Einwurf: Eine nostalgische Liebeserklärung an Bastian Schweinsteiger
Sportdokumentationen und Sportlerbiografien sind in der Filmbranche derzeit schwer in Mode. Letztere versprechen, berühmte Athleten von ihrer menschlichen Seite zu zeigen, gewähren einen Blick hinter die Kulissen und in ihr oft streng geschütztes Privatleben, und lassen eine Reihe von Wegbegleitern zu Wort kommen, die Anekdoten und Erinnerungen zum Besten geben.
Nun gibt es also auch eine Doku über Bastian Schweinsteiger. Er ist eine Ikone des FC Bayern, und spätestens seit dem WM-Finale 2014 in Rio de Janeiro auch darüber hinaus unvergessen als Herzstück und unermüdlicher Antreiber der Nationalmannschaft, der immer wieder aufsteht, trotz Platzwunde im Gesicht und malträtiertem Körper. Im vergangenen Jahr beendete Schweinsteiger seine Fußball-Karriere – es war vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf die Idee kam, ihm einen Film zu widmen.
Viele neue Einblicke bietet „Schw31ns7eiger“ leider nicht, abgesehen von Videos aus seiner Kindheit, die zeigen, dass Schweinsteiger bereits in jungen Jahren einen ausgeprägten Siegeswillen hatte, und einige schöne private Momente mit seiner Frau Ana Ivanović, Bilder ihrer Hochzeit und ein Tennis-Duell, das Schweinsteiger natürlich nur verliert, weil etwas mit dem Bodenbelag nicht stimmt.
Schweinsteigers Anfänge beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft als der junge Wilde mit den verrückten Frisuren, die Jahre, in denen er zum „emotionalen Leader“ und Bayerns Fußballgott reift, das verlorene Champions-League-Finale dahoam, der Triple-Triumph ein Jahr später, der WM-Titel 2014, die emotionalen Abschiedsspiele – das sind Szenen, die man in- und auswendig kennt, Geschichten, die man schon hundertmal gehört hat. Das heißt nicht, dass sie deswegen weniger emotional sind – auch ich habe schon wieder ein paar Tränen verdrückt – und natürlich müssen sie gezeigt werden, da diese Momente den Spieler sowie den Menschen Schweinsteiger nachhaltig geprägt haben. Aber trotzdem hätte man sich gewünscht, dass der Film ein wenig mehr in die Tiefe geht.
Stattdessen sehen wir viele alte Bekannte: Lukas Podolski haut lustige Sprüche raus, Jupp Heynckes erinnert sich mit väterlichem Stolz an die gemeinsame Zeit und Oliver Kahn bescheinigt seinem ehemaligen Mitspieler Authentizität. Holger Badstuber, Jérôme Boateng, David Alaba, Manuel Neuer, Miroslav Klose – sie alle loben Schweinsteiger in höchsten Tönen, und als Joachim Löw sagt, dass er schon immer ein Schweinsteiger-Fan gewesen sei und dies auch immer bleiben werde, möchte man rufen: „Ja, wir doch auch! But what else is new?“
Die Doku hat aber auch viele unterhaltsame Momente, etwa als Schweinsteiger Senior erzählt, wie er im Trubel bei der Ankunft seines Sohnes in Chicago einfach am Flughafen vergessen wurde und dem davonfahrenden Auto hinterherlaufen musste.
Als Schweinsteiger nach seinem letzten Spiel für Chicago Fire seinen Mannschaftskollegen mitteilt, dass er in der nächsten Saison nicht mehr dabei ist und seine Karriere beendet, kann er seine Tränen nicht zurückhalten, und da ist er wieder, der Spieler, den wir kennen und lieben; glaubwürdig, emotional, sympathisch – einer von uns.
Produziert wurde „Schw31ns7eiger“ von seinem Freund Til Schweiger, der auch gleich mehrmals vor der Kamera auftaucht, um seine Meinung zum Besten zu geben, ohne damit aber den Film im Geringsten zu bereichern.
Sagen wir es mal so: Ist die Dokumentation eine filmische Meisterleistung? Nein, das ist sie gewiss nicht. Wer diese Erwartungshaltung hat, wird eher enttäuscht sein. Trotzdem wird man sich als Schweinsteiger-Fan nicht langweilen, hat man doch hier die Gelegenheit, noch einmal die Höhen und Tiefen seiner Karriere mitzuerleben und emotional-nostalgisch in Erinnerungen zu schwelgen. „Ich habe immer gesagt, das Wichtigste für mich, das sind Erinnerungen, das ist das Schönste, was man haben kann“, sagt Schweinsteiger im Film. Und für die meisten seiner Fans, die sich diese Doku ansehen, werden diese Erinnerungen mehr als als genug sein.