FC Bayern – Borussia Dortmund 1:1 (0:0)

Steffen Trenner 02.12.2012

1. Der Dortmund-Fluch lebt weiter

Dieses Spiel ist nicht gerade leicht zu verarbeiten. Bayern gewinnt auch im sechsten Anlauf in Folge trotz bester Chancen in der Schlussviertelstunde und 1:0-Führung nicht gegen das Klopp-Team und verliert obendrein Abwehrchef Badstuber möglicherweise für den Rest der Saison. Das Gegentor fällt zudem nicht aus dem Spiel heraus, sondern nach einem Stellungsfehler nach einer Ecke!! Der Dortmund-Fluch lebt also irgendwie weiter. Auch wenn die tabellarische Ausgangssituation und auch die Leistung der Heynckes-Elf dafür spricht, dass Dortmund die Dominanz der vergangenen zwei Jahre verloren hat.

Dortmund hatte genau 30 wirklich gute Minuten rund um die Badstuber-Verletzung zwischen 30. und 60. Minute. Diese Phase wirkte wie ein deja vu aus den Duellen in den vergangenen Jahren. Bayern gelang es nach der guten Anfangsphase nicht mehr kontrolliert aufzubauen. Weil Dortmund die Räume im Zentrum perfekt zustellte, blieb meist nur die Möglichkeit Müller oder Ribery auf den Außen anzuspielen, die den Ball in dieser Phase jedoch meist mit dem Rücken zum Tor und unter starkem Dortmund Druck verarbeiten mussten. Immer öfter hieß deshalb die Variante: Rückpass auf Neuer – langer Ball auf Mandzukic. Während Mario Gomez in den vergangenen Jahren in der Luft von Subotic und Hummels komplett dominiert wurde, gelang es Mandzukic zumindest einige Balle zu sichern oder zu verarbeiten. Dennoch fand Bayern offensiv in dieser Phase kaum statt. Eine Dortmunder Führung wäre in dieser Phase nicht unverdient gewesen, aber Bayern befreite sich vor allem dank zwei Spielern aus der Passivität. Javi Martinez und David Alaba sorgten dafür, dass Bayern ab der 60. Minute wieder häufiger den Ball frühzeitig gewann. Nach früherem Ballgewinn war es für Bayern leichter ins Kombinationsspiel einzusteigen und zum Beispiel Ribery in Lauf- bzw. 1:1-Duelle zu schicken. Nach dem 1:0 hatte Bayern das Spiel sehr gut im Griff. Das Gegentor war das vermeidbarste der gesamten Saison und am Ende hielt Weidenfeller allein den Punkt für Dortmund fest.

Natürlich kann Bayern mit diesem Punkt leben. Geht bis zur Winterpause nichts mehr schief, ist die Ausgangslage für das neue Jahr grandios. Dennoch war Dortmund an diesem Samstag-Abend eigentlich fällig. Deshalb und wegen der Badstuber-Verletzung bleibt ein fader Beigeschmack.

2. Der Wert von David Alaba

David Alaba wird allzu häufig auf seine offensiven Fähigkeiten als Flügelpartner von Ribery reduziert. Ein wenig erinnert das an die Wahrnehmung von Phillip Lahm in seiner Anfangszeit bei Bayern. Lahm wurde immer als Prototyp eines modernen offensiven Außenverteidigers beschrieben, der im Jahr 2004/2005 in Deutschland eine Seltenheit war. Sein Tor zum Auftakt der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gegen Costa Rica gab dieser Beschreibung das passende Exempel. In den Folgejahren wurde auch deshalb Lahms Entwicklung als linker und später als rechter Verteidiger häufig kritisch beschrieben, weil er beim genaueren Hinsehen gar nicht so viele Torbeteiligungen aufzuweisen hat. Lahm hat jedoch vor allem drei herausragende Fähigkeiten. Seine Pass- und Kombinationssicherheit, sein defensives Stellungsspiel und seine Fähigkeit gegen andribbelnde Außenstürmer den Ball zu gewinnen. Auch deshalb blühte Ribery und später Robben vor ihm auf, weil sie in ihm einen perfekten Kombinationspartner und gleichzeitige Absicherung hatten.

Alaba ist vielleicht sogar offensiv stärker als Lahm und ist mit seinen mutigen Vorstößen und seinem starken linken Fuß ein perfekter Partner für Ribery. Unterschätzt sind auch
seine defensiven Fähigkeiten, die er am Samstag Abend eindrucksvoll nachwies. Blaszcykowski hatte keine einzige gefährliche Szene. Und Mario Götze der häufig auf rechts auswich und das 1:1 gegen Alaba suchte (und meist verlor), hatte seine besten Situationen bei seinem Tor nach einer Ecke und einem unbedrängten Kopfball im Sechzehner. Weit weg also von Alaba, der 67% seiner Zweikämpfe gewann und knapp 11 Kilometer lief. Der Österreicher gehört auf diesem Niveau zu den besten Außenverteidigern Europas und kann Bayern noch lange Freude bereiten – auch und gerade wegen seiner defensiven Fähigkeiten.

3. Die Folgen der Badstuber-Verletzung

Die Verletzung von Badstuber schmerzt extrem. Die Rotation auf der Innenverteidigerposition verknappt sich dadurch auf drei Spieler. Gerade Dante, der bisher jede Minute gespielt hat, wird irgendwann eine Pause benötigen. Auch Daniel van Buytens Rolle wird dadurch wieder wichtiger. Dennoch ist es zum jetzigen Zeitpunkt in Ordnung, dass Bayern keinen Transfer auf dieser Position plant. Viel passieren darf jedoch nun nicht mehr. Holger Badstuber ist der beste Aufbauspieler der vier Innenverteidiger – gerade Boateng und van Buyten, die zu häufig auf lange Bälle setzen, werden sich hier im Verlauf der Saison verbessern müssen. Badstubers Ball- und Passsicherheit hat auch David Alaba auf der linken Seite entlastet und erlaubte es dem kleinen Österreicher häufig schon früh Ribery proaktiv zu hinterlaufen, weil Badstuber die Hauptlast im Spielvortrag leistete. Auch auf Alaba wird ohne Badstuber vermutlich mehr Arbeit in der Spielinitiation zukommen.

Für Badstuber, der sich in den vergangenen zwei Jahren zu einem modernen Innenverteidiger entwickelt hat, ist zu hoffen, dass er nach seinem Kreuzbandriss schnell den Weg zurück findet. Die Zeiten in denen ein Kreuzbandriss das zwangsläufige Karriereende bedeutete, sind zwar vorbei, dennoch verläuft der Heilungsprozess sehr unterschiedlich. Brazzo Salihamidzic schaffte nach gleich zwei Kreuzbandrissen ein ordentliches Comeback, während Breno nach dieser Verletzung nie wieder richtig zurück fand. Eine chronische Instabilität im Knie und immer wieder auftretende Entzündungen können einen Kreuzbandriss de facto doch zu einer Karriere-bedrohenden Verletzung werden lassen. Es bleibt zu hoffen, dass dies bei Badstuber nicht der Fall ist.

Alles Gute Holger und komm bald wieder!