Pokal: FC Bayern – Borussia Dortmund 2:1 (2:0)

Tobi Trenner 20.12.2017

Das Dauerduell des deutschen Fußballs kam diesmal überraschend früh. Schon im Dezember trafen die Bayern auf Dortmund. Die Gäste hatten erst vor wenigen Tagen den Trainer gewechselt, inzwischen stand Peter Stöger statt Peter Bosz an der Bande.

Beide Mannschaften konnten am Wochenende die BL-Hinrunde mit einem zähen und doch emotionalen Erfolg beenden. Während der FCB in Stuttgart dank Sven Ulreich mit 1:0 gewann, siegten die Dortmunder daheim durch ein spätes Tor gegen Hoffenheim.

Falls ihr es verpasst habt:

Jupp Heynckes durfte bzw. musste einige Wechsel im Vergleich zum letzten Spiel vornehmen. So rotierten David Alaba und Thomas Müller wie geplant für Rafinha und Corentin Tolisso in die Startelf. Darüber hinaus fiel Mats Hummels gänzlich aus und Kingsley Coman nahm angeschlagen auf der Bank Platz – sie wurden positionsgetreu durch Niklas Süle und Franck Ribery ersetzt. So ergab sich das gewohnte 4-3-3 / 4-2-3-1 der letzten Monate. Für Arjen Robben kam die Partie leider etwas zu früh.

Die Startformationen vor der Dortmunder Umstellung.

Auch der Dortmunder Neu-Trainer wurde zu Anpassungen gezwungen. Da Peter Stöger auf Stürmerstar Pierre-Emerick Aubameyang verzichten musste, entschloss er sich für eine Systemänderung. Marc Bartra rückte in die Startelf, die eine 5-3-2-Formation einnahm. Den Aushilfssturm bildeten hierbei Christian Pulisic und (leicht zurückgezogen) Andriy Yarmolenko. Eine Aufstellung, die nach Konterspiel roch.

Das Spiel begann rasant. Schon in der 3. Minute gab es die erste Riesenchance für die Bayern. Nach einer guten Flanke von Müller setzte Arturo Vidal den Kopfball an die Latte. Es wäre ein Auftakt nach Maß gewesen. Zwei Minuten später wurde ein gefährlicher Schuss von James Rodriguez noch von einem Dortmunder Abwehrspieler geblockt. Als im Anschluss auch Lewandowski und Ribery an Bürki scheiterten, dürfte es schon ein erstes Hadern mit der Chancenverwertung gegeben haben. Vier Großchancen in den ersten zehn Minuten – verschwendeter Anfangselan oder der Beginn eines Feuerwerks?

Der FCB drang in der Anfangsphase immer wieder über die Außen in den Strafraum ein. Man nutzte die gesamte Breite des Platzes. Die Gäste versuchten währenddessen immer wieder den schnellen Pulisic in Laufduelle mit Niklas Süle zu bringen, kamen aber nicht häufig genug in geordnete Umschaltsituationen.

In der 12. Minute war es dann doch endlich so weit. James lieferte einen Freistoß aus dem linken Halbfeld in den Strafraum. Den Kopfball von Süle konnte Bürki noch an die Latte lenken, doch den Abpraller köpfte Jerome Boateng ins Netz. Verdienter kann eine frühe Führung nicht sein, schließlich zeigten sich die Dortmunder defensiv völlig überfordert.

Nach der Führung hatten die Münchner plötzlich Probleme damit, weiter Druck aufzubauen. In dieser Phase lief offensiv fast alles über das traditionelle Flügelduo aus Ribery und Alaba. Die rechte Seite diente derweil nur als Flankenkatapult. Doch die Gäste kamen so langsam aus dem Winterschlaf. Zwar wurden weiterhin defensiv viele Räume geboten, doch weitere Torchancen gab es für die Bayern zunächst nicht. Schwarzgelb ließ den Ball besser laufen.
Als das Spiel sich gerade etwas einpendelte, wechselte Stöger früh. Nach nur 33 Minuten nahm er Verteidiger Bartra vom Platz und brachte mit Dahoud einen Mann fürs Mittelfeld, inklusive Umstellung auf eine Viererkette. Sekunden später hätte Yarmolenko nach einem Abwehrschnitzer von Alaba fast ausgeglichen, doch der Österreicher machte seinen Fehler wieder gut, indem er den Schuss auf der Torlinie köpfte.

Dieser Schreckensmoment diente den Bayern als Weckruf. Thomas Müller und Robert Lewandowski kombinierten sich herrlich von rechts in den Strafraum. Der aktuelle Kapitän ließ sich die Möglichkeit nicht nehmen und lupfte den Ball über Bürki hinweg in die lange Ecke. Das vom Ergebnis völlig verdiente 2:0 zu einem etwas überraschenden Zeitpunkt (40.).

In den letzten Minuten vor der Pause passierte nichts mehr. Nach furiosem Start belohnten sich die Bayern durch Boateng, schalteten daraufhin jedoch einige Gänge zurück und schenkten den langsam ins Spiel kommenden Dortmundern fast den Ausgleich. Umso wichtiger war das zweite Tor durch Müller.

Nach der Pause erneut der Beinahe-Blitzstart der Bayern. Bürki konnte nach 30 Sekunden den Schuss von James halten, nachdem Ribery hervorragend eingeleitet hatte. Kurz darauf scheiterte Müller per Kopf aus kurzer Distanz am Schweizer Keeper. Erneut ein frühes Chancenplus, doch die Gäste waren in der zweiten Halbzeit nicht mehr so passiv wie zu Spielbeginn. Der FCB zeigte sich nicht mehr so drückend überlegen, man setzte häufiger auf Umschaltmomente.

Stöger wechselte in der 56. Minute zum zweiten Mal, Andre Schürrle kam für Raphael Guerreiro und rückte ins Sturmzentrum – die zweite Systemumstellung der Partie, was sowohl Symptom für die Dortmunder Probleme als auch ein Zeichen für Stögers Spielverständnis war. Kurz darauf reagierte Heynckes: Kingsley Coman ersetzte nach einer Stunde den gut aufgelegten Franck Ribery.

Spielerisch passierte bei den Roten in dieser Phase nicht viel. Die Ballzirkulation stockte, Kontersituationen konnten auch nicht erspielt werden. Man erlaubte den Dortmundern eine leichte Dominanz. Mitten in diese Zeit fiel fast die Vorentscheidung. Erneut war es aber Bürki, der die Hereingabe von Müller entscheidend abfälschte und Lewandowski am Tor hinderte. Demnach drohte die Partie weiter ins Wanken zu geraten.

Sven Ulreich musste nun immer häufiger eingreifen. So lenkte er in der 70. Minute einen Kraftschuss von Marcel Schmelzer aus spitzem Winkel über die Latte. Die Bayern hatten sich inzwischen völlig zurückgezogen und schienen sich aufs Verteidigen zu konzentrieren. Ein fragwürdiges Konzept angesichts der Dortmunder Defensivschwächen, welches durch den zweiten Wechsel von Heynckes – Tolisso für James – eher noch unterstrichen wurde.

Nach 77 Minuten gab es die verdiente Quittung. Dortmund durfte sich gefühlt minutenlang den Ball im Münchner Strafraum hin- und herschieben, bis Kagawa flankte und Yarmolenko am langen Pfosten einnickte. Ohne jeglichen Grund hatten die Bayern das Spiel wieder spannend werden lassen. Es ging ein Ruck durch die Allianz Arena.

An der Heimmannschaft ging dieser Ruck aber gnadenlos vorbei. Wer jetzt erwartete, dass sich die Bayern die Kontrolle zurückerobern und das Ding nach Hause schaukeln, sah sich getäuscht. Eher lag der Ausgleich in der Luft. Vier Minuten vor dem Ende verzog Schürrle aus der Distanz knapp. Martínez durfte nochmals für Sebastian Rudy Platz machen, bei den Gästen kam Isak für Toljan. Zeitspiel auf der einen, Schlussoffensive auf der anderen Seite.

In der zweiten Minute der Nachspielzeit dann eine skurrile Szene: Isak stand plötzlich frei im Strafraum, sein Schuss wurde von Boateng abgefälscht…und landete Zentimeter neben dem Pfosten im Toraus. Die anschließende Ecke brachte eine Kopfballchance für Sokratis, die das Ziel verfehlte. Nach kurzem Zeitspiel der Bayern beendete der Schiedsrichter schließlich nach 94 Minuten die Partie.

Der FC Bayern zieht dank des 2:1-Sieges also ins Viertelfinale des DFB-Pokals ein. Teilweise sehr stark, zum Schluss kläglich – die Partie war eine Achterbahnfahrt für alle Bayernfans. Schlussendlich zählt aber nur das Ergebnis und das war verdient. Nach Leipzig hat man mit Dortmund nun den zweiten Brocken aus dem Pokal geworfen. Jetzt wartet die verdiente Winterpause.

3 Dinge, die auffielen:

1. Die Bundesliga in Kurzform

Wer die Bundesliga in dieser Saison nicht näher verfolgt haben sollte, dieses Spiel ist eine wunderbare Zusammenfassung. Die Bayern spielten phasenweise gut auf, konnten das Niveau aber nicht mal ansatzweise über 90 Minuten halten. Dass es am Ende tatsächlich zum Sieg reichte, lag auch am Gegner. Die Dortmunder offenbarten in der ersten Halbzeit unfassbare Schwächen im Verschieben und der Raumdeckung, was unter Berücksichtigung der dortigen Situation zwar nicht überraschen sollte, in dieser Deutlichkeit es aber doch tat.

Auch wenn sich die Gäste in der zweiten Halbzeit verstärkt zeigten, eine Macht waren sie weiterhin nicht. Hätten die Bayern ein seriöses Kombinationsspiel auf den Platz gebracht, hier wäre nichts angebrannt. Stattdessen war es ein Krampf zwischen Nichtwollen und Nichtkönnen. Der FCB stolperte über die Ziellinie.

Ähnlich läuft es schon seit Monaten im deutschen Fußball. Sowohl in einzelnen Spielen als auch im Gesamtbild zeigen sich die Münchner häufiger als fehleranfällig und besiegbar, jedoch gelingt es keiner Mannschaft, dies auszunutzen.

Der Weg der Bayern zurück an die eigene Leistungsspitze ist ein weiter. Der Weg der Liga an eine ernstzunehmende Konkurrenzfähigkeit ist aktuell ein noch viel weiterer.

2. Die Müllerfrage

Auch wenn es aufgrund des Münchner Linksfokus und den oft tief stehenden Dortmundern gar nicht sein Spiel sein konnte: Thomas Müller trat wieder in Erscheinung. Nach dem Siegtreffer in Stuttgart gab er am Mittwochabend den ewigen Pendler zwischen Flügel und Zentrum.

Sein Treffer zum 2:0 war Thomas Müller in Reinform. Kluger Pass zum Mitspieler, perfekter Lauf in den dadurch entstandenen Raum, überlegter Abschluss – wie in besten Zeiten war er Raumdeuter und Torjäger in Personalunion.

Sollte es Müller gelingen, die Formkurve auch über die Winterpause hinaus nach oben zu halten, wird es für Heynckes eine weitere Option in der Offensive geben. Zu individuell und zu wichtig für Lewandowski sind seine Fähigkeiten, um den stellvertretenden Kapitän in die zweite Reihe zu schieben.

Die Frage wird nicht sein, ob er spielt, sondern wo. Die Stammposition der letzten Jahre hinter Lewandowski wird mehr und mehr durch James Rodriguez gefüllt, der aus der Mannschaft aktuell kaum wegzudenken ist. In den Wochen der Wahrheit wird diese Frage dank Rotation, Formkrisen und Verletzungen beantwortet werden. Bis dahin sollten wir uns auf zahlreiche Diskussionen und Gedankenspiele einstellen.

3. Frohes Fest

Mit dem Pokalspiel gegen Dortmund endete ein aus Bayernsicht turbulentes Jahr 2017. Wir erlebten spektakuläre Siege wie das 5:4 in Leipzig und tragische Niederlagen wie im Estadio Bernabeu. Auf der Trainerbank gab eine der frühzeitigsten Entlassungen und kurz darauf eines der überraschendsten Comebacks der Vereinsgeschichte.

Rückblickend fühlt sich das Jahr wie ein kleiner Rückschritt an. Der Punkteschnitt war zwar nicht wesentlich schlechter als in der jüngeren Vergangenheit und das Ausscheiden in den Pokalwettbewerben höchst unglücklich, doch die spielerischen Höhepunkte wurden mehr und mehr zur Seltenheit. Hin und wieder wehte noch der Wind der Superbayern durch die Allianz Arena, doch er schien nie stark genug zu sein, um die Mannschaft über mehrere Spiele hinweg zu tragen. Es sollte ein Vorsatz des Vereins sein, in 2018 wieder näher an die alte Stärke heranzukommen.

Zuletzt bleibt uns nur noch eines zu sagen: vielen Dank! Ohne euch, die treuen Leser, würden wir nicht Woche für Woche über unseren Verein schreiben. Ihr seid ein wesentlicher Bestandteil von Miasanrot. Wir hoffen, dass ihr es auch im kommenden Jahr sein werdet. Die gesamte Redaktion wünscht euch frohe, erholsame Feiertage und einen guten Rutsch!

FC Bayern – Borussia Dortmund 2:1 (2:0)
Bayern Ulreich – Kimmich, Boateng, Süle, Alaba – Martínez (87. Rudy), Vidal – Müller, James (75. Tolisso), Ribéry (60. Coman) – Lewandowski
Bank Starke, Rafinha, Bernat, Götze
Dortmund Bürki – Toljan (88. Isak), Sokratis, Bartra (34. Dahoud), Toprak, Schmelzer – Pulisic, Kagawa, Weigl, Guerreiro (56. Schürrle) – Yarmolenko
Bank Weidenfeller, Zagadou, Subotic, Sahin
Tore 1:0 Boateng (12.), 2:0 Müller (40.), 2:1 Yarmolenko (76.)
Karten Ribéry, Lewandowski, Vidal – Dahoud
Schiedsrichter­ Sascha Stegemann (Niederkassel)
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)
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