FC Bayern – Borussia Mönchengladbach 0:2 (0:1)

Steffen Trenner 22.03.2015

Falls ihr es verpasst habt:

Vier Änderungen nahm Guardiola im Vergleich zum 4:0 gegen Bremen vor. Neuer für Reina, Badstuber für den gesperrten Benatia, Alonso für Rode und Robben für Müller hießen die Wechsel am Sonntagabend. Dazu saß Thiago nach einem Jahr Pause etwas überraschend wieder auf der Bank. Mönchengladbach begann mit dem schnellen Hahn als vorderste Spitze mit Spielgestalter Raffael dahinter. Kruse dafür zunächst nur auf der Bank.

Schon nach drei Minuten tauchte der Tabellenführer mit einer Doppelchance vor Yann Sommer auf. Lewandowski misslang jedoch der Seitfallzieher und der Schweizer Schlussmann parierte den Nachschuss von Bernat sicher. Bayern begann auch ansonsten spielfreudig und mit viel Zug zum Tor. Nachdem ein weiterer Schuss von Robben nicht das Netz fand, verflachte das Spiel aber zusehends. Bayern mit viel Ballbesitz aber zu wenig Tempo, um Mönchengladbachs Hintermannschaft in Verlegenheit zu bringen. Die Favre-Elf verlegte sich auf gelegentliche Konter und ging in der 30. Minuten ziemlich überraschend in Führung. Neuer konnte eine zentral geschossene Direktabnahme von Raffael nicht festhalten und ließ den eher harmlosen Ball passieren.

Weil zuvor Arjen Robben verletzungsbedingt ausgewechselt wurde, mussten die Münchner ihr Offensivspiel neue justieren – was überhaupt nicht gelang. Mönchengladbach rückte nun etwas weiter raus, stand aber weiter kompakt sobald die Münchner die erste Linie überspielten. Guardiola wechselte mit Lahm und Rode nach der Pause überraschend defensiv. Offensiv verpufften die Wechsel völlig. Trotzdem war der FC Bayern am Ende mit dem 0:2 durch Raffael (77.) noch gut bedient. Johnson und Herrmann vergaben beste Kontermöglichkeiten für einen höheren Sieg. Bayern hatte zwar einige wenige gute Möglichkeiten und Halbchancen nach hohen Flanken – wirklich zwingend wurde es aber nicht.

Kurz nach dem Schlusspfiff wurde dann auch noch bekannt, dass Arjen Robben mit einem Bauchmuskelriss mehrere Wochen ausfallen wird. Ein gebrauchter Abend.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Favres Bluff legt Bayerns Schwächen offen

Viel wurde vor dem Spiel geredet über die spielstarken und passsicheren Gladbacher. Immer wieder sprachen Favre, Eberl und auch einige Spieler davon in München etwas riskieren zu wollen. „Hoch verteidigen und schnell umschalten“, gab zum Beispiel Trainerfuchs Favre vor dem Spiel die Marschroute vor. „Wir müssen sie stören und zu Fehlern zwingen und unser Spiel mit etwas mehr Risiko aufziehen“, sagte Innenverteidiger Stranzl vor der Partie. All das kann nach der Partie als geschickter Bluff bezeichnet werden. Mönchengladbach begann zurückgezogen und defensiv wie zuletzt eher Abstiegskandidaten in der Allianz Arena. Der Tabellendritte überließ den Münchnern gerade zu Beginn den Ball komplett und postierte zwei eng verbundene Viererketten vor dem eigenen Sechzehner. Nachdem die Mannen um den sicheren Schlussmann Yann Sommer Bayerns gute und spielfreudige Anfangsviertelstunde überstanden, wurde es zäh. Gladbach stand extrem gut organisiert und ging zu Beginn sehr wenig Risiko im Konter. Bayern versuchte es immer wieder mit dem gleichen Mittel. Energisches Hinterlaufen und Überzahlsituationen auf den Außen mit anschließender Hereingabe oder Seitenwechsel – Tempowechsel fehlten völlig. Nicht einmal Freistoßgelegenheiten am Strafraum erzwangen die Münchner am Sonntagabend.

Schon in der Hinrunde hatte der FCB gegen die Favre-Elf über weite Strecken auf Granit gebissen und schlug beim 0:0 25 Flanken in den Strafraum. Auch am Sonntag waren es 21 Flanken. Lewandowski hatte hier gegen Dominguez und Stranzl quasi keine Chance. Bis zur Pause gewannen die Gladbacher 58 Prozent der Zweikämpfe und nutzten ihren einzigen gefährlichen Gegenstoß zur 1:0-Führung. Bis zum Schluss waren es übrigens 4:16 Torschüsse aus Sicht der Gäste. Trotzdem wirkten sie gerade in der zweiten Hälfte deutlich torgefährlicher als die Münchner.

Mit der Führung im Rücken rückten die Grün-Weiß-Schwarzen nach der Pause etwas energischer hinten raus und setzten auch Alonso im Spielaufbau stärker unter Druck. Trotzdem blieb es bis zuletzt bei den engen Viererketten vor dem Sechzehner sobald der FCB mit dem Ball am Fuß über die Mittellinie kam. Dass nach Robbens Verletzung auch die Qualität in Eins-gegen-eins-Duellen wegfiel, kam erschwerend hinzu. Götze probierte es immer wieder mal mit dem Kopf durch die Wand – blieb aber wirkungslos. Allein mit Pässen ist Mönchengladbach kaum beizukommen – vor allem wenn das Risiko von vertikalen Bällen so sehr gescheut wird.

Bayerns Probleme mit gut organisierten Defensivformationen, die den Weg in den Strafraum vielbeinig versperren sind nicht ganz neu. Sie waren das große Thema des letzten Frühjahrs in den Duellen gegen Manchester United und Real Madrid und sie waren auch in den Vorwochen immer mal wieder zu erkennen. Häufiger brauchte es eine Standardsituation, um den Bann zu brechen und den Gegner so auch ein wenig herauszulocken. Nur drei Mal in den letzten zehn Spielen gelang dem Rekordmeister der erste Treffer aus dem Spiel heraus.

Die Kreation von Torchancen gegen einen so gut organisierten und kompakten Gegner ist die Königsaufgabe für jede Bayern-Mannschaft. Unverständlich bleibt, warum der FCB selbst bei einem Rückstand so oft Gegenstöße abbrach, um den Ball in den eigenen Reihen zu sichern. So machte man es den Gladbachern leicht, immer wieder in die Ordnung zu finden. Die Hauptkritikpunkt ist deshalb auch nicht, dass es Bayern so schwer fiel Torchancen herauszuspielen – das wäre sehr vielen anderen Mannschaften auch so gegangen. Hauptkritikpunkt war am Sonntag, wie leicht man es den Gladbachern machte die so viel gelobte Ordnung zu finden. In dieser Hinsicht war es sicherlich das schlechteste Saisonspiel der Bayern. Es ist nach dem 1:4 gegen Wolfsburg der zweite deutlich hörbare Warnschuss in dieser Rückrunde. Bayerns Bilanz gegen die Top-5 der Bundesliga verschlechtert sich so auf 9 Punkte in 7 Spielen bei einem Torverhältnis von 6:9.

2. Zum letzten Mal mit Alonso und Schweinsteiger?

Die Kritiker der Kombination Alonso und Schweinsteiger im zentralen Mittelfeld haben durch die Partie gegen Mönchengladbach neues Futter bekommen. Gut möglich, dass es das letzte Mal war, dass die beiden gemeinsam in der Startelf standen. Lahm und Thiago stehen bereits in den Startlöchern. Guardiola probierte gegen Mönchengladbach etwas Neues und stellte Alaba zu Beginn auf die halbrechte Position im zentralen Mittelfeld, um dem Übergang mehr Diagonalität zu verleihen. Gleichzeitig positionierte er Schweinsteiger deutlich weniger offensiv als zuletzt, wenn er mit Alonso auf dem Platz stand. Wirkung zeigte das so gut wie nicht. Alonso kippte erneut weit ab und spielte einige hanebüchene weite Flügelwechsel, die von den Gladbachern leicht abgefangen wurden. Ansonsten fiel er kaum auf. Schweinsteiger war zwar in den Zweikämpfen präsenter, wirkte aber so wenig handlungsschnell wie lange nicht. Guardiola schob Alaba während des Spiels mehrfach hin und her. Er war insgesamt sicher noch der aktivste der Drei.

Das Problem bei Alonso und Schweinsteiger ist, dass sie sich in Stärken und Schwächen eher addieren, als ergänzen. Gerade Schweinsteiger wirkte in den vergangenen Wochen auf der alleinigen Sechs wie befreit. Lahm und Thiago werden spätestens jetzt zurück in die Mannschaft drängen. Guardiola muss Möglichkeiten finden, Schweinsteiger oder Alonso bestmöglich zu ergänzen. Dann können sie beide auch in den kommenden Wochen wertvoll sein.

Zur Vollständigkeit gehört übrigens dazu, dass Bayerns Spiel auch nach Alonsos Auswechslung gegen Rode nicht wirklich besser wurde. Das Experiment mit beiden gemeinsam in der Startelf dürfte mit der Niederlage gegen Gladbach trotzdem beendet sein.

3. Passiver Guardiola

Es war eine der großen Stärken der vergangenen beiden Jahre. Wenn es gegen einen Gegner mal nicht lief, griff Guardiola immer wieder zu System-, bzw. Formationswechseln. Stellte innerhalb von Spielen mehrfach zwischen Dreier- und Viererkette um, verschob die Offensiven auf dem Feld und stellte damit den jeweiligen Gegner vor unterschiedliche Aufgaben. Wir haben das hier in der Hinrunde mal sehr ausführlich analysiert. Im Moment wirkt der Katalane überraschend gehemmt was sein In-Game-Coaching angeht. Zwar wechselte er auch gegen Mönchengladbach Alaba von rechts nach links und schob Bernat weiter nach vorne und Lewandowski etwas weiter zurück – ansonsten gab es jedoch kaum Anpassungen. Der Coach verpasste es so, seinem Team von außen einen Rhythmuswechsel zu verordnen. Bayerns Spiel wirkte über 90 Minuten wie ein Metronom, aber eben auch ausrechenbar. So ähnlich wie schon beim Auswärtsspiel in Donezk, als viele ebenfalls vergeblich auf einen Eingriff von Pep warteten.

Klar waren gerade seine offensiven Möglichkeiten von der Bank nach Robbens Verletzung extrem beschränkt. Die Wechsel von Rode und Lahm für Alonso und Götze änderten aber nicht gerade viel. Vor allem die Herausnahme von Götze bei einem 0:1-Rückstand überraschte. Schwer zu deuten, was Guardiola mit diesem Wechsel bezwecken wollte. Etwas mehr Stabilität vielleicht, aber die so sträflich unbesetzten 8er-Räume wurden so auch nicht besser bespielt.

Durch die Rückkehr von Lahm und Thiago und Ribéry hat Guardiola nach der anstehenden Länderspielpause wieder deutlich mehr Optionen und sollte auch wieder deutlich mutiger die potenziell große Variabilität seiner Mannschaft nutzen. Ohne Arjen Robben muss er das sogar tun, denn dem Rekordmeister steht ohne seinen Top-Torjäger eine extrem komplizierte Phase bevor. Seine Fähigkeiten in direkten Duellen und seine Durchschlagskraft sind kaum zu ersetzen.

Der FC Bayern darf es einer Mannschaft wie Mönchengladbach nicht erlauben, es sich in der Allianz Arena gemütlich zu machen und ohne große Denksportaufgaben den eigenen Matchplan durchzuziehen. Dieser Vorwurf geht zuallererst an die Mannschaft – aber auch in Richtung Guardiola.

FC Bayern – Borussia Mönchengladbach 0:2 (0:1)
FC Bayern Neuer – Rafinha, Boateng, Badstuber, Bernat – Schweinsteiger, Alonso (61. Rode), Alaba – Robben (24. Müller), Götze (70. Lahm), Lewandowski
Bank Reina, Dante, Weiser, Thiago
Mönchengladbach Sommer – Jantschke, Stranzl, Alvaro Dominguez, Wendt- Kramer, Xhaka, Johnson – Herrmann – Raffael, Hahn (72. Kruse),
Bank Heimeroth, Korb, Hazard, Nordtveit, Traoré, Hrgota
Tore 0:1 (30.) Raffael, 0:2 (77.) Raffael
Karten Gelb: Jantschke, Hahn
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)
Schiedsrichter Florian Müller (Burgdorf)