Bild: Alex Grimm, Getty Images

Busquets oder Weigl? Entscheidungsjahr für Pavlović

Georg 04.09.2025



Von Herbst 2023 bis Herbst 2024 ging es für Aleksandar Pavlović steil bergauf: Durchbruch beim FC Bayern, Nationalelf-Debüt. Eine Entwicklung und eine Spielweise, die Vergleiche mit Sergio Busquets zuließen.

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Doch seit dem Herbst 2024 ist sein Lauf ins Stocken geraten. Leon Goretzka lief ihm den Rang ab. Für die aktuellen Qualifikationsspiele der Nationalmannschaft wurde Pavlović von Julian Nagelsmann nicht berücksichtigt. Neben Kimmich und Goretzka setzt der Bundestrainer im Zentrum auf Pascal Groß, Robert Andrich und Angelo Stiller.

Beim FC Bayern wirkt die Lage derzeit offen. Pavlović verpasste Teile der Vorbereitung. Auch deshalb scheint Goretzka derzeit die Nase leicht vorne zu haben. Es ist eine kritische Phase in der Karriere des 21-Jährigen. Aus dem neuen Busquets könnte der nächste Julian Weigl werden.

Auch der beeindruckte mit einem Senkrechtstart unter Tuchel, konnte aber später nicht mehr daran anknüpfen. Miasanrot ordnet die Lage von Pavlović ein.

Aleksandar Pavlović: Von Null auf Ankersechser

Pavlović kommt 2023 aus dem Nichts 

Aleksandar Pavlović galt im mit vielversprechenden Talenten reich gesegneten Bayern-Campus nie als herausragendes Toptalent. Er war: auch dabei. 

In der Regionalliga-Saison 2022/23 kam er auf sechs Einsätze für die Amateure, drei davon von Beginn an. Von der U15 bis zur U20 war er nie Juniorennationalspieler für den DFB. Bei transfermarkt.de betrug sein Marktwert 200.000 Euro. Der anderthalb Jahre jüngere Paul Wanner wurde damals schon mit drei Millionen Euro bewertet.

Auch intern wurde Pavlović oft kritisch gesehen, mehrfach stand seine Karriere zumindest in München schon vor dem Aus, bevor sie überhaupt begann.

Durchbruch beim FC Bayern unter Tuchel

Dann kamen mehrere Dinge zusammen. Im Sommer überwarf Thomas Tuchel sich mit Joshua Kimmich. Tuchels Wunsch-Sechser João Palhinha stand kurz vor einem Wechsel zum FC Bayern, kam aber letztlich nicht. Deshalb ging der FC Bayern mit Kimmich, Konrad Laimer, Leon Goretzka und Raphaël Guerreiro fürs zentrale Mittelfeld in die Saison.

Pavlović durfte immerhin mit ins Sommertrainingslager, bekam sein Ticket aber eher spontan als geplant. Nur wenige Stunden vor Abflug fiel diese Entscheidung, weil der Kader wegen Verletzungen und Ausfällen sonst zu dünn gewesen wäre.

Im Oktober 2023 fiel Guerreiro verletzt aus, Kimmich fehlte wegen Sperre und Krankheit, Goretzka laborierte an diversen Blessuren. Tuchel gab dem 19-jährigen Pavlović eine Chance. Eine Chance, die dieser nutze. Nach Einwechslungen gegen Darmstadt und Dortmund folgten Startelfeinsätze gegen Heidenheim, Stuttgart und Wolfsburg. 

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Er überzeugte Tuchel, der fortan auf ihn setzte und Kimmich nach rechts verschob. Auf sein Bayerndebüt folgten U20-Debüt und der erste Einsatz in der A-Nationalmannschaft. Die Heim-EM verpasste er nur wegen einer Mandelentzündung.

Pavlovićs Marktwert explodierte in nur einer Saison von 200.000 Euro im August 2023 auf 30 Millionen Euro im Juli 2024.

Auch Kompany setzt auf Pavlović 

Im Sommer 2024 kam mit Vincent Kompany ein neuer Trainer zum FC Bayern. Und dann mit einem Jahr Verspätung Palhinha als neuer Sechser. Der Portugiese war mit einer Ablöse von 51 Millionen Euro einer der beiden Top-Transfers des Sommers.  

Dadurch ergaben sich neue Fragen und Varianten im Mittelfeldzentrum: Wem aus dem Quintett Palhinha, Kimmich, Laimer, Goretzka und Pavlović würde Kompany vertrauen? Sehr schnell machte dieser klar, dass Kimmich gesetzt ist. Damit blieben vier Kandidaten für einen Platz auf der Doppelsechs.

Und diesen Platz neben Kimmich eroberte sich tatsächlich Pavlović. Er setzte sich gegen den temporär ausgemusterten Goretzka und den Neuzugang Palhinha durch. In neun der ersten zehn Pflichtspiele stand das Talent in der Startelf. Erstmals seit Jahren setzten die Bayern auf doppelte Spielstärke im Mittelfeldzentrum. 

Aleksandar Pavlovićs Aufstieg: Parallelen zu Weigl und Busquets

Ab seinem ersten Spiel bei den Bayernprofis strahlte Pavlović eine Ruhe und Ballsicherheit aus, als ordne der 19-Jährige seit zehn Jahren das Spiel im Bayernaufbau. Nicht nur mit seiner Spielweise und Statur erinnert der 1,88 große und schlaksige Pavlović an Sergio Busquets, einen der besten Sechser der Fußballgeschichte und an Julian Weigl, einem hoffnungsvollen Talent mit frühem Hoch, an dass er nie anknüpfen konnte.

Die ersten Profijahre und Spielweisen der drei Ankersechser ähneln sich frappierend. 

Sergio Busquets

Am 1.7.2008 übernimmt Pep Guardiola als Trainer die Profis des FC Barcelona. Er zieht den langen Schlaks Sergio zu den Profis hoch, den er vorher bei Barcelona B trainiert hatte. 

Sergio wer? Der 19-jährige Katalane hatte bis dahin kein U-Länderspiel für Spanien absolviert und gilt nicht als großes Talent. Sein Marktwert beträgt 300.000 Euro. Doch Guardiola setzt auf ihn. Trotz Konkurrenz von Xavi, Andrés Iniesta und Yaya Touré im Mittelfeld von Barcelona kommt Busquets in seiner ersten Saison auf über 3.000 Minuten. 

Busquets spielt, als hätte er seit zehn Jahren Barcelonas Mittelfeld geordnet. Debüts in der U21 und in der A-Nationalmannschaft folgen noch in der ersten Saison, ebenso wie der Sprung im Marktwert. Für Busquets geht es hoch auf acht Millionen Euro. 

Martin Rafelt von Spielverlagerung adelte Busquets wie folgt: “Er übersieht nichts, er hat keine Ungenauigkeiten, er hat keine falschen Entscheidungen, er lässt sich nicht überspielen, er nimmt keine falschen Positionen ein, er kommt nicht zu spät, er wird nicht nervös. Er macht all das, was er tun muss, perfekt.” 

Vom spanischen Nationaltrainer Vicente del Bosque stammt das Zitat: “Wenn du das Spiel schaust, wirst du Busquets nicht sehen. Aber wenn du Busquets zuschaust, wirst du das ganze Spiel sehen.”

Busquets setzt 15 Jahre lang den Maßstab für spielstarke Aufbausechser. Busquets verkörpert Pressingresistenz und Aufbaugenius wie kaum ein zweiter Spieler im Weltfußball. Er ist einer der oft unbesungenen Schlüssel der ganz großen Barça- und Spanien-Teams in den Folgejahren. 

Julian Weigl

Am 1.7.2015 übernimmt Thomas Tuchel als Trainer Borussia Dortmund. Ebenfalls zum BVB wechselt der 19-jährige, schlaksige, 1,86 Meter große Julian Weigl. Er kommt aus der zweiten Liga von 1860 nach Dortmund, wo unter anderem Sven Bender, Nuri Şahin, İlkay Gündoğan und Gonzalo Castro um die Stammplätze im zentralen Mittelfeld kämpfen. 

Die meisten Minuten auf der Sechs sammelt: Weigl. Tuchel setzt von Beginn an auf den spielstarken, pressingresistenten Münchner als Ankersechser. Auch Weigl debütiert bereits am Ende seiner ersten Profisaison für die Nationalmannschaft. Sein Marktwert steigt in der Debütsaison von zwei auf 18 Millionen Euro.

Martin Rafelt von Spielverlagerung beschrieb Weigl wie folgt: “Als Sechser überzeugt Weigl mit seinem 360-Grad-Blick und -Spiel. Er hat ständig das ganze Feld im Blick, wirft ständig den Blick über die eigene Schulter, zuweilen sogar während seiner Ballaktionen. (…) Es ist für den Gegner verdammt schwer, Zugriff zu erzeugen, weil Weigl permanent ausweichen kann.”

Die zweite Saison verläuft ähnlich gut. Doch diese ersten Jahre im Alter von 19 bis 21 bleiben Weigls beste Phase. Sein sechstes und letztes Länderspiel für Deutschland absolviert er bereits im Alter von 21 Jahren. Unter Tuchels Nachfolgern wird seine Rolle beim BVB stets kleiner, bevor er zu Benfica, Borussia Mönchengladbach und 2025 im Alter von 29 Jahren zu Al-Qadsiah nach Saudi-Arabien wechselt. 

Bildquelle: David Ramos/Getty Images

Pavlovićs kritische Lage im Jahr 2025: Gelingt die Wende?

Zurück zum FC Bayern im Oktober 2024: Im Ligaspiel gegen den VfB Stuttgart verletzt sich Pavlović und fällt sechs Wochen aus. In der Rückrunde erkrankt er an Pfeifferschem Drüsenfieber. 

Insbesondere Leon Goretzka nutzt die Gunst der Stunde und spielt sich an Kimmichs Seite fest. Von 36 Pflichtspielen im Kalenderjahr 2025 steht Pavlović nur 15-mal in der Startelf. Für die beiden WM-Qualifikationsspiele im September wird er von Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht nominiert. 

Karrieren verlaufen nicht immer geradlinig. Selbst eine schlechte Saison bedeutet kein K.-o.-Kriterium für eine große Karriere. Doch die Lage ist brisant. Auf keiner Position ist der scheinbar so schmale Kader des FC Bayern so tief besetzt wie auf der Doppelsechs.

Neben Goretzka steht seit dieser Saison mit Tom Bischof ein weiterer hoch veranlagter Konkurrent im Kader, der ebenfalls Ambitionen auf einen Platz im Mittelfeldzentrum hat. Am Campus lauern Talente wie Felipe Chávez, Javier Fernández und David Santos Daiber. Auch die derzeit ausgeliehenen Noel Aseko und Jonathan Asp Jensen kommen für die Position in Frage.

So wird die Saison 2025/26 eine enorm wichtige für Pavlović: Erobert er sich den Stammplatz an Kimmichs Seite zurück und bleibt fit, ist denkbar, dass die beiden auch das Pärchen bei der Weltmeisterschaft in den USA bilden. Es wäre der endgültige Durchbruch und Pavlović wäre damit in der Pole Position, langfristig das Zepter im Mittelfeld des FC Bayern zu übernehmen. Von seiner Spielweise her bringt er alles mit, um dem FC Bayern Stabilität als Ankersechser zu geben.

Selbst wenn er nicht das Niveau von Busquets erreichen würde. Selbstverständlich spielte der in seiner eigenen Liga und soll lediglich als Beispiel dienen, wie explosiv Entwicklungen sein können – gerade im Kontrast zu Weigl, bei dem es heute fast surreal wirkt, wie gut er in den Jahren 2015 und 2016 war.

Bleibt Pavlović beim FC Bayern jedoch gegenüber Goretzka im Hintertreffen und reiht sich womöglich hinter Bischof nur als Nummer vier im Bayernzentrum ein, wird es nicht für die Weltmeisterschaft reichen. Es wäre das zweite große Turnier, das er verpasst. Vor allem aber wäre dann denkbar, dass der FC Bayern mit Goretzka verlängert und Pavlovićs Rolle im Kader der von Weigl beim BVB nach den Tuchel-Jahren ähnelt.

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