Joshua Kimmich vom FC Bayern München fässt sich ins Gesicht und schaut etwas unsicher.
Bild: Alexander Hassenstein/Getty Images

Analyse: Warum der FC Bayern in der zweiten Halbzeit gegen den BVB Probleme hatte

Justin 20.10.2025



„Outstanding“. In einem Wort beschrieb Bastian Schweinsteiger bei ESPN am Samstag die erste Halbzeit des FC Bayern München gegen Borussia Dortmund.

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Viel treffender hätte man es wohl kaum formulieren können. „In der ersten Halbzeit war es nah an dem, was wir spielen wollen“, erklärte auch Joshua Kimmich beim US-Sender. Der Taktgeber ergänzte: „Die erste Halbzeit war richtig gut von uns als Team. Wie wir angegriffen haben, wie wir verteidigt haben, wie wir das Spiel kontrolliert haben. Das ist das Level, das wir zeigen wollen.“

Aber die Bayern gingen nur mit einem 1:0 in die Pause, ließen Dortmund am Leben und mussten sich später beinahe darüber ärgern. „In der zweiten Halbzeit mussten wir sehr leiden“, sagte Kimmich: „Dortmund war viel besser im Spiel, aber am Ende konnten sie spüren, dass es nicht einfach ist, gegen uns zu gewinnen.“

Was war los mit den Bayern?

FC Bayern vs. BVB: Überragende erste Halbzeit

In den ersten 45 Minuten war es eine Demonstration. Die Münchner spielten nahezu perfekten Ballbesitzfußball. Statt den Ball direkt in die Spitze zu spielen und so gefährliche Umschaltmomente des BVB zu riskieren, spielten sie sehr geduldig. Vor allem aber blieben sie variabel. Statt den Ball nur quer von der einen zur anderen Seite zu bewegen, fanden sie immer wieder die Zwischenräume im Mittelfeld, was das Pressing der Gäste triggerte.

Dortmund ging dann über in ein höheres Pressing und hier konnten die Bayern ihre fußballerischen und taktischen Qualitäten voll ausspielen. Eine Schlüsselrolle nahm Harry Kane ein.

Der Engländer ließ sich nochmal tiefer fallen als in vielen anderen Partien und agierte so teilweise sogar als Sechser. Niko Kovač erklärte nach der Partie bei Sky, dass seine Mannschaft nicht ausreichend durchgedeckt habe. Das bedeutet, dass die Spieler hinter der ersten Pressinglinie nicht mit nach vorn verteidigt haben. So ließ sich der BVB von Bayern vertikal weit auseinanderziehen.

Aber auch horizontal entstanden zu große Räume. Das Pressing der Gäste war nicht kompakt genug und in den großen Zwischenräumen löste der Engländer das höhere Anlaufen so auf, dass wenige Pässe ausreichten, um mit viel Raum auf das gegnerische Tor zulaufen zu können. Nur die Chancenverwertung war nicht gut genug – und manchmal auch die Präzision in der letzten oder vorletzten Aktion.

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BVB kommt besser rein, Bayern findet keine gute Anpassung

Dann aber kam die zweite Halbzeit, in der man laut Kimmich gesehen habe, „dass wir uns immer noch verbessern können“, wie er bei ESPN erklärte. Sein Team sei „nicht mehr so gut darin“ gewesen, „das Spiel in deren Hälfte zu bringen. Das Spiel war in unserer Hälfte, wir haben sehr tief verteidigt und wir haben das Momentum nicht mehr zurückbekommen, um in ihre Hälfte zu kommen und dort Ballbesitz zu haben. Deshalb mussten wir am Ende leiden, aber das ist auch eine Stärke von uns“.

Kurzanalyse im Video: Bayerns Probleme gegen Borussia Dortmund

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Vincent Kompany analysierte indes, dass seine Mannschaft es zugelassen habe, „dass sie das Spiel verlangsamen“. Dortmund sei im zweiten Durchgang aggressiver gewesen, hätte mehr gefoult und so den Rhythmus zerstört. „Wir haben zu lange gebraucht, das Spiel aufzubauen und dann bekommen sie Glauben“, analysierte der Belgier.

Wie schon gegen Chelsea habe sich der Gegner „das Recht erkämpft, dich zum Verteidigen zu zwingen“. Er sei dennoch zufrieden damit, dass die Bayern weiterhin in Kontersituationen gefährlich wurden.

Bayerns Probleme gegen den aggressiveren BVB

„Es war nicht unbedingt ein Problem im Pressing, es war eher das Problem, dass wir am Ball keinen Rhythmus und keine Intensität hatten“, erklärte Kompany. Dortmund presste in den zweiten 45 Minuten deutlich präziser und auch aggressiver. Einerseits agierte das Dreieck in der Offensive kompakter und ließ sich seltener horizontal auseinanderziehen, was das Kurzpassspiel durchs Zentrum erschwerte.

Und dann agierte auch das zentrale Mittelfeld des BVB aktiver und deckte nach vorn mit durch. Bayern spielte darauf hin zu viele unkontrollierte lange Bälle, die gleich wieder bei den Gästen landeten.

Kompany versuchte, darauf zu reagieren und stellte um. Für den kaum eingebundenen Nicolas Jackson kam Leon Goretzka. Außerdem wurde Aleksandar Pavlović weiter nach vorn geschoben. Die Idee dahinter könnte gewesen sein, den Sechserraum physisch zu stärken und Pavlović als technisch starken Spieler in den engen Zwischenräumen offensiv einzubinden, um das Spiel wieder stärker in die BVB-Hälfte zu verlagern.

Doch das gelang nicht. Und letztlich war es vielleicht – anders als Kompany es direkt nach dem Spiel bewertet hat – doch ein Pressingproblem. Denn die Bayern schafften es nicht mehr, aus der Defensivhaltung heraus nach vorn zu schieben. Ein höheres Pressing hätte den aufbauschwachen BVB womöglich besser unter Druck setzen können und dazu geführt, dass die Münchner wieder mehr Kontrolle bekommen.

Zu wenig Bankbreite

Aber es wäre auch das Risiko gewesen, die eigene Defensive zu öffnen und sich im hohen Anlaufverhalten womöglich überspielen zu lassen. Denn bis auf diesen einen Wechsel nutzte Kompany seine Bank gar nicht mehr. Erst in der 84. Minute kam Tom Bischof, kurz darauf noch Min-jae Kim. Das spricht nicht für das Vertrauen des Trainers in seine Bank in einem derart engen Spiel.

Schon in vergleichbaren Partien wechselte Kompany eher zurückhaltend. Ein hohes Pressing ist lauf- und sprintintensiv. Vermutlich war es also auch eine pragmatische Entscheidung, nicht weiter herauszuschieben. Allerdings mit der Folge, dass der BVB immer selbstbewusster und mutiger wurde, was wiederum dazu führte, dass sich kaum noch Räume für Kurzpassspiel in der Bayern-Hälfte ergaben.

„Wir hätten es in der ersten Halbzeit entscheiden müssen“, schlussfolgerte Kimmich deshalb. „Die erste Halbzeit war ein Exempel“, lobte Kompany die ersten 45 Minuten. Die zweite Halbzeit muss er indes genau analysieren. Auch wenn das bei einer weiterhin ergebnistechnisch perfekten Saison Meckern auf hohem Niveau ist.

Oder, um es mit Schweinsteigers Kommentar auf den Punkt zu bringen: Das, was die Bayern aktuell über die gesamte bisherige Spielzeit zeigen, ist wohl wirklich einfach „outstanding“.

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