FC Bayern München- Borussia Dortmund: Völlig losgelöst von der Spitze

Maurice Trenner 30.03.2024

Bis kurz nach 17 Uhr sah es so aus, als könnte der deutsche Klassiker doch den Kampf um die Meisterschaft beeinflussen. Dann erzielte Leverkusen allerdings zwei späte Treffer gegen Hoffenheim und so scheint der Titelkampf weiterhin entschieden. Passend dazu war das heutige Topspiel das erste Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften in der Rückrunde seit 2010, in dem keiner der beiden Vereine auf dem ersten Platz steht.

Falls ihr es verpasst habt

Die Aufstellung

Das Münchner Lazarett lichtete sich zwar etwas zum Samstagabend, dennoch musste Trainer Tuchel auf Stammkeeper Neuer sowie die zuletzt gesetzten Pavlovic und Guerreiro verzichten. Somit hütete Ulreich erstmals seit Oktober wieder das Bayern-Tor. Vor ihm spielte Davies links in der Viererkette, während Laimer zusammen mit Goretzka die Doppelsechs bildete. Offensiv spielte Rekordjäger Kane vor Sané, Musiala und Müller.

Bei den Dortmundern fehlte Stammtorwart Kobel ebenfalls, ihn vertrat wie bereits zuletzt Meyer. Offensiv ersetzte Sancho den verletzten Malen. Der Ex-Münchner Sabitzer musste rot gesperrt aussetzen.

Der Spielverlauf

Die Münchner starteten besser in die Partie, ohne sich jedoch zwingende Torchancen zu erspielen. Nach einem Ballverlust von Müller im Aufbau ging es bei Dortmund gegen aufgerückte Münchner dann plötzlich schnell über Brandt, der Adeyemi schickte. Dessen Schuss konnte Ulreich nicht mehr entscheidend ablenken. Die frühe Führung durch die Gäste (10.). 

Mit der Führung im Rücken übernahm Dortmund zusehends das Heft in die Hand. Die beste Chance hatte in der Folge allerdings Kane, der eine Flanke von Kimmich aus fünf Metern vorbei köpfte. Auch Dier scheiterte nach etwas mehr als einer halben Stunde per Kopf. Der VAR kontrollierte in der Situation ein mögliches Handspiel von Hummels, griff aber zurecht nicht ein. Mit 0:1 ging es nach 45 Minuten in die Pause.

Die erste Chance der zweiten Hälfte hatte Dortmund, als Ulreich den freien Schuss von Nmecha aus sieben Metern zur Ecke ablenken konnte. Nach einer knappen Stunde durfte Coman sein Comeback feiern. Zusammen mit Landsmann Tel und Gnabry besetzte Tuchel die gesamte Offensive neu. Später kam Mazraoui für Laimer, so dass Kimmich mit Goretzka auf der Doppelsechs vereint war.

Als man eigentlich mit dem Comeback der Münchner rechnete, entschied Ryerson die Partie mit einem humorlosen Abschluss aus fünfzehn Metern (83.). Als die Ersten schon das Stadion verließen, köpfte Kane eine Flanke von Mazraoui in die Maschen. Doch der VAR entschied knapp auf Abseits. So blieb es bei dem 0:2 für den BVB.

Vier Dinge, die auffielen

1. Schwieriger Anlauf mit neuem Personal

Mit Davies zurück in der Startelf änderte sich die Staffelung der Münchner im Aufbauspiel. Anders als zuletzt Guerreiro agierte der Kanadier sehr hoch. Doch auch sein Gegenüber Kimmich schob weit auf, weshalb Goretzka und Laimer den Spielaufbau neben den beiden Innenverteidigern unterstützten. Die Dortmunder liefen diese vier Spieler hoch an, um sich dann jedoch gesammelt fallen zu lassen, sobald der Ball aus dem ersten Drittel gespielt wurde. Danach spiegelten die Gäste die Staffelung der Bayern, weshalb München zwar oft den Ball hatte, aber trotz der offensiven Außenverteidiger wenige zwingende Chancen erspielen konnte. Zudem hatten die Dortmunder in der ersten Hälfte das Spielglück, die entscheidenden Zweikämpfe in der Nähe des eigenen Strafraums fast immer zu gewinnen.

Die hohe Stellung der Außenverteidiger wurde beim Führungstreffer der Dortmunder jedoch gnadenlos ausgenutzt. Kimmich war gerade in der Vorwärtsbewegung, als Müllers Pass in die letzte Reihe abgefangen wurde. Mit zwei schnellen Pässen hatten die Dortmunder nicht nur quasi die komplette Restverteidigung überspielt, sondern auch den schnellen Adeyemi gegen de Ligt ins Laufduell geschickt. 

Im zentralen Mittelfeld harmonierten Laimer und Goretzka besonders in der ersten Hälfte auffällig weniger als Pavlovic und Goretzka in den letzten Wochen. Der Worksplit zwischen den beiden Box-to-Box-Mittelfeldspielern wirkte oft unklar. In der Entstehung zum frühen Gegentor rückten beide heraus, um den Ball zurück zu gewinnen anstatt mit einem Mann abzusichern.

2. Goodbye, Meisterschaft

Mit dem – nächsten – Last-Minute-Sieg des Tabellenführers Leverkusen und der heutigen Münchner Niederlage scheint der Titelkampf in der Bundesliga endgültig gelaufen. Zwar sollte man niemals nie sagen, doch die Alonso-Elf scheint diese Saison zu souverän und nimmt jede noch so große Hürde bisher mit Bravour. 

Für den FC Bayern und Trainer Tuchel gilt es nun den Fokus komplett auf den Europapokal zu richten. An den maximal fünf Abenden gilt es für die Münchner perfekt eingestellt und auf den Punkt fit zu sein. Die Leistungen vor der Länderspielpause waren hier vielversprechend, der Abend heute gegen Dortmund jedoch mehr als ein Schritt zurück.

Positiv im Ansatz war sicherlich die Rückkehr von Coman, der nach seiner Einwechslung als Aktivposten im Angriff auffiel. Kurioserweise wird es wohl die erste Saison in der Karriere des Franzosen, in der er nicht die nationale Meisterschaft gewinnen wird.

3. Der zweitbeste Ersatztorwart der Liga 

Vor der Partie hatte Terzic zu Protokoll gegeben, dass er mit Meyer den besten Ersatzkeeper der Liga im Kader habe. Sky-Kommentator Wolff kommentierte süffisant, dass die Antwort von Tuchel noch ausstehe. Und doch sah man heute, dass Sven Ulreich bei all seinen Qualitäten diesen Titel wohl nicht (mehr) in Anspruch nehmen kann.

Natürlich ist es gerade als Ersatztorwart extrem schwer nach langer Pause und ohne echte Praxis einspringen zu müssen. Doch das Führungstor der Dortmunder darf nicht fallen. Ein mitspielender Torwart a la Neuer hätte die Situation wohl antizipiert und auf den lnagen Ball “gezockt”. Doch selbst ein abwartender Keeper muss den nicht besonders platzierten Schuss von Adeyemi nicht nur berühren, sondern ablenken. Umso wichtiger daher, dass Neuer in eineinhalb Wochen gegen Arsenal wieder fit ist. 

Zwar rettete Ulreich nach der Pause stark gegen Nmecha, aber für den Sommer muss sich die neue Vereinsspitze rund um Eberl überlegen, mit welchem Torwart-Team man in die neue Saison starten will. Ulreich steht noch bis 2025 unter Vertrag, allerdings könnte auch Nübel zurückkehren, der in Stuttgart eine starke Saison spielt. 

4. Ernüchternder Klassiker

Der deutsche Klassiker zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund war über Jahre das Non-Plus-Ultra der Bundesliga. Mehr hatte der deutsche Fußball nicht zu bieten. Doch in den letzten Jahren bereits hatte die Partie merklich abgebaut. Nach der absoluten Hochphase zwischen 2011 und 2014, die mit dem Champions-League-Finale in Wembley gipfelte, baute zunächst der BVB merklich ab. Besonders die Partien in der Allianz-Arena wurden zu eindeutigen Machtdemonstrationen, unabhängig davon, wie schwach die Münchner in der Saison sonst waren.

Das heutige Spiel stand bereits unter dem Vorzeichen eines Machtwechsels. Weder Dortmund noch Bayern haben in der aktuellen Spielzeit überzeugen können. Die besten und ansehnlichsten Partien der Saison haben Leverkusen oder Stuttgart geliefert – und dieser Abend bildete keine Ausnahme.

Die Dortmunder Gäste spielten keine besonders glanzvolle Partie. Vielmehr machte die Elf von Trainer Terzic genau das, was man von einer Terzic-Elf erwarten durfte. Es gab einen klaren Spielplan, von dem man nicht abwich und auch nicht abweichen musste. Denn die Tuchel-Elf hatte keinen Plan B, als der frühe Treffer für Schwarz-Gelb fiel. Bayern spielte nicht schlecht, dominierte bei Ballbesitz, Torchancen und Expected Goals – doch mehr eben auch nicht. Die Wechsel von Tuchel ohne gleichzeitige Systemumstellung verpufften wirkungslos.

Die Daten zum Spiel

Tore: 0:1 Adeyemi (10.), 0:2 Ryerson (83.)

Gelbe Karten: –

FC Bayern: Ulreich – Kimmich, de Ligt, Dier, Davies (84., Choupo-Moting) – Laimer (73., Mazrouai), Goretzka, L. Sané (63., Coman), T. Müller (63., Tel), Musiala (63., Gnabry) – Kane

Dortmund: A. Meyer – Ryerson, Hummels, N. Schlotterbeck, Maatsen – Can, F. Nmecha (67., Özcan), Brandt (67., Reus), Sancho (84., Wolf), Adeyemi (84., Bynoe-Gittens)  – Füllkrug (74., Haller)

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