Hat Dayot Upamecano eine Zukunft beim FC Bayern?

Jonas Trenner 25.04.2024

Es war die entscheidende Szene im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Lazio. Nach 67 zähen Minuten liefen die Bayern in einen Konter der Italiener. Ciro Immobile drang in den Münchner Strafraum ein, wo alle Verteidiger den Stürmer ziemlich zaghaft attackierten, um ein drohendes Foul zu vermeiden. Nun ja, fast alle.

Denn als Immobile den Ball zu Gustav Isaksen stolperte, kam Upamecano deutlich zu spät und traf den Dänen mit offener Sohle am Fuß. Die Konsequenz war folgerichtig nicht nur der Elfmeter, den Immobile zum 1:0-Siegtreffer verwandelte, sondern auch ein Platzverweis für den Franzosen. Damit war das Hinspiel gelaufen.

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Solche unerklärlichen Aussetzer oder auch Fehlpässe passieren dem 25-Jährigen bedauerlicherweise häufiger. Nur fünf Tage später flog der Innenverteidiger in Bochum erneut vom Platz. Oder man erinnere sich beispielsweise an das Hinspiel im Champions-League-Viertelfinale gegen Manchester City vergangene Saison, als Upamecano mit seinen Fehlern die Chancen auf ein Weiterkommen innerhalb weniger Minuten minimierte.

Es sind solche Szenen, die die Verantwortlichen des FC Bayern in Bezug auf Upamecanos Zukunft zumindest zum Nachdenken anregen werden. Fällt er möglicherweise sogar dem angekündigten Umbruch im Sommer zum Opfer? Oder wird der Franzose beim neuen Trainer endlich sein komplettes Potenzial ausschöpfen?

Dayot Upamecano: Die aktuelle Situation beim FC Bayern

Seit den beiden Platzverweisen kam der Franzose in dieser Spielzeit lediglich noch sporadisch zum Einsatz. Tuchel degradierte ihn zum (inoffiziellen) Innenverteidiger Nummer vier und scheint ihm kaum noch zu vertrauen. Und wenn doch, dann konnte Upamecano das Vertrauen nicht zurückzahlen und enttäuschte, wie bei der Blamage in Heidenheim.

Zu Beginn der Saison war das noch ganz anders. Trotz Neuzugang Minjae Kim und Fanliebling Matthijs de Ligt absolvierte der französische Nationalspieler nahezu jedes Spiel von Anfang an – und überzeugte dabei auch meistens.

Zwar gab es hier und da Schwankungen, doch im Großen und Ganzen verdiente sich der Innenverteidiger seinen Stammplatz und trug seinen Teil zur stabilen Hinrunde der Bayern bei. Woran sein (erneuter und fast schon gewohnter) Formeinbruch zur Rückrunde lag, ist und bleibt fraglich.

Die Verantwortlichen des FC Bayern scheinen dieses Rätsel wohl auch nicht beantworten zu können. Gerüchte um einen Abgang im kommenden Sommer – trotz Vertrag bis 2026 – häufen sich seit seiner „Degradierung“. Mit Kritik wurde beim französischen Nationalspieler ohnehin noch nie gespart. Wäre eine Trennung im Sommer also wirklich sinnvoll?

Was gegen eine Zukunft beim FC Bayern spricht

Die seit seiner Verpflichtung erhoffte Entwicklung zum Abwehrchef hat der Franzose in seinen drei Jahren beim Rekordmeister jedenfalls (noch) nicht vollziehen können. Zwar hat er immer wieder Phasen, in denen er an der Weltklasse kratzt, zur anderen Seite der Medaille gehören jedoch auch die genannten Brüche in seiner Form.

Und Konstanz ist wohl die wichtigste Eigenschaft für einen Verteidiger des FC Bayern. Neben hundertprozentiger Konzentration. Auch die geht dem Franzosen in schweren Phasen sowie in entscheidenden Momenten immer wieder verloren.

Nicht umsonst verschuldete „Upa“ in dieser Saison laut Sofascore viermal so viele Gegentore, Elfmeter und Großchancen wie seine Innenverteidiger-Kollegen zusammen. Manchmal scheint es einfach so, als wäre er mental für einen Klub der Größenordnung eines FC Bayern nicht gemacht, was weniger hart gemeint ist, als es wirkt. Im Profifußball gibt und gab es zahlreiche hochveranlagte Spieler, die ihr komplettes Potenzial nie wirklich ausschöpfen konnten.

Auch aus einer wirtschaftlichen Perspektive könnte ein Abgang des Franzosen durchaus Sinn machen. Sein Vertrag läuft noch bis 2026, laut transfermarkt besitzt er zurzeit einen Marktwert von 50 Millionen Euro, der bei einer soliden Europameisterschaft mit Frankreich sogar noch steigen könnte.

Eine Summe, die Christoph Freund und Co. im darauffolgenden Sommer sicher nicht mehr bekommen würden, und gleichzeitig Budget für einen vielversprechenden Ersatz freimachen könnte. Laut aktuellen Gerüchten soll der FCB an Jonathan Tah von Bayer Leverkusen interessiert sein. Ob dieser entscheidend besser wäre, sei dahingestellt. Vielleicht bliebe so vom Erlös für Upamecano aber sogar noch Geld für den weiteren Umbruch übrig.

Was für eine Zukunft beim FC Bayern spricht

Ein Argument von der Gegenseite kann gleichzeitig auch auf der Pro-Seite verbucht werden. Man darf nämlich nicht vergessen, dass der Franzose mit 25 Jahren immer noch in einem Alter ist, in dem er sich noch entwickeln kann. Verteidiger kommen oftmals erst Ende 20 an ihr Leistungsmaximum und können das dann auch noch eine ganze Weile halten.

Upamecano gilt ohnehin als akribischer Arbeiter, der seine Schwächen in jedem Training angeht. Wie sein absolviertes Stimmtraining beweist, um auf dem Platz besser Kommandos geben zu können und sich mit seinen Mitspielern zu verständigen.

Und zu was der bullige Verteidiger fähig ist, hat er schon oftmals zeigen können. Auch auf höchstem Niveau, wie seine Auftritte für Frankreich bei der Weltmeisterschaft in Katar beweisen. Sein moderner und aggressiver Verteidigungsstil kann im Optimalfall jeden Stürmer zur Verzweiflung bringen.

Dayot Upamecano: Bayerns bester Aufbauspieler

Daneben sind es vor allem seine Fähigkeiten im Aufbauspiel, die den Franzosen auszeichnen. Seine vertikalen Pässe sind es auch, die ihn von seinen Kollegen im Abwehrzentrum abheben. Beispielsweise spielte der 25-Jährige laut FBref mit 6,95 die meisten Pässe ins gegnerische Angriffsdrittel pro 90 Minuten. Matthijs de Ligt (5,63), Kim Min-Jae (5,57) sowie Eric Dier (3,15) können hier nicht ganz mithalten.

Vor allem bei den langen, linienbrechenden Pässen weiß der französische Nationalspieler zu überzeugen. Trotzdem ist seine Passquote (92,6%) nur minimal schlechter als beispielsweise die des eher auf Sicherheit spielenden Matthijs de Ligt (92,8%). Bei hohem gegnerischen Pressing ist Upamecano also (zumindest auf dem Papier) die beste Option der Münchner.

Möglicherweise schafft es der neue Münchner Übungsleiter dann auch endlich, die Form des 25-Jährigen zu stabilisieren und dessen Stärken zum Vorschein zu bringen. Seinem einstigen Förderer Julian Nagelsmann hätte das gelingen können, doch auch dem derzeitigen Favoriten Ralf Rangnick wäre es zuzutrauen. Denn die beiden kennen und schätzen sich aus Red-Bull-Zeiten. Abwarten könnte also sinnvoll sein.

Zudem scheint der Franzose sich in München wohlzufühlen und keine Abwanderungsgedanken zu hegen. Angesprochen auf Gerüchte um seinen möglichen Abschied betonte Upamecano bei Sky, dass er ja einen Vertrag bis 2026 habe und es nicht mehr dazu zu sagen gebe. Und sind solche Spieler, die um ihren Platz kämpfen wollen und sich mit dem Verein identifizieren nicht genau diejenigen, die man sich als Fan wünscht?

Sollte der FC Bayern Dayot Upamecano im Sommer verkaufen?

Ob der FC Bayern Dayot Upamecano im kommenden Sommer wirklich verkaufen sollte, kann im Rahmen dieses Artikels selbstverständlich nicht endgültig beantwortet werden. Es hängt von zu vielen Faktoren, wie dem neuen Trainer oder den geplanten Transferaktivitäten des Rekordmeisters ab.

Denn eigentlich gibt es mit Blick auf das zentrale Mittelfeld oder die Außenverteidigung genügend andere Baustellen, auf denen dringenderer Handlungsbedarf besteht. Die Verantwortlichen der Münchner sollten also keinesfalls überstürzt handeln, so wie sie es im vergangenen Jahr bei Benjamin Pavard und Josip Stanišić getan haben.

Stattdessen sollten Freud und Co. bedacht an die Sache herangehen, mit dem Franzosen über seine Situation und seine Erwartungen für die Zukunft ausführlich sprechen und nur bei einem besonders lukrativen Angebot über einen Verkauf nachdenken. Durch die Vertragssituation stehen die Bayern sowieso nicht unter Druck.

Mit Kim, de Ligt, Dier und eben Upamecano verfügt der FCB derzeit zwar nicht über die Spitze des Weltfußballs auf dieser Position, jedoch quantitativ, qualitativ und vertragstechnisch über genügend Potential für eine starke kommende Saison.



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