Mainz zieht dem FC Bayern mit 1:3 die Lederhosen aus

Daniel Trenner 30.04.2022

Falls Ihr es verpasst habt

Die Aufstellung 

Nagelsmann überraschte bei der Aufstellung (unten dazu mehr) und ließ ohne Musiala, Nianzou oder dezidierten Jugendspielern spielen. Einzig die Routiniers Süle, Sabitzer, Choupo-Moting und Ulreich rotierten in die Mannschaft.

1. Halbzeit

Von Beginn an brannte sofort der Baum. Von den Auswärtsfans im Stadion, wie von Mainz 05 auf dem Platz. Die Heimmannschaft stürmte sogleich nach vorne, traf aus fast unmöglichen Winkel die Querlatte und hätte einen Elfmeter zugesprochen bekommen müssen. Das Feuer übertrug sich auch auf die Spieler, schon in den ersten 10 Minuten kam es zu Rudelbildungen. Mainz blieb am Ball, kam zu weiteren Chancen und belohnte sich in der 18. Minute mit der hochverdienten Führung. Ulreich schlug eine schlechte Flanke nach vorne, die Kugel kam postwendend zurück und in der Schnittstelle zwischen der Kette lauerte Burkhardt. Seinen Drehschuss rutsche Ulreich durch die Arme, doppeltes Pech für den Ersatzkeeper.

Bayern zeigte keinerlei Reaktion, Mainz blieb auch weiterhin stärker, traf folgerichtig zum 2:0. Einen Freistoß verlängerte Neu-Nationalspieler Stach scharf per Kopf, wo Niakhaté nur noch einschieben musste (27.).

Buchstäblich aus dem Nichts gelang den Bayern mit ihrem ersten wirklich rundum gelungenen Angriff der Anschlusstreffer. Über Pavard und insbesondere Sabitzers Direktspiel wurde der Raum für Choupo-Moting geöffnet, der seinen Gegenspieler aussteigen ließ, verzögerte und zu seinem Sturmpartner spielte. Lewandowski nahm den Ball brillant an und verwandelte per Linksschuss. Ein sehr starker Angriff (33.). Aufwachen taten die Bayern danach zwar weiterhin nicht wirklich, doch wenigstens kam kein erneutes Gegentor dazu. Mit einem 1:2 ging es in die Kabine.

2. Halbzeit 

Nagelsmann wechselte zur Pause doppelt. Musiala kam für Goretzka, Sané für Sabitzer. Bayern bekam auch direkt eine exzellente Ausgleichschance, doch als Gnabry von der Grundlinie in die Mitte spielte, klärte Hack vor dem einschiebebereiten Lewandowski. Mitten in Bayerns erste ordentliche Phase traf Mainz. Davies schaltete komplett ab, in seinen Rücken wurde Widmer freigespielt, legte quer zurück zu Barreiro, dessen Schuss Pavard unhaltbar zu einem zählenden Wembley-Tor abfälschte (57.). Mainz blieb im Anschluss am Drücker, Burkhardt traf fast zum vierten Tor.

In der 67. Minute kamen dann (endlich) Nianzou und Vidović für Hernández und Choupo-Moting, zehn Minuten später noch Stanisić für Süle. Erst in der 80. Minute kamen die Bayern wieder zu einer Topchance, Lewandowskis abgefälschten Schuss fischte Zentner noch von der Linie. Mehr nennenswertes passierte nicht mehr. Der FSV Mainz 05 zog den Bayern mit 3:1 die Lederhosen aus. Nächste Woche erhält Bayern daheim gegen Stuttgart die Meisterschale.

Dinge, die auffielen

1. Nagelsmann verweigert sich der Jugend

Die Marschrichtung für die letzten Spiele schien klar: Da die Meisterschaft in der Tasche war, schien die Zeit der Ersatz- und vor allem der Jugendspieler gekommen. Ersteres stimmte, letzteres hingegen gar nicht. Weder Tanguy Nianzou, noch Jamal Musiala und erst Recht kein Jugendspieler standen in der Startelf. Wer nun endlich nach Wochen ohne ihn im Kader mit Paul Wanner in der Startelf rechnete, musste schockiert feststellen, dass er erneut gar nicht erst im Spielbogen benannt war. Bayerns U19 soll offenbar wichtiger für seine Entwicklung sein als Bundesliga. Fragwürdig ist hier noch ein mildes Urteil. 

Vidović schaffte es wenigstens in den Kader, doch auf dem Platz fanden sich nur die Kimmichs, Goretzkas und Gnabrys wieder. Dabei ist Kimmich seit Wochen völlig aus der Form, fand sie auch gegen Mainz nicht wieder. Dennoch muss ein Musiala weiter zuschauen. In der Verteidigung wird Neu-Dortmunder Niklas Süle Nianzou vorgezogen. Logisch ist anders. Wenigstens rechtfertigte sich Niklas Süle, indem er noch der beste hinten war.

2. Fehlendes Engagement

Rotation ist nicht immer nur Selbstzweck, nicht immer bloß Kaderhygiene. Jugendspieler sollten in solchen Spielen nicht einfach nur der Entwicklung wegen spielen. Denn die Stammspieler haben eine ganze Saison in den Knochen, haben keine Power mehr, haben vor allem keine Motivation mehr. Wieso sollten sie sich noch verausgaben? So liegen schlechte Leistungen dann tatsächlich auch mal an des TV-Experten liebstem Kind: An der Einstellung.

Wenn Kimmich von der ersten Minute lamentiert, Hernández eklatante Fehlpässe spielt, Pavard Sprintduelle gegen Kohr verliert, es keinerlei Sicherheitsnetz gibt, wenn Davies auf Höhe der Mittellinie den Ball verliert, dann liegt das auch am fehlenden Hunger.
Jugendspieler hätten den nicht. Doch durften die heute nicht spielen.

3. Die Fragezeichen werden nicht kleiner

Aus dem Pokal desolat raus, die Champions League mit einem schrecklichen Hinspiel weggeworfen, dazu Packungen gegen Bochum und jetzt Mainz. Die Fragezeichen werden nicht kleiner.

Wo ist des Fußballlehrers Nagelsmanns Spielsystem? Wieso gibt es kein Pressing mehr? Noch dazu ohne Müller. Dinge wie den Spielaufbau kann man trainieren, wieso funktioniert er überhaupt nicht mehr? Wieso hat man den Eindruck, dass der FC Bayern mit zunehmender Zeit diese Saison schlechter, denn besser wird? Stimmt alles zwischen Mannschaft und Trainer? Heute sah es überhaupt nicht danach aus.

Dieses Spiel wird man als Ausrutscher nach erfolgter Meisterschaft abstempeln, so wie man ähnliche Niederlagen schon in vergangenen Saisons abkanzelte. Doch diese Niederlage war kein Ausrutscher, es war eine logische Fortführung der Probleme der letzten Wochen.

Die Bayern sehnen sich nach der Sommerpause, desolate Leistungen wie heute gegen Mainz werden den Druck aber aufrecht erhalten. Nächste Saison wird es von Beginn an Druck geben spielerisch zu überzeugen. Andernfalls werden die hier gestellten Fragen noch mehr in den Fokus rücken und irgendwann tritt man bei einem Verein wie dem FC Bayern auch ganz automatisch eine Diskussionsspirale los, die ganz schnell, ganz hässlich werden kann.

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