Chancen gibt – die jungen Spieler dort haben gar nicht die Zeit darüber zu grübeln, was sie eigentlich gar nicht können, weil sie viel zu wenig auf der Bank rumsitzen dürfen, um irgendwelchen schlechten Ergänzungsspielern zuzusehen, wie man ein Spiel vergeigt. La Masia hat übrigens auch nur so lange wirklich gute Spieler hervorgebracht, wie der Nachwuchs regelmäßig eine Chance in der ersten Mannschaft bekommen hat und ich würde mich nicht wundern, wenn jetzt wo das Geld für sinnlose Einkäufe bei Barca weg ist, ganz zufällig eine neue goldene Generation heran reift … aber das ist natürlich nur meine Meinung und was den FCB anbelangt eher illusorisch, aber was Barca angeht, werden wir sehen was passiert.
@Alex: Interessante Ausführungen bis dahin. Mit einer Passage habe ich allerdings Verständnisprobleme.
“Der Campus hat ungefähr €70 Millionen Investitionskosten verschlungen und kostet pro Jahr nach inoffiziellen Schätzungen ungefähr €20-30 Millionen operativ, wovon laut einer Studie der ECA ungefähr €3-5 Millionen auf die Jugendabteilungen entfallen (höchstwahrscheinlich vor Gehältern, also maintenance und upkeep).”
Du unterscheidest hier zwischen Campus und den Jugendabteilungen. Ich hätte das beides als Synonym gesehen. Was verstehst du denn unter dem Campus, abzüglich der Jugendabteilungen?
Die 3-5 Mio verstehst du ohne die Gehälter, also nur maintenance und upkeep. Hältst du das für realistisch? Das wären ja riesige Summen.
Wobei die Gehälter diese Summe deutlich überschreiten sollten. Aber selbst wenn ich mal das Doppelte annehme bleibt zu den 20-30 Mio die du für den Campus veranschlagst ein ziemlich großes Delta. Welche Posten würdest du da sehen, die noch mal einen solchen großen Aufwand verursachen könnten?
Und noch ein letztes, hast du zu der Studie der ECA eine Fundstelle, oder einen Link. Wäre super, wenn nicht auch nicht schlimm (-;
@Hans501: Hui, da hast du mir ja ein ganz schön dickes Brett zum Bohren hingelegt, an dessen Beantwortung ich leider kaum vorbeikomme, weil es auf so interessante Weise so unheimlich facettenreich gemasert ist. ;-) Außerdem machen mir solche Diskussionen am meisten Spaß, in denen alle Seiten ausreichend Zeit, Platz und Muße haben, ihre Gedanken ausführlich darlegen zu können. Auf zum fröhlichen Halali also!
Du hast sicherlich recht, dass Clubs wie RB Leipzig und TSG Hoffenheim aus den von dir genannten Gründen wesensmäßig eher ins amerikanische Franchise-System als ins deutsche Vereinssystem passen. Das Lesen deiner Gedanken dazu hat einige grundsätzliche Überlegungen in mir losgetreten (danke dafür!), die ich gerne in Form von Fragen an dich weitergeben würde: Worin genau liegt eigentlich das Faszinosum, weshalb wir die Bundesliga mit so vielen Emotionen verfolgen und unseren Vereinen in so tiefer Zuneigung verbunden sind? Haben US-amerikanische Fans weniger Emotionen beim Verfolgen ihres Sports und empfinden sie weniger Zuneigung zu ihren Teams, nur weil sie kommerzielle Franchises ohne ‘Vereinsseele’ sind? Ist das Geschehen auf dem Fußballplatz weniger spektakulär und weniger angelegt, Emotionen, Bewunderung, Zuneigung und Liebe im Menschen zu entfachen, wenn das Geschehen primär dem Zweck der Werbung dient? Sind Fans von RB Leipzig weniger authentische Fans mit weniger authentischen Emotionen als Fans von Bayern München oder Borussia Dortmund, nur weil der Veranstalter im Hintergrund kein traditioneller Verein sondern ein instrumentelles Kunstprodukt ist?
Was die wirtschaftliche Parität bzw. Chancengleichheit zwischen traditionellen Vereinen und zweckfunktionalen Konstrukten aus der Retorte im Profifußball angeht, ist dies ja eine Frage der rechtlichen Institutionalisierung. Regelsysteme wie das UEFA FFP und das Club Licensing sollen ja vereinszweckunabhängig sicherstellen, dass wirtschaftliche Parität zwischen den teilnehmenden Clubs eines Wettbewerbs herrscht. Also egal ob ein Verein als Kapitalgesellschaft oder ganz traditionell als Mitgliederverein aufgestellt ist und egal wie er sich finanziert, für jeden gelten dieselben finanziellen Spielregeln.
Bezüglich des sportlichen Anspruchs der Bayern gebe ich dir recht, dass sie es nicht in einem derart plakativ übertriebenen Maße wie Real mit den “Galacticos” Mitte der 2000er darauf anlegen, stets die größtmöglichste Anzahl stärkstmöglicher Weltstars in ihren Reihen zu vereinen. Aber natürlich hat der FC Bayern den Anspruch, jedes Jahr aufs neue die Champions League zu gewinnen. Und natürlich versucht der FC Bayern jedes Jahr aufs neue eine im Rahmen seiner Möglichkeiten so starke Mannschaft wie möglich zu stellen. Darauf gebe ich dir Brief und Siegel. Glaubst du wirklich, dass sie freiwillig unterhalb ihrer Kapazität fahren? Also schwächer in den Wettbewerb gehen, als sie eigentlich könnten? No way.
Deine Gedanken zu Jugend, Taktik Rotation, Backup usw. kann ich alle hervorragend nachvollziehen, aber ich möchte dir zwei Dinge zu bedenken geben: Erstens hindsight bias. Du (wir) wissen jetzt, dass Sarr keine vernünftige Akquisition war, Roca bisher eine Enttäuschung und Choupo-Motings und Costas Spielzeit ohne nennenswerte Nachteile auch gut von Nachwuchsspielern hätte absolviert werden können. Ich weiß noch genau, wie wir im letzten Sommer froh waren – zumindest in der MSR-Redaktion – dass Salihamidžić noch auf den letzten Drücker eine Reihe vermeintlich leistungsfähiger Backups für einige der unterbesetztesten Positionen im Kader an Land gezogen hatte.
Zweitens Entwicklungsperspektive. Ich stimme deiner Hervorhebung der Bedeutung der Rolle der Psyche für die körperliche und geistige Leistungsentfaltung uneingeschränkt zu. Zweifelsohne würde ein junger Spieler, dem hochoffiziell von Hasan Salihamidžić persönlich bei einem Termin in seinem Büro eröffnet wird, dass er zukünftig fest für die erste Mannschaft eingeplant ist und der dann ganz selbstverständlich als Mitglied der ersten Mannschaft am regulären Trainingsbetrieb teilnimmt und mit seinen Fähigkeiten von Flick ernst genommen wird, einen enormen initialen psychischen Boost erfahren.
Nur leider nutzt sich dieser Boost schnell ab, wenn der Spieler erkennt, dass er da, wo es zählt – den Einsatzzeiten im Ligaalltag – nicht wirklich eine Rolle spielt. Dann ist das anfängliche Hoch genauso schnell wieder verflogen, wie es gekommen ist und der Spieler wird frustriert. Denn noch wichtiger für die Entwicklung eines Talents als das Gefühl, Vertrauen und Wertschätzung zu erfahren, ist es zu spielen, “meaningful minutes” zu bekommen. Nur mal hier und da 30 Minuten am Ende einer Partie, wenn das Spiel schon entschieden ist, bringen nicht wirklich etwas. Siehe Zirkzee, dessen Kurzfrist-breakthrough im vorletzten Jahr ihm nicht wirklich etwas von Dauer gebracht hat, siehe auch Nübel, der mehr als nur mit einem Nebengedanken mit einer Leihe im Sommer liebäugelt (nachvollziehbarerweise). Das Dumme ist nur, dass ein Verein wie der FC Bayern aus den von mir in meinem letzten Post dargelegten Gründen es sich nicht erlauben kann, ungeprüfte Nachwuchstalente regelmäßiger und kontinuierlicher in seinen Spielbetrieb einzubauen, Lottogewinne wie Davies einmal außen vor gelassen. “Nature abhors a vacuum”, heißt es, “business abhors uncertainty”, könnte man ergänzen.
Und RB Leipzig? Ja, die geben Nachwuchsspielern vielleicht in größerer Anzahl und auf kontinuierlicherer Basis eine Chance als die Bayern (tun sie das wirklich?), aber sie sind ja auch gerade erst aus der Champions League ausgeschieden und noch nie Meister geworden. ;-) Im Ernst: Gibt es einen Verein, der konsequent in einem nennenswerten Umfang Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in seine erste Mannschaft einbaut und gleichzeitig regelmäßig um die nationale Meisterschaft und die europäischen Titel mitspielt?
@Jo: Die Schätzungen von €20-30 Millionen habe ich von einem Journalisten unter der Hand bekommen, der das wiederum direkt von einem Offiziellen am Campus erfahren haben will. Die €3 Millionen entstammen einer Studie der ECA, die in dem englischen Diskussionsartikel von Marc und mir verlinkt ist. Diese Studie ist übrigens auch anderweitig ganz interessant. Lohnt sich mal anzuschauen. Ich war aufgrund der großen Diskrepanz zwischen beiden Zahlen auch irritiert, aber ich glaube beiden Quellen. Frag mich bitte nicht, was man da alles rein- und rausrechnen muss, um von der einen auf die andere Zahl zu kommen…
@Alexander: Meine Überlegungen haben natürlich alle den ein oder anderen wunden Punkt. Proof of concept steht da des Öfteren natürlich aus, aber manchmal habe ich eben den Eindruck, dass das, was jetzt gerade passiert, nicht optimal ist und man deshalb einen neuen Weg beschreiten sollte oder man einen anderen Blickwinkel auf Dinge versuchen sollte.
Aber mal von oben nach unten: Ist der Leipziger Fan weniger authentisch? Ich finde nicht. Emotionen im Fußball sind logisch generell wenig nachzuvollziehen und wenn sich Bürger einer Stadt oder einer Region völlig unreflektiert bis aufs Blut hassen, wird das Ganze für mich persönlich sogar ziemlich seltsam. Ich kenne z. B. Leute die bitter enttäuscht sind wenn man ihren FCB hasst und sie als Fans angreift, die aber auch Baseball mögen und dann über die Yankees in Rage reden – für mich rational nicht fassbar. Auch diesen Hass auf RB kann ich nicht teilen und Hopp im Fadenkreuz brauche ich auch nicht. Aber das bedeutet nicht, dass ich es gerne sehen würde, wenn unser Vereinssystem mit all seinen Nachteilen – organisatorisch und finanziell – von gut durchdachten und zahlungskräftigen Franchises überrollt wird. In der PL wurden viele bestehende Vereine einfach aufgekauft und umgewandelt, aber das würde hier wegen der 50+1 Geschichte schwierig, also müsste man neue Vereine gründen und das ist es, was mir nicht gefallen würde. Würde man z. B. einen neuen Verein in Gelsenkirchen gründen, der dann ebenso kometenhaft aufsteigt wie RB, während Schalke sich gleichzeitig immer tiefer ins Loch graben würde, dann würde der schon irgendwann Zulauf haben, aber wer heute Schalke-Fan ist, der hat eigentlich gar keine Wahl – der ist mit seinem Verein verheiratet, bis dass der Tod ihn scheidet. Die Mechanismen im Gehirn, mit denen man sich für SEINEN Verein entscheidet sind häufig regional erklärbar aber so gut wie nie rational und umkehrbar sind sie aus meiner Erfahrung sowieso nicht. Wenn dich ein Ehepartner nur unglücklich macht, kannst du irgendwann die Reißleine ziehen, aber beim Fußball nicht und wenn ich sehe wie wir hier alle mitleiden, wenn der FCB ’nur’ Tabellenführer ist aber einige Sachen nicht rund laufen, dann frage ich mich mich manchmal, ob es beim Fußball nicht generell mehr ums Mitleiden als ums Mitfreuen geht. Ergo: RB Leipzig Fans sind für mich zwar Fans (die hatten ja da vorher seit Ewigkeiten nix) aber ich will nicht, dass dieses System hier Schule macht und gewachsene Strukturen ersetzt. Ganz eigennützig will ich auch nicht, dass eine jahrzehntelange, hervorragende Arbeit unter ‘Vereinsbedingungen’ durch die Möglichkeiten, die Investoren mit sich bringen abgelöst wird, als wäre ein Fußballverein mit seinem emotionalen Hintergrund nur ein beliebiges Industrieprodukt. Das spinnt den Bogen zwar ziemlich weit aber mit zwei von diesen Retortenteams in unserer ersten Liga, ist ein Anfang ja ganz deutlich gemacht.
Die Spielregeln die im Fußball gelten, hat man kürzlich wieder bei ManCity gesehen: Korruption funktioniert und wird selbst nur in Ausnahmefällen abgestraft (und welche Partei/en den nächsten Bundeskanzler stellen trotz ständiger Korruptionsaffären, glaube ich auch schon wieder zu erahnen;). Manchmal habe ich den Eindruck, dass man eigentlich nur so viele Regeln braucht, damit man mehr von denen verlangen kann, die dagegen verstoßen und damit meine ich nicht die offiziellen Strafen, wie die lachhaften 10 Mio bei City. Ich bin da sicher etwas zynisch, aber ich glaube, dass gleiche Bedingungen für alle eine schöne Utopie sind, aber am Ende erfolgreich ist, wer bereit ist, den geforderten Preis zu zahlen. Was die Aufhebung der zweijährigen Sperre für internationale Wettbewerbe für Man City wirklich gekostet hat, werden wir evtl. in ein paar Jahrzehnten erfahren aber vermutlich nie. Wenn ich z. B. an die Sommermärchen-Affäre zurückdenke, wo man aufgedeckt hat, dass unsere Verantwortlichen (allen voran mit der größten Fallhöhe Franz Beckenbauer) Schmiergelder gezahlt haben, erinnere ich mich eigentlich nur an erstaunte Gesichter als das publik wurde – viele mit der Frage: ‘Wie konnte das nur geschehen?’ aber noch deutlich mehr mit: ‘Wie um alles in der Welt war das nicht jedem sonnenklar, dass wir eine WM nur so bekommen konnten.’ Ob PSG seit Jahren oder ein paar Kandidaten in der PL sämtliche Regeln zur Deckelung der Ausgaben einhalten? – Kann man schon sein, aber dann vermutlich nur, weil man Umwege benutzt, die nicht ausreichend geregelt sind, wie eine Gehaltsaufbesserung durch lukrative Werbeverträge. (Hier bitte ein beliebtes Marco-Reus-Zitat einfügen, weil ich das alles natürlich weder beweisen kann noch werde;)
short cut – rest soon
@Alexander und @Hans
Entschuldigt bitte, dass ich hier so unaufgefordert brutal von der Seite in euer Gespräch reingrätsche, aber das facettenreich gemaserte Brett hat es auch mir angetan.
Alexander hat sein Ohr so nahe am Puls der Zeit und ein so feines Gespür für Märkte und Entwicklungen, dass man dem sinnvollerweise nicht widersprechen kann. Und dennoch spüre ich, worauf Hansens Kritik hinausläuft, dass nämlich Fußball mehr als Emotion, Wettbewerb und Geschäft ist bzw. sein kann.
Objektiv und rational im Sinne einer momentanen Bestandsaufnahme betrachtet kommen solche vermeintlich identitären Defizite kaum zum Vorschein, aber historisch betrachtet sehr wohl: Wenn wir uns anschauen, woraus und wie sich Fußballvereine traditionell seit ihrer Gründung entwickelt haben, wie sie notgedrungen aufgrund ihrer regionalen Verankerung und ihres spezifischen Personals ein eigentümliches und fast alternativloses Selbstverständnis ihrer Gemeinschaft und ihres Fußballstils entwickelt haben (oder eher hatten), wird deutlich, dass für viele Fans ihr Verein neben dem modernen Wettbewerbsteilnehmer vielleicht auch heute noch eine ideelle Heimat darstellt, die sich teilweise über Jahrzehnte und Generationen hinweg entwickelt hat. Im Vergleich dazu mag ein an ökonomischen Interessen orientiertes Vereinskonstrukt ebenfalls guten, oft sogar besseren Fußball bieten, mit ebenso authentischen Emotionen im Rahmen des sportlichen Geschehens, wird aber dort, wo es um sportliche Heimat, fußballerische Identität und historische Wurzeln geht als Dienstleistungsunternehmen defizitär und austauschbar wirken.
Im Kontext des Fußballs sind solche Qualitäten und Differenzen womöglich gar nicht mehr so entscheidend, zumal der Wettbewerb per se immer schon irgendwie verzerrt und manipuliert war. Aber symptomatischerweise treten ähnliche Spannungen ja auch in unserer alltäglichen Lebenswirklichkeit auf: kämpfen denn dort nicht historisch gewachsene Nationen mit ihren demokratischen Institutionen und ihrer je wesenseigenen Identität zunehmend gegen die vermeintliche Bedrohung einer allumfassend-technokratischen Verwaltungsdienstleistung, die anhand unfehlbarer Algorithmen in Kombination mit unübertroffener Rechenleistung und untrüglicher Objektivität maßgeschneidert-allgemeingültige Lösungen generiert, denen gegenüber die traditionellen demokratischen Meinungsfindungsverfahren hoffnungslos unterlegen sind? Sollten die Provinzler nicht in ihrem eigenen Interesse ein bisschen mehr Chelsea-China-Silicon Valley wagen? Oder sollten sie den Anfängen wehren?
Schwierige Fragen, die uns auf verschiedensten Ebenen eine Zeit lang verfolgen werden, ohne dass die Diskussion mit einfachen Antworten beendet werden könnte. Denn bei aller Skepsis gegenüber Alexanders manchmal etwas arg widerstandsloser Hingabe an die Faktizität der Gegenwart, glaube ich, dass ihn sein Grundinstinkt, Verständnis und Lösungen innerhalb des sich aktuell entwickelnden Welt- und Zeitgeistes zu suchen, nicht täuscht, wenn es darum geht gegenwärtige und zukünftige Entwicklungen zu erkennen und zu analysieren.
Umso erstaunlicher erscheint es deshalb, dass er bei der Frage nach wirtschaftlicher Parität bzw. Chancengleichheit im Wettbewerb sich dazu herablässt die offiziellen Regelsysteme (UEFA FFP, Club Licensing) ins Feld zu führen. Diese Regulationen haben sich bisher als nicht besonders einschneidend erwiesen und ich sehe das ähnlich wie Hans, dass die entsprechenden Akteure sich bisher bewusst zurückgehalten haben, aber jederzeit ein paar Gänge höher schalten könnten. Wer das anschließende Hase-und-Igel-Spiel von Kontrollen und Schlupflöchern gewinnt, steht wohl außer Frage – denn selbst wenn die Kontrollen irgendwann einmal greifen sollten, würden sich die betroffenen Parteien einfach der bisherigen Legislation entziehen: he who pays the piper calls the tune.
Ebenfalls fragwürdig finde ich die Einschätzung, dass der FC Bayern per se immer die bestmögliche Mannschaft in den Wettbewerb schickt. Das mag zwar stimmen, wenn man von Saison zu Saison denkt; schaut man sich die Effizienz der Ausgaben und die Zusammenstellung der Mannschaft jedoch über etwas längere Zeiträume an, fällt auf, dass durch Taktik-, Strategie- und Philosophiewechsel im Laufe der Jahrzehnte (meistens im 3-bis-5-Jahres-Rhythmus) durch Umstrukturierungen Unmengen an Geld verbrannt worden sind.
Auch in den letzten Jahren, in denen aus einer Ballbesitzmannschaft par excellence vor Kurzem eine Gegenpressing-Sturmtruppe par excellence wurde (nachdem die Mourinho-für-Arme-Variante nicht überzeugen konnte) und in ein, zwei Jahren wahrscheinlich wieder eine Gegenbewegung einsetzt, kombiniert mit den jeweils wechselnden Schwerpunkten mal auf erfahrene Stars, dann auf entwicklungsfähige Jünglinge, teils internationale Koryphäen, teils nationale Helden, seinerzeit auf eine starke Bank, derzeit auf eine starke erste Elf zu setzen, wird deutlich, dass die national reichlich, international knapp bemessenen Ressourcen keinesfalls so effektiv eingesetzt werden wie Alexander es suggeriert. Solche ideologischen Inkonsistenzen mit den damit verbunden Umbaumaßnahmen kosten sehr viel Zeit und Geld, den aller Pragmatismus wahrscheinlich nicht aufwiegen kann. Vermutlich hat der FC Bayern die gleiche Unternehmensberatung wie Daimler…
Etwas antiquiert finde ich die Ansicht, dass man mit talentierten Jugendspielern keine Titel gewinnt. Das mag formal bis zum jetzigen Zeitpunkt richtig und belegbar sein, lässt allerdings vollkommen außer Acht, dass seit Kurzem (nicht zuletzt aufgrund der Marktgegebenheiten) ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat und inzwischen so viele junge und sehr junge Spieler zunehmend mehr “meaningful minutes” als vollwertige Profis bekommen, dass es nur noch eine Frage von sehr kurzer Zeit sein kann, bis ein solches Youngster-Team ehrenwerte Pokale auf höchster Ebene gewinnt.
PS. Dass die MSR-Redaktion sich seinerzeit angeblich über Salihamidžićs Neuzugänge gefreut hat, zeigt einmal mehr, dass es sich bei ihnen um geistige Kinder des SID handelt: tranfer news is good news.
@Alex: Wirklich sehr interessante Studie.
Ich würde die 3 Mio jetzt mal rein auf den Betrieb des Campus beziehen, also Immobilie, plus Personal wie Greenkeeper, Pädagogen, aber ohne den sportlichen Bereich.
Die Zahl von 20,30 Millionen halte ich nicht für unrealistisch. Schon vor dem Betrieb des Campus, vor 10 Jahren, geisterten Zahlen von 10 Mio plus X herum. Da hielte ich heute 20 Mio für nachvollziehbar. 30 Mio erscheint mir etwas unrealistisch, mit dem Etat könnte man ja fast schon ein BL-Team betreiben.
Man muss dann noch die Amateure mit einbeziehen. Da kann man den Vergleich mit den anderen Drittligateams ziehen. Die haben im Schnitt einen Umsatz von über 10 Mio, der Gehaltsetat soll zwischen 5 und 8 Mio liegen.
Dann könnte ich mir zusammenreimen.
3 Mio für den Campusbetrieb
8 bis 9 Mio für die Jugend (Spieler, Trainer, sonstiger Staff)
8 bis 9 Mio für die Amateure (Spieler, Trainer, sonstiger Staff)
Dann würde man bei der Größenordnung von 20 Mio landen.
Das was der FCB macht ist ja absolut erfolgreich – auch im Nachwuchsbereich. Ich kann also nur sehr begrenzt ‘meckern’ und ich hoffe, das wirkt auch mehr wie ein positiv gemeiner Hinweis. KHR hat vor einigen Jahren sogar mal selbst etwas in die Richtung gesagt, dass wir beim FCB zukünftig vermehrt auf den Nachwuchs setzen wollen, was die zweite Reihe anbelangt, weil wir nicht alle finanziellen Eskapaden anderer europäischer Spitzenclubs mitmachen wollen oder können – zumindest sinngemäß. (Die Quelle finde ich natürlich nicht mehr.) Ich fand den Gedanken gut (Kunststück weil meiner da auch schon ähnlich war;), aber ich fand auch seinen Gedanken die Popularität von Fußballern zu nutzen, um die Akzeptanz von Impfungen zu erhöhen großartig. Ich durfte dann lernen, dass Medien, die Fußballer zu ‘Helden’ und ‘Vorbildern’ erklären, wenn es darum geht ein Blechteil zu gewinnen, das sich für einen alltäglichen Gebrauch als eher untauglich erweisen dürfte, dann von denselben Medien zu Vordränglern und Schuften gemacht werden, wenn es um etwas alltägliches aber ungleich nützlicheres wie die Steigerung der Akzeptanz von Impfungen geht. Ich muss ja nicht immer alles verstehen aber bei einer bahnbrechend nützlichen Idee von KHR, hätten mich die Auswirkungen von deren Umsetzung schon interessiert – ich meine natürlich die stärkere Einbindung des Nachwuchses ;)
Aber erst mal etwas ausholen: Was den sportlichen Anspruch anbelangt, kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Als man Pep zum Trainer gemacht hat – besonders nachdem man vorher gerade die CL geholt hatte – hat man sicher die Erwartung gehabt, dass da bald noch ein CL-Titel kommt. Statt dessen ist es mit einem Kern aus Bayern-Spielern und Peps System (und ein bisschen Verletzungspech/-glück) 2014 ein ganz anderer Titel geworden, den man sich beim FCB nicht auf den Briefkopf schreiben kann. Aber hat man in jüngster Zeit Kovac mit dem Anspruch geholt einen CL-Titel zu gewinnen? Ich hatte, offen gestanden, nicht den Eindruck, aber natürlich stellen sich da weder Hoeneß noch Rummenigge vor die Presse und sagen, dass man es jetzt erst einmal ein paar Jahre ruhiger angehen wird, was internationale Titel anbelangt. “Wir sehen mit großen Erwartungen in die Zukunft”, ist eine der Floskeln die immer kommt, egal welche Einschätzung man realistisch für vertretbar hält. Überhaupt ist es nur im Nachgang zu erkennen was sportlichen Erfolg ermöglicht und gerade die letzte Saison löst bei mir immer noch gelegentlich ungläubiges Kopfschütteln aus. Extremer Misserfolg mit einem Team von dem wir alle wussten, dass es mehr kann … aber was dann aus der Corona-Pause zurück kam war und ist mir nicht so ganz begreiflich. Den gegenteiligen Effekt sieht man national bei Schalke – die lagen zwischenzeitlich auf Tabellenplatz 3 und vor Bayern in der letzten Saison und international bei Liverpool, die ebenfalls nach der Corona-Pause nie wieder richtig in Tritt gekommen sind. Wenn ich also behaupte würde, ich wüsste was kommt oder wusste vorher schon was später passiert ist, dann würde ich lügen. Das Gefühl bleibt trotzdem, dass wir in manchen Jahren Schwachstellen im Kader haben, die wir nicht durch ausreichend starke Einkäufe verbessern, ergo international nicht wirklich angreifen.
Als man z. B. 2002 Ballack und Deisler holte und das für ein Team das 2001 noch die CL geholt hatte war ich überzeugt, dass man damit die CL holen kann und will und in manchen Jahren fehlte mir der Glaube, wie 2006 als man wiederum Ballacks Abgang durch van Bommel kompensieren wollte. Die tatsächlich gezeigte Kernkompetenz war zwar die selbe – beide konnten treten wie ein Pferd – aber was die spielerischen Möglichkeiten anging, waren beide doch etwas anders zu bewerten. Deisler konnte einem wirklich leid tun doch aus wirtschaftlicher Sicht war das Geld für ihn einfach nur weg und es hat lange gedauert, bis man wieder in das oberste Regal gegriffen hat bei Spielerkäufen. Götze in Peps erstem Jahr war auch so ein Fall. Was konnte da noch schief gehen mit dem besten Trainer der Welt, dem CL-Titel im Rücken und dem besten Nachwuchsspieler der Liga? Naja, Erfolg ist eben nur begrenzt vorhersehbar und planbar, ebenso wenig Verletzungspech bzw. -glück. Man kann also alles vorher völlig anders sehen – wirklich bewerten kann man dann hinterher.
Gerade die von dir angesprochenen Einkäufe im Sommer fand ich persönlich gar nicht mal so gut. Z. B. Richards fand ich deutlich besser, als er hier in den Kommentaren oder in der Presse weggekommen ist. Kleine Wackler in unübersichtlichen Situationen verzeihe ich bei einem jungen Spieler und konzentriere mich auf positives wie bei Richards sein Tempo, Zweikampfverhalten und Spiel ohne Ball. Ich hatte auch den Eindruck, dass er im Lauf eines Spieles immer besser wurde, weil er erst etwas Nervosität ablegen musste. Da können eher unbedeutende Einsätze, um einen Sieg zu verwalten, eine willkommene Eingewöhnung sein, bis man irgendwann ins kalte Wasser geworfen wird, weil jemand ausfällt, den man nicht mehr durch bloßes Verschieben ersetzen kann oder sogar will, weil man sehen möchte ob der betreffende Nachwuchsspieler unter solchen Umständen sinkt oder schwimmt. Dein Punkt, dass unbedeutende Kurzeinsätze keine wahre Wertschätzung sind, ist natürlich ebenfalls eine berechtigte Sichtweise und dass ich so weit gehen würde, mich deutlich schneller von Nachwuchsspielern zu trennen, wenn sie keine Perspektive haben, dauerhaft in die erste Mannschaft aufzurücken, mag im Einzelfall das Selbstvertrauen auch nicht fördern, aber ich fände das dem Nachwuchs gegenüber fairer und auch vielversprechender, als das jetzige System mit dem Kauf von Ergänzungsspielern ohne Perspektive, die man dann dem frustrierten Nachwuchs vor die Nase setzt. Vielleicht würde man auch mehr talentierte Jugendspieler bekommen, wenn die Perspektive größer wäre, sich zumindest zu präsentieren, um dann evtl. bei einem andern Verein wahrgenommen zu werden und eine Profikarriere zu starten. Z. B. Højbjergs Karriere hätte mit mehr Einsatzzeit beim FCB vielleicht früher abgehoben auch ohne das Potenzial für die absolute Weltklasse. Was im Einzelnen funktioniert ist eine andere Frage. Ich hätte z. B. erwartet, dass Singh beim Club seinen Durchbruch ganz sicher schafft, wenn auch vielleicht nicht auf Bayern-Niveau. Ich kann also sicher nicht behaupten, dass ich da über besondere seherische Fähigkeiten verfüge – einen Versuch fände ich es allerdings in viel mehr Fällen wert. Ob Glücksfälle wie Davies dadurch mehr würden, kann ich auch nicht sagen, aber man könnte hier und dort ein paar Milliönchen einsparen, die man im Idealfall für einen Star ausgibt, der sich dann hoffentlich nicht durch Verletzungsarien, psychische Probleme oder akute Unlust nach erreichen seine Wunschgehalts auszeichnet. Also reines Wunschdenken ;)
Wenn es um einen Verein geht, der mit dem eigenen Nachwuchs um die nationale Meisterschaft spielt, versteht es meiner Meinung nach Ajax am besten in Europa so ein Konzept erfolgreich umzusetzen und wie man sich international präsentiert ist aller Ehren wert. In Frankreich nimmt man außer PSG kaum etwas wahr, aber bei dem Nachschub an Talenten aus Frankreich – auch in der Bundesliga – könnte ich mir schon vorstellen, dass es dort ‘Ausbildungsvereine’ geben könnte die dort sehr erfolgreich arbeiten … aber das sind Mutmaßungen und gehen eigentlich auch am Punkt vorbei. Ob jede Position doppelt mit erfahrenen Spielern besetzt werden muss oder ob man mehr ‘Lücken’ im zweiten Anzug lassen kann, die man mit billigen ‘Fragezeichen’ statt überteuerten ‘poor dogs’ füllt, ist eine andere, als ob ich voll auf den Nachwuchs setzen will, so wie Ajax das seit langem macht. Wenn man in den Niederlanden Einkünfte wie in der BuLi hätte, würde man in Ajax vielleicht auch einen anderen Weg gehen. Wenn der FCB in der BuLi Einkünfte wie in der PL hätte, müssten wir auch nicht diskutieren, wie man knappe Gelder am sinnvollsten einsetzt. Was man macht funktioniert ja, aber wenn man sich nicht verbessert und RB sich gleichzeitig noch weiter entwickelt, ist ‘funktioniert ja’ auf Dauer vielleicht zu wenig und man muss neue Wege gehen. Was der BVB seit Jahren macht ist übrigens auch verdammt gut mit so vielen jungen Talenten, aber auch etwas völlig anderes, als nur den eigenen ‘zweiten Anzug’ mit Jugendspielern aufzufüllen.
Nur so eine Frage: Wo würdest Du denn Bedarf für die nächste Saison sehen, der über das Ersetzen von Abgängen hinausgeht?
Lieber Alain, deine Grätsche ist ist natürlich absolut willkommen und wie immer grandios formuliert – wie die große Rede in einem Tarantino Film. Entschuldigen musst du dich dafür auf gar keinen Fall :D
@Alain Sutter: Herzlich willkommen in der Drechselei “Zum geschliffenen Wort”. Connaisseure gediegener Edelhölzer sind hier immer willkommen. Ob Amaranth, Palisander, Ebenholz oder Walnuss, hier findest du immer die ausdrucksvollsten Farbgebungen, markantesten Farbkontraste und erstaunlichsten Maserungen.
“Alexander hat sein Ohr so nahe am Puls der Zeit und ein so feines Gespür für Märkte und Entwicklungen, dass man dem sinnvollerweise nicht widersprechen kann.” – Höre ich hier leichte Ironie? Ich kann sie dir ja kaum übel nehmen. ;-)
Zur Sache: Keine deiner Einwendungen überrascht mich. Mir war klar, dass du, solltest du dich einschalten, in diese Richtung argumentieren würdest. Dein Verweis auf die Ursprünge und Elemente traditioneller Fußballvereine ist nachvollziehbar. Historisch entstammen Fußballvereine der Turnvereinsbewegung des 19. Jahrhunderts und waren als solche Orte des gesellschaftlichen Zusammenkommens, der Identitätsbildung, der Persönlichkeitsentwicklung und der körperlichen Ertüchtigung und Erziehung. Der moderne Profifußballverein, selbst wenn er noch als klassischer Verein organisiert ist, hat mit diesen ursprünglichen Zielen und Zwecken nicht mehr viel gemein.
Aber wir leben heute auch in anderen Zeiten, soziale wie individuelle Identitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung erfolgen andernorts, in Schulen, im Sportverein um die Ecke, in netzbasierten Kollektiven. Soziale Identität ist heute fragmentierter, als Idee perforiert von der Entwicklung zur Individualisierung und dem Streben nach Besonderheit und ‘Singularität’ (Reckwitz). Klassische Anker sozialen Kollektivismus wie Vereine erfüllen heute viel spezialisiertere Funktionen, die sich der Einzelne maßgeschneidert gemäß seinen Bedürfnissen gewissermaßen als Menü seines sozialen Daseins zusammenstellen kann.
Diese Entwicklung hat auch vor dem modernen Fußball, wie wir ihn heute erleben, nicht Halt gemacht. Eine wichtige funktionale Spezialisierung in diesem Kontext ist die Trennung von ‘passiv’ und ‘aktiv’. Ist der klassische Sport- beziehungsweise Fußballverein um die Ecke noch Teil der aktiven Identitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung, so ist der Profifußball von heute längst zu einem Teil der Showbranche und als solcher Element einer passiven Teilnahme geworden. Vom Teilnehmersport zum Zuschauersport.
Als solcher kann und muss der moderne Profifußball die Funktionen klassischer Sportvereine nicht mehr erfüllen – das Zusammenkommen mit Freunden und Bekannten zur körperlichen Ertüchtigung, die Bildung der Persönlichkeit, die Schaffung von Freundeskreisen beim gemeinsamen Bier in der dritten Halbzeit usw. Nein, der Profifußball dient der Unterhaltung und bietet dem Einzelnen eine Gelegenheit zur emotionalen Katharsis am Wochenende nach einer langen, drögen Arbeitswoche.
Zwar ist der Profifußball immer noch für viele Menschen kollektiv identitätsstiftend in dem Sinne, dass sie sich am Wochenende gemeinsam mit ihren Freunden und Bekannten am Stadion treffen und mit zehntausenden anderen Menschen wie aus einer Kehle ihrem Verein zujubeln, aber für diese Form der Identitätsstiftung und des kollektiven Wirgefühls bedarf es keiner jahrhundertealten Tradition oder regionaler Verankerung der teilnehmenden Vereine. Ein “Verein” wie RB Leipzig kann diese Funktion genauso gut erfüllen wie Schalke 04.
Der heute 15-jährige Fußballfan, der nicht wie du, @Alain, aufgewachsen ist mit der Last des Wissens um die ursprünglichen gesellschaftlichen Funktionen eines Fußballvereins, der seine Identität aus anderen Quellen als dem Sportvereinswesen zieht, der Fußball primär passiv – zur Unterhaltung – konsumiert, eingebettet vielleicht zwischen zwei E-Sport-Matches, und der keine inhärente Skepsis dem Kommerz gegenüber hat, weil er es nie anders erlebt hat, dem ist egal, ob seine Mannschaft von Red Bull finanziert wird und keine Vereinsmitglieder akzeptiert. Diese Kriterien existieren im Spektrum seiner Erwartungen an den Fußball nicht, sie spielen in seinem Sinnhorizont keine Rolle. Er trinkt das Bier mit seinen Freunden anderswo.
Ja, vielleicht geschieht das um den Preis, dass der Profifußball als Dienstleistungsgewerbe als Teil der Entertainment-Industrie austauschbar und idell defizitär wird. Aber seine ursprünglichen Funktionen fallen nicht weg, sie finden nur andernorts und in anderer Form statt.
Ich glaube wir, die Fußballfans von heute, haben das Pech, dass wir historisch in einer Übergangszeit leben. Wir wissen noch um die traditionellen Wurzeln des modernen Fußballs, für uns haben Werte wie “auf Kohle gebaut” noch eine identitätsstiftende Bedeutung und ein Fußballverein ist für uns mehr als nur das Spiel am Samstag um 15:30 Uhr. Die Generationen, die nach uns kommen, die quasi von Geburt an den Profifußball nur als passiven Zuschauersport und Teil der Unterhaltungsbranche und nicht als gewachsene Konfiguration regionaler und persönlicher Identität erleben, wo sich der Wettbewerb primär nach ökonomischen Kriterien definiert und organisiert und die geistig eine nicht erworbene, sondern quasi eingeborene ontologische Trennung zwischen dem Sportverein um die Ecke und der Showveranstaltung “Profifußball”, die sie im Stream am Wochenende konsumieren, erleben, für die werden die klassischen Unterscheidungsmerkmale zwischen “Traditionsverein”, “Retortenclub”, “Werksclub” usw. und die Basis des sportlichen Erfolgs – sei es jahrzehntelange lange harte Arbeit oder schnelles Geld – die für dich und die meisten hier noch soviel Valenz haben, keine Rolle mehr spielen. Sie werden in ihrem Sinnhorizont schlicht nicht mehr existieren.
Es fällt mir daher auch schwer, diese Entwicklung und die Ausprägungen die sie zeitigt (z.B. RB Leipzig) zu verurteilen, weil ich sie als normalen Teil des gesellschaftlichen Fortschrittsprozesses erlebe. Wie du weißt, @Alain, bin ich auf eine schon nahezu positivtisch-naive Weise hoffnungslos fortschrittsgläubig. Wohin auch immer der Profifußball sich entwickeln mag, ich stehe dem erst einmal aufgeschlossen gegenüber. Im evolutionären Wettstreit der Ideen werden sich die fittesten Mutationen schon durchsetzen und was nicht (mehr) lebensfähig ist oder seine Funktion erfüllt hat, verschwindet.
Meine Prognose? Die Schalke 04s dieser Welt werden verschwinden, die RB Leipzigs werden bleiben. Und das ohne die Gefahr kultureller Atrophie.
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Den Rest in aller Kürze: Den Spannungsraum, den du zwischen Zentralität und Obrigkeitsstaat auf der einen und Föderalismus, Subsidiarität und Basisdemokratie auf der anderen Seite aufmachst, ist so schillernd und komplex, da könnte ich gleich noch ein weiteres Essay zu schreiben. Das möchte ich mir (und dir und den anderen Mitlesern) an dieser Stelle ersparen. Ich habe aber den Impetus deiner Gedanken nicht überlesen.
Re. UEFA FFP: Korrekt, hier mangelt es massiv an der Implementierung. Das Regularium an sich ist gut, aber wie für jedes Gesetz gilt auch hier, dass es immer nur so gut ist wie seine Durchsetzung – und die findet nur äußerst unzureichend statt. Und selbst falls die UEFA noch heute am Tag damit beginnen würde, dass FFP konsequent und rigoros umzusetzen, könnte es seine ursprünglichen Ziele nicht mehr erreichen, denn es würde qua seiner Funktionsweise nur die bestehenden Kräfteverhältnisse zementieren.
Aber ähnlich wie beim Konzept “Traditionsverein” oben ist die Lebensspanne des FFP absehbar endlich. Denn wessen Interesse dient das FFP eigentlich? Das FFP, vereinfacht gesagt, schützt die Interessen der Anhänger des traditionellen Fußballs wie dich und mit Sicherheit die meisten anderen Leser hier vor den Auswüchsen eines unbegrenzt durchkommerzialisierten Sports, der von internationalen Marken und Geldgebern kontrolliert wird und dessen Wettbewerb nurmehr eine spektakelmaximale Showveranstaltung mit dem Ziel maximaler Gewinnerzielung versteckt hinter einem dünnen Firnis sportlicher Auseinandersetzung ist. Quasi wie eine WWE auf Steroiden nur ohne dass die Ergebnisse schon vorher feststehen (zumindest die spieltagsaktuellen ;-). Sobald die Generation der traditionellen Fußballfans ausgestorben ist und der Sport es, böse formuliert, nicht mehr nötig hat, seine eigentlichen Interessen hinter einer Fassade der Volksnähe und des Traditionsbewusstseins zu verstecken, sondern sich seiner kapitalistischen Seite vollkommen ungezügelt hingegben kann wie Dr. Jekyll seinem Mr. Hyde in der Stille seines Laboratoriums, verliert auch das FFP seine Existenzberechtigung.
Re. stärkstmögliche Mannschaften. Du sprichst aus der Perspektive der Rückschau. Diese Perspektive hat den unschlagbaren Vorteil, dass sie längere Zeiträume überblicken kann. Phänomenologisch hingegen besteht das Leben immer aus einer Abfolge von Gegenwarten. Die Zukunft ist immer die gegenwärtige Zukunft und nie die zukünftige Gegenwart. Ich unterstelle mal, dass die Verantwortlichen beim FC Bayern in jeder einzelnen dieser endlosen Folge von Gegenwarten stets das Ziel hatten, ihre Mannschaft unter den jeweils von ihnen vorgefundenen Bedingungen maximalmöglich zu stärken. Hätten sie all die von dir geschilderten Entwicklungen bereits im Vorhinein gekannt, hätten sie wahrscheinlich anders gehandelt und viele der von dir geschilderten Fehler vermeiden und Inkongruenzen nicht begangen.
Re. Jugendspieler: Wenn du Recht hättest, müssten die U-21 Mannschaften dieser Welt die ersten Ligen dominieren. Tun sie nicht. Mannschaften, die auf höchstem Niveau konkurrenzfähig sein wollen, können nicht ausschließlich (oder auch nur überwiegend) aus Jugendspielern bestehen. Ich stehe zu meinen Ausführungen von gestern Wort für Wort. Nicht aus Trotz, sondern aus Überzeugung.
@Hans501: You’re next. Einmal durchatmen sei mir gestattet? :-)
Du hast ja recht. Es ist ja nicht so, als ob der heutige Verein, dem wir anhängen, die selbe Art von Vereinen ist, wie es zur Gründungszeit der entsprechenden Turn-, Sport- Fußballvereine war. Womöglich konnte man bei einem Trainingsabend noch Hut und Mantel irgendwo hinlegen und fragen ob man mitmachen darf, und wurde bei entsprechender Eignung aufgefordert wieder zu kommen. Das ist heute durchaus anders, so wie der gesamte Profifußballverein ein anderer ist. Dass man einer Mannschaft komplett aus der Retorte anhängen kann, demonstrieren Red Bull und SAP ja auch bereits. Gewachsene Fanstrukturen kann man von Generation zu Generation neu züchten, wenn so ein Konstrukt dann auch noch Namen und Wirkungskreis ändert, so wie die Franchises in den USA. Eine Identitätsbildung mittels Facebook ist von einem Standpunkt, der die marketingtechnisch verwertbare Natur der Individuen als vorrangig erachtet, ja auch sicher wünschenswerter, als sich mit einer gröhlenden Masse in einem Stadion auseinandersetzen zu müssen. Und wer es nicht erwarten kann, bis die Fanstruktur nachgewachsen ist und das Gefühl der Masse braucht, der kann sich einen Kopfhörer aufsetzen und Stimmung vom Band haben; geht doch – haben wir durch Corona doch schon weitläufig erprobt. Wer Stimmung vom Band erträgt – und das sind sicher einige – der braucht auch keine Angst vor einer Zeit haben, in der ein durch die Lande ziehender Werbespektakelkonstruktzirkus mit dicker Geldbörse seinen Vereinsdino ersetzt. Alains ‘identitäre Heimat’ könnte man gewinnbringend durch einen Markennamen ersetzen. Schöne neue Welt und wer könnte ernsthaft dagegen sein?! Verbände sicher nicht – die würden maximal ein Kassenhäuschen aufstellen, an dem man eine Gebühr für so etwas entrichten kann. Nächstes Thema.
Was stärkstmögliche Mannschaften anbelangt zu behaupten, dass man vorher etwas anderes erwartet hat, als in der Rückschau offensichtlich ist und daher eine Rückschau nicht zulässig ist … ja, kann man so sehen, aber worüber man dann noch reden soll, weiß ich leider auch nicht. Die emotionale Bindung von Uli an sein Festgeldkonto muss dem Streben nach dem bestmöglichen Kader, um die den CL-Titel zu holen nicht widersprechen und die jetzige Situation in der der Kader etwas schwächer besetzt ist, als der von letzter Saison, kann und muss man mit den finanziellen Verlusten durch Corona begründen. Da kann man niemandem vorwerfen, willentlich weniger als das maximal Mögliche getan zu haben (kann man natürlich schon und das erwiesenermaßen sogar mehrfach täglich, aber es macht halt wenig Sinn;) und das gleiche gilt dann für die nächste Saison (und wir wissen alle was kommt sobald Upamecano den ersten Ball verstolpert). Ich habe gestern einige meiner Fehler in meinen Erwartungen in meinen Post einbezogen, damit klar wird, dass ich meine Meinung nicht für die unfehlbarste Wahrheit gleich nach der Bibel halte. Man darf also ruhigen Gewissens unterschiedliche Ansichten haben und bei diesen bleiben.
Was die Einbindung Junger Spieler angeht, reden wir – Alex, Alain und ich selbst – denke ich, völlig aneinander vorbei. Alex will in allen Bereichen Erfahrung und berechenbare Konstanz und das am besten doppelt. Alain glaubt ebenso an die an die Kraft der Jugend, wie an das Gute in der Welt und dass man damit Titel holen kann und wird. Ich halte eine Mischkalkulation für das sinnvollste unter Preis-Leistungs-Gesichtspunkten.
Also nochmal in ganz kurz: Ich würde gerne alle Positionen nicht nur einmal – aber auch nicht zweimal – sondern 1,5 mal mit gestandenen und bewährten Spielern füllen. Durch Verschieben von in ihren Spielanlagen flexiblen Spielern sollte es immer möglich sein, auch bei Ausfällen alle Position bei Spielbeginn mit gestandenen Spielern zu besetzen. Nehmen wir mal ein Beispiel bei dem Lewa sich verletzt und von den bewährten Spielern nur noch Hernandez auf der Bank sitzt, weil der Rest auch gerade ausfällt. In so einem Beispiel könnte Gnabry für Lewa in die Sturmspitze rücken, Davies könnte nach vorne rücken und Hernandez könnte in als LAV neu in die Mannschaft kommen. Einen Choupo bräuchte man dann nicht und hätte sich das Geld sparen können – seinen Bankplatz könnte ein Nachwuchsspieler einnehmen, der je nach Spielstand nach 60 oder 70 Minuten auf das Feld kommen könnte und sich entweder irgendwann durchsetzt oder nach 1- 2 Jahren verkauft wird, um Platz für den nächsten Nachwuchsspieler zu machen. Also ca. 15 gestandene und bewährte Spieler, die man sorgenfrei auf mehreren Positionen verwenden kann und dazu mindestens 10 aus dem Nachwuchs – besser mehr damit man dann auch mit der 2. Mannschaft eine gewisse Rotation hinbekommt.
Die Auswirkungen würde ich fast alle als positiv einschätzen: Für die Moral der Nachwuchspieler und deren Karriereperspektiven auch anderswo. Für den Verein positiv wären die Marktwertentwicklung der jungen Spieler bei Verkauf, Wegfallen von Transferskosten und höheren Gehaltskosten für 4- 5 perspektivlose Back-ups pro Jahr, sogar die Attraktivität für gute Nachwuchsspieler die sonst vielleicht woanders ihr Glück versuchen. Viele keine Beträge ergeben irgendwann einen großen und den könnte man dann wieder für einen Spieler ausgeben, bei dem die Erwartungen höher sind.
Negativ ist das höhere Risiko mit weniger kalkulierbaren Leistungen durch junge Spieler, aber das könnte man auch als Chance sehen. Die Leistungen der Last-Minute-Neuzugänge dieses Jahr als Messlatte oder gar proof of concept anzusehen, wäre aufgrund der besonderen Umstände wohl unfair. Das einfach mal zu versuchen (und bei mangelndem Erfolg ggf. wieder zu beenden) empfände ich trotzdem als lohnenswertes Risiko, das man vielleicht sogar eingehen muss, um vorhandenes Potenzial freizusetzen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Spieler, die zu lange von außen zugesehen haben, nie ihr wahres Potenzial abrufen werden, auch wenn sie dann irgendwann den Verein wechseln. Nur im Training mitspielen zu dürfen reicht denke ich nicht aus.
Dass so etwas auch für die Fans einen gewissen Reiz haben würde, kann man als Argument ausschließen, weil wir alles was Vereins- und Fankultur angeht ja sowieso bald an den Nagel hängen wollen ;)
So, @Hans501, und nun zu dir. Entschuldige bitte, dass ich dich so lange habe warten lassen.
“…Wer heute Schalke-Fan ist, der hat eigentlich gar keine Wahl – der ist mit seinem Verein verheiratet, bis dass der Tod ihn scheidet. Die Mechanismen im Gehirn, [sind] so gut wie nie rational und umkehrbar sind sie aus meiner Erfahrung sowieso nicht.” – Vollkommen richtig. Wie heißt es doch so schön? Man sucht sich nicht seinen Verein aus, sondern der Verein sucht sich einen aus. Das gilt auch für amerikanische Franchises und, ja, auch RB Leipzig und TSG Hoffenheim. Emotionale Bindung entfachen können sie alle, wie du richtig sagst. Wenn solche Kunstprodukte irgendwann die Norm sein sollten und es keine gewachsenen Strukturen mehr gibt, wird das individuelle emotionale Erleben des Einzelnen immer noch das gleiche sein. Ein Tor von RB Leipzig wird bei seinen Anhängern die gleichen Endorphinschübe auslösen wie weiland eines von Schalke 04 bei den seinen.
Nur um das noch einmal klar zu sagen: Sollte im Profifußball das Modell Traditionsverein irgendwann vollständig durch das Modell Retortenclub oder Investmentvehikel ersetzt worden sein, wird mit dem Tod des Traditionsvereins auch eine Menge seiner ursprünglichen gesellschaftlichen Funktion gestorben sein – Alain würde vielleicht die Verarmung des urwüchsigen kulturellen und ideellen Kanons der Gesellschaft beklagen -, aber ganz bestimmte wird aus individuell phänomenologischer Sicht des Einzelnen das Erleben des Sports an sich – des Spiels 11 gegen 11 – immer noch dasselbe sein, mit derselben herzzerreißenden Trauer und überbordenden Euphorie.
Oder? Oder sehe ich das falsch? Oder bedarf es eines Vereins mit einem aktiven Vereinsleben, einer fest in der Region verwurzelten Identität, einer lebendigen lokalen Integration des Vereins in die lokale Community, und eine eines überbordenden Kommerzes unverdächtige Ursprünglichkeit und Reinheit um eine enge emotionale Bande zwischen Mensch und Verein zu erzeugen?
Zum FFP habe ich alles gesagt. Bei der Implementierung hakt es. Das FFP wirkt zwar weitgehend, aber dies oft scheinbar nur, weil sich die allermeisten Vereine freiwillig daran halten. Wer die Chuzpe hat, die Regeln einfach kaltschnäuzig zu brechen, der scheint oft ohne größere Konsequenzen davonzukommen.
Du schreibst ausgiebig über Spielerstärken, Jugendspieler und Kaderqualität und wie der FC Bayern in der Vergangenheit auf welcher Position mit welchem Spieler hätte besser handeln können. Im selben Atemzug schreibst du allerdings selber anhand der Beispiele Schalke, Bayern und Liverpool nach der Corono-Pause, wie unvorhersehbar und schwierig mit bestimmten Ursachen zu verbinden die Leistungen der Mannschaften sind. Liegt es an einer schlechten Kaderzusammenstellung und Einkaufspolitik, liegt es an der langen Pause im Frühjahr, liegt es an dem dichten Terminkalender und der hohen Belastung, liegt es an den kritischen Verletzungen zum falschen Zeitpunkt – oder liegt es doch an etwas ganz anderem? In einer Gleichung mit so vielen Variablen zielgenau die Transferpolitik des Vereins als den einen zentralen Faktor auszumachen, der die gesamte Variabilität der Leistungen erklärt, halte ich für viel zu kurz gesprungen, wenn nicht gar falsch – erst recht, wenn es aus der sicheren Perspektive der Rückschau geschieht.
Und genau weil die Zukunft immer mit so vielen Imponderabilien behaftet ist – das Leben ist nach vorne stets offen – verstehe ich aus Sicht eines vernünftigen Managements die Maximen Risikominimierung und Maximierung der Vorhersehbarkeit das Vertrauen auf gestandene Spieler statt jugendlicher Wildcards vollkommen. Der FC Bayern ist kein Ausbildungsverein. FC Bayern ist kein Sprungbrett für vielversprechende Nachwuchsspieler. Kann er nicht sein. Ich verstehe diese Sehnsucht, aber das ist in Anbetracht der Ziele und des Anspruchs einfach unrealistisch. Natürlich ist deswegen die operative Implementierung dieser Maximen nicht vor Kritik gefeiert. Musste man Sarr gleich einen Vierjahresvertrag geben? Hätte man statt Choupo-Moting auszuleihen auch Zirkzee im Kader behalten können, wenn die Einsatzzeit dieses Spielers absehbar gering sein würde? Und so weiter.
Übrigens: Du scheinst das bei mir herausgelesen zu haben, aber ich bin durchaus nicht der Meinung, dass jede einzelne Position im Team doppelt mit gestandenen Spielern besetzt sein muss (das ist viel zu teuer und führt nur zu Unfrieden im Kader). Wie kommst du darauf? Deine Ausführungen von gestern, wie man den Kader der Bayern auf welcher Position mit welchem Typ Spieler geschickt hätte besetzen können ohne auf jeder Position doppelt mit gestandenen Spielern besetzt sein zu müssen, finde ich relativ durchdacht. Damit könnte ich mich anfreunden. ;-)
@jo: Danke für deine Rechnung! Das ist immerhin eine mathematische Möglichkeit. Ich weiß auch nicht so genau, wie sehr ich meinen eigenen Zahlen trauen kann. €20-30 Millionen pro Jahr ist jetzt ja keine besonders punktgenaue Schätzung.
Hallo @Hans!
Das sind alles sehr interessante Gedanken; allerdings versteifst du dich ziemlich auf fußballerische Themen, von denen ich wiederum gar keine Ahnung habe, zumal ich immer noch damit beschäftigt bin deine Anspielung auf den mir ziemlich unbekannten Tarantino zu entschlüsseln – wobei ich langsam zu der Überzeugung komme, dass das gar nicht so böse gemeint war…
@Alexander
Deine Gedanken sind so erfrischend und anregend, dass ich davon gar nicht genug bekommen kann. Wohl wahr, bei allem Amüsement und Staunen läuft mir auch regelmäßig ein kalter Schauer den Rücken herunter, aber das ist ja irgendwie auch der Reiz: deine Fußballgötzendämmerung, diese Sozioökonomie mit dem Hammer, steht in einer Reihe tabubrechender Aufklärungsliteratur, die sich mit lausbubenhafter Freude im Spannungsfeld von Analyse, Skandal und Albtraum bewegt – ein Antiserum gegen die biedermeierliche Orthodoxie der Fußballbranche, einem Übel, das auch mich oft genug befällt.
Inhaltlich stimmen wir freilich nicht durchweg überein: Beim Thema ‚Nachwuchsspieler‘ würde ich dir nach wie vor spekulativ widersprechen, beim Thema ‚Effizienz in der Mannschaftsplanung’ sogar faktenbasiert – aber das sind fußballspezifische Sachfragen, die hier nichts zu suchen haben. Viel wichtiger ist doch die globale Stoßrichtung deines Unternehmens, das Lichten des Fanschleiers, das Klären der bengalogeschwängerten Selbstbeweihräucherungsatmosphäre, das Aufbrechen des marketingstrategisch verriegelten Horizonts, schließlich geht es um die möglichst unvoreingenommen Wahrnehmung des Geschehens auf und neben dem Platz und die Verortung unserer selbst als teilnehmende Beobachter.
Dort ist schließlich die Weggabelung, an der sich unsere Wege trennen, denn während du nach eigenem Bekunden hoffnungslos fortschrittsgläubig bist, bin ich ebenso hoffnungslos seinsgläubig.
Das sind natürlich fürchterlich leere und belanglose Begriffe, die nicht unbedingt zum besseren Verständnis der Situation beitragen. Wenn wir uns allerdings fragen, was wir hier eigentlich gerade machen, warum wir uns mit Fußball beschäftigen, uns hier auf MSR manchmal Anregungen holen, manchmal unsere Gedanken mitteilen, warum wir so viel Energie und Zeit in Nachdenken, Wissenschaft und Kunst investieren, kommen wir auf unseren je eigenen, verschlungenen und unergründlichen Wegen zu der Frage nach dem Glück, das in Verbindung mit der Vorstellung des guten Lebens steht.
Ich vermute, dass sich unsere Lebenskonzeptionen bereits bei der Verknüpfung der beiden Begriffe unterscheiden: Ist es das gute Leben, worin das Glück begründet ist, oder umgekehrt das Glück, worauf das gute Leben basiert?
Diese Differenzierung ist keine müßige Wortklauberei, sondern stellt den essenziellen Unterschied antiken und modernen Welt- und Selbstverständnisses dar: War Glück seinerzeit Ausdruck eines Lebens im Ganzen, ist es heute eher vereinzelte Erfahrungen von Freude oder Lust.
Du hast schon des Öfteren meine Skepsis gegenüber unserer Markt- und Konsumgesellschaft moniert, zumal sie für dich offenbar vor allem eine zunehmend bessere Infrastruktur zur unabhängigen Selbstversorgung mit Lust und Freude bietet. Es sind genau diese Momente der Einsicht in das Funktionieren unseres modernen Daseins, in denen die Stimmung in mir kippt und kalte Schauer über meinen Rücken laufen, in der die lausbubenhaften Aufklärungsstreiche im Namen wissenschaftlich initiierter Götzendämmerung mir den Schleier existenzieller Heimeligkeit entreißen, die verzauberte Atmosphäre beseelter Irdischkeit klären und den metaphysisch umgreifenden Horizont sprengen: Es ist die schonungslose Dekonstruktion einer sorgsam und liebevoll kultivierten überzeitlichen Identität, die auf ihren modernen atomar-funktionalen Wesenskern zurückgestutzt wird. Dieses albtraumhafte Abgleiten in das moderne menschliche Selbstverständnis dauert glücklicherweise nur einen Moment und verschwindet zugleich mit dem Frösteln.
Ich glaube nicht, dass wir unsere Lebenswirklichkeit im Rahmen rationaler Analyse ökonomisch perfektionieren können, um anschließend die fragmentierte und entzauberte Existenz individuell wieder zu einem Sinnvollen zusammenzukonsumieren. Meine Vorstellung vom guten Leben begreifen das Leben als ein Ganzes und Einheitliches, das durch erstrebte Harmonie und Ausgewogenheit sich immer schon irgendwie latent in der Sphäre des Glücks bewegt, einem zugrundeliegenden Gefühl, das zwar jeden einzelnen Augenblick zu durchdringen im Stande ist, sich selbst aber unserem Zugriff entzieht.
Deine Vorstellung eines wählbaren, konsumierbaren, austauschbaren Glücks in Form von bewusster und autonomer Selbstbefriedigung nach Bedarf sehe ich kritisch; nicht, weil ich beurteilen könnte, inwieweit es dir tatsächlich gelingt die Güte des Lebens so zu erzeugen, sondern weil ich aus meiner eigenen Erfahrung heraus weiß, dass diese Selbstverwirklichungsmechanik bei mir nicht funktioniert. Das ständige Suchen nach einer Belohnung, einem Kick, die unablässige Versuchung sich etwas Gutes tun zu wollen, der immerwährende Zyklus von spontanem boom-and-bust hat bei mir eher den gegenteiligen Effekt, dass nämlich zunehmend mehr Begehrlichkeiten geweckt und größere Unzufriedenheit erzeugt werden.
Jeder erlebt diese intimste Dimension der Lebenserfahrung natürlich anders und Verallgemeinerungen sind wenig hilfreich, aber der von dir allzeit geschätzte Markt, das vermeintliche Allheilmittel für geschundene Seelen, kümmert sich einen feuchten Dreck um seine Kinder und richtet viel mehr sein ganzes Augenmerk auf die zahlende Klientel. Natürlich ist es mit seiner Hilfe, den nicht zuletzt durch ihn entfesselten Kräften der Individuen gelungen eine Zivilisation zu errichten, die durch ihre ständig wachsenden Möglichkeiten einfach nur großartig und historisch unvergleichlich ist. Aber leider ist es uns Menschen nur bis zu einem bestimmten Grad möglich in dieser Zivilisation aufzugehen, uns auf diesem Markt wiederzufinden und zu verwirklichen, weil wir auch weiterhin gezwungen sind ein altmodisch-analoges Leben zu führen, uns mit den gleichen archaischen Sehnsüchten und Ängsten auseinanderzusetzen, die die Menschen seit jeher begleiten.
Die Indirektheit moderner Lebensentwürfe, das Vermittelte, Virtuelle, das Als-ob führt bei mir viel zu oft und schnell zu einem Mangel an Qualität und Authentizität – nimm als Beispiel doch die Art von Kommunikation, die wir gerade führen: freilich funktioniert es im technischen Sinn, Informationen können sehr wohl übermittelt werden und es stellt gewiss auch eine Quelle für Freude und Amüsement dar, aber um wie viel ärmer und flacher und missverständlicher ist es im Vergleich zu einem unzeitgemäßen persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Die unüberschaubaren Wahlmöglichkeiten unserer Zivilisation machen auch die virtuelle Kommunikation hier auf MSR möglich; nach einer gar nicht mal so geringen Anzahl an Investitionen ermöglichen wir uns den großen Traum selbstbestimmt an dem matten Abglanz eines wahrhaftigen Gesprächs anonym teilnehmen zu dürfen.
So könnte ich meine Liste beliebig fortsetzen, zumeist mit der Schlussfolgerung, dass die intensivsten und bedeutendsten Erlebnisse oft fernab des Marktes und außerhalb der Konsumzone stattfinden: ganz einfache, geradezu natürliche Ereignisse, die sich aber dadurch auszeichnen, dass in ihnen die Welt nicht als Ding, Objekt, Gegenüber und Fernes auftritt, sondern als ein Lebendiges, Beseeltes, Gleichgesinntes und Nahes, seien es andere Menschen, Gedanken, der eigene Körper oder die Natur an sich.
Da meine Faszination für deine Gedanken am Anfang dieses Kommentars überhaupt nicht ironisch gemeint ist – wie ich eigentlich nie etwas ironisch meine, wohl wissend, dass ich grundsätzlich nicht fähig bin, etwas ohne Ironie zu denken, zu schreiben oder zu sagen, aber das liegt nicht in meinem Ermessen, sondern vielmehr in der Natur unseres Denkens –, kann ich natürlich nicht behaupten, dass du dich täuschst; nein, ganz gewiss nicht, deine Gedanken sind von einer Klarheit, Transparenz und logischen Stringenz geprägt, die Widerstand quasi zwecklos macht – so wie ich mich auch gegen meine eigenen Überzeugungen kaum wehren kann.
Deswegen schlage ich eine kontrollierte Schizophrenie vor, eine Form von transparentem und bewusstem Doppelleben, um den Herausforderungen der modernen Welt ebenso gerecht werden zu können wie unseren urzeitlichen Instinkten. Es geht dabei natürlich nicht um ein zynisches Kalkulieren, Rosinenpicken im vulgären Sinn, sondern vielmehr um eine Romanisierung unseres Lebens: wir müssen weg vom seriellen Narrativ der einfachen Erzählung (wie sie auch den Fußball dominiert) hin zur romanischen Lyrik, in der sich die Pluralität simultaner Kontexte vereinigt; weg von der linearen Story, hin zur arretierten Dynamik assoziierender Kreisbewegungen: Proust statt Falk, Wesensschau statt expected goals. Wir sollten unseren Dünkel ablegen und uns der unvoreingenommenen recherche anschließen.
Auf den Fußball übertragen würde das konkret bedeuten, dass wir in unserem Narrativ nicht mehr dem Ball durch das Spielgeschehen folgen und seinen Lauf mit allerlei fragwürdigem Datenmaterial zu rationalisieren versuchen, sondern vielmehr in Romanform aus dem Kontinuum der Zeit ausbrechen, die Perspektive auf 22 gleichberechtigte Protagonisten aufspalten, die wir allerdings nicht in nachträglich konstruierte Kausalketten einbetten, sondern jedem eine eigene Persönlichkeit und ein eigenes, unermesslich reiches Leben zugestehen, das sich auch in dieser Komplexität in jedem Moment des Spiels so äußert.
Wir müssen uns doch nur vergewissern, wie wir selbst als Spieler das Spiel erleben, wie viele biographische, psychologische, physiologische und metaphysische Kriterien bei jeder einzelnen Entscheidungsfindung auf dem Platz mit einfließen. Wenn wir das hochrechnen auf 22 mehr oder weniger unabhängig voneinander agierende Universen, den Ball als eigene, für unseren menschlichen Verstand manchmal unberechenbare Entität begreifen, die äußeren Einflüsse in Form von Trainerteams, Publikum, Witterung und Platzverhältnisse mit einbeziehen, bekommen wir wieder eine etwas realistischere Vorstellung von der Komplexität und vor allem Lebendigkeit des Fußballs als es uns die Sportschau schon so lange weismachen will. Das bedeutet natürlich auch, dass man sich manches Mal wochenlang mit einem einzigen Pass beschäftigen kann, ohne ihn auch nur annähernd in seiner Bedeutung für das Spiel im Speziellen und den Fortgang des Lebens im Allgemeinen hinlänglich erfassen zu können.
Man müsste das Spiel auf diese Weise entschleunigen, entzeitlichen und detaillieren, um anschließend aus dem ursprünglich unzusammenhängend-belanglosen, vermeintlich zufälligen Ballspiel ein wirklich menschenwürdiges Drama sub specie aeternitatis zu schaffen. Ein Spielbericht über die Partie gegen den BVB sollte auch in 3000 Jahren noch mit der gleichen Ehrfurcht gelesen werden wie heute die Ilias.
Denn die derzeitige Form der Fußball-Berichterstattung bringt eigentlich nur Verlierer hervor: Fußballkommentatoren und Taktikgurus, die in ihrer symbolisch-sprachlichen Scheinwelt ein Geschehen auf dem Platz kommentieren, das so nicht existiert und in dieser auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Virtualität zunehmend Opfer ihrer eigenen Allwissenheitsphantasien und ihres Unfehlbarkeitskultes werden; Fußballspieler, Menschen wie du und ich, die brutal auf ihre Funktion als Balltreter reduziert werden und darüber hinaus wie ein öffentliches Gut behandelt werden, das jeder nach seinem Gutdünken erbarmungslos malträtiert; Zuschauer, die durch den ihnen eingeboren Hang zur Bequemlichkeit und Faulheit sich dazu verleiten lassen das angebotene Fußballnarrativ murrend oder schnurrend zu akzeptieren, während das Leben in ihrem Rücken vergebens auf ihre Teilnahme wartet.
Wäre es nicht einen Versuch wert, Funktionäre zu Menschen zu machen, Zuschauer zu Teilnehmern, Richter zu Lehrern? Anstatt gegeneinander miteinander zu spielen? Miteinander zu sprechen, anstatt gegeneinander zu proklamieren? Den Fußball von den Ergebnissen, den Umsätzen, den Scheinheiligkeiten zu emanzipieren und ihn auf sein natürliches Wesen, das heitere Spiel unter Freunden zurückzuführen?
Nein. Ich kenne deine Antwort, @Alexander, und du hast ja auch recht. Aber deswegen müssen wir uns nicht automatisch deiner Brave-new-world-Phantasie bedingungslos hingeben, sondern versuchen den oben erwähnten Spagat einer kontrollierten Schizophrenie auszuführen. Wir sind weder nur Tier noch nur homo oeconomicus, sondern decken die gesamte Bandbreite zwischen den beiden Extremen ab; diesem Anspruch sollten wir gerecht werden. Dazu gibt es kein Patentrezept, da wir ja nicht einmal wissen, was wir wollen sollten und unserem Willen per se auch nicht immer zu trauen ist. Hilfreich ist es hingegen, sich immer mal wieder die Bandbreite an Möglichkeiten vor Augen zu führen und zu fragen, ob die zahlreichen Selbstverständlichkeiten, die wir in der Regel klaglos akzeptieren, tatsächlich ihrem Anspruch gerecht werden.
Wobei man alternativ natürlich auch immer sagen kann: Isso.
Lieber Alexander, ich befürchte wir haben uns etwas festgefahren was unsere Positionen und deren Bewertung anbelangt. Wenngleich ich nicht in einem reaktionären ‘Früher war alles besser!’ verharren will, sondern gerne auf den Zug der Zukunft aufspringen möchte, mit dem die schöne neue Fußballwelt faktisch längst Einzug gehalten hat, komme ich ich doch nicht über meine Zweifel hinweg, ob der rein auf seinen Entertainmentwert beschränkte Fußball noch der richtige für mich wäre. Wer nichts anderes kennengelernt hat, mag das so sehen und dass Vereinstreue alleine – die man als FCB-Fan vielleicht gar nicht richtig ermessen kann, weil sie letztendlich doch nur selten mit Verlust und Schmerz bezahlt wird – ohne das Spektakel nicht denkbar wäre, ist evident. Spektakel ohne Zugehörigkeiten oder gar Abhängigkeiten – am besten noch von Spiel zu Spiel austauschbar – bliebe immer noch ein Gut, das sich vermutlich sogar noch gewinnbringender vermarkten ließe als bisher. Was soll es also bringen dagegen zu argumentieren! Ob ich mich dem verschließen will oder werde, bleibt letztlich ohne nennenswerte Folgen für den Lauf des Balles und der Welt.
Zu FFP und Regularien ist – wie du erwähnt hast – eigentlich alles gesagt. Ich könnte höchstens noch anmerken, dass der generelle Trend nach Verstößen gegen geltendes Recht und Gesetz derzeit scheinbar (mal wieder) zum Ehrenwort geht.
Was eine Rolle des FCB als Ausbildungsverein angeht, sind wir völlig einer Meinung: Sind wir nicht, waren wir nicht und werden wir hoffentlich nie werden! Ich würde einen Ausbildungsverein allerdings auch nicht über die reine Anzahl verkaufter Spieler, die bereits in der ersten Mannschaft auflaufen durften, definieren, sondern über zwei andere Faktoren – nämlich 1. die generelle Transferbilanz eines Vereins über einen längeren Zeitraum, wo z. B. bei Freiburg die Einnahmen, die mit Transfers erzielt werden, deutlich höher als die Ausgaben sind, oder 2. ob die wertvollsten Nachwuchsspieler bei dem Verein gehalten werden können, bei dem sie ihren Durchbruch erzielen. Ist das nicht der Fall, so wie derzeit beim BVB, kann man, denke ich, von einem Ausbildungsverein sprechen. Beides sehe ich bei meinen bisherigen Gedanken zu möglichen Veränderungen beim FCB nicht als gegeben an und fände so etwas auch nicht wünschenswert. Dass man ggf. mit Nachwuchsspielern ohne Potenzial für eine langfristige Karriere beim FCB verstärkt Erlöse erzielen könnte, wenn man mehr von ihnen eine größere Bühne böte, widerspricht dem nicht. Das Risiko dabei bewerte ich rein subjektiv nicht höher, als die Chance Potenzial freizusetzen und Talent rechtzeitig zu fördern. Ob man eine ‘Stufe nächsthöherer Erfahrung’ durch Einsatzzeit in der BuLi für die Ausbildung und Evaluierung von Nachwuchsspielern als relevant betrachtet, mag man dabei durchaus unterschiedlich bewerten – ich halte das für wichtig. Wie man jedoch diesen Themenkomplex von außen finanziell einordnen soll, scheint bei näherer Betrachtung dann doch kein gutes Thema mehr zu sein.
Die Zahlen von 20 – 30 Mio für das Nachwuchsleistungszentrum finde ich übrigens gerade wegen den starken Schwankungen realistisch. Wenn man ehemalige Spieler wie z. B. Miro Klose als Nachwuchstrainer holt, dann kostet das (mit einem dicken Bonus für die Wertschätzung des beim FCB Geleistete) natürlich mehr, als wenn man einen erfolgreichen aber unbekannten Jugendtrainer holt. In manchen Jahren hat man ein paar mehr solcher altgedienter Spieler auf der Gehaltsliste der Jugendabteilung und in andern weniger. Die Schwankungen bei den Gehältern der Jugendspieler dürften dagegen deutlich weniger ins Gewicht fallen.
Lieber Alain, den Vergleich mit Tarantino nehme ich hiermit offiziell zurück, auch wenn er tatsächlich nur positiv gemeint war. Die Gemeinsamkeit ist eine Draufsicht auf eine bestehende Gesellschaft und deren Normen und das was daran manchmal subjektiv angreifbar wirkt oder sogar heuchlerisch. Der Redner ist meist ein Antagonist, der sich selbst außerhalb gesellschaftlicher oder ethischer Normen bewegt, weshalb er höchstens zu einer moralischen Überlegenheit finden, sie jedoch nicht ursprünglich haben kann. Das ist in der bunten Welt der Popcorn-Filme durchaus beachtlich, aber nicht mit deiner Eloquenz und Vielschichtigkeit vergleichbar. Tarantinos ‘große Rede’ ist auch immer ein unumstößlicher Monolith und nicht eine kunstvoll aufgebaute Reihe von Dominosteinen, die manchmal – so scheint es mir – dazu einlädt irgendwo dagegen zu tippen. Das ist jedoch etwas, das ich mir in keinster Weise selbst erlauben möchte – ich ziehe statt dessen ehrfürchtig meinen Hut … und überlasse das Alexander ;) Ich persönlich kann nicht anders, als mich an deiner Rhetorik ebenso zu erfreuen, wie über die Referenzen zu epikuräischer Glückssuche und Spinozas Ethik, denen du gespiegelt im unsteten Lauf des runden Balles das käufliche Glück der modernen Marktwirtschaft gegenüberstellst. Das ist einfach nur schön und ich bedanke mich für das Vergnügen das lesen zu dürfen!
Und hiermit gebe ich den Ball an euch beide ab und werde selbst nur noch bei sichtbarem Bedarf zur Blutgrätsche ansetzen ;)
@Alain: Selbstverständlich haben fußballspezifische Sachfragen hier etwas verloren. Wo, wenn nicht hier? Weder gegen spekulative Logik noch empirisch untermauerte Erkenntnise habe ich das geringste einzuwenden. Ich wäre auf deinen Gedankengang bezüglich der Nachwuchsspieler ernsthaft gespannt. Ich finde meine Schlüsse hierzu ziemlich logisch, gegeben man akzeptiert meine Prämissen. Bezüglich Effizienz in der Mannschaftsplanung: Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Ich tue mich schwer damit, eine bestimmte handlungsleitende Maxime wie zum Beispiel “Erfahrung vor Jugend” und ihren konkreten Niederschlag in der Transferpolitik zu kritisieren, wenn das Muster der getätigten Transfers dieser Maxime gehorchen. Allerdings stimme ich mit dir was den Prozess der langfristigen Kaderplanung im Profifußball an sich angeht vollkommen überein, auch unabhängig vom Verein. Die Kaderplanung – wahrscheinlich die Qualität des Managements in Profifußballvereinen im allgemeinen – dürfte quasi nirgends dem Ideal eines modernen, rationalen Entscheidungsprozesses entsprechen, der geprägt wäre von Faktenbasiertheit, Objektivität, Unpersönlichkeit, Reproduzierbarkeit, Schlüssigkeit und Gleichförmigkeit. Wie oft können wir zB. beobachten, dass bei einem Verein der neue Sportdirektor einen ausgeprägten Hintergrund im französischen Fußball hat und sich besagter Verein in den kommenden Jahren plötzlich bei seinen Neuverpflichtungen vornehmlich im französischen Markt bedient. Solche Verzerrungen würden bei einer ausschließlich rationalen Maßstäben gehorchenden Talentsuche nicht auftreten.
Zum eigentlichen Thema: Es mag dich vielleicht verwundern, aber ich stimme deinen Ansichten zur Essenz des guten, glücklichen und erfüllten Lebens im Widerstreit von antiker eudamonia und zeitgenössischem Hedonismus und was davon Schein und was Sein ist Wort für Wort zu. Auch ich glaube nicht, dass der Mensch jemals wirklich glücklich sein kann, solange er nicht wirklich zu sich gefunden hat, in sich ruht und mit der Welt in einer “resonanten” Beziehung (Rosa) steht. Auch ich glaube nicht, dass wir “unsere Lebenswirklichkeit im Rahmen rationaler Analyse ökonomisch perfektionieren können, um anschließend die fragmentierte und entzauberte Existenz individuell wieder zu einem Sinnvollen [zusammenkonsumieren]” zu können. Im Zusammenhang mit dem glücklichen Leben finde ich das von dir beschriebene Prinzip des Marktes, auf dem man sich abhängig von momentanen Gelüsten eklektisch seine je aktuelle Bedürfnisbefriedigung instrumentell zusammenkonsumiert, wenig ergiebig. Genau wie du glaube ich auch nicht, dass kurzzeitige Glückshormonschübe, und seien sie auch noch so intensiv, einen dauerhaft positiven Einfluss auf die seelische Grundbefindlichkeit des Menschen haben oder dazu in der Lage sind, unseren archaischen Sehnsüchten und Ängsten jenseits des Effekts einer kurzfristig übertünchenden Betäubung zu begegnen. Ich fürchte – und ich zeihe mich selber dafür -, dass ich dir in unseren inzwischen mannigfaltigen Gesprächen hier im Forum einen sehr eindimensionalen Eindruck von mir vermittelt habe.
Ich glaube, wo sich unsere Wege _wirklich_ trennen, ist in der Frage der Rolle, die der Profifußball – wohlgemerkt nicht der Amateur- und Jedermanns-Fußball – in dem Streben nach eudamonia in unserer Leben deskriptiv spielt und normativ spielen sollte. Für mich ist der Profifußball Teil des Segments der kurzfristig über den Markt beziehbaren hedonistischen Bedürfnisbefriedigung, vergleichbar etwa zu einem Kirmesbesuch oder dem neuesten Action-Blockbuster im Kino. Für mich säumt der Profifußball nicht den Weg meines Strebens nach einem tieferen Glück und meine Chance auf ein glückliches Leben hängt auch nicht von der Existenz eines Profifußballs ab, so wie du ihn dir vorstellst, als Idealform eines unverfälschten Wettkampfs von 18 Mannschaften mit je 22 ausschließlich um des eigentlichen Spielens Willen agierenden Akteuren, frei von jeglicher marktlicher Überformung. Für mich ist der Profifußball als Idee und in seiner realweltlichen Ausprägung ein Teil meines alltäglichen Unterhaltungsmenüs und als solcher eine Quelle kurzfristiger Glücksschübe, aber nicht die Basis meines glücklichen Lebens. Im Gegensatz dazu scheint deine Beziehung zum Profifußball (eigentlich dem Fußball an sich) eine wesentlich ganzheitlichere mit viel größerer Bedeutung für deine Beziehung zum Selbst und zur Welt zu sein.
Entsprechend lege ich an den Profifußball in der Bewertung und Diskussion sowohl hier im Forum als auch im Leben generell dieselben Kategorien von technischer Optimierung, warenmäßiger Sachlichkeit und kühl kalkulierender Distanz an, wie ich ihn auch bei einer Auswahl zwischen drei Sorten Orangensaft im Supermarkt anlegen würde. Ich habe Spaß an der Analyse der Etiketten und am Geschmack beim Konsum, aber sollte ich einmal zum falschen Saft gegriffen haben, hat das keine elementaren Auswirkungen auf mein grundsätzliches Glücksgefühl. Für mich taugt die Metapher des Marktes und die einhergehenden Mechanismen beim Profifußball daher auch gut, für dich nicht. Für dich ist der Fußball viel mehr als nur ein indifferent konsumiertes Unterhaltungsprodukt, er ist Teil deines Lebensentwurfs und entsprechend größer ist auch sein Einfluss auf dein Glücksempfinden. Ich sympathisiere in der Tiefe meines Herzens mit deiner Befindlichkeit, aber meines Erachtens überfrachtest du den Profifußball kollossal mit deinen Erwartungen, wenn du in ihm eine Domäne deiner elementaren Resonanz mit der Welt siehst. Was du versuchst ist aus meiner Sicht das Kochen eines Rezepts zum Unglücklichsein. Du wirst deine Sehnsüchte im Profifußball nie befriedigt sehen und dein Streben, ihn in eine Richtung zu ändern, dass er das könnte, werden niemals in Erfüllung gehen. Ich würde dir wünschen, du würdest es schaffen, deinen Seelenfrieden in anderen Bereichen deines Lebens zu suchen und zu finden.
Im Übrigen stimme ich dir zu und danke dir sehr für die bereichernde Lektüre. Ich pflichte dir bei, dass ein lediglich auf der Schriftlichkeit basierendes Medium tendenziell nicht reichhaltig genug und sinnlich zu depriviert für eine komplexe und vielschichtige zwischenmenschliche Kommunikation ist, aber dein fulminanter Schreibstil tut sein bestes, diesen Malus zu kaschieren.
@Hans501: Sehr schön! Belassen wir es dabei. Es ist ein gutes Gefühl, eine Diskussion zu einem gütlichen und befriedigenden Ende für alle Seiten führen zu können.
Gute Nacht
Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh’ ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen
Mit manchem Blumenstrauß.
Das Mädchen sprach von Liebe,
Die Mutter gar von Eh’, –
Nun ist die Welt so trübe,
Der Weg gehüllt in Schnee.
Ich kann zu meiner Reisen
Nicht wählen mit der Zeit,
Muß selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.
Es zieht ein Mondenschatten
Als mein Gefährte mit,
Und auf den weißen Matten
Such’ ich des Wildes Tritt.
Was soll ich länger weilen,
Daß man mich trieb hinaus?
Laß irre Hunde heulen
Vor ihres Herren Haus;
Die Liebe liebt das Wandern –
Gott hat sie so gemacht –
Von einem zu dem andern.
Fein Liebchen, gute Nacht!
Will dich im Traum nicht stören,
Wär schad’ um deine Ruh’,
Sollst meinen Tritt nicht hören –
Sacht, sacht die Türe zu!
Ich schreibe nur im Gehen
An’s Tor noch gute Nacht,
Damit du mögest sehen,
An dich hab’ ich gedacht.
W. Müller (F. Schubert)
Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;
Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,
And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.
I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I—
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost)
Schon irre, dass in dieser Spielzeit gleich zwei als unerreichbar geltende Uraltrekorde zumindest in Gefahr geraten (sind): Nach Schalkes Beinahe-Ablösung des Tasmania-Rekords nun Lewis realistischer Angriff auf die 40 Müller-Tore.
Beim Zeitunterschied von fast 50 Jahren fällt es schwer, die Leistungen beider Torjäger abschließend zu gewichten. Zu sehr haben sich Spielsysteme verändert. Interessant ist, dass auch Haaland und Silva mit 19 Toren nach 24 Spieltagen starke Quoten aufweisen. Wohl selten liegen die Top Drei bei solch einer Quote. Zudem liegen Weghorst und Kramaric mit 15 bzw. 14 auch nur knapp unter mancher Siegermarke aus den frühen 90ern (wohlgemerkt, nach 34 Spieltagen).
Der Torjäger-Jahrgang 2021 scheint ein edler Tropfen zu sein…
Wenn ich mir die Stats von CR7 und Ibrahimovic anschaue – der eine 36, der andere 39 Jahre alt – dann kann ich mir eine ähnliche Qualität in diesem Alter bei Lewa vorstellen. Wenn er seinen Vertrag dann also nochmal bei uns verlängert und bis 36 bei uns kickt, wird er Gerds Rekord wohl knacken…
Aber wollen wir das überhaupt?? Klar, jede Lewa-Bude bringt uns wahrscheinlich weitere Titel ein, aber irgendwie hoffe ich, dass Müllers Rekorde nicht gebrochen werden.
Daher wünsche ich mir diese Saison 39 Bulitore und am Ende seiner Bayernkarriere 364 Buden. Gerne garniert mit einem weiteren Triple und / oder zwei Henkelpötten ;-)
Ne, nicht knapp scheitern sondern exakt gleichziehen.. Wenn dann 40 diese Saison und 365 insgesamt.
Aber ich schätze er wird beide Rekorde pulverisieren. Hat er sich dann aber auch verdient.
Keiner beim FCB wird jemals Gerd Müllers Rekorde und Verdienste für den FCB in Zweifel ziehen.
Aber Rekorde im Sport haben eben das Schicksal irgendwann gebrochen zu werden.
Das bringt eben die Entwicklung mit sich und das ist in allen Sportarten sichtbar.
Und trotzdem behalten die Legenden des Sports weiter ihren Status als Legende.
Was sind heute schon 8,06m im Weitsprung – aber die 8,06m eines Jesse Owens bei der olympiade 1936 sind nach wie vor legendär.
Wer hat die meisten Tore geschossen – völlig egal.
Puscas, Pele, Seeler, Müller, werden immer Legenden des Fußballs bleiben.
Also , weil es so Spaß macht greife ich gerne Stiftls Impuls auf. Da ich oben nciht antworten kann, eben hier: @STiftl: Nagelsmann habe ich ganz vergessen, wäre sogar meine Traumlösung. Er , Tuchel und Guardiola sind für mich die einzigen Trainer von denen ich mehr halte als von Flick. Nagelsmann hat Pep und Tuchel eine gewisse Umgänglichkeit voraus, er kann auch Fleischesser und Pressetermin, wenn ich es mal so ausdrücken darf. Ich bin mir echt sicher Leute ,dass Flick die 1 A Lösung für den DFB ist. Sie kennen ihn ,er hat die CL geholt.. Sein Stil passt zu einem Turnier.(siehe CL) Klopp hat abgesagt und ist nicht staatsmännisch genug, hat noch zu viele Ausraster. Loddar und Scholl etc haben nichts vorzuweisen. Zu viel Experiment. Rangnick ist zu unbequem will alles reformieren, so jemanden holt sich ein DFB nicht freiwillig rein. Bleibt Kuntz, kann ich mir auch gut vorstellen. Wer glaubt dass mit Brazzo und Flick sei medial aufgebauscht, beachte, dass Flick sich zuerst vertraglich zusichern ließ dass Kalle sein Vorgesetzter ist, dass eine Schlichtung durch Kahn gab und achtet mal auf die Körpersprache zwischen den beiden. Flick lässt ihn beim Jubeln etc. komplett abblitzen. Wo kann ich eine Wette abschließen? Ich setze auf Flick. Er hat sozusagen ,das “Pech” im ersten Jahr alles gewonnen zu haben. Es kann nur schlechter werden. Eleganter kommt er da nicht mehr raus. Könnte auch jeder verstehen und Bayern müsste ihn auch ziehen lassen.
Ich gehe auch davon aus, dass es Flick zurück zum DFB zieht. Der Posten passt m.E. auch besser zu ihm.
Und Nagelsmann würde ich dann sehr gerne nächstes Jahr bei uns sehen.
Flick wird zum DFB gehen. Nagelsmann wird nicht kommen (Vertrag bis 2023 ohne AK).
Soweit ist das klar. Aber ab da wird es schwierig. Wer könnte für uns ernsthaft in Frage kommen?
Ohne passende Alternativen, und die sehe ich aktuell nicht (Nagelsmann, Tuchel, Klopp), kann ich mir nicht vorstellen, dass Bayern Flick ziehen lässt.
Flicks Erfolgsrezept ist die positive Stimmung, die er im Verein verbreitet hat. Damit kann auch ganz schnell Schluss sein, wenn er sich mit der Vereinsführung überwirft. Und ihm einen Umstieg zum Nationaltrainer zu verbauen, wäre Anlass dafür. Wenn man ihn gerne langfristig behalten möchte, dann sollte man eventuellen Abwanderungsgedanken jetzt schon vorbeugen und mit ihm klären, was seine Wünsche v.a. bezüglich des Kaders sind, da hat es ja schon ein paar mal geknatscht.
Das Problem ist nur, dass es für einen Trainer gerade in dieser Zeit kein Wunschkonzert geben wird, was Spieler angeht. Der FCB wird Flick auch keine Steine in den Weg legen, wenn er die Chance ergreifen möchte zum Bundes-Hansi zu werden. Zumal ich mir vorstellen könnte dass man sich auch in der Vereinsführung nicht 100% sicher ist, ob Flick auf Dauer Liga-Alltag “kann”.
@ Vielleicht läuft es auch auf einen Kompromiss hinaus? Die WM 2022 wird in der Prioritätenliste als nicht so wichtig erachtet und man arbeitet auf die EM 2024 im eigenen Land hin. Kuntz wird Trainer bis einschließlich der WM 2022. Danach übernimmt Flick nach der WM 2022. Allzu viele Länderspiele dürften bis zum Ende der Saison 2022/23 nicht mehr anstehen und hier muss Flick zur Not eine Doppelbelastung stemmen. Ab Sommer 2023 ist Flick dann ausschließlich Bundestrainer und Nagelsman übernimmt bei uns.
Die Frage wird sein, ob Flick das wirklich will, mit aller Konsequenz?
Wenn ja, sehe ich ihn weg. Der FCB war schon immer bekannt dafür, verdienten Leuten keine Steine in den Weg zu legen. Und willst du wirklich einen leitenden Angestellten, einen Teamleiter gegen seinen Willen halten, wenn er dir erklärt (warum auch immer) nicht mehr hinter dem gemeinsamen Projekt stehen zu können, sich umorientieren zu wollen?
Sollte Flick mit harten Bandagen kämpfen wollen, was ich nicht glaube, wäre das Thema sowieso durch.
Da reicht ein Interview in dem er erklärt, dass er zum DFB wechseln wolle und den Verein um Freigabe gebeten habe. Das würdest du nie wieder einfangen können.
Wie schon erwähnt, die nächste PK wird einen gewichtigen Fingerzeig geben in welche Richtung das gehen könnte.
In dem Zusammenhang übrigens eine geniale Antwort von Klopp. Alle nehmen ihm ab, dass er abgesagt habe, dabei hat er sich die Tür immer noch sperrangelweit offen gelassen. Er hat im Grunde nur auf seinen Vertrag verwiesen. Was wäre wenn dieser Vertrag nicht mehr existiert, man also sich mit Liverpool schlicht auf einen freundlichen Abschied einigt, davon ist nicht die Rede.
Hallo Stiftl (10.03., 09:58),
“Zumal ich mir vorstellen könnte dass man sich auch in der Vereinsführung nicht 100% sicher ist, ob Flick auf Dauer Liga-Alltag “kann”.”
Hmm, also das hat Flick seit November 2019 ja nun hinreichend bewiesen:
Erstens: Zerstrittene Mannschaft rasch auf Vordermann gebracht (eine Woche nach dem 1:5 bei SGE ein 4:0 gegen BVB).
Zweitens: Rekordrückrunde (49/51 Punkten) trotz erstem Coronalockdown.
Drittens: Nachfolgende Saison mit perversem Terminplan und Super-/Weltcup-Unterbrechungen als Tabellenführer nach 2/3 der Spieltage.
Dazu Triple und nachwievor ungeschlagen in der CL.
Eine Vereinsführung, die solch einen Trainer dann noch in Zweifel zieht, kann den Laden zusperren.
Sehe ich anders:
– Die Rückrunde war keine reguläre, sondern zweigeteilt. Noch dazu ohne kraftraubende CL-Auftritte und -Reisen. Die CL Runden VF, HF und Finale fanden ja als Miniturnier nach einer weiteren Pause statt. Ich sehe hier kein “trotz” sondern “wegen” Corona-Lockdown.
– Sowohl zum Ende der Hin- als auch der Rückrunde gingen wir komplett auf dem Zahnfleisch. Tribut an das gespielte Pressing.
– Ausscheiden im DFB Pokal in der zweiten Runde.
– wir laufen viel zu oft Rückständen hinterher; die Unkonzentriertheiten immer wieder zu Beginn des Spiels zeigen meiner Meinung nach auf dass da was mit der Ansprache durch Flick nicht stimmen kann.
Mir wäre im Übrigen neu, dass die Mannschaft bei seiner Übernahme zerstritten war. Und was wir vor kurzem eine Halbzeit lang zu Elft in Frankfurt abgeliefert haben, war schlimmer als beim 1:5.
Flicks Bilanz ist bis dato absolut herausragend. Aber er zeigt m.E. nach Schwächen im regulären Ligabetrieb.
Um das aber noch mal klar zu sagen: ich glaube nicht, dass man in der Vereinsführung seine Ablösung wünscht oder gar plant. Schließlich kann es auch sein, dass Flick nächste Saison meine Bedenken Lügen straft. Aber gerade weil er das Sextuple geschafft hat, wird man ihm von Vereinsseite eben keine Steine in den Weg legen falls es sein Wunsch sein sollte, Bundestrainer zu werden. Das wäre einfach nicht unser Stil.
Hallo Stiftl,
also zum Ende der Rückrunde 2019/20 wirkte die Mannschaft sehr souverän (alle Spiele nach der ersten Coronapause gewonnen), in der Liga auf 100 Tore gekommen.
Dass die neue Saison deutlich holpriger werden würde, musste Jedem klar gewesen sein. Und ein Zweitrundenaus im Pokal kam auch unter Hitzfeld vor (Magdeburg 2000/01).
Auch wurden wichtige Spieler abgegeben, wie z.B. Perisic, Thiago oder Coutinho.
In der historischen Rückschau hatte jede goldene Ära/Spielzeit auch ihre Grottenkicks (1973/74: Atvidaberg/Kaiserslautern, 2000/01: Magdeburg/2 x Rostock/Cottbus/2 x Schalke/Lyon, 2012/13: Borissov/Rückspiel Arsenal)
Warum ist es 20 Jahre her dass wir gegen einen Zweitligisten rausgeflogen sind? Dürfte mit der zunehmenden Qualität im Team die insbesondere seit 2010 gesteigert wurde zu tun haben. Und nach dem Pokalfinale kamen aus dem Trainerteam Aussagen dass die Pause vor dem CL Finalturnier gerade rechtzeitig kam.
Hallo Stiftl,
wenn man den Pokalwettbewerb in den letzten Jahren verfolgt hat, fällt auf, dass die Zahl der Überraschungen zuletzt wieder zugenommen hat (u.a. Leverkusens Blamage in Essen, Saarbrücken erster viertklassiger Halbfinalist, SGE raus als Cupverteidiger in Ulm), nachdem es im letzten Jahrzehnt kaum Sensationen gab. Die unterklassigen Teams stellen sich offenbar besser auf die Topmannschaften ein.
Das mit der günstigen Pause vor der CL 2020 stimmt natürlich.
Wieso wollen hier so viele Flick loswerden bzw. zum DFB ziehen lassen?! Der Mann hat alles geholt mit dem FCB – und wieso sollte er das nicht wiederholen?
Hach, herrlich! Hier bahnt sich die nächste 9xx Diskussionsschleife an: Wie konnte man die Flickempathie ohne adäquaten Nachfolger “einfach” so an den DFB “verschenken”?!
Ich denke loswerden/ziehen lassen “wollen” (in deinem Post) ist das falsche Wort. Ein paar wenige vielleicht. Die anderen machen sich eher darüber Gedanken, was er “will”. Und ihn gegen seine Überzeugung und seinen Willen zu halten, ergibt einfach keinen Sinn. Wurde oben ja schon thematisiert. Die Frage ist natürlich schon, wie sehr und schnell der Verein ihm signalisieren würde “passt schon” oder Appelle im Sinne von “bleib da” senden würde.
Zu Klopp: Habe auch geschmunzelt. Clever von ihm. Ein strauchelnder Trainer beruft sich auf seinen langfristigen Vertrag. Das war mehr ein Statement in Richtung Verein, Fans, Medien als an den DFB. “Ich ziehe das hier durch. Ich glaube an mich und die Mannschaft. Wenn ihr mich loswerden wollt, müßt ihr mich schon rausschmeißen…”
Na was denn auch sonst? Der Mann hat Vertrag bis 2024 und wird auch in England nicht mit Nüssen bezahlt.
Ist also ähnlich, wie bei Löw 2018 – warum soll der denn freiwillig gehen.
Sollten sie ihn rausschmeißen, kann er immer noch den Vertrag bei guter Bezahlung erstmal noch ein wenig aussitzen.
Abgesehen davon – es gab da doch auch mal einen Trainer , der verkündet hat: Stand heute bin ich Trainer bei….!
Und “Stand kurz darauf” war er es nicht mehr.
Das ‘Rausschmeißen’ mit einem ordentlichen Abschlag auf die Gehälter bis zum Ablauf der Restlaufzeit seines Vertrages, würde ich mir an Klopps Stelle auch gefallen lassen. Bei der derzeitigen Situation in Liverpool glaube ich allerdings, dass wir Steven Gerrard nächste Saison dort auf der Bank sehen und Klopp ‘dem Ruf seines Herzens’ zur Nationalmannschaft folgt … sobald das finanzielle mit Pool ausgehandelt ist – und das mit völliger Wahrung des Gesichts für alle beteiligten Seiten, weil man Klopp, nach allem was er geleistet hat, sicherlich nicht mit einem Tritt vor die Tür befördern möchte.
Kalle sollte die Tiefgarage meiden. Nicht dass er unseren Hansi an den DFB verschenkt, wenn der weinend um einen Abschied bittet. Ich sag nur Thiagointelligenz. Der lebt jetzt seinen Traum in Liverpool.
Wo ist denn das Problem? Thiago ist doch nicht der erste Spieler in den letzten Jahrzehnten, der aus irgendwelchen Gründen unbedingt den Verein wechselt, um dann festzustellen, dass es da nicht läuft.
Hatten wir schon “in grauer Vorzeit” und nicht nur beim FCB.
Was hat den einem CR7 oder einem Griezmann der Wechsel gebracht, außer dass sie jetzt hinter der Musik herlaufen. Ein Rahn, der aufgehende Stern der NM und der unangefochtene Star in Mönchengladbach wechselt zum FC Köln und verschwindet in der Versenkung. Die berühmten aufgehenden Sterne Podolski oder Götze wurden beim FCB was – Mitläufer. Die Kagawas, Sahins, Hummels und Co. lassen grüßen!
Was nützt denn Liverpool die Thiagointelligenz? Nüscht, wie wir gerade sehen.
Ich schätze Flick so ein, dass er lieber weiterhin täglich mit Mannschaft und Staff arbeiten möchte als sich monatelang nur in Stadien der Spielerbeobachtung und Gesprächsterminen hinzugeben, das kennt er und das hatte er schon (Co-Trainer unter Löw, DFB-Job).
Neue Ziele gibt es auch reichlich: als erster deutscher Trainer den CL-Titel verteidigen, Wiederholung des Triples, Weiterentwicklung der Mannschaft, usw.
Flicks größte Stärke ist seine innere Stärke und Unabhängigkeit. Sein Ehrgeiz und seine Einstellung zum Erfolg hängt in der Kabine: “Erfolg ist nur gemietet, und die Miete ist täglich fällig!” Vielleicht ist das auch nur Ausdruck meiner Hoffnung, dass ihn der Bundestrainerjob (noch) nicht reizt.
Er ist in München noch nicht fertig!
Nun – das mit der CL-Titel Verteidigung (oder nicht) hätte sich ja bis Ende der Saison geklärt.
…weiter, weiter, immer weiter… :-))
…zumindest bis zum finale dahoam reloaded!
Da hat sich Nagelsmann gegen ein zzt angeschlagenes Liverpool zweimal ziemlich vertan. Das man gegen die nicht einen Treffer erzielen kann ist ziemlich mau. Nagelsmann wird noch 2 J lernen bevor er bei uns Thema sein kann.
Der einzige Konkurrent in der CL ist momentan ManCity denn auch PSG ist unter dem neuen Trainer abgefallen.
Tuchel leistet exzellente Arbeit und wäre der beste Nachfolger von Flick 2023 da er auch am besten zu unseren Spielern passt.
1. woher weißt du denn, wer in 2,5 Jahren noch bei uns Spieler ist…fliehen doch alle Stammspieler vor dem unfähigen Sportvorstand, wie hier immer wieder zu lesen ist! ;-)
2. Haben wir doch die Thiagointelligenz an einen “direkten Konkurrenten” verloren ähh verschenkt – gilt das jetzt nicht mehr? Warum zählst du die nicht als Konkurrenten auf?
3. Ich habe übrigens dieses Jahr auch Chelsea auf der CL Rechnung – eben weil Tuchel offensichtlich dort der richtige Mann zur richtigen Zeit ist. Atletico scheint etwas zu schwächeln. Und danach sollten sie halt nicht gleich auf City treffen.
Die Arbeit des Verantwortlichen SportVS muss man differenziert betrachten. Sicherlich war es mutig einen Berufsanfänger zu holen der erst einmal einiges Porzellan zerschlagen hat. Erfolgreich sind er und die scouts im Talentebereich. Davies Musiala etc sind tolle Spieler für die er Hauptverantwortlich zeichnet. Dagegen stehen offensichtlich holprige Gespräche mit etablierten Spielern was seiner mangelnden Erfahrung geschuldet ist. Die Vertragsverlängerungen mit Stammspielern sind mindestens genauso wichtig wie die guten Verpflichtungen von Lucas Pavard Upamecano Sane.
Und natürlich wäre es richtig Thiago zurückzuholen wenn es sich ergeben sollte, andererseits ist die Verpflichtung von Zakaria ein Muss.
Ja, Nagelsmann würden ein paar Jahre mehr Erfahrung sicher guttun. Gerade Erfahrung im Bereich oberes Regal.
Ansonsten war das Spiel gestern ein doppeltes Vergnügen.
Einmal ein Genuss Thiago wieder zu sehen, dann ein Genuss Upamecano vorspielen zu sehen.
Hast Du den Vorlage Karatekick von Thiago gesehen der dann von Salah und Mane verdaddelt wurde?
Bei fast jedem Anderen würdest du sagen, der hat da einfach den Ball weggekloppt.
Bei Thiago weißt du, er wollte das genau so.
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