Gegenpressing – die Debatte: Sollen die Bayern ihre U23 abmelden?

Georg Trenner 16.07.2021

Thema heute: Sollen die Bayern dem Beispiel anderer Clubs folgen und ihre U23 abmelden? – Georg vs. Alex

Rollenverteilung: Georg vertritt die Pro-Seite, spricht sich also fürs Abmelden der zweiten Mannschaft. Alex übernimmt die Gegenposition und erklärt, warum die Amateure noch nicht ausgedient haben.

Pro (Georg):  Acht Jahre lang kämpften die Amateure, offiziell FC Bayern II, um den Aufstieg in die eingleisige 3. Liga, der so wichtig für die Talentförderung schien. Nach der überraschenden wie glücklichen Corona-Meisterschaft im Sommer 2020 ging es dieses Jahr wieder nach unten, und die graue Regionalliga wartet.

Ich sage: genug davon! Tut es Frankfurt, Leverkusen und Leipzig gleich und meldet die zweite Mannschaft ab! Insbesondere Leipzig zeigt, dass man Talente auf anderem Wege besser und zielgerichteter entwickeln kann.

In den zwei Jahren in der 3. Liga konnte sich niemand über die zweite Mannschaft für die Profis empfehlen. Im Gegenteil: Jene Talente, die zuletzt in die Herrenmannschaft aufrückten, wie Davies oder Musiala, schafften dies ohne nennenswerte Spielzeit bei den Amateuren. Kein reines Bayern-Phänomen, wie man an Wirtz, Havertz und anderen Top-Talenten sieht.

Nach Alaba, der zuletzt 2010 für die Amateure auflief, hat es kein Spieler auf mindestens 20 Karriereeinsätze für beide Teams gebracht. Mit anderen Worten: Heute heißt es entweder Erste oder Zweite. Ein fließender Übergang findet nicht mehr statt.

Aus dem gleichen Grund wird die zweite Mannschaft auch kaum noch zur Spielpraxis genesener Spieler genutzt. Spielpraxis nach Verletzungspause für Kimmich in Illertissen? Undenkbar.

Es war eine schöne Zeit. Sie ist vorbei.


Contra (Alex): Es ist zwar Juli, aber warum soll die schöne Zeit vorbei sein? Das Konzept zweite Mannschaft hat Zukunft – auch beim FC Bayern, wenn er es ernst nehmen würde.

Der SC Freiburg hat gerade erst sechs, in Worten: s e c h s Spieler aus seiner zweiten Mannschaft, die gerade in die 3. Liga aufgestiegen ist, in sein Erstligateam für die neue Saison hochgezogen. 

Auch die „Zwote“ des BVB ist gerade in die dritte Liga aufgestiegen. Auch dort herrscht ein reger Austausch mit dem Erstligateam. Vielversprechende, aufstrebende Talente aus der eigenen Jugend und prospektive Erstligaspieler aus dem Ausland bekommen in der U23 des BVB regelmäßig Spielzeit, um sie an die Wettkampfbedingungen im deutschen Herrenfußball heranzuführen. Umgekehrt können bei plötzlicher Not am Mann Spieler wie Ansgar Knauff bruchlos in die erste Elf berufen werden, ohne dass sie dort leistungsmäßig negativ auffallen würden.

Die U23 des FC Bayern hingegen ist gerade abgestiegen. Wenn der FC Bayern seine zweite Mannschaft nicht (mehr) im gleichen Maße ernst nimmt und produktiv zu nutzen weiß wie die Konkurrenz, ist das kein Problem der U23, sondern des FC Bayern. 


Pro (Georg): Wenn du mit Freiburg argumentierst, dann spricht das für meine Position. Das ist nicht der Anspruch des FC Bayern. Für Freiburg mag die dritte oder vierte Liga eine sinnvolle Brücke zwischen Jugend und erster Mannschaft sein, beim FCB ist sie es nicht.

Der BVB dient höchstens als Vorbild, dass es gerade keine zweite Mannschaft braucht. Moukoko? Direkt von der Jugend zur ersten Mannschaf ohne Einsatz in der zweiten. Ebenso Bellingham und Reyna. Sancho lief immerhin dreimal fürs Regionalligateam auf. Einzig Knauff haben die Spiele bei der Zweiten vielleicht weitergebracht. Aber wäre  es für ihn schlechter gelaufen, wenn er ein Jahr in Bochum gespielt hätte?

Der FCB II ist zur reinen Folklore und zum Auffangbecken für jene Jugendspieler geworden, die es nicht nach ganz oben schaffen. Der FC Bayern kann den Aufwand, den die zweite Mannschaft personell und monetär bindet, sinnvoller anlegen.

Ein direkter Sprung zu den Profis für Musiala und eine “Loan-Army” für Fein, Früchtl und Co. ist die Zukunft. Gut umgesetzt kann jedes Talent in der individuell passenden Liga spielen. Wer dort einen Sprung macht, qualifiziert sich für den Kader von Nagelsmann. Die anderen spielen sich ins Schaufenster anderer Clubs und dem FCB noch eine rentable Ablöse ein.


Contra (Alex): Ja klar, Loan-Army oder Rückkauf-Optionen geht immer. Die Frage ist, ob man das will. Wir sprechen doch ständig vom „Bayern-Gen“. Wo besser als unter echten Wettkampfbedingungen mit echtem Aufstiegs- und Abstiegskampf im Herrenbereich kann man seinen vielversprechendsten Nachwuchsspielern das Bayern-Gen einimpfen, nämlich gewinnen, gewinnen, gewinnen? Außerdem hat nicht jeder Spieler seine körperliche und geistige Entwicklung mit 19 schon abgeschlossen. Die U23 bietet dem FC Bayern einige Jahre mehr Zeit, seine Spätentwickler zu fördern und zu formen ohne sie gleich abzugeben oder dem Purgatorium Erstligamannschaft auszusetzen. 

Bezeichnend ist auch, dass wir bisher nur über das Sportliche gesprochen haben. Aber was ist eigentlich mit den Fans? Die „Amas“ haben für den FC Bayern ein enormes Identifikationspotenzial. Wie viele Leute tun sich den Stress und die Kosten der Allianz-Arena nicht mehr an und gehen stattdessen zu den Amas an die Grünwalder? Du siehst es doch auch bei Miasanrot: Die „Amas“ ziehen! Die Leute interessieren sich für das Team, leiden mit, freuen sich mit, diskutieren über die Spieler. Passiert dasselbe mit der U19? Der U17? Nein. Die Amas sind für viele Bayern-Fans ein Fixpunkt in ihrem FC-Bayern-Fanleben und viel mehr als nur „Folklore“.

Daher ist meine Meinung eindeutig: Die U23 ist weiterhin ein absolutes Muss für den FC Bayern und er täte gut daran, sie wieder ernster zu nehmen.


So, und jetzt seid ihr dran! Wer hat euch mit seinen Argumenten mehr überzeugt, Georg oder Alex? Welche Seite hat die Debatte gewonnen? Stimmt ab in unserem Voting und lasst uns eure Meinung in den Kommentaren da.

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