Gustavo, Weiser, Can – die drei Fragezeichen
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Luiz Gustavo: Der Brasilianer, der am 23. Juli 26 Jahre alt wird, ist ein absoluter Härtefall. Gustavo kam im Winter 2010 zum FC Bayern und gehörte bis zum Ende der Saison 2012 zum Stammpersonal der Münchener. Unter Louis van Gaal häufig in der Viererkette, im ersten Jahr unter Jupp Heynckes dann auf seiner besten Position im zentralen Mittelfeld neben Bastian Schweinsteiger. Die Verpflichtung Luiz Gustavos war 2011 die Antwort der Münchener auf eine augescheinliche Dysbalance in der Mittelfeldzentrale, in der über Jahre ein Balleroberer fehlte. Gustavo spielte eine herausragende Saison 2011/2012 und machte in den Champions League Halbfinals 2012 gegen Real Madrid (siehe Video oben) sein Meisterstück. Das, was er in diesen beiden Halbfinals im zentralen Mittelfeld bot, war der Vorgeschmack darauf was Javi Matínez in der abgelaufenen Saison 2012/2013 geradezu in Perfektion vollendete. Weil Gustavo sich im Halbfinal-Rückspiel in Madrid eine Gelbsperre einhandelte, fehlte er im Finale dahoam und wirbelte so die angestammte Startaufstellung der Münchener durcheinander. Wer weiß wie ein Finale gegen den FC Chelsea mit dem damals in Topform agierenden Brasilianer ausgegangen wäre.
Dass Luiz Gustavo in diesem Sommer im Confed Cup zur Stammelf der brasilianischen Nationalmannschaft gehörte, war der Lohn für eine Saison 2012/2013 mit zwar weniger, aber dafür wiederum auffällig guten Einsätzen wie im Champions League-Viertelfinale gegen Juventus Turin und insgesamt 4 Toren in der Bundesliga. Eigentlich, so dachte man vor der Saison, ist der FC Bayern mit Martínez und Gustavo auf der defensiven 6 neben Bastian Schweinsteiger sehr gut aufgehoben.
Nach knapp 4 Wochen Vorbereitung unter Pep Guardiola steht diese Aussage jedoch in Frage. Sollte Guardiola an seiner neuen 4-1-2-3-Formation festhalten, gibt es keinen Platz mehr für den Brasilianer. Guardiola setzt auf der alleinigen 6 offenbar auf einen Spielgestalter. Einen Quarterback, der das Spiel von hinten lenkt und den Rhythmus bestimmt und keinen klassischen Abräumer. Der FC Bayern hat mit Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos, Thiago und Hojbjerg vier Spieler im Kader, die bei diesen Anforderungen an einen Sechser deutlich vor Luiz Gustavo stehen sollten. Selbst Javi Martinez, so heißt es immer wieder aus dem Umfeld von Guardiola, soll für diese Umstellung aus dem zentralen Mittelfeld in die Viererkette zurückgezogen werden. Klar kann auch Luiz Gustavo auf dieser Position spielen – das hat er unter van Gaal bewiesen, doch auch in der Abwehrzentrale wäre er nur zweite oder dritte Wahl. Der ex-Hoffenheimer müsste sich so mit Gelegenheitseinsätzen zufrieden geben. Eine Rolle, die ihm nicht im Ansatz gerecht wird.
Eine Trennung scheint zu diesem Zeitpunkt logisch – auch wenn sie jemanden wie mich, der seine aufopferungsvolle Art Fußball zu spielen, seine Antizipationsfähigkeiten und seine Eleganz am Ball sehr zu schätzen weiß, schmerzen würde. Mit dem VfL Wolfsburg steht ein ambitionierter Bundesligist bereits auf der Matte. Es würde mich auch deshalb sehr überraschen, wenn Luiz Gustavo in knapp zwei Wochen zum Saisonstart noch immer das Trikot des FC Bayern trägt.
Emre Can: Deutlich anders ist die Ausgangslage bei Emre Can (19). Wenn es für einen gestanden Nationalspieler wie Luiz Gustavo schon eng wird, dann wird es für ein Talent wie Can auf der gleichen Position noch deutlich schwieriger. Can gehört mit Sicherheit zu den größten deutschen Talenten seines Jahrgangs. Er lebt von seiner Physis und Zweikampfstärke – auch deshalb habe ich immer wieder dafür plädiert, dass sich Can konsequent auf die Rolle des Innenverteidigers konzentrieren sollte, wenn er bei Bayern eine Chance haben will. Can ist wenn man so will auch ein Opfer der gestiegenen Ansprüche beim Rekordmeister. Beim FC Bayern der Saison 2010/2011 bei dem Andreas Ottl und Daniel Pranjic auf 15 und mehr Bundesliga-Einsätze kamen, hätte ein Talent wie Can sicherlich eine realistische Perspektive. Beim FC Bayern des Jahres 2013, der mindestens 18 Weltklasse-Spieler in seinen Reihen hat, wird das dagegen umso schwerer. Can’s Bereitschaft sich mit einem weiteren Jahr bei den Amateuren zu empfehlen, scheint gering. Bleiben die Optionen Ausleihe und Verkauf. Can hat unbestritten das Potenzial bei einem Bundesligisten oder türkischen Champions League Anwärter wie Galatasaray Istanbul auf Anhieb Stammspieler zu werden. Das muss und wird sein Anspruch sein. Deshalb spricht auch hier vieles für eine Trennung.
Mitchell Weiser: Auch bei Weiser stellt sich die Frage auf welcher Position er kurz- und mittelfristig regelmäßige Einsatzminuten in München bekommen soll. Im Mittelfeld scheint der Weg versperrt. Sollte Guardiola wie zuletzt in den Testspielen häufiger mit Lahm im Mittelfeld planen, scheinen einige Einsätze auf der Rechtsverteidiger-Position realistisch. Dieses Szenario halte ich aber zum jetzigen Zeitpunkt für unwahrscheinlich. Das wichtigste für Fußballer im Alter zwischen 17 und 21 Jahren ist, dass sie regelmäßig auf hohem Niveau Fußballspiele. Nicht jeder muss wie Mario Götze mit 18 Nationalspieler sein. Hier zeigt sich wie ärgerlich es für den Verein ist, dass die Amateure des FC Bayern aktuell in der Regionalliga spielen. Der Sprung von dort zu den Profis ist sehr groß. Wenn sich Weiser zwei weitere Jahre bei den Amateuren in der 3. Liga mit gestandenen Profis aus Duisburg, Münster oder Osnabrück messen und gleichzeitig mit der ersten Mannschaft trainieren könnte, wäre das sicherlich der Idealfall. So, ist es die Frage ob Weisers Entwicklung in der Regionalliga nicht eher gebremst wird. Hinzu kommt, dass Weiser während seiner Ausleihe in Kaiserslautern zwar bewiesen hat, dass er schon jetzt gutes Zweitliga-Niveau besitzt, andererseits aber auch nicht unbedingt wie ein Leon Goretzka oder Daniel Ginczek auf sich aufmerksam machen konnte.
Guardiola und Sammer müssen entscheiden wie viel Potenzial sie in dem ex-Kölner sehen. Wenn sie ihm zutrauen durch mehr Spielpraxis in den kommenden 3-5 Jahren zum Nationalspieler zu reifen, dann lohnt sich ein weiterer Umweg über ein weiteres Ausleih-Geschäft. Andernfalls könnten auch bei ihm die Zeichen auf Trennung stehen.