Kurt Landauer Stiftung: „Wir wollen sein Erbe weiterführen“
Die Kurt Landauer Stiftung existiert seit 2017 und hat sich auf die Fahne geschrieben, an die Werte, die Kurt Landauer gelebt hat, zu erinnern und diese vorzuleben. Dazu organisiert die Stiftung diverse Aktionen und unterhält eine sehr empfehlenswerte Facebook-Seite mit allerlei Historie rund um den FC Bayern.
Die Kurt Landauer Stiftung kann man am besten durch eine kleine Spende unterstützen. Dies geht sowohl via Banküberweisung als auch via PayPal. Denkt gerne nach der Lektüre dieses Interviews noch einmal darüber nach, ob ihr diesen guten Zweck nicht finanziell unterstützen wollt.
„Toleranz und Respekt gegenüber anderen waren zentrale Werte für ihn“
Wie würdet ihr die Kurt Landauer Stiftung kurz und knapp unseren Leser vorstellen, die euch und eure Arbeit vielleicht noch nicht kennen? Wie wollt ihr wahrgenommen werden? Welche Themen stehen im Fokus?
Servus, vielen Dank, dass wir uns hier kurz vorstellen dürfen. Wir nehmen mal an, auf einem FC-Bayern-Blog dürfte der Name unseres mehrfachen und langjährigen Präsidenten Kurt Landauer den Lesern ein Begriff sein. Er steht für uns wie wenig andere für eine tiefe Verwurzelung in München und beim FC Bayern, die er mit einer leidenschaftlichen Weltoffenheit paarte. Toleranz und Respekt gegenüber anderen waren zentrale Werte für ihn. Sein eigenes Leben ist ein Beispiel dafür, was passiert, wenn eine Gesellschaft diese Prinzipien über Bord wirft.
In diesem Sinne wollen wir sein Erbe weiterführen und einerseits zu einer Gesellschaft beitragen, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung stellt, andererseits auch den Vereinsmenschen und Sportskameraden Kurt Landauer ehren, in dem wir die Geschichte des FC Bayern vielen Leuten zugänglich machen und dabei auch an Personen erinnern, die nicht auf den ersten Seiten der Geschichtsbücher stehen.
Unsere Stiftung soll im schnelllebigen Fußballbusiness einen kleinen Gegenpol aufbauen und dorthin schauen, wo ein Weltverein wie der FC Bayern auch gar nicht mehr hinblicken kann. Das heißt dann nicht nur Informationsarbeit, sondern dass man sich zum Beispiel um das Grab eines verstorbenen Spielers kümmert, mal bei einem Ehemaligen zum Schneeschippen vorbeischaut oder einfach finanziell bei jemandem aus dem Umfeld des Vereins aushilft.
Mit der Stiftung plant ihr informative Veranstaltungen, veranstaltet Auktionen von Memorabilien und führt eine sehr interessante Facebook-Seite mit Schmankerln aus 120 Jahren Vereinsgeschichte. Wie groß ist denn das Team hinter der Stiftung?
Im Endeffekt wird der Großteil der Arbeit von einer Handvoll Leute gestemmt, wobei sich nochmal ungefähr die gleiche Zahl einbringt und vereinzelt bzw. kleinere Aufgaben übernimmt. Für größere Veranstaltung können wir dann glücklicherweise immer recht einfach auf weitere freiwillige Helfer zurückgreifen.
Einen sehr wichtigen Beitrag leisten aber natürlich auch unsere Spender und die Leute, die uns mit dem Kauf von Artikeln wie den Traditionstrikots oder Autogrammkarten unterstützen. Auch wenn unser Engagement für die Stiftung natürlich vollkommen ehrenamtlich passiert, braucht man für manche Projekte einfach einen finanziellen Grundstock.
Vielleicht ist es für die Leser auch ganz interessant zu erfahren, dass wir ein relativ bunter Haufen sind, der sich teilweise erst durch die Stiftung kennenlernte. Die Gemeinsamkeit bei allen ist, dass wir regelmäßig ins Stadion gehen. Manche in die Südkurve, andere in anderen Ecken des Stadions.
Das wichtigste Ziel der Stiftung ist es, so steht es auf der Website, die “selbstlose Organisation und Durchführung sozialer Projekte” in diversen Bereichen. Welche Projekte habt ihr aktuell hier am Laufen?
Hier muss man so ehrlich sein zu sagen, dass uns die Pandemie etwas ausgebremst hat. Wir hatten eine größere Idee in der Pipeline, die wir 2020 umsetzen wollten und die vielen Bayernfans die Möglichkeit gegeben hätte, sich zu beteiligen. Mal schauen, was 2021 in dieser Hinsicht bringt. Da wir für solche Aktionen auf Kooperationspartner angewiesen sind, mit denen wir uns absprechen müssen, können wir momentan noch nichts Sicheres vermelden und werden erstmal abwarten müssen, wie die Pandemielage sich entwickelt.
Zuletzt haben wir die Weihnachtsspende der Südkurve als Stiftung organisatorisch unterstützt. Mit über 25.000 Euro ist eine sehr beachtliche Summe für Münchner Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen zusammengekommen.
Eine wirklich schöne Erinnerung haben wir an die Zeit kurz bevor Corona zum alles bestimmenden Thema wurde. Wir durften beim FC Bayern aushelfen. Der Bananenflanker e.V. in Regensburg, der eine Fußballliga für Kinder mit Beeinträchtigungen organisiert, hat uns angefragt gefragt, ob wir nicht mit einer Kurt-Elf als inoffizieller Vertreter des FC Bayern bei ihrem Hallen-Benefizturnier mitspielen können. Schnell war eine Mannschaft aus ehemaligen Bayernspielern zusammengetrommelt, in der sich zumindest auch ein ehemaliger Nationalspieler und mehrere Deutsche Meister wiederfanden. In den rot-weiß gestreiften Traditionstrikots der Firma Palme mischten sie beim Budenzauber mit. So war unser Herzensverein dann adäquat repräsentiert und konnte – wenn auch unter dem Namen der Stiftung – einen Beitrag zum guten Zweck leisten. Überragend war dabei für uns der Kontakt zum Team der Bananenflanker, den anderen Mannschaften, vor allem aber auch den Kids, die eine riesige Lebenslust ausstrahlten.
Eine Frage, die natürlich kommen muss: Wie sehr beeinflusst euch die Corona-Pandemie in eurem tagtäglichen, aber auch langfristigen Handeln?
Wir hatten im Januar im Rahmen des Turniers in Regensburg auch unsere Planungssitzung für das Jahr 2020 und es verwundert sicher nicht, dass wir da auch einige Ideen festgehalten haben, die wir aufgrund der Pandemie nicht umsetzen konnten. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und ein Teil unserer Aktivitäten wie unsere Ausflüge in die Vereinsgeschichte ist ja auch weitgehend unabhängig von Kontaktbeschränkungen und anderen Maßnahmen.
„Unsere Stiftung soll im schnelllebigen Fußballbusiness einen kleinen Gegenpol aufbauen und dorthin schauen, wo ein Weltverein wie der FC Bayern auch gar nicht mehr hinblicken kann.“Über die Ziele der Kurt Landauer Stiftung
Eine Sache, die uns in der Coronazeit sehr bewegt hat, aber nicht unmittelbar mit der Krankheit zusammenhing, möchten wir im Rahmen dieser Frage kurz ansprechen. Im Juni mussten wir einen sehr schmerzlichen Verlust hinnehmen. Mit Uri Siegel haben wir unseren langjährigen Freund, Ratgeber und Ehrenpräsidenten der Stiftung verloren. Wir werden Uri Siegel mit seinem großen Herzen immer in dankbarer Erinnerung behalten, uns stets gerne an die gemeinsame Zeit erinnern. Unser Versprechen gilt, auch in Zukunft die Erinnerung an den Onkel Kurt – aber genauso auch an Uri Siegel und sein Lebenswerk – hochzuhalten.
„Der Mann nahm die Sache ernst“
Warum eignet sich gerade der ehemalige Präsident Kurt Landauer besonders gut als Namenspate für die Stiftung und eure Ziele?
Ein wenig haben wir das ja schon bei der ersten Antwort angeschnitten, aber vielleicht ist es doch ganz gut, da doch nochmal ein bisschen auszuholen und uns in Erinnerung zu rufen, wofür Kurt Landauer stand. Die Leser sind hoffentlich so kulant uns die ein oder andere Redundanz zu verzeihen. Manche Dinge sind uns aber auch so wichtig, dass wir sie gerne zweimal sagen.
Kurt Landauer war in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts mehrfach Präsident des FC Bayern. Dabei hatte er unter anderem in den 1920er und frühen 1930er Jahren sehr großen Anteil daran, dass unser Verein sich zu einer der Topadressen im deutschen Fußball entwickelte und 1932 erstmals die deutsche Meisterschaft gewinnen konnte. Als jüdischer Bayer musste Landauer nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten vom Präsidentenamt zurücktreten beziehungsweise tat dies freiwillig, um Schaden vom Verein abzuwenden. Er wurde am Tag nach den Novemberpogromen im KZ Dachau inhaftiert, als Frontkämpfer im ersten Weltkrieg glücklicherweise nach 4 Wochen aber wieder entlassen, was ihm Gelegenheit gab einige Monate später in die Schweiz zu fliehen. Dabei ließ er einen Großteil seiner Familie zurück, die in den folgenden Jahren fast komplett von ihren Landsleuten ermordet wurde.
Zwei Jahre nach der deutschen Kapitulation kehrte Landauer ins Land der Mörder und die Hauptstadt der Bewegung zurück und machte da weiter, wo er 1933 aufgehört hatte. Der FC Bayern war sein Leben, nichts und niemand konnte das ändern. Er wurde auch umgehend wieder zum Präsidenten gewählt. Gegenüber der amerikanischen Besatzungsverwaltung konnte Landauer unvorbelastet auftreten und schaffte es bald für seine Bayern einen eigenen Trainingsplatz zu organisieren. Die Adresse dürfte jedem Bayernfan bekannt sein. Das neue Trainingsgelände lag an der Säbener Straße.
Landauer war jemand, der nicht viel für Deutschtümelei übrig hatte. Auch fußballerisch hob er den Blick über den Tellerrand hinaus und vereinbarte viele Freundschaftsspiele gegen internationale Mannschaften. Und das zu einer Zeit, in der dies eigentlich verpönt war. Wir wissen darüber hinaus unter anderem aus seiner Zeit im KZ, dass er sich auch zum eigenen Nachteil für andere einsetzte. So nahm er einige Male Prügel der Wärter auf sich, die eigentlich schwächere Häftlinge getroffen hätten.
Seine Vernarrtheit in den FC Bayern und die tiefe Verwurzelung in München und der Region haben wir ja schon erwähnt. Arbeit sah er stets als Mittel zum Zweck, um mit minimalem Aufwand genug Geld im Rücken zu haben, damit er sich ausgiebig seinem Ehrenamt im Verein widmen konnte. Auch wenn er selbst durchaus ein Dickkopf und streitbarer Typ war, waren ihm ein harmonisches Vereinsleben, ein Austausch unter den Mitgliedern verschiedener Generationen, aber auch die Traditionspflege sehr wichtig. Die Feier zum 25-jährigen Jubiläum im Deutschen Theater setzte damals Maßstäbe. Die zugehörige Chronik ist heute noch eine wichtige Quelle für historisch interessierte Bayernfans und natürlich auch für Leute, die sich beruflich mit diesem Thema beschäftigen. Zum 50-jährigen setzte er dann im Vorfeld gleich 17 Einzelkommissionen ein. Der Mann nahm die Sache ernst.
Auf uns übertragen bedeutet dies alles, dass wir unsere Leidenschaft für den FCB ausleben, indem wir in die Geschichte des Vereins eintauchen und Interessantes und Kurioses mit der großen Bayernfanlandschaft teilen. Das alles immer vor dem Hintergrund, dass das, was Kurt Landauer widerfahren ist, nie wieder passieren darf. Ein weltoffener FC Bayern und eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus und anderen Diskriminierungsformen ist für uns erstrebenswert. Wenn wir dann mit unserer Arbeit auch noch dazu beitragen können, schwächeren in der Gesellschaft eine Freude zu machen und ein wenig unter die Arme zu greifen, dann gibt das unseren Tätigkeiten aus unserer Sicht einen zusätzlichen Sinn, auch wenn wir uns bewusst sind, dass wir damit selten grundlegende Strukturen, die zu diesen Ungerechtigkeiten führen, beeinflussen können.
Gehen wir zurück zu euren Anfängen: Wie können sich unsere Leser die Gründung der Stiftung und die Planung der ersten Aktionen vorstellen? Eine Gruppe geschichtsinteressierter Südkurven-Gänger, die sich besonders engagieren wollten?
Wir glauben es ist kein Geheimnis, dass unter anderem die Ultragruppe Schickeria bei der Erinnerungsarbeit um Kurt Landauer seit Jahren einen der großen Aktivposten dargestellt hat. Dafür wurde ihr 2014 der Julius-Hirsch-Preis verliehen. Mit der Auszeichnung ging auch ein Preisgeld von 10.000 Euro einher. Und da gingen die Probleme los… denn die Schickeria hatte ganz einfach kein Konto, auf welches der DFB das Geld hätte überweisen können. Der Gegenvorschlag, die Kohle einfach bar in Frankfurt abzuholen, stieß dort aber auch nicht auf Gegenliebe, obwohl man sich ja vorstellen könnte, dass dort der ein oder andere schwarze Koffer bereitsteht.
„Das alles immer vor dem Hintergrund, dass das was Kurt Landauer widerfahren ist, nie wieder passieren darf. Ein weltoffener FC Bayern und eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus und anderen Diskriminierungsformen ist für uns erstrebenswert.“Über Erinnerungskultur
Mit Hilfe des Fanprojekts konnte besagte Frage dann zwar irgendwann auch geklärt werden, aber diese Anekdote zeigt auch recht deutlich auf, dass zwar jede Menge Engagement im Bereich Erinnerungsarbeit vorhanden war, es aber an wirklichen Strukturen fehlte. Und so wurde recht schnell klar, dass das Geld nicht für eine weitere Choreographie oder eine andere Einmalaktion verwendet werden sollte, sondern um eben jene Strukturen mit Langzeitperspektive zu schaffen.
Da viele Facetten von Erinnerungsarbeit, wie wir sie uns vorgestellt haben und letztendlich umsetzen, nur bedingt zum Kerngeschäft einer Ultragruppe gehören, sollten diese Strukturen außerhalb der Schickeria aufgebaut werden. Schon allein, um auch weiteren Bayernfans eine Möglichkeit zur Beteiligung zu geben. Auf der anderen Seite war es der Schickeria auch wichtig, weiter Erinnerungsarbeit zu leisten. Man kann sagen, das Stadion ist in dieser Hinsicht das Betätigungsfeld der Schickeria, sprich ganz klassisch Choreographien, Spruchbänder und Flyer, außerhalb davon ist eher der Kernbereich der KLS. Wobei hierbei die Wege aufgrund personeller Überschneidungen auch kurz sind.
Nach einigen Irrläufen durch das deutsche Stiftungs- und Vereinsrecht wurde dann im Dezember 2017 unser Stiftungsverein Kurt Landauer Stiftung e.V. vorgestellt.
Parallel wurden während dieses Prozesses wie gesagt schon die Fühler nach interessierten Fans ausgestreckt und die ersten Projekte geplant. Den Namensgeber der Stiftung hatten wir dabei besonders im Fokus und mit einer Landauer-Statue wollten wir ihm nicht nur das sprichwörtliche Denkmal setzen. Dafür haben wir dann schon vor der offiziellen Gründung Informationen eingeholt, Künstler kontaktiert und sind an den Verein herangetreten.
„Uns ist prinzipiell das Thema Unabhängigkeit sehr wichtig“
Wie lief eure Zusammenarbeit mit dem Verein: Wurdet ihr dort direkt ernst genommen und gab es ein aufrichtiges Interesse an der Aufarbeitung und Aufbereitung der eigenen Historie? Wer waren hier die ersten Ansprechpartner in der frühen Phase? Wie hat es sich über die Jahre entwickelt?
Uns ist prinzipiell das Thema Unabhängigkeit sehr wichtig. Man kann festhalten, dass der FC Bayern dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen ist und unsere Anfragen meist wohlwollend bearbeitet werden. Auch wenn wir nicht immer alles bekommen, was wir gerne wollen, gibt es nur wenig Grund zur Klage. Mehrfach durften wir zum Beispiel alte Vereinswappen für Traditionstrikots nutzen, die wir beim damaligen Originalhersteller Palme von Hand nähen ließen und dann verkauften, um unsere Arbeit zu finanzieren. Auch bei anderen Sachen wie eben der Statue für Kurt Landauer war man sehr kooperativ.
„Wir denken, man muss schon aufpassen, dass man am Ende nicht nur oberflächliche PR-Kampagnen führt, sondern die postulierten Werte möglichst vollumfänglich lebt. Als FC Bayern haben wir gesellschaftliche Verantwortung und eine Vorbildfunktion.“Über den FC Bayern
Wir stehen von Anfang an in regelmäßigem Kontakt mit den Mitarbeitern des Museums und das läuft auf einer sehr kollegialen Ebene ab. Ansonsten haben wir je nach Anliegen verschiedenen Ansprechpartner im Verein. Oft geben wir unsere Anfragen über die Fanbetreuung weiter. Das funktioniert alles in allem eigentlich recht gut.
Welche Forderungen habt ihr konkret an den Verein, so wie er sich im Jahr 2021 positioniert hat? Wie seht ihr eure Rolle, um diese Änderungen anzustoßen?
Wir wollen an der Stelle vorab mal eine Lanze brechen. Wir glauben tatsächlich, dass Offizielle beim FC Bayern und vor allem auch Kalle Rummenigge das Thema „Antirassismus und Antisemitismus“ grundsätzlich ernst nehmen und sich wirklich dagegen engagieren möchten.
Trotzdem müssen wir attestieren, dass nicht alle Dinge optimal laufen. Im sogenannten Campus-Skandal besteht sicher noch Aufklärungsbedarf und bei einem Verein mit der Strahlkraft und gesellschaftlichen Bedeutung des FC Bayern wäre es sinnvoll, wenn das sehr transparent und zumindest unter teilweiser Einbeziehung der Öffentlichkeit geschehen würde.
Auch Kalle Rummenigge selbst hat letztens im Doppelpass mit seinen Äußerungen zur Spuckerei von Thuram gegen Posch eine sehr unglückliche Figur abgegeben.
Wir denken, man muss schon aufpassen, dass man am Ende nicht nur (sicher ebenfalls notwendige) oberflächliche PR-Kampagnen führt. Am Ende des Tages ist eben wichtig die postulierten Werte möglichst vollumfänglich zu leben. Als FC Bayern haben wir gesellschaftliche Verantwortung und eine Vorbildfunktion. Geradliniges und integres Handeln sind da einfach eine Notwendigkeit.
Deshalb sollte man da auch das Hinzuziehen externer Expertise nicht ausschließen. Wir sind alle nicht ohne Fehler und haben Denkstrukturen, die dazu führen, dass wir möglicherweise unbewusst und ungewollt andere diskriminieren. Ohne regelmäßige (Selbst-)Sensibilisierung und dem Hinterfragen des eigenen Verhaltens (ob als Einzelperson oder Verein) wird es nicht gehen. Das ist anstrengend, aber wenn man ernsthaft versucht, dem eigenen Anspruch gerecht zu werden, führt da kein Weg drum herum.
Wie wichtig ist euch beispielsweise das Thema des Sponsorings aus Katar?
Leicht ist es nicht und da sind wir dann auch irgendwie beim Katarthema. Wir denken, es ist berechtigt zu sagen, die meisten Bayernfans würden sich einen anderen Sponsor als Katar wünschen. Da sind wir keine Ausnahme. Katar ist durch die Fußball-WM ins Scheinwerferlicht geraten. Die systematische Ausbeutung von Gastarbeitern, staatlich gestützt durch die Kafala-Regeln, kann niemand moralisch gut finden. Uns fehlt der Glaube, dass wir als FC Bayern da durch einen Dialog im Hintergrund einen substanziellen Beitrag zu Änderungen leisten können. Human Rights Watch hatte Bayern auf Anfrage im Vorfeld darauf hingewiesen, im Falle einer Kooperation die Missstände in Katar möglichst offen anzusprechen. Das sehen wir jetzt nicht. Es wäre deshalb besser keinen Beitrag zum Sportswashing Katars zu leisten.
Es gibt hier ja auch schon signifikanten Druck, sowohl von der Öffentlichkeit als auch der Fanbasis. Gleichzeitig handeln die Verantwortlichen in der momentanen Logik des Fußballgeschäfts unter gewissen ökonomischen Zwängen und sportlichen Erfolgserwartungen. Ohne einen moralisch integreren Ersatzpartner an der Hand, ist es für sie also nicht einfach sich aus der Kooperation zurückzuziehen. Finden wir nicht geil, sind da aber nüchtern realistisch. In dieser Gemengelage wissen wir momentan nicht wie wir einen sinnvollen Beitrag leisten können, um diese Situation in die gewünschte Richtung aufzulösen. Wir glauben, dass wir mit unseren begrenzten Kapazitäten in anderen Bereichen mehr bewegen können und legen unser Hauptaugenmerk deshalb dorthin.
Wie werdet ihr und eure Arbeit von anderen Fangruppierungen beim FC Bayern, aber auch von anderen Bundesligisten wahrgenommen?
Uns erreicht eigentlich viel positives Feedback. Wir werden immer mal wieder für Infoveranstaltungen zu Fanclubs eingeladen oder wir machen Stadtführungen zur Vereinsgeschichte in München. Uns erreicht auch ab und an mal eine Spende, für die wir uns natürlich sehr bedanken.
Bei gesellschaftlich und historisch interessierten Fans anderer Vereine haben wir uns sicherlich auch schon einen gewissen Namen gemacht. All zu viel Austausch gibt es da noch nicht, aber Interviewanfragen oder Rückmeldungen zu historischen Anekdoten, die neben dem FC Bayern auch ihren Verein betreffen, kommen schon mal bei uns an.
Wie können unsere Leser euch als Stiftung und auch eure Sache unterstützen?
Wir haben ja bereits angesprochen, dass gewisse Dinge einfach Geld kosten. Wenn wir zum Beispiel mit Geflüchteten ein Projekt zur Geschichte des FC Bayern inklusive KZ-Besuch machen will, dann brauche ich dafür ein paar Mittel. Da kann man schauen, wo man die besorgt, aber ehrlich gesagt, geben es unsere Strukturen nicht her, dass wir großartig Förderanträge stellen. Da ist es einfacher, wenn man das Geld schon hat.
Wenn wir zur Geschichte des FC Bayern recherchieren oder Rechte an Bildern zur Veröffentlichung kaufen müssen entstehen auch Ausgaben. Gleiches gilt in deutlich höherem Maße für Aufwendungen für die Grabpflege von ansonsten vernachlässigten Gräbern verstorbener Bayern-Mitglieder.
„Wir denken, es ist berechtigt zu sagen, die meisten Bayernfans würden sich einen anderen Sponsor als Katar wünschen. Da sind wir keine Ausnahme. […] In dieser Gemengelage wissen wir momentan nicht wie wir einen sinnvollen Beitrag leisten können, um diese Situation in die gewünschte Richtung aufzulösen.Über Katar
Dazu kommen dann größere, kostenintensive Einzelprojekte wie die Statue an der Säbener Straße und natürliche diverse Spendenausgaben für soziale Zwecke.
Spenden helfen uns also enorm. Insbesondere wenn wir langfristig damit planen können. Dafür gibt es die „Freunde der Kurt Landauer Stiftung“. Das sind Leute, die uns mit einem Dauerauftrag unterstützen und uns so ein bisschen Planungssicherheit geben. Aber auch Einmalspenden von Einzelpersonen und Fanclubs sind natürlich gern gesehen.
Wie schon erwähnt, stellen wir auch selbst Artikel her, wobei gerade unsere Retrotrikots, die vom Design übers Material ihren Vorbildern zum Verwechseln ähnlich sind, bei unseren Unterstützern besonders gut ankommen. Außerdem vertreiben wir immer mal wieder Gimmicks wie Gläser mit historischem Bayernbezug. Für alle Sammler und die die es werden wollen ist vielleicht unsere Autogrammkartenserie interessant. Hierfür unterstützen uns regelmäßig ehemalige FCB-Akteure mit unterschiedlichem Bekanntheitsgrad. Wer also hier mal bei einem der Angebote zuschlägt, trägt auch seinen Teil dazu bei, dass wir unsere Arbeit fortsetzen können.
Vielen Dank für das Gespräch!