Die Diskussion um Götze wird weiter gehen

Steffen Trenner 26.05.2016

Es wirkte schon ein wenig so, als sei von Mario Götze am vergangenen Wochenende eine Last abgefallen. Götze beendete die Zusammenarbeit mit seiner omnipräsenten Agentur Sportstotal und wählte vielleicht zum ersten Mal in seiner Zeit in München klare, verständliche Worte zu seiner Zukunft. „Jetzt werde ich alles dafür tun, bei der EM und beim ersten Training unter Carlo Ancelotti topfit zu sein. Ich will richtig angreifen. Bei Bayern und zuvor bei der EM“, teilte Götze über seinen Facebook-Account mit. Garniert mit einem Hashtag, der den offenbar begonnenen Neuanfang der Sportlers Mario Götze perfekt symbolisierte. #partofbayern statt #partofgötze. Götze (über den einige, die ihn kennen sagen, dass sein öffentliches Bild überhaupt nicht zu seinem eigentlichen Charakter passe) als Teil des Vereins, statt Götze als Mittelpunkt einer wahnwitzigen Werbe- und Marketingstrategie.

Götze fand den richtigen Ton in den letzten Tagen. Es ist das, was viele, die es gut mit ihm meinen, in den letzten Monaten immer wieder gefordert haben. Neustart. Konzentration auf den Fußball. Beweisen, dass er bereit ist sich gegen Widerstände durchzusetzen. Es hätte so schön sein können. Die positiven Reaktionen bei vielen Bayern-Fans sprachen Bände.

Am Donnerstag beendete Karl-Heinz Rummenigge mit Aussagen im Kicker diese kurze Harmonie. Geradezu irritiert zeigte sich der Vorstandschef von Götzes Aussagen. Dem 23-Jährigen sei mitgeteilt worden, wie der Verein denke. Die Ankündigung von Götze, dessen Vertrag bis 2017 befristet ist, sei für ihn „schwierig einzuschätzen“. Es sind merkwürdige Aussagen für einen Verein, der das Mantra von geltenden Verträgen, die einzuhalten sind, über Jahrzehnte vorlebte. „Der FC Bayern hat noch nie einen Spieler fortgejagt“, war einer der Sätze, die Uli Hoeneß nutzte, wenn er unterstreichen wollte, dass der Verein manche Dinge anders mache als die internationale Konkurrenz.

Es ist momentan nicht ganz klar, was die Aussagen zu bedeuten haben. Will der FC Bayern Götze tatsächlich loswerden oder fädelte Götze selbst eine Situation ein, in der nicht er derjenige ist, der geht, sondern derjenige, der weggeschickt wird – wie bereits die SZ vor kurzem spekulierte? Die nächsten Wochen werden es zeigen.

Neue Chancen unter Ancelotti?

Fakt ist, dass Götze mit Sicherheit in der Lage ist dem FC Bayern mit seinen Qualitäten weiterzuhelfen. Bis auf die Rückrunde der laufenden Saison hat Götze immer recht viel gespielt, wenn er fit war – in den ersten 1 1/2 Jahren sogar sehr ordentlich. In der Rückrunde 2014/2015 dafür schlecht und in der laufenden Saison verletzungsbedingt trotz sehr gutem Start eben zu wenig. In 114 Spielen schoss Götze unter Guardiola 36 Tore, die viertmeisten aller Bayernspieler in dieser Zeit. Was fehlte war eine Position, auf der Götze konstant seine Fähigkeiten (Ballsicherheit, schnelle Reaktionen, gute Lösungen in engen Räumen, enorme Genauigkeit im Abschluss) zur Geltung bringen konnte. Der linke Flügel war es nicht. Die 9 war durch Lewandowski belegt. Die freiere Rolle daneben durch Müller. Eine 10 gab es nicht. Götze machte seine besten Spieler in zentraler Rolle. Im Pokalfinale 2014 gegen Dortmund sogar als eine Mischung aus 6 und 8.

Unter Ancelotti werden die Karten ohnehin neu gemischt. Der Italiener hat in seiner langen Karriere sehr unterschiedliche Formationen gespielt. Er hat mit Pirlo oder Kaka klassische Zehner aufgeboten. Er hat auf Zehner verzichtet und mit Lampard eher verbindende Spieler in der vorderen zentralen Mittelfeld-Position eingesetzt und er hat nominelle Flügelspieler wie Angel Di Maria in Madrid in einem asymetrischen 4-3-3 auch mal zentraler eingebunden. Dass ihm auch mit Götze etwas einfallen würde, ist naheliegend.

Der Wunsch, sich in den kommenden Wochen und Monaten einfach auf den Fußballer Mario Götze konzentrieren zu können, war ein frommer. Die Aussagen von Rummenigge vom Donnerstag lassen erahnen, dass es ganz so einfach nicht wird. Niemand weiß, welches Spiel im Moment hinter den Kulissen rund um die Person Götze gespielt wird. Sollte der Nationalspieler es ernst meinen mit seinem Wunsch es in München zu packen, zeigen die Aussagen von Rummenigge wenig Gespür für die Situation und senden das falsche Signal. Sie passen auch nicht zu dem was der FC Bayern in den vergangenen Jahrzehnten vorgelebt hat. Wenn es Götze ist, der mit dem FC Bayern und der Situation spielt, sind Rummenigges Aussagen nur allzu verständlich.

Sicher scheint momentan nur eines: Die Diskussion um Mario Götze wird weitergehen.