Eintracht Frankfurt – FC Bayern München 0:1 (0:1)

Maurice Trenner 09.12.2017

Falls ihr es verpasst habt:

Im Vergleich zum überzeugenden Sieg gegen Paris unter der Woche rotierte Heynckes in Frankfurt kräftig durch. Unter anderem durfte sich Top-Torschütze Lewandowski eine Pause genehmigen. Für den Polen rückte Müller in die vorderste Sturmspitze. Der Nationalspieler führte die Münchner auch als Kapitän aufs Feld.

Kurzfristig fiel zudem der in den letzten Wochen starke Ulreich aus. Somit kam Tom Starke zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz in dieser Saison.

Zwei Jubilare gab es zudem auf Seiten der Münchner. So durfte Kimmich zum 100. Mal in einem Pflichtspiel für den Rekordmeister auflaufen. Außerdem zog Ribery mit seinem 365. Pflichtspiel mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic als meist eingesetzter Ausländer in der Bayern-Historie gleich.

Auf Seiten der Frankfurter brachte Trainer Niko Kovac mit Barkok und Fernandes für Gacinovic und den angeschlagenen Hasebe zwei Neue im Vergleich zum 2:1-Erfolg der Hessen in Berlin.

Der Beginn der Partie war von mehreren Fouls auf beiden Seiten geprägt. In der fünften Minute leitete Starke mit einem riskanten Pass, den Vidal zudem verstolperte, einen Frankfurter Konter ein. Der Chilene musste direkt am Sechzehner grätschen und wurde dafür zurecht verwarnt (6.). Starke wiederum konnte sich beim fälligen Freistoß mit einer ersten Parade auszeichnen.

In der ersten Viertelstunde kamen die Bayern nur selten in ihr Positionsspiel. Folglich blieben auch die Chancen aus. Erst langsam kamen die Münchner besser ins Spiel und erarbeiteten sich mehr Ballanteile.

In diese zunehmende Dominanz-Phase hinein erzielte Vidal dann die 1:0 Führung. Nach einer Ecke von Kimmich kommt der Ball wieder zu ihm zurück. Die Flanke aus dem Halbfeld köpft der Chilene am langen Pfosten ungestört ein (20.).

Anders als viele Gegner in der Vergangenheit gaben die Frankfurter nach dem Rückstand jedoch nicht klein bei. Nach einem Stockfehler von Martinez im Mittelfeld hatte Rebic im Eins-gegen-Eins mit Süle die beste Gelegenheit. Seinen Aufsetzer konnte Starke allerdings entschärfen (25.).

In der Folge entstand ein offenes Spiel mit Chancen für Frankfurt durch Wolf (30.) und Willems (40.) und Bayern durch Coman (28.) und Martinez (33.). Die Münchner schafften es in der ersten Halbzeit nicht, das Spiel zu kontrollieren. Die Eintracht wurde gerade nach einfachen Ballverlusten immer wieder gefährlich.

Ohne Wechsel ging es für beide Mannschaften in die zweite Halbzeit.

Direkt nach der Pause überließ der Tabellenführer erstmal Frankfurt das Spiel. Bereits in der 55. Minute musste dann Torschütze Vidal stark gelb-rot gefährdet das Feld verlassen. Für ihn kam Tolisso, der unter der Woche gegen Paris zweimal getroffen hatte.

Auch im weiteren Verlauf nahmen die Bayern merklich Tempo raus. Frankfurt kam auf der anderen Seite zwar immer wieder zu Aktionen im und am Strafraum, konnte hieraus jedoch keine zwingenden Chancen kreieren.

In der 72. Minute dann der größte Aufreger der zweiten Halbzeit: der bislang starke Rechtsverteidiger Marius Wolf wird zunächst vom Platz gestellt, weil von hinten in James hinein gegrätscht war. Nach einem Eingriff des Video-Assistenten korrigiert Schiedsrichter Osmers jedoch sein Urteil und verwarnt den Frankfurter lediglich mit Gelb.

Bis zum Spielende kommen weder Frankfurt noch München zwingend vors Tor des Gegners. Daran ändert auch die späte Hereinnahme von Lewandowksi nichts.

Durch das zeitgleiche Unentschieden der Leipziger steht Bayern mit diesem Sieg bereits frühzeitig als Herbstmeister fest.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Vidal ist und bleibt Vidal

Es war mal wieder ein typisches Spiel für den Mann, der auch bei uns im Blog häufig Kritik einstecken muss: Arturo Vidal. Bereits in der fünften Minute wird der Chilene mit gelb verwarnt, nachdem ihn ein Pass von Starke in Bedrängnis erreicht, er diesen unsauber annimmt und anschließen Rebic nur per Foul vor dem Eindringen in den Sechzehner stoppen kann. Eine rote Karte wäre hier durchaus ebenfalls möglich gewesen.

Doch bereits in der 21. Minute zeigt Vidal, warum er für diese Münchner Mannschaft dennoch wichtig ist. In einem bisher ehen schwachen Spiel des Rekordmeisters flankt Kimmich nach einer vermeintlich geklärten Ecke und am langen Pfosten kommt Vidal völlig frei zum Kopfball, der Sekunden später im Frankfurter Netz zappelt. Dieses Einlaufen in den Sechzehner mit Zug zum Fünfmeterraum beherrschen nur Wenige auf diesem Niveau.

In den letzten vier Bundesliga-Spielen war Vidal nun jeweils erfolgreich. Eine Quote auf die selbst ein Lewandowski neidisch wäre.

Gerade in der ersten Halbzeit machte Vidal gerade defensiv vieles richtig: immer wieder brachte er gerade so noch seinen Fuß im richtigen Moment dazwischen. Zur Halbzeit hatre der Chilene drei geklärte Bälle, einen abgefangenen Passversuch und brachte 95% seiner Zuspiele an den Mann.

Dass dieser Nachmittag für Vidal dann dennoch früh beendet ist, liegt wieder einmal an einer “klassischen” Vidal-Aktion. Am linken Strafraumeck fährt er gegen Wolf den Fuß aus, eine sehr waghalsige Zweikampfführung, wenn man bereits gelb vorbelastet ist. Anders als noch Ancelotti im Champions-League-Viertelfinale letzte Saison, reagiert Heynckes sofort und nimmt seinen Achter vom Feld.

Für den Rest der Saison und speziell vor den wichtigen Spielen muss Heynckes hier die Entscheidung treffen, ob Vidal in sein Spielkonzept passt. Die Vor- und Nachteile des Mittelfeldarbeiters wurden heute erneut sichtbar und sind hinlänglich bekannt. Adaptionen an seinem Spielstil sind zudem kaum zu erwarten.

2. Passivität wird nicht bestraft

Die Spiele gegen Frankfurt sind für Bayern-Fans traditionell nervenzehrend. Dies liegt normalerweise jedoch daran, dass die Münchner über neunzig Minuten gegen einen Frankfurter Abwehrriegel anrennen. Unvergessen das 0:0 in der Saison 2007/08 als Oka Nikolov 38 Torschüsse der Roten hielt.

Heute waren die Rollen jedoch anders verteilt. Der Matchplan von Heynckes sah vor den Ball über weite Strecken des Spiels an die Frankfurter abzugeben. So reichten den Münchnern 15 starke Minuten Mitte der ersten Hälfte, um den Sieg in Hessen einzufahren.

Dennoch standen zur Pause 5:5 Torschüsse zu Buche. Eine solche Statistik hat Seltenheitswert in Bundesligapartien mit dem FC Bayern. Gerade nach Ballverlusten im Aufbau nutzten die Frankfurter mit ihrer Angriffsreihe die leichte Unordnung in der Münchner Hintermannschaft und kamen zu einigen Chancen.

Wer nun ein deutlich anderes Gesicht der Bayern in der zweiten Halbzeit erwartete, wurde enttäuscht. Im Gegenteil überließ man Frankfurt nun vollständig den Ball und gleich mehrfach standen alle elf Münchner in der eigenen Spielhälfte hinter dem Ball.

Die Hessen waren wohl ebenfalls überrascht und konnten aus dem Feldvorteil keine Chancen herausspielen. Dazu war die Abwehr der Münchner auch zu gut gestaffelt. Die wenigen Durchbrüche von Frankfurt konnte meist in letzter Sekunde von Boateng oder Süle gestoppt werden.

Am Ende bleibt ein Auswärtssieg mit nur 48% Ballbesitz und einem Verhältnis von 6:12 Schüssen, bei dem man Kräfte sparen konnte für die letzten Wochen vor der Winterpause. Dennoch bleibt das Gefühl eine der eher uninspirierteren Leistungen der vergangen Jahre gesehen zu haben.

3. Starkes Comeback

Eigentlich sollte Tom Starke gar nicht mehr aktiv sein. Doch als sich im September Manuel Neuer schwer verletzte, sprang der Ersatztorwart der Triple-Saison ein, um seinem Verein aus der Bredouille zu helfen. Eingeplant war der 36-jährige als Nummer zwei hinter Ulreich.

Doch auch der zuletzt starke Ulreich ist nicht von Verletzungen frei. Beim Warmmachen vor dem Spiel zwickte es den Ex-Stuttgarter in der Leiste – Adduktoren-Probleme wodurch Tom Starke zu seinem 100. Bundesliga-Spiel kam.

Die fehlende Wettkampfpraxis war Starke nur in den ersten fünf Minuten anzusehen, als er Vidal in Bedrängnis bringt. Danach spielte der Routinier ruhig und souverän. Gleich mehrmals entschärfte er in der ersten Halbzeit gefährliche Torschüsse der Frankfurter. Auch ihm war es zu verdanken, dass der passive Plan von Heynckes heute aufging.

Eintracht Frankfurt – FC Bayern 0:1 (0:1)
Eintracht Frankfurt Hradecky – Salcedo, Abraham, Falette – Wolf, Willems (78. Tawatha), Fernandes (71. Jovic), Boateng – Barkok (81. Stendera), Rebic – Haller
Bank Zimmermann, Russ, Gacinovic, Hrgota
FC Bayern Starke – Kimmich, Süle, Boateng, Rafinha – Martinez, James, Vidal (55. Tolisso) – Ribery (67. Alaba), Coman (83. Lewandowski) – Müller
Bank Hoffmann, Hummels, Rudy, Wriedt
Tore 0:1 Vidal (20.)
Gelbe Karten Fernandes, Wolf / Vidal, Rafinha, Müller
Schiedsrichter Harm Osmers (Hannover)
Zuschauer 51.500 (ausverkauft)