Pokal-Sensation: FC Bayern kann doch gegen Augsburg gewinnen – 5:2
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
32 Tage nach der Schlappe in der Liga, musste der FC Bayern abermals die kurze Busfahrt nach Augsburg antreten. Im Gepäck hatte Julian Nagelsmann weitgehend die selbe Aufstellung, die den SC Freiburg erfolgreich mit 5:0 heimschickte. Nur verletzungsbedingt tauschte Nagelsmann Mazraoui und Sané aus, für sie begannen Pavard und Musiala. Vorne startete nach seiner Gala erneut Choupo-Moting. Interessant war zudem das zentrale Mittelfeld. Abermals begann Leon Goretzka. Mittlerweile darf man feststellen, dass er seinen Platz erfolgreich von Marcel Sabitzer zurückerobert hat.
Der FC Augsburg musste mit Gikiewicz und Berisha die zwei Matchwinner vom Bundesliga-Überraschungserfolg ersetzen.
1. Halbzeit
Augsburg presste von der ersten Spielsekunde hoch und ließ die Bayern kaum über die Mittellinie, zunächst entsprangen daraus nur mehrere gute Halbchancen, doch in der achten Spielminute schlug es ein in Ulreichs Kasten: Nach einem unpräzisen Abschlag des Keepers gewann der FC Augsburg mehrere Zweikämpfe, rückte vor. Am Ende hatte Pedersen viel Platz und Zeit zum Zielen für einen Distanzschuss, 1:0.
Mit zunehmender Spieldauer arbeitete sich der FC Bayern in die Partie. Nach 20 Minuten hatten sie Augsburgs mannorientiertes Pressing weitgehend durchschaut, dribbelten dagegen an (Musiala und Davies). Folgerichtig fielen auch mehrere Chancen, doch die schwachen Schüsse fing Koubek einfach ab, bis Choupo-Moting seine ganze Schlitzohrigkeit bewies und aus spitzem Winkel die Bewegung des Torwarts vorraussah und ihn so überwinden konnte (27.). Wenige Augenblicke später hatte Mané die Führung auf dem Fuß, doch frei vor Koubek blieb der Tscheche der Sieger.
Fouls kamen in der Folge noch viele dazu, doch Tore fielen keine mehr. 1:1 hieß es zur Pause.
2. Halbzeit
Der FC Augsburg musste zur Halbzeit Gumny auswechseln, bis dahin hatte er Sadio Mané gut aus dem Spiel genommen. In der 53. Minute jagte just dieser Mané dem FCA vor dem eigenen Strafraum den Ball ab, Choupo-Moting legte quer auf Kimmich, der bei seinem Flachschuss die Nerven behielt – 2:1. Coman kam in der Folge für Mané und Choupo-Moting setzte seiner Gala die Krönung auf. Musiala legte instinktiv per Hacke den Ball von der Grundlinie ins Zentrum, wo Augsburg Slapstick Puppenspiele bereithielt, der Ball fiel dem Deutsch-Kameruner vor die Füße, der sich nicht bitten ließ (59.).
Die Entscheidung war dies allerdings noch nicht, sechs Minuten später kamen die Augsburger zurück. Eine Flanke Vargas’ schob Upamecano per Eigentor über die Linie. Enrico Maaßen befeuerte jetzt die aufkommende Hoffnung mit einem Dreifachwechsel.
Die Hoffnung währte aber dann doch nur neun Minuten. Ein Angriff Bayern schien bereits abgeschlossen zu sein, als der Ball gegen die Eckfahne kullerte. Davies erlief sich das Spielgerät aber noch, tunnelte aus dem Stand Petkov und legte dann ab zu Musiala, der umringt von Gegenspielern nur noch wenige Zentimeter machen konnte, abbrach und den Ball aus weitem Winkel effetvoll in den Kasten schweißte. Kurz darauf verließ der angeblich nur drittbeste Teenager der Welt den Platz für Müller, wenig später kam dazu noch Sabitzer für Choupo-Moting. Nagelsmann verbrauchte damit sein gesamtes Wechselkontingent, weder Tel noch Gravenberch konnten noch kommen. Offenbar traute der Trainer dem Braten noch nicht.
Doch der war gegessen, denn Augsburg schien jetzt keine Körner mehr fürs Verteidigen zu haben, die Bayern kamen noch auf einige exzellente Torchancen. Sekunden vor dem Abpfiff nutzten sie dann doch noch eine. Müller wurde im Strafraum freigespielt, täuschte seinen Gegenspieler mit einer Finte und legte auf den heranstürmenden Davies ab, der sich sein wohlverdientes Tor abholte. Nach zwei Jahren Abstinenz zieht der FC Bayern damit wieder in ein Pokal-Achtelfinale ein.
Dinge, die auffielen
1. Manndeckung legt den FC Bayern lahm
Gut 20 Minuten brauchte der FC Bayern um ins Spiel zu kommen, gerade in den ersten 15 sahen sie kein Land. Augsburg rannte früh und hart an, über das ganze Spielfeld verteilt herrschte Manndeckung. Mit so einer Taktik hatten die Bayern schon in den vergangenen Jahren öfters Probleme, doch da hatten sie wenigstens Lewandowski und Neuer. Neuer konnte präzise Abschläge ausführen und direkt mehrere Gegenspieler überspielen, Lewandowski mit dem Rücken zum Tor all seine Technik einsetzen.
Anstelle Neuers spielt derzeit Sven Ulreich, der an guten Tagen starke Reflexe zeigen kann, doch Neuers Qualitäten mit dem Fuß nicht einmal im Ansatz ersetzen vermag. Selbst wenn die Statistik nicht immer von einem “Fehlpass” spricht, gerade in diesen ersten 20 Minuten kam kaum auch nur ein einziger Pass dort an, wo er sollte. Und insbesondere um Manndeckung auszuspielen braucht es die komplette Palette an Passqualität. Da muss die Passschärfe genauso stimmen, wie die Präzision. Ein wenig zu lasch oder unpräzise, und der Mitspieler ist in Bedrängnis, weil der Gegner die Räume so eng hält. So gesehen beim 0:1, wo Augsburgs Anlaufen Ulreich zu einer Bogenlampe mit dem schwachen Fuß zwingt und der FC Bayern in der Folge sämtliche Duelle verliert.
Der Neuner vorne sollte im besten Fall zur Not den Ball mit dem Rücken zum Tor runterpflücken und weiterleiten können, Choupo-Moting vermochte dies nur in späteren, unkritischeren Phasen der Partie. Er bringt mehr Körperlichkeit in die Mannschaft, doch ein Lewandowski ist er nicht. Bleibt seine Scorer-Ausbeute allerdings weiterhin so gut, wird das zu verschmerzen sein.
2. Die Bayern befreien sich
Manndeckung schön und gut, doch mit zunehmender Spieldauer wurde der FC Bayern immer besser. Hier zeigte sich das systemische Problem beim Konzept “Manndeckung” oder wie es oft euphemistisch heißt: “Mannorientiertes Pressing”. Deckt jeder Spieler einen anderen, sind weite Räume des Spielfelds frei. Durchbricht man dann das Pressing, indem ein Angreifer sein direktes Pendant überspielt, sind dann eben diese Räume der Tod des Systems.
Bei Bayern spielen stets gut ein halbes dutzend Dribbler, die als Konter gegen Manndeckung wie gemacht sind. Wohl auch deshalb nutzte bislang kein Team diese Taktik so konsequent wie der FC Augsburg. Nach den anfänglichen Problemen befreiten sich immer wieder Musiala, Davies, manchmal auch Gnabry und einmal sogar Dayot Upamecano. All diese Spieler konnten nach dem ersten gewonnen Dribbling mit großen Schritten dutzende Meter gut machen, weil jeder Spieler bereits einem anderen zugeteilt war und das Verlassen ihrer Posten den Zusammenbruch des Systems bedeuten würde.
Dazu fingen die Bayern nach 20 Minuten an, das Spiel nagelsmannuntypisch breit zu ziehen. Brach etwa Davies links durch, hielt Mané die Breite und zog so die Defensive auseinander. Ähnlich Pavard, der diesmal offensiv mitzog und so ab und an vorne mitentscheidend sein konnte. Eigentlich hätte er sogar einen Assist bekommen müssen, doch Mané scheiterte in der 29. mit einer sogenannten “Hundertprozentigen”.
Überhaupt muss man festhalten, dass der FC Bayern heute sehr viele Chancen herausspielen konnte. Obwohl das Spiel lange Zeit auch im Ergebnis eng war, schoss man am Ende fünf Tore und hatte Chancen für acht.
3. Davies ist zurück
Nein, das Individuallob bekommt nicht Eric-Maxim Choupo-Moting, das wäre zu einfach.
Alphonso Davies bekommt es. Er hatte schon einige gute Spiele in den letzten Tagen und Wochen, doch spätestens jetzt muss man einmal festhalten: Davies’ Talfahrt ist vorbei. Gegen den FC Augsburg war er dabei jedoch nicht “der Alte”. Denn berühmt wurde Davies ja mit offensiver Brillanz bei gleichzeitigen defensiven Schnitzern, heute waren diese rar gesäht. Gerade in den katastrophalen (O-Ton Goretzka) ersten Minuten zeigte er sich defensiv sehr engagiert, stibitze mehrfach einschussbereiten Augsburgern noch mit der aller letzten Aktion die Kugel vom Fuß.
Offensiv ließ er sich natürlich ebenfalls nicht bitten, als Konter gegen Augsburgs Mannorientierung war er immens wichtig und auch als klassischer offensiver Linksverteidiger hatte er seine Momente. Am Ende war ein Assist und ein Tor wohl verdient auf seinem Konto. Alphonso Davies ist zurück.