Hamburger SV – FC Bayern München 0:0

Christopher Trenner 20.09.2014

Falls ihr es verpasst habt:

Der FC Bayern änderte die Aufstellung im Vergleich zum Last-Minute Champions League Sieg gegen Manchester City „eigentlich“ auf fünf Positionen. Für Benatia rückte Dante in die Innenverteidigung, Højbjerg feierte sein Startelfdebüt in dieser Bundesligasaison und ersetzte in der Zentrale Alonso. Des weiteren bekam Götze eine Pause. Für ihn rückte Shaqiri in die Startelf und in der Spitze agierte Pizarro für Lewandowski. Geplant war auch ein Einsatz von Arjen Robben, der sich jedoch eine Muskelverletzung beim Aufwärmen zuzog. Für ihn begann Müller, der ursprünglich ebenfalls geschont werden sollte. Somit gab es nur vier Änderungen.
Der FC Bayern begann zunächst in einem System mit Viererkette, wobei die Außenverteidiger Rafinha und Bernat wie gewohnt stark aufrückten. Am ehesten sah man ein 4-2-3-1 bzw. 4-3-3 System. Lahm zog sich infolgedessen stark zurück und spielte teilweise sogar hinter den beiden Innenverteidigern, da der HSV früh attackierte und vor allem mit Holtby, Arslan und Müller immer wieder versuchte, stark auf die Innenverteidiger zu pressen. Vor allem Dante hatte damit in den ersten 20 Minuten seine Probleme. Durch das frühe stören konnte der FC Bayern sich kaum ins letzte Angriffsdrittel kombinieren, die offensive Reihe mit Müller und Shaqiri war nahezu abgemeldet – und Pizarro ließ sich immer weit ins Mittelfeld fallen, um überhaupt ins Spiel eingebunden zu werden.

Der HSV verknappte die Räume vor allem in der Zentrale und stellte durch ein 4-4-2 defensiv das Mittelfeld zu. Konnte der FC Bayern sich über eine gelungene Kombination etwas Freiraum verschaffen, folgte meist ein taktisches Foulspiel. Der HSV hatte bereits in den ersten 40 Minuten über 12 Foulspiele (BL Durchschnitt sind 15 Fouls pro Team in einem ganzen Spiel), weshalb auf beiden Seiten die Torchancen Mangelware blieben. Der HSV verzeichnete keinen Torschuss, der FC Bayern kam wohlwollend ausgelegt auf drei Abschlüsse. Eine fatale Bilanz.
In der zweiten Halbzeit reagierte Pep Guardiola früh und brachte in der 55. Minute Alonso für Højbjerg. Nur 30 Sekunden später hatte Lahm nach einer Flanke von Shaqiri die Chance auf das 1:0, vergab jedoch völlig freistehend aus 12 Metern. Der FC Bayern drückte im Anschluss daran mehr aufs Tempo – und brachte Götze für Rafinha und Lewandowski für Shaqiri. Es folgten einige Halbchancen, doch richtig zwingend wurde es erst kurz vor Schluss, als Müller einen Stellungsfehler von Djourou ausnutze, der Abwehrspieler des HSV bekam jedoch im Fallen noch ein Bein dazwischen. Die Folge: Das erste 0:0 in der Ära Pep – trotz 4:15 Torschüssen und 74% Ballbesitz für den FC Bayern.

3 Dinge, die auffielen:

1. Süßer Vogel Jugend, der Abend wirft längere Schatten: Die Formkrise von Højbjerg

Pierre Emile Højbjerg ist wohl einer der talentiertesten Nachwuchsspieler beim FC Bayern. Er ist das Versprechen für die Zukunft und einer von Guardiolas Projekten. Für diese Saison hatten der Verein und vor allem der Spieler seinen Durchbruch geplant – umso überraschender war es, dass Højbjerg in der Vorbereitung zunächst von Gaudino in der zentralen Rolle verdrängt wurde, zumal er in der Nationalmannschaft durchaus zu überzeugen wusste. Højbjerg kam in den Testspielen vermehrt auf der rechten Position im Mittelfeld bzw. in der Fünferkette zum Einsatz. Trotz prominenter Ausfälle von Schweinsteiger, Thiago und Martinez gelang es dem Dänen nicht, sich einen Stammplatz im Mittelfeld zu erkämpfen. Umso wichtiger war für ihn der Startelfeinsatz gegen den Hamburger SV, die Chance sich zu zeigen.
Gelinde gesagt: Ziel verfehlt. Die Rolle auf der 8er Position konnte er nicht nachhaltig ausführen, die Abstände zwischen dem zurückfallenden Lahm und ihm waren meist zu groß, aber auch das Zusammenspiel mit den anderen Mittelfeldakteuren wollte nie so richtig fruchten. Hinzu kamen viele unnötige Abspielfehler oder Ungenauigkeiten, die das Aufbauspiel spürbar ausbremsten. Am Ende der ersten Halbzeit standen 29% gewonnene Zweikämpfe und nur 32 Ballkontakte. Hinzu kamen zwei grobe individuelle Fehler, die die gefährlichsten Angriffe des HSV einleiteten. Als er auch in der zweiten Halbzeit einen Kopfball unmotiviert zum Gegenspieler bugsierte und die größte Hamburger Chance des Spiels durch Müller einleitete sowie wenig später ein zwei-Meter Zuspiel auf Bernat beinahe verhungern ließ, zog Pep Guardiola die Reißleine und wechselte den jungen Dänen aus. Ein verlorenes Spiel für Højbjerg, aber sicherlich kein Beinbruch. Auch er muss lernen mit Formschwankungen umzugehen und darf sich vor seinen wenigen Einsätzen auch nicht zu viel vornehmen.

2.Gescheiterte Rotation

Pep Guardiola reagierte auf die englische Woche und das schwere Champions-League-Spiel und änderte auf fünf bzw. schlussendlich auf vier Positionen. Ein Einschnitt, der wohl für die aktuelle Form noch zu viel war. Zwar hatte der FC Bayern fast 75% Ballbesitz, aber die Passquote lag „nur“ bei 80%. Oftmals fehlte die Genauigkeit in den Zuspielen – oder die Abstimmung untereinander. Sinnbildlich eine Szene aus der ersten Halbzeit: Der FC Bayern kombinierte sich fast zum ersten Mal in den Strafraum, doch Pizarro legte den Ball in den Rücken des durchstartenden Bernats. Somit war der Angriff verpufft. Gerade in den ersten 30 Minuten stimmten viele Abstände untereinander nicht. Insgesamt fehlte die Genauigkeit. Da es der HSV allerdings nicht besser machte, sah der Zuschauer ein phasenweise grauenvolles Fußballspiel.
Allgemein konnte der zweite Anzug nicht überzeugen. Højbjergs schwacher Auftritt wurde bereits oben thematisiert, aber auch Shaqiri und Pizarro konnten ihren Startelfeinsatz nicht nachhaltig rechtfertigen. Der Schweizer konnte in keiner Situation sein Dribbling und Schnelligkeit ausspielen, zwar versuchte er über viel Seitenwechsel eine Überlagerung einer Angriffseite herzustellen, doch dies gelang vor allem in der ersten Halbzeit zu selten. Am Ende standen magere 40 Ballkontakte und 42% gewonnene Zweikämpfe. Pizarro litt unter der Ideenarmut des Bayernspiels. Er wich zwar immer wieder auf die Seiten aus bzw. versuchte als Anspielstation im Mittelfeld zu fungieren. Doch so recht fand der Peruaner keine Bindung. Zwar hatte er noch zwei Torabschlüsse, doch diese strahlten keinerlei Gefahr aus. Folglich hakte das Bayernspiel an zu vielen Ecken und wurde erst mit der Einwechslung von Alonso, Götze und Lewandowski besser und zielgerichteter. Zwar kam mehr Struktur ins Spiel und es gab insgesamt mehr Abschlüsse, doch reichte die Zeit nicht mehr, um den Siegtreffer zu markieren.

3. Die Rolle von David Alaba

David Alaba äußerte sich vor langer Zeit mal in einem Interview, dass er gerne im Mittelfeld spielen würde. Seitdem hält sich immer wieder hartnäckig die Geschichte von Alabas Lieblingsposition in der Zentrale, wie er sich auch in der österreichischen Nationalmannschaft begleitet. Bisher erschließt sich die Rolle von Alaba in einem Dreiermittelfeld allerdings noch nicht. Zu oft trifft er noch die falschen Entscheidungen, verschleppt in manchen Situationen das Spiel – oder befindet sich unglücklich im Deckungsschatten und kann dann nicht als Anspielstation fürs Aufbauspiel fungieren. Zu selten kann er in der Zentrale das Spiel beschleunigen – auch sein Aufrücken in die Spitze, wie es vor allem Schweinsteiger auszeichnet, wirkt oft unpassend und wenig gefährlich. Zwar zeigte sich das Kombinationsspiel mit Bernat verbessert, ohne aber das eine wirkliche Torchance über die linke Seite eingeleitet wurde. Weiterhin gelang es Alaba nicht ein Mal im gesamten Spiel die Angriffseite so zu verlagern, dass Lücken im Deckungsverbund der Hamburger entstanden. Ein zusätzliches Problem wird offenkundig beim Blick in die Zahlen: Alaba verliert in der Zentrale zu viele Zweikämpfe. Mit nur 25% gewonnener Zweikämpfen – und damit zwei von drei Mittelfeldakteuren deutlich unter 50%, kann keine Dominanz im Spielaufbau erzeugt werden.

Es wird spannend sein, zu sehen, ob Alaba auch langfristig in der Mitte seine Chancen bekommt. Aktuell profitiert der Österreicher aber mehr von den vielen verletzten und der guten Form von Bernat. Nur diese beiden Kombinationen erlauben es Pep Guardiola, weiterhin auf David Alaba im Mittelfeld zu setzen. Ein Umstand, der sich aber in den nächsten Wochen ändern könnte. Spätestens, wenn Thiago sich Einsatzbereit meldet.

Hamburger SV – FC Bayern 0:0 (0:0)
Hamburger SV Drobny – Diekmeier, Westermann, Djourou, Ostrzolek – Behrami, Arslan (67. Jiracek) – N. Müller (87. Steinmann), Holtby, Stieber – Lasogga (76. Green))
Bank Adler, Cleber, Nafiu, Rudnevs
FC Bayern Neuer – Rafinha (61. Götze), Boateng, Dante, Bernat – Lahm – Hojbjerg (53. Xabi Alonso), Alaba – T. Müller, Pizarro, Shaqiri (66. Lewandowski)
Bank Reina, Benatia, Rode
Tore Fehlanzeige!
Karten Arslan, N. Müller, Behrami / Neuer
Schiedsrichter Christian Dingert (Lebecksmühle)
Zuschauer 57.000 (ausverkauft)