Medhi Benatia: Auf dem richtigen Weg

Felix Trenner 02.11.2014

Nachdem er im August nach München gekommen war, sollte der Marokkaner sofort helfen, ein lästiger Muskelfaserriss verhinderte das jedoch, genauso wie eine mitgebrachte Gelbsperre. Pep wirkte in seinen ersten Trainingseinheiten noch nicht wirklich glücklich und redete viel auf den Innenverteidiger ein. Seinen ersten, damals durchaus überraschenden, Startelf-Auftritt feierte er im Spiel gegen Manchester City. In unserem Spielbericht schaffte der Neuzugang es in die „drei Dinge die auffielen“ – und zwar aus positiven Gründen. Das Herausrücken aus der Kette und seine ausgezeichnete Zweikampfbilanz zeichneten ihn aus. In der Folge kam Benatia zu regelmäßigen Einsätzen, in der Champions League vertraute ihm Guardiola in allen drei Spielen. Es waren allesamt solide und vernünftige Auftritte – mehr aber auch (noch) nicht. Einen deutlichen Schritt in die richtige Richtung machte Benatia nun gegen den BVB, auch wenn es einen Wermutstropfen gab.

Fast schon Rechtsverteidiger

Benatia nahm in der Dreierkette die rechte Position ein und hatte mit Marco Reus einen Gegenspieler, der ihm vor allem mit seinem Tempo zu schaffen machen würde. Der 27-Jährige übernahm die Trainer-Order und postierte sich häufig recht nahe an der Außenlinie, die Dreierkette wurde so sehr stark in die Breite gezogen und Boateng nahm sich die Mitte vor. Im Aufbauspiel setzten die Dortmunder auf Benatia. Während Boateng und Alaba konsequent angelaufen wurden und die Passwege zu Alonso und Lahm zugestellt wurden, hatte der Marokkaner viel Freiraum, machte aus diesem jedoch recht wenig. Seinen langen Pässen (fünf an der Zahl) fehlte es an Präzision, sie fanden kaum einen Weg zum Mitspieler. Das wirkte sich durchaus auf ein asymmetrisches Gesamtbild aus, das auch in der Zukunft zum Problem werden könnte: Verlagerungen von Boateng und Alaba auf Robben funktionieren, Benatias lange Zuspiele, etwa auf Bernat oder Ribery gehen jedoch ab. Hier besteht eindeutig Verbesserungsbedarf.

Offensiv tendierte Benatia dazu gegen den BVB, einen verkappten Rechtsverteidiger zu spielen. Auf Höhe Mittellinie unterstützte er Robben und war vor allem im Passspiel mit Lahm auffällig. Das ein oder andere Mal zog er auch bis zur Grundlinie vor. Die Schlüsselszene ereignete sich hier in der Anfangsphase der zweiten Halbzeit, als Benatia nach einer abgewehrten Bernat-Flanke von links bis zur Eckfahne nachrückte, dort Erik Durm stehen ließ und präzise auf Robert Lewandowski flankte, der den Ausgleichstreffer vergab. Eine Szene, wie man sie sonst von Rafinha gewohnt ist. Benatia sorgte aber auch direkt offensiv für Gefahr. Insgesamt fünfmal kam er nach Eckbällen oder Freistößen zum Kopfball, setzte seine Versuche jedoch ein ums andere Mal neben das Tor. Wenn er hier noch ein wenig mehr Präzision und Torgefahr entwickelt, werden in Zukunft auch Standardsituationen mit ihm in der Mitte zur Option, die durch das Karriereende von Daniel van Buyten entstanden ist. Zumal Dante und Boateng doch die letzte Torgefahr abgeht.

Wermutstropfen Gegentreffer

Defensiv hatte Benatia in der Luft meist kaum Probleme und gewann insgesamt 8 seiner 11 Kopfballduelle (zum Vergleich: Sokratis beim BVB lediglich 5). Das wichtigste jedoch verlor der 27-Jährige, auch wenn beim Gegentreffer der Fehler weder im verlorenen Kopfballduell, noch in seiner fehlenden Sprintgeschwindigkeit: Die entscheidenden Schritte verlor er durch schläfriges Antizipationsverhalten. Den heranstürmenden Reus nahm Benatia viel zu spät wahr und hatte in der Folge keine Chance mehr, ihn noch einzuholen. Auch Guardiola bemängelte offensichtlich des öfteren seine fehlende Wahrnehmung. Bereits 12 Sekunden nach Wiederanpfiff sah man den Trainer laut schreiend und wild in Richtung Benatia gestikulierend an der Seitenlinie. Diese leichten Konzentrationsschwächen sollte der Neuzugang abstellen, um den Vorsprung vor Dante zu halten. Auch wenn der Fehler vor dem Tor sicherlich früher anfing, gab es dennoch eine Chance den Treffer zu verhindern. Zumal Reus mit 180cm wahrlich keine Kopfballgefahr ausstrahlt.

Momentan hat Benatia eindeutige Vorteile gegenüber dem Brasilianer Dante, der zuletzt nicht überzeugen konnte. Wenn Benatia seine leichten Schwächen in puncto Antizipation und lange Zuspiele noch ausbessern kann, wird er auch auf kurz oder lang die Nase vorne behalten, zumindest bis zur Rückkehr von Badstuber und Martinez Ende des Jahres bzw. Anfang März. Das Verteidigerduo Benatia/Boateng hat durchaus seinen Reiz. Gerade im Mittelfeld fehlt mit Alonso und Lahm des öfteren die physische Präsenz, die durch die beiden „Kanten“ dahinter wieder ausgebessert werden könnte. Medhi Benatia befindet sich nach seinen Startschwierigkeiten auf einem guten Weg, ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft zu werden.