Die Lage der Bundesliga – Teil 2
Im ersten Teil unserer Serie konnten wir herausfinden, dass die finanzielle Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga eher mittelmäßig ist, da die Liga selbst keine großen Einnahmen generiert. Jedoch ist Geld nicht alles im Fußball, sondern lediglich eine hilfreiche Grundlage. In Teil zwei überprüfen wir, ob die Bundesligisten überhaupt etwas erreicht haben. Wie groß sind die ligainternen und internationalen Lücken?
Internationale Erfolge und Vergleiche
Es ist ein ziemlich einfacher Ansatz: wie erfolgreich waren deutsche Vereine in Europa zuletzt? Eine starke Liga produziert zumeist auch regelmäßig Titelkandidaten für die Champions und Europa League.
Die große Herausforderung war es hier, sich auf eine Definition von Erfolg festzulegen. Was ist ein Erfolg auf europäischer Ebene? Trophäen sind die natürlichste Kennzahl, jedoch viel zu endgültig für eine solche Analyse, denn es gibt pro Jahr nur einen Sieger – ein Umstand, der zu viele starke Teams außen vor lassen würde.
Wir haben uns für das Erreichen des Halbfinales als Grenze entschieden. Wer es in einem der beiden Wettbewerbe unter die letzten Vier schafft, hat meist eine anständige Arbeit. Natürlich werden hin und wieder auch schwächere Teams unter gütiger Mithilfe des Losglücks ins Halbfinale gespült, aber das ist hier im Gegensatz zum Viertelfinale die große Ausnahme.
Mit der Auswertung begonnen haben wir im Jahr 1998, weil in dieser Saison die Champions League erweitert wurde, wodurch regelmäßig mehrere Teilnehmer aus einer Liga dabei sind. Ältere Daten wären etwas zweifelhaft, da eine gesamte Liga oft von den Ergebnissen einer einzigen Mannschaft abhängig war.
Ein Blick auf die Gesamtzahlen verrät die Mittelmäßigkeit Deutschlands.

Spanien gewinnt dieses Rennen der Halbfinalisten klar, sie führen in beiden Kategorien (wenn man die Kategorie “Andere” ignoriert). Von 1998-2015 stellte La Liga im Schnitt 2,4 Halbfinalisten pro Jahr.
England war ähnlich erfolgreich in der Champions League, hier mangelt es aber am Erfolg in der Europa League. Die Bundesliga ist auf einem Niveau mit der Serie A, liegt aber in der wertvolleren Kategorie (Champions League) vorne. Es gab im Schnitt 1,1 deutsche Halbfinalisten pro Saison – die Mehrzahl davon kamen aus Bayern.
Interessanterweise sind diese Zahlen aber stark zeitabhängig. Während Ligen stets Hochs und Tiefs durchlaufen, schwankt selbstverständlich auch der internationale Erfolg. Deshalb haben wir die Entwicklung veranschaulicht (aus visuellen Gründen mit sogenannten polynomischen Trendlinien).

Jede Liga erzählt hier ihre eigene Geschichte. Die englische Dominanz in den späten 2000er Jahren ist fast so beeindruckend wie die aktuelle Herrschaft Spaniens. Die italienische Liga erwacht gerade aus einer tiefen Krise (genau ein Halbfinalist von 2009-2013), wobei die Rückkehr nicht so erfolgreich sein wird, wie es die aktuelle Kurvenentwicklung aussagt.
Beim Verlauf der Bundesliga werden sich erfahrene Fans an die Kirch-Krise erinnern. Der Zusammenbruch der Kirchgruppe im Jahr 2002 verursachte einen unerwarteten Wegfall der Einkommensquellen. Die Liga verbrachte fast ein halbes Jahrzehnt ohne marktgerechtes Wachstum und dieser Verlauf unterstreicht dies. Der eigentlich solide Halbfinalschnitt (1,4 pro Jahr von 1998-2002 und 2008-2015) kollabierte zu einem kümmerlichen Durchschnitt von 0,4 in den Krisenjahren 2003-2007, inklusive keinem einzigen deutschen Halbfinalisten zum Höhepunkt der Krise von 2003-2005.
All diese Dinge werden noch offensichtlicher, wenn man nur auf die CL-Halbfinalisten schaut. Schließlich regieren hier die Superreichen.

Man kann die Bundesligakrise geradezu schmecken…
Alles über die historische Entwicklung in Europa auf Seite Zwei.
Sehr interessanter Beitrag! Die eine oder andere Statistik hätte ich so nicht eingeschätzt, etwa die bereinigte Entwicklung des UEFA-Koeffizienten. Allerdings bin ich mit dem Fazit nicht einverstanden: Die Leistung der Bundesliga sei relativ gesehen im Moment nur Mittelmaß, worauf man nicht besonders stolz sein könne. Ich denke, da geht vielleicht bei den ganzen historischen Statistiken ein bisschen unter, dass die relative Entwicklung der Liga seit ca. Mitte der 2000er nicht nur enorm ist sondern die Tendenz ja durchaus immer noch nach oben zeigt — z. B. ist der Abwärtstrend im internationalen Vergleich in den letzten Jahren ja doch vor allem durch den Einbruch von Dortmund bedingt, der schon wieder passé ist und entspricht somit meiner Meinung nach nicht mehr dem Status Quo (bei der bereinigten Entwicklung des UEFA-Koeffizienten kann man ja auch schön sehen, dass es insgesamt “enger” geworden ist, so dass ein Verein da schon viel ausmachen kann). Mein Fazit ist daher: wenn selbstverständlich immer noch gilt “weiter, immer weiter”, so kann man als Bundesliga-Fan doch zufriedener sein, als es hier nahegelegt wird.
Was für ein großartiger Beitrag. Ich bin jetzt auch Tobi-Fan!