Chaos im Olympiastadion: Bayern besiegen Hertha BSC

Daniel Trenner 05.11.2022

Falls Ihr es verpasst habt

Die Aufstellung 

Nach offenbar überstandener Verletzung kehrte Manuel Neuer ins Münchener Tor zurück. In den vergangenen Tagen schien es allerdings eher so, als dass man Neuer schnell auf das Feld hetzen wollte, um Spekulationen über seinen Verletzungsgrad zu unterbinden.

Ansonsten rotierte Nagelsmann seine Elf zurück, Gnabry, Musiala, Goretzka und Davies kehrten in die Mannschaft zurück. Sané und Hernández saßen nach überstandener Verletzung zumindest auf der Bank. De Ligt und Müller fielen erneut komplett aus.

Für die Heimmannschaft aus Berlin startete überraschenderweise Davie Selke anstelle des zuletzt erfolgreichen Kangas im Herthanischen 4-3-3.

1. Halbzeit

In der Eiseskälte des Berliner Olympiastadions fing das Spiel den (gefühlten) Temperaturen entsprechend gemäßigt an. Nach 12 Minuten schlugen die Bayern trotzdem eiskalt zu. Mané stibitzte Serdar gut 35 Meter im Halbraum den Ball weg, legte überlegt auf Musiala ab, der den Ball perfekt annahm und anschließend Christensen mit einem halb Lupfer, halb Innenristschuss überwand.

20 Minuten lang wechselten sich Mané, Richter und Musiala mit mehr oder minder großen Chancen ab, dann überschlugen sich die Ereignisse. Zunächst traf Choupo-Moting doppelt binnen Sekunden. Beim 2:0 spielten Davies und Goretzka sich Doppelpässe zu, bis Goretzkas Schuss geblockt wurde, sodass Choupo-Moting die Kugel regelrecht Christensen tunnelnd reingrätschen konnte. Bei seinem zweiten Tor wurde es noch wilder.  Gnabry gab flach von der Grundlinie in die Mitte, wo das reinste Chaos herrschte, am Ende schob der Schienbeinkopf (!) eines vorbeigrätschenden (!!) Choupo-Motings das Spielgerät über die Linie.

Doch die Freude über eine vermeintliche Vorentscheidung war trügerisch. Im direkten Gegenzug schoss Lukebakio eine Richter-Flanke per traumhaften Volley in den rechten Winkel. Insbesondere Mazraoui gewährte dem Belgier zu viel Raum. Anschließend gab es mal wieder einen Fall für die Detektei VAR. Bei einem Standard stand Pavard auf Selkes Fuß, brachte ihn zu Fall, der Schiedsrichter entschied auf Elfmeter. Selke verlud Neuer und erzielte das Anschlusstor zum 2:3. Dann war diese chaotische 1. Halbzeit dann auch endlich vorüber.

2. Halbzeit 

Ohne Wechsel ging es zunächst weiter. Bayern war nun gewillt, den alten Abstand wiederherzustellen, mehr als ein Abseits-Tor nach völligem Tohuwabohu kam allerdings nicht zustande. In der 62. Minute verletzte sich Davies ohne Einwirken des Gegners, für ihn feierte Hernández ein Blitzcomeback, dazu kam Coman für Mané. Kurz darauf tauschte Nagelsmann noch seine Nationalflügelstürmer mit Sané für Gnabry aus. Dem Spiel der Bayern allerdings half das alles nicht so recht. Das eigentlich gute Verwalten der Führung fiel in der letzten Viertelstunde des Spiels ein wenig weg, sodass die Bayern am Ende sogar noch ein wenig zittern mussten. Großchancen kamen für die Hertha allerdings nicht zustande, sodass das Spiel dann doch mit dem Pausenergebnis von 3:2 unter gellenden Pfiffen des Berliner Publikums abgepfiffen wurde.

Dinge, die auffielen

1. Der Bomber der Nation

Über Eric Maxim Choupo-Moting wurde schon viel gesagt und geschrieben (bald auch auf dieser Seite) und die Story geht einfach weiter. Zu seinem Lauf kam unter der Woche noch ein Weitschuss-Traumtor hinzu und jetzt gar noch Gerd-Müller-Qualitäten. Womöglich hat er unter der Woche die vom FC Bayern miteröffnete Statue des größten deutschen Mittelstürmers gesehen und war schlagartig inspiriert, jedenfalls trifft “großes, austrainiertes Choupo” neuerdings auch grätschend mit allen Körperteilen.

https://twitter.com/FCBayern/status/1588567999698673666

Humor mal beiseite, seine Tore am heutigen Tage entstammen einer Kategorie, die oft als selbstverständlich angesehen wird: Briten reden hier gerne vom “fox in the box”, hierzulande meist als Abstauber deklariert. Auch ein über die Linie gegrätschtes Tor, ist doch ein zählendes Tor und es braucht diesen einen Spieler, der instinktiv erahnt, dass Goretzkas Schuss nicht im Tor landet (2:0), der sich nicht zu schade ist, im Fünfmeterraum zu ackern (3:0) und der die Reaktionsgeschwindigkeit besitzt, seinem Instinkt Tore folgen zu lassen.

2. Neuer wieder der Alte

Manuel Neuers Schulter wurde vom Boulevard in den letzten Wochen schon zur Schulter der Nation hochstilisiert und die Situation um Deutschlands Nummer Eins war tatsächlich widersprüchlich. Zunächst nur für ein paar Tagen pausierend, fiel Neuer schlussendlich sieben Spiele lang aus. Kurz bevor echte Diskussionen über seinen WM-Einsatz beginnen konnten, kehrte er nun jedoch zurück. Die Fragezeichen blieben jedoch.

Die Hertha vermochte Neuer nicht wirklich groß zu testen, einige Szenen von Wert gab es jedoch trotzdem. Zweimal knallte Neuer nach einer Parade auf die Schulter. Die Schulter hielt. Dazu war das Vertrauen in seine Sprintstärke und spielerischen Fähigkeiten sofort da.

Mit Neuer im Tor riskierten die Bayern bei eigenen Ecken direkt mehr Leute vorne. Einmal befand sich im Raum 65 Meter vor dem Tor gar nur er und Alphonso Davies. Neuer verließ auch mehrfach proaktiv aus seine Zone um tiefe Bälle abzufangen, wie gewohnt machte er dann auch seine eigene Übereifrigkeit mit Brillanz wieder wett. So gesehen in der 88. Minute, als er etwas zu forsch links des Strafraums vor Lukebakio an den Ball kommen wollte und die Situation dann damit bereinigte, indem er im letzten Moment den Ball nochmal hochlupfte, ja vielleicht gar hochzidante. Nur ein Keeper macht solche Dinge.

Von Wert waren am heutigen Tag auch seine einfachen Pässe. Dies ist ja das eine Aufgabenfeld, wo Sven Ulreich ihn nie ersetzen vermochte und auch etwas, bei dem sich Neuer selbst Anfang der Saison schwer tat. Heute jedoch kamen die Pässe meist präzise und scharf an den Mann.

3. Gutes, aber torloses Verwalten

Nach dem absoluten Chaos Ende der ersten Hälfte bläute Nagelsmann seinem Team in der Halbzeit offenbar Ruhe ein. Ein erneuter offener Schlagabtausch sollte vermieden werden. Und die Bayern folgten des Trainers Anweisungen lange Zeit auch gut, verwalteten die knappe Führung solide über die Zeit. Jedoch vergaßen sie ein wenig das eigene Offensivspiel hierbei und schossen kein weiteres Tor. Dies ermöglichte es der Hertha immer an ein Comeback zu glauben und noch so etwas ähnliches, wie eine kleine Druckphase am Ende zu entfachen. Gewiss sprang keine Großchance heraus und Upamecanos letzter Zweikampf war in der Tat kein Elfmeter, doch solche Kleinigkeiten können auch schief gehen und dann steht man urplötzlich mit einem Punktverlust da. Ohne eigenes Offensivspiel sollte man lieber höhere Führungen versuchen wegzuverwalten.

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