FC Bayern München – Hamburger SV 8:0 (3:0)
Falls ihr es verpasst habt:
Zwei Änderungen im Vergleich zur Vorwoche bot Carlo Ancelotti in seinem 1000. Pflichtspiel als Trainer auf: Javi Martínez und Lewandowski für Bernat und Kimmich. Xabi Alonso fehlte zudem angeschlagen, Ribéry kehrte nach seiner Verletzung zurück auf die Bank.
Durch die moderate Rotation verzichtete Ancelotti anders als zuletzt auf einen dritten zentralen Mittelfeldspieler und setzte mit Costa, Müller, Robben und Lewandowski auf vier Offensive vor Thiago und Vidal.
Markus Gisdol wechselte gleich vier Mal. Für den angeschlagenen Papadopoulos, Ostrzolek, Diekmeier und Hunt spielen Douglas Santos, Djourou, Müller und Gregoritsch.
15 Minuten lang tasteten sich beide Mannschaften ab. Hamburg erarbeitete sich einige Ecken, während die Münchner bemüht waren den Ball schnell nach vorn zu spielen. Echte Chancen blieben zunächst aus. In der 16. Minute nahm sich Alaba ein Herz und riss mit einem engagierten Lauf die Hamburger Hintermannschaft auseinander. Sein Querpass fand Müller, der nach einer Drehung den im Rückraum mitgelaufenen Vidal bediente. Strammer Flachschuss: 1:0.
Bayern jetzt richtig aufgewacht und mit weiteren Angriffen. Lewandowski tauchte kurz nach der Führung völlig frei vor Adler auf und hämmerte den Ball aus kurzer Distanz an die Latte. Adler hatte den Schuss noch abgelenkt (18.). Schon kurz danach die Vorentscheidung. Lahm und Robben überspielten über rechts den überforderten Douglas Santos. Mavraj kann sich bei der folgenden Hereingabe gegen den bereits einen Schritt enteilten Müller nur noch mit einer Grätsche retten. Lewandowski verwandelte den folgerichtigen Strafstoß zum 2:0.
Der Hamburger Widerstand war damit endgültig gebrochen. Bayern dominierte nun nach Belieben, spielte sich immer wieder bis in den Strafraum frei und erhöhte noch vor der Pause auf 3:0. Wieder Lewandowski, der sich mit dem Rücken zum Tor gegen zwei Hamburger durchsetzte und den Ball über Adler hinweg versenkte.
Nach der Pause änderte sich nichts. Bayern voller Spielfreude und hohem Tempo gegen immer geknickter wirkende Gäste. Lewandowski nach Robben-Vorarbeit und Alaba nach glänzender Kombination durch das Zentrum erhöhten früh auf 5:0 (54., 56.).
Für Ancelotti war das das Signal die Rotationsmaschine anzuwerfen. Sanches, Coman und Rafinha kamen für Thiago, Lewandowski und Lahm. Coman erhöhte kurz nach seiner Einwechslung und schöner Vorarbeit von Hummels auf 6:0 (65.) und wenig später gar auf 7:0 (69.).
In der Folge nahmen die Roten spürbar Tempo heraus, blieben aber jederzeit Herr der Lage. Kurz vor Schluss setzte Arjen Robben mit dem 8:0 den Schlusspunkt, als er im Strafraum nach innen zog und den Ball in die lange Ecke versenkte.
3 Dinge, die auffielen:
1. 4+Thiago
Um es klar zu sagen: Der 8:0-Sieg gegen den HSV war mit einigem Abstand das beste Rückrunden-Spiel in der Bundesliga. Offensiv war es vielleicht sogar das Beste in der gesamten Saison. Immer wieder attackierten die Münchner den Strafraum, überluden beide Flügel gut und setzten die Hamburger Abwehrkette mit 3, 4 oder 5 Spielern im Strafraum unter massiven Druck. Hinzu kam die große Variabilität in den Offensivaktionen. Dribblings über Costa (2) und Robben (9), Flankenläufe von Lahm oder Alaba – oder direktes Spiel durchs Zentrum über den ebenfalls guten Thiago oder Innenverteidiger Hummels. Wege in den HSV-Strafraum gab es viele. Wer dieses Spiel sah, fragt sich, wie mit dieser Mannschaft Auftritte wie gegen Darmstadt, Wolfsburg im Pokal oder zuletzt gegen Hertha möglich sind.
Ein entscheidender Unterschied zu den Vorwochen war die Aufstellung. Ancelotti verzichtete auf den dritten zentralen Mittelfeldspieler und brachte dafür vier echte Offensivspieler aufs Feld. Schon beim 3:1 gegen Mainz und dem 5:0 gegen Wolfsburg war das der Fall. Unter Guardiola habe ich in Anlehnung an die Golden State Warriors in der NBA den Ausdruck “Lineup of Death” geprägt. Gemeint war damals eine Aufstellung mit fünf echten Offensivspielern, die überragende Offensivwerte aufwies. Ganz so extrem probierte Ancelotti dies bisher noch nicht, aber die 4+Thiago-Variante der Lineup of Death ist ebenfalls extrem vielversprechend. Blickt man auf die ein oder andere Passmatrix der Vorwochen, wurde schon sehr deutlich, wie umständlich die Passmuster werden können, wenn Alonso oder Kimmich mit Vidal und Thiago auf dem Platz standen. Das Spiel wurde hier manchmal zu früh horizontal und weniger direkt. Gegen den HSV war auch das besser.
8 Tore. 18 Torschüsse. 19 erfolgreiche Dribblings. 90% Passquote und über 124 erfolgreiche Pässe im Angriffsdrittel waren der beeindruckende Nachweis des Münchner Offensivfeuerwerks. 15 der 18 Torschüsse entstanden bis zur Auswechslung von Thiago und Lewandowski in der 60. Minute.
Natürlich entstehen allein durch die sehr offensive Ausrichtung und Positionierung der vier Offensiven potenziell Probleme im defensiven Umschalten. Gerade die Kombination Thiago und Vidal ist hier jedoch gut geeignet, um dies abzufedern. Auffällig war auch gegen den HSV, dass Martinez und Hummels etwas stärker darin gefordert waren, proaktiv herauszurücken und den Raum um Vidal herum zu sichern. Das gelang gut.
Vielleicht hat Ancelotti am Samstag den Schlüssel dafür gefunden, wie gegen fußballerisch unterlegene Gegner in der Bundesliga mehr Dominanz und Torgefahr kreiert werden kann. Die Formel 4+Thiago könnte uns in den kommenden Wochen weiter begleiten. Sie sollte es sogar, denn welche Bundesliga-Mannschaft ist in der Lage, gegen diese geballte Offensivwucht zwei oder mehr Gegentore zu verhindern?
2. Müller hilft allen
Thomas Müller wird weiterhin wie unter dem Brennglas beobachtet. Wer daran gezweifelt hat, ob Müller noch zu absoluten Höchstleistungen fähig ist, kann sich nach dem HSV-Spiel entspannt zurücklehnen. Müller traf wieder nicht das Tor. Er schoss nicht einmal selbst aufs Tor. Und war am Ende trotzdem der beste Bayern Spieler auf dem Feld. Müller half allen. Nicht nur durch seine 3 Assists.
Seine Bewegungen im Zentrum, die ständige Unruhe, die er durch seine Läufe auslöste, rissen Freiräume für alle Spieler um ihn herum. Vor allem der torgefährliche Vidal, der Bayern mit dem 1:0 auf die Siegerstraße brachte, durfte in Müllers Windschatten immer wieder ungedeckt in den Strafraum vordringen. Dass Lewandowski von Müllers Geleitschutz profitiert, ist ebenfalls nicht neu.
Müller selbst war ebenfalls anzumerken, dass es ihm gut tat, so viel Offensivpower um sich herum zu haben. Er kann sich so viel stärker auf seine Rolle als Unterstützer, Raumgeber und Raumnutzer konzentrieren, anstatt selbst Ausgangspunkt von Offensivaktionen zu sein.
Fünf Torschussvorlagen und einmal mehr die beste Laufleistung aller Bayern-Spieler sprechen Bände. Müller ist immer noch Müller. Wenn ein paar Rahmenbedingungen stimmen.
3. Hi Kingsley!
Sechs Mal hatte Kingsley Coman vor diesem Spiel in dieser Bundesliga-Saison aufs Tor geschossen. Kein Tor, kein Assist in einer von Verletzungen geprägten Saison. Coman fehlte den Bayern als change of pace-Option von der Bank und als Druckmittel für die Etablierten. Es ist deshalb mehr als eine positive Randnotiz, dass der explosive Franzose sich am Samstag nach seiner Einwechslung mit zwei Treffern zurückmeldete.
Seine Torgefahr ist im Vergleich zu Douglas Costa ein echtes Plus. Seine Dribbelstärke und reine Power im Offensivspiel sind ohnehin bekannt. Das 8:0 gegen den HSV ermöglichte ihm ein erstes Ausrufezeichen in dieser Saison. Es könnten weitere folgen. Dafür muss Coman fit bleiben und vor allem seine Chancen bekommen.
FC Bayern – Hamburger SV 8:0 (3:0) | |
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FC Bayern | Neuer – Lahm (67. Rafinha), Martínez, Hummels, Alaba – Thiago (60. Coman), Vidal – Robben, Müller, Costa – Lewandowski (57. Sanches) |
Bank | Ulreich, Ribéry, Rafinha, Bernat, Kimmich |
Hamburger SV | Adler – Sakai, Djourou, Mavraj, Douglas Santos – Wallace, Jung – N. Müller (62. Hunt), Holtby, Kostic (72. Waldschmidt) – Gregoritsch (60. Ekdal) |
Bank | Mickel, Diekmeier, Ostrzolek, Wood |
Tore | 1:0 Vidal (17.), 2:0 Lewandowski (24., Foulelfmeter), 3:0 Lewandowski (42.), 4:0 Lewandowski (54.), 5:0 Alaba (56.), 6:0 Coman (65.), 7:0 Coman (69.), 8:0 Robben (87.) |
Karten | – / Douglas Santos |
Schiedsrichter | Bastian Dankert (Rostock) |
Zuschauer | 75.000 (ausverkauft) |