FC Bayern München – VfL Wolfsburg 5:1 (0:1)

Steffen Trenner 22.09.2015

Für den FC Bayern war es zudem das erste Wiesn-Heimspiel. Seit dem Aufstieg 1965 gab es 83 Heimspiele. 54 Spiele wurden gewonnen, 21 unentschieden gespielt und acht Niederlagen kassiert. Vor dem Spiel stand die Tordifferenz bei 218:90 Toren.

Falls Ihr es verpasst habt:

Wie erwartet rotierte Pep Guardiola im Vergleich zum Sieg gegen Darmstadt am Wochenende erneut und brachte die etatmäßigen Stammspieler Xabi Alonso, Vidal, Müller und Lahm zurück in die Startelf. Kimmich, Rafinha, Rode und Coman mussten weichen.

Startaufstellung FC Bayern München - VfL Wolfsburg, 22.9.2015Pep Guardiola setzte mit seinem FC Bayern auf ein konservatives 4-1-4-1 System.

Etwas überraschend nahm auch der zuletzt angeschlagene Robert Lewandowski zunächst auf der Bank platz. Götze blieb dafür genau wie Bernat in der Startformation. Wolfsburg begann mit zwei Ex-Münchnern in Person von Dante (der vor dem Spiel gebührend verabschiedet wurde) und Luiz Gustavo. Träsch startete für Vierinha auf der rechten Abwehrseite. Neben dem zuletzt öffentlich kritisierten Bas Dost durfte Max Kruse als zweite Spitze beginnen.

Guardiola setzte zu Beginn auf eine für seine Verhältnisse fast konservative Ausrichtung, die am ehesten als variables 4-3-3 bezeichnet werden kann. Müller positionierte sich in vorderster Front, während Götze und Bernat die linke Seite beackerten. Auf Wolfsburger Seite bemühten sich Gilavogui und Luiz Gustavo, die Verbindung zwischen Aufbau und Angriff zu stören.

Das Spiel begann in gemächlichem Tempo ohne große Tempo- und Ryhthmuswechsel, was Wolfsburg sehr entgegen kam. Bayern hatte große Probleme, konstruktiv ins Angriffsdrittel zu kommen. Weite Bälle auf Müller und Götze waren zunächst häufig das Mittel der Wahl. Echte Chancen blieben über 25 Minuten Mangelware. Ein Fernschuss von Costa war noch die gefährlichste Aktion (18.). Ab der 20. Minute wurde Wolfsburg im Umschaltspiel etwas mutiger und versuchte schneller nachzurücken. In der 27. Minute eroberte der VfL einen eigentlich harmlos aussehenden zweiten Ball. Draxler bediente mit einem Heber Caligiuri, der aus vollem Lauf unhaltbar für Neuer zur 1:0-Führung ins kurze Eck traf. Boateng hatte zuvor den Ball gegen Kruse nicht klären können und Caligiuri war Bernat um Meter enteilt.

Bayern reagierte spürbar ratlos auf den Rückstand und ließ sich bis zur Pause jegliche Linie im Spiel nehmen. Der Rekordmeister hatte Glück, dass ein missglückter Ausflug von Neuer nicht bestraft wurde. Guilavogui verfehlte von der Mittellinie nur denkbar knapp das leere Tor. Auf der Gegenseite entwickelte lediglich Douglas Costa durch einen Schrägschuss Torgefahr.

Bayern blieb zur Halbzeit lange in der Kabine. Es gab offenbar Gesprächsbedarf. Der Coach reagierte zudem mit personellen Wechseln. Martínez und Lewandowski kamen für die schwächsten Münchner Thiago und Bernat. Was folgte, war Bundesligageschichte. Robert Lewandowski traf innerhalb von 15 Minuten nach seiner Einwechslung fünf Mal ins Wolfsburger Tor. Aus einem 0:1 zur Halbzeit wurde bis zur 60. Minute ein 5:1. Lewandowski brauchte in dieser Phase fünf Chancen für fünf Tore und brach den Widerstand der Wölfe innerhalb von wenigen Minuten komplett.

  • 51. Minute: Schöne Kombination über Götze, Vidal und Müller. Lewandowski schiebt den freien Ball über die Linie.
  • 52. Minute: Vertikaler Ball von Alonso auf Lewandowski. Der Stürmer dreht sich und schießt aus 18 Metern trocken ein.
  • 55. Minute: Götze legt nach schönem Lauf im Sechzehner quer. Lewandowski tifft zunächst den Pfosten und drückt dann den dritten Nachschuss irgendwie über die Linie.
  • 57. Minute: Flanke von Douglas Costa von der linken Seite. Lewandowski rauscht von hinten heran und hämmert den Ball aus elf Metern aus vollem Lauf unter die Latte.
  • 59. Minute: Götze bringt einen Ball von der rechten Seite halbhoch in den Strafraum. Lewandowski trifft per Seitfallzieher aus 15 Metern ins Netz.
  • 5:1.

Danach war das Spiel entschieden. Bayern kontrollierte die Partie, hätte sogar noch erhöhen können. Allein Lewandowski scheiterte zwei Mal aus aussichtsreicher Position. Dazu kamen gute Chancen von Thomas Müller und Douglas Costa. Am Ende war all das nur noch Nebensache. Bayern macht einen Bigpoint gegen einen direkten Konkurrenten und bleibt trotz des 3. Rückstands in dieser Saison ohne Punktverlust.

3 Dinge, die auffielen:

1. Patsch, patsch, patsch, patsch, patsch….

Der FC Bayern hat vor allem in den vergangenen drei, vier Jahren so einige besondere Rekorde aufgestellt. Aber was am Mittwochabend zwischen 21:00 und 21:15 passierte, setzte Vielem noch einmal die Krone auf. Robert Lewandowski zeigte eine der individuell herausragendsten Leistungen der Bundesligageschichte. Er allein drehte ein Spiel, das über 45 Minuten noch nach einem echten Dämpfer aussah. Der schnellste Hattrick der Bundesligageschichte, der schnellste Viererpack der Bundesligageschichte, der schnellste Fünferpack der Bundesligageschichte. Der erste Fünferpack für einen Einwechselspieler. Neun Minuten brauchte der polnische Nationalspieler für fünf Tore. Unfassbar.

Es wäre vermessen zu sagen, dass sich diese Explosion in den ersten Minuten der zweiten Hälfte angedeutet hätte, aber doch war nach dem Doppelwechsel von Guardiola in der Pause ein kleiner Ruck zu spüren. Vor allem der Seitenwechsel von Douglas Costa und Götze entfaltete sofort eine Wirkung, da Wolfsburg sich für einen Moment umorientieren musste. Auch die Hereinnahme von Martínez, der in 45 Minuten sechs Kopfballduelle gewann (Bestwert) wirkte sich positiv aus.

Der Ausgleich in der 51. Minute war noch am ehesten einer tollen Gemeinschaftsleistung zu verdanken. Götze wurde über rechts frei gespielt und Bayern gelang es endlich einmal mit mehreren Spielern und Tempo in den Strafraum einzudringen. Auch Vidal zog mit einem sehenswerten Lauf in die Spitze, legte per Hacke auf Müller, dessen Schussversuch von Dante in Richtung Lewandowski gespitzelt wurde, der nur noch einschieben musste.

Was folgte war eine Explosion, die irgendwie auch die unglaubliche Vielseitigkeit Lewandowskis unter Beweis stellte. Fernschuss, Stochertor, Direktabnahme aus dem Rücken der Abwehr, Seitfallzieher aus 16 Metern. Lewandowski zeigte unterstützt von Müller, Götze und Douglas Costa sein komplettes Repertoire. Es war eine Sternstunde. Seine Sternstunde.

2. Eine Halbzeit zum Vergessen

Bei allem Jubel über eine unwirkliche zweite Halbzeit sollten Bayerns Probleme in den ersten 45 Minuten nicht untergehen. Guardiola wird hieraus die richtigen Lehren ziehen müssen. Denn es war alamierend, mit welch einfachen Mitteln es den Wolfsburgern ab der 15. Minute gelang Bayerns Spiel die Stärken zu nehmen. Das Spiel der Hecking-Elf war im Wesentlichen auf zwei Dinge aufgebaut. Zum einen sollte mit Xabi Alonso durch eine Sonderbewachung von Kruse der stärkste Aufbauspieler der Hausherren aus dem Spiel genommen werden. Zum anderen bemühte sich Wolfsburg dem individuell gefährlichsten Offensivspieler des Tabellenzweiten (Douglas Costa) auf dem Flügel mit zwei oder drei Spielern den Weg in Richtung Strafraum zu versperren. Durch die tief liegenden Sechser Luiz Gustavo und Guilavogi wurden zudem die Achter- und Zehnerräume der Münchner gestört. Wie gesagt: Sonderlich kreativ ist das alles nicht. Erschreckend war, wie wirkungsvoll es funktionierte.

Wolfsburg bemühte sich anders als viele andere Mannschaften in der Vergangenheit Xabi Alonso nicht nur anzulaufen, sondern schon die Passwege auf den Spanier zuzustellen. Alonsos Abkippen wurde so noch komplizierter und störte den Spielfluss noch stärker als ohnehin schon. Normalerweise wäre es jetzt die Aufgabe von Vidal und vor allem Thiago gewesen, das Spiel an sich zu reißen. Vor allem Thiago agierte aber in der ersten Halbzeit zu fehlerhaft, um dem Spiel Struktur zu verleihen. Seine Auswechslung war folgerichtig.

Fragwürdig war auch die Entscheidung Guardiolas gegen den VfL auf eine Viererkette zu setzen. Dies zeigte den Respekt, den der Bayern Coach auf Grund der Ergebnisse in der Vergangenheit gegen Wolfsburg hat. Bayerns Spiel wurde so schon in einer frühen Phase des Aufbaus sehr rund, U-förmig und weniger vertikal. Die Auflösung der Viererkette zugunsten eines weiteren zentralen Mittelfeldspielers wäre gegen die Wolfsburger vielleicht sinnvoller gewesen. Dass dies allein aber kein Grund für die schwache erste Hälfte sein konnte, zeigte die deutlich bessere Zweite, in der Bayern trotz Viererkette das Kommando übernahm.

Weiter zu beobachten ist die Rolle von Douglas Costa. Der Brasilianer zeigte in der ersten Hälfte nicht zum ersten Mal in dieser Saison große Probleme, wenn sich die gegnerische Defensive auf ihn konzentrierte und dem 25-Jährigen die erste Option im Dribbling nahm. Auch er zeigte eine bis auf einen Fernschuss völlig wirkungslose erste Hälfte und steigerte sich erst, nachdem Lewandowski sein Feuerwerk gezündet hatte. Am Ende steht wieder eine Torbeteiligung für den Neuzugang zu Buche, allerdings zeigte das Spiel gegen Wolfsburg auch erneut, dass Costa sein Spiel in München weiterentwickeln muss, um der Mannschaft in unterschiedlichen Konstellationen zu helfen – so wie es Robben und Ribéry vor ihm taten.

Guardiola sollte diese erste Halbzeit genau analysieren. Bayern musste zum dritten Mal in sechs Bundesligapartien einen Rückstand drehen. Das spricht einerseits für die großartige Moral der Mannschaft, aber kann auf der anderen Seite nicht dauerhaft gut gehen.

3. Götze macht den nächsten Schritt in die richtige Richtung

Mario Götze stand zum zweiten Mal in Folge in der Startelf für den FC Bayern. Der häufig zurecht kritisierte 23-Jährige machte gegen Wolfsburg einen weiteren Schritt in die richtige Richtung und zeigte eine präsente und insgesamt gute Vorstellung. Guardiola platzierte Götze zunächst erneut auf dem linken Flügel, jedoch mit der Option von dort nach innen zu driften und die Achter- und Zehnerräume zu besetzen. Dies gelang in der ersten Hälfte noch nicht optimal, doch Götze war schon in der schwachen Anfangsphase der stärkste Offensivspieler der Münchner.

Er hatte wie so häufig seine stärksten Szenen, wenn er als Nadelspieler ins Kombinationsspiel eingebunden war und mit durchgesteckten Pässen Mitspieler freispielen konnte. In der ersten Hälfte hatte er zudem etwas Pech, als er nach einer klugen Bewegung völlig frei im Strafraum von Douglas Costa übersehen wurde.

Nach der Pause rückte Götze nach rechts und hatte großen Anteil an Lewandowskis One-Man-Show. Das 1:1 leitete er mit ein. Das 3:1 und das 5:1 bereitete er direkt vor. Am Ende standen drei Torschussvorlagen (Bestwert), 16 gewonnene Zweikämpfe (Bestwert), vier erfolgreiche Dribblings (Bestwert) und fast 100 intensive Läufe (Bestwert). Es war eine komplette Vorstellung von Götze mit nur leichten Schwankungen im Verlauf der Partie.

Wenn ein realistischer Anspruch an Götze ist, dass er positiv Einfluss auf das Spiel des FC Bayern nehmen muss, dann erfüllte er diesen Anspruch. Und genau darum geht es für ihn im Moment.

FC BAYERN – VFL WOLFSBURG 5:1 (0:1)
FC Bayern Neuer – Lahm, Boateng, Alaba, Bernat (46. Martínez) – Alonso (78. Kimmich) – Thiago (46. Lewandowski), Vidal – Müller, Götze, Costa
Bank Ulreich, Rafinha, Rode, Coman
VfL Wolfsburg Benaglio – Träsch, Naldo, Dante, Rodriguez – Guilavogui, Luiz Gustavo (59. Arnold) – Caligiuri, Kruse (78. Schürrle), Draxler – Dost (78. Bendtner)
Tore 0:1 Caligiuri (26.), 1:1 Lewandowski (51.), 2:1 Lewandowski (52.), 3:1 Lewandowski (55.), 4:1 Lewandowski (57.), 5:1 Lewandowski (59.)
Karten Gelb: Vidal / Caligiuri
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)
Schiedsrichter Tobias Stieler (Hamburg)