SV Darmstadt 98 – FC Bayern München 0:3 (0:1)

Christopher Trenner 19.09.2015

Von der Griechenlandreise kamen Vidal, Alonso und Lewandowski leicht angeschlagen zurück. Für Lewandowski reichte es nicht, der Pole blieb in München. Somit konnte Pep Guardiola, halb gewollt, halb freiwillig, die Chance nutzen und zum ersten Mal in dieser Saison ausgeprägter rotieren.

Falls Ihr es verpasst habt

Die Münchner gingen also stark verändert in das zweite Auswärtsspiel der Saison. Rafinha spielte in der Viererabwehrkette für Philipp Lahm, Kimmich ersetzte Alonso, Rode spielte für Thiago und Coman rückte für Müller in die Startelf. Mario Götze durfte sich ebenso beweisen, er stürmte für Lewandowski. Taktisch ergab sich so ein klares 4-1-4-1 System. Pep Guardiola wollte die Halbräume abdecken, die Darmstadt durch lange Bälle immer wieder gezielt attackiert. In einer Dreiekette hätten beide Außenspieler einen sehr großen Radius gegen schnelle Gegenspieler (Heller und Rausch) verteidigen müssen – daher der Rückgriff auf die Sicherheitsvariante.

Startaufstellung SV Darmstadt 98 - FC Bayern München, 19.9.2015Pep Guardiola setzte mit seinem FC Bayern auf ein konservatives 4-1-4-1 System.

Darmstadt indes spielte wie erwartet im 4-4-1-1 / 4-4-2 mit Stroh-Engel als Zielspieler für lange Bälle im Sturmzentrum bzw. Rausch und Heller auf den Flügelpositionen, die von Kempe in einigen Situationen unterstützt wurden. Der Rest der Mannschaft fokussierte sich aufs verteidigen. Dabei wurde nur selten der Versuch unternommen, Bayernspieler wirklich gezielt zu pressen. Vielmehr wurden die Ketten so verschoben, dass die Bayern den Ball auf die Außenpositionen verlagern mussten. Dort wurden Coman und Costa jeweils von zwei oder sogar drei Gegenspielern in Empfang genommen. Da Bayern ohnehin ohne klassischen Stürmer spielte, waren Flanken aber keine Option, weshalb Costa und Coman eher versuchten auf der Innenbahn in Richtung Tor zu ziehen.

Durch das starke Doppeln der Flügelspieler von Darmstadt ergaben sich zum Teil große Lücken in der Mittelfeldlinie der Lilien. Dieses Risko konnte Dirk Schuster aber eingehen, da Rode auf der 8er Postion nicht die allergrößte Kreativität mitbringt und den Raum nicht immer ideal bespielen konnte. Ein Thiago, Müller oder ein zurückgezogener Götze hätten den Darmstädtern sicherlich größere Probleme bereitet. Nichtdestotrotz ergaben sich die größten Chancen für die Münchner aus Angriffen durch das Zentrum. So nutzte zum Beispiel Coman die Räume mehrfach gut aus. Sein guter Schnittstellenpass auf Vidal, der immer wieder in die Sturmspitze aufrückte, hätte in der 10. Minute bereits zum 1:0 führen können – der Chilene verzog aber aus 14 Metern. In der 18. Spielminute verpasste Costa mit einem Freistoß aus halblinker Position die Führung. Der Ball streifte das Außennetz. Nur zwei Minuten später machte es Vidal aus ähnlicher Distanz besser. Nach einem Dribbling von Costa entstand im Zentrum etwas Platz für Vidal, der aus gut 20 Metern abzog. Der Ball touchiert den Innenpfosten und fiel zum 1:0 für die Münchner (18.) ins Netz. Ein sehenswerter Treffer.

Darmstadt spielte in der Folge das, was sie am besten können – lange Bälle auf Stroh-Engel. Dieser konnte das ein oder andere Mal gut abtropfen lassen, Rausch und Heller versuchten dann ihre Schnelligkeit auszuspielen und Flanken in den Strafraum zu schlagen. Kurz nach dem Tor bis etwa zur 40 Minute hatte Darmstadt 98 so einige Szenen, was vor allem der Passivität der Bayern geschuldet war. Die Abwehrlinie stand oftmals zu tief und ermöglichte es Darmstadt so, die Luftzweikämpfe im Mittelfeld zu gewinnen. Alleine Stroh-Engel gewann sämtliche seiner Kopfballduelle in der ersten Halbzeit.

Die größte Chance für Darmstadt ergab sich aber nach einem Ballverlust von Kimmich im Mittelfeld. Nach einem Missverständnis schaltete Kempe am schnellsten und legte auf den mitaufgerückten Gondorf. Dessen Flanke verpasste zwar zunächst Stroh-Engel, doch Heller bekam aus spitzen Winkel eine Schusschance, scheiterte jedoch am Abschluss.

Unverändert ging es aus der Kabine und der FC Bayern fand besser ins Spiel. Das lag vor allem daran, dass Rafinha und Bernat sich nun vermehrt am Aufbauspiel der Münchner beteiligten, aber auch Rode und Vidal stießen noch konsequenter in die Halbräume um die Flügelspieler zu unterstützen. Auch Götze ließ sich jetzt immer öfter fallen und agierte aus dem Mittelfeld heraus – nicht wie in der ersten Halbzeit als Sturmspitze. Anstelle auf Angriffe aus dem Zentrum zu setzen, wie es die Verteidigungsart der Darmstädter nahe gelegt hätte, spielten die Münchner fortan fast jeden Angriff über die Flügel. Alleine in der Phase von der 50 bis zur 75. Spielminute brachten es die Münchner auf sieben Torabschlüsse, im gesamten Spiel waren es 17.

So überraschte es nicht, dass die entscheidenden Treffer für die Münchner über die Flügelpositionen eingeleitet wurden. Nach einem weiten Ball setzte sich Rode auf der Flügelposition überragend gegen zwei Gegenspieler durch und behielt im Anschluss die Übersicht: In der Mitte fand er den eingelaufenen Coman, der überlegt ins linke untere Eck einschob (62.). Sein erster Bundesligatreffer – er ist damit der fünfte Franzose, der im Dress des FC Bayern München traf (nach Ribery, Lizarazu, Sagnol und Papin). Nur eine Minute später wiederholte sich nahezu die gleiche Szene. Abermals leitete Costa den Angriff ein und fand den steil gehenden Rode. Dieser blieb diesmal eigensinnig, traf zwar mit dem ersten Versuch nur den Innenpfosten, konnte dann aber den zurückgeprallten Ball zum 3:0 verwerten (63.).

Darmstadt war nun geschlagen – was sich bereits vor den entscheidenden Treffern angedeutet hatte. Stroh-Engel konnte die langen Bälle nicht mehr so elegant weiterleiten, wie noch in Halbzeit 1 und wurde in der 59. Minute durch Sandro Wagner ersetzt. Dieser hatte vor dem Doppelschlag der Münchner noch eine Kopfballchance. Am Ende waren 19% Ballbesitz und 61% Passquote (dennoch Bestwert der laufenden Saison) zu wenig, um den insgesamt ruhigen und souveräne Auftritt der Münchner ernsthaft in Gefahr zu bringen. Dafür war auch die Zweikampfquote mit 46% zu schlecht.

Der FC Bayern nahm nach dem 3:0, in Anbetracht der Tatsache, dass am Dienstag bereits ein wichtiges Spiel gegen Wolfsburg ansteht, mindestens zwei Gänge raus – blieb aber über die Flügel immer wieder gefährlich. Die größte Chance vergab Coman in der 90. Minute, als er eine Flanke von Müller aufgrund von Problemen bei der Ballannahme nicht verwerten konnte.

3 Dinge, die auffielen:

1. Rode (!) macht den Unterschied

Sebastian Rode deutete abermals an, dass er im Kader des FC Bayern einen wichtigen Platz einnehmen kann. Selbst wenn er in den ersten Partien eher der Spieler Nummer 15-18 war, konnte er doch ohne große Eingewöhnungszeit seine Stärken abrufen. Gegen Darmstadt setzte Guardiola ihn auf der 8er-Position ein, wo sich zuletzt Thiago einen festen Platz erspielt hatte. Das Wechselspiel zahlte sich am Ende aus. Rode hatte bereits in der ersten Halbzeit überraschend viel Platz im Halbraum zwischen der Abwehr- und Mittelfeldlinie der Darmstädter. Diesen konnte er zunächst nicht wirklich nutzen, was aber auch daran lag, dass die Abstimmung in der Offensivreihe insgesamt ausbaufähig war. Rode hatte in dieser Phase nur wenige Ballaktionen, dafür aber im Umschaltspiel einige gute Momente. So kam er in einigen Szenen gut ins Pressing und konnte den schnellen langen Ball in die Darmstädter Spitze verhindern.

In der 2. Halbzeit positionierte Pep Guardiola Rode etwas weiter auf den Flügeln und machte es so möglich, dass dieser wesentlich vertikaler agierte. Rode überlagerte dann gezielt mit Costa oder Coman die rechte Außenbahn und nutzte den gewonnen Raum zu einem Assist und einem Tor. Überdies zeigte sich Rode mit 92% äußerst passsicher. Mit 50% gewonnen Zweikämpfen und einer Laufleistung von über 11.25km überzeugte er erneut vor allem kämpferisch. Auswärtsspiele gegen die Darmstadts, Ingolstadts oder Hannovers dieser Welt sind der Dauerläufer auf dem Leib geschneidert. Hier beweist Rode. dass er für den FC Bayern auch in dieser Saison unheimlich wichtig sein kann.

Guardiola hat recht wenn er sagt, dass ein Spieler wie Rode eigentlich mehr Einsatzzeit verdient hätte. Es wird darauf ankommen, dass der Coach ausreichend kommuniziert, um Rode die Wichtigkeit seiner Rolle unabhängig von Einsatzminuten aufzuzeigen.

2. Kimmich gefällt beim Startelf-Debüt

Joshua Kimmich gab nach seinem Kurzauftritt gegen Ausgburg sein lang erwartetes Startelf-Debüt in der Bundesliga. Der 20-Jährige ersetzte Xabi Alonso, interpretierte die Aufgabe als 6er aber durchaus etwas anders als der erfahrene Spanier. Er kippte seltener ab und spielte deutlich weniger lange Diagonalbälle. Dafür dominierte er den 6er Raum durch hochprozentige Passquoten (über 95%) und gutem Stellungsspiel in der Defensive (3 abgefangene Bälle, Bestwert in der Bayern-Elf). Kimmich lief zudem die meisten Kilometer auf Seiten der Münchner.

Deutlich wurde, wie Kimmich im Verlauf des Spiels an Sicherheit gewann und zunehmend das Risiko etwas erhöhte. Der Juniorennationalspieler hatte wenig Probleme damit, Lösungen zu finden, wenn Darmstadt Druck auf ihn ausübte, allerdings kann das Spiel gegen den sehr zurückgezogen agierenden Aufsteiger hier nicht unbedingt als Maßstab gelten. Sehenswert war Kimmichs Vorarbeit bei einer Götze-Chance in der zweiten Hälfte, als er den Angreifer mit einem herrlichen Heber freispielte. Kimmich hat gezeigt, dass auf ihn Verlass ist, wenn Xabi Alonso eine Pause benötigt – genau das erwartet man beim FC Bayern derzeit von ihm.

Zulegen muss er jedoch weiterhin bei der Geschwindigkeit in der Entscheidungsfindung (wenn es darum geht, das Spiel schnell zu machen und gefährliche Räume zu attackieren) sowie bei der individuellen Zweikampfführunng. Kimmich dürfte dem Verein noch viel Freude bereiten, wenn er sich weiterhin so entwickelt.

3. Konzentrierte Leistung

Das Spiel gegen Darmstadt glich von der Analogie her dem letztjährigen Saisonspiel gegen den SC Paderborn. Dieser kam sogar als Tabellenführer nach München und überraschte als Aufsteiger durch sein unbekümmertes taktisches Auftreten. Ähnlich verhält es sich auch mit Darmstadt 98. Die Mannschaft von Dirk Schuster geht ebenfalls als krasser Außenseiter in die Saison, trotz zweier Auswärtsspiele in Gelsenkirchen und in Leverkusen hielt sich die Elf als einzige Bundesligamannschaft schadlos und lag vor dem heutigen Nachmittag noch nie zurück. Aus Sicht der Münchner brauchte es somit eine zu 100 Prozent konzentrierte und fokussierte Leistung, um diese Mannschaft in der jetzigen Saisonphase zu schlagen.

Dies gelang zum einen, weil Pep Guardiola gezielt rotierte und zum anderen, weil die Spieler, die neu in die Mannschaft kamen, keinerlei Anpassungsprobleme hatten. Weder Kimmich und Rode, noch Coman, Rafinha oder Bernat brauchten trotz bisher nur eingeschränkter Spielzeit viele Minuten, um den Rhythmus aufzunehmen. Natürlich war das Spiel in einigen Phasen auch fehlerhaft – so fanden im Vergleich zu den letzten Wochen nur unterdurchschnittlich wenig lange Bälle ihr Ziel. Da aber dafür das Kurzpassspiel und die Kombinationen untereinander mit zunehmenden Spielverlauf immer besser funktionierten, sprang am Ende ein souveräner Sieg beim Aufsteiger heraus. Für die Meisterschaft erneut wichtige drei Punkte – wie in den letzten drei Jahren gibt sich der FCB auch bislang keine Blöße gegen klar schwächere Gegner und erhöht so den Druck auf die direkte Konkurrenz.

3.1 Javi

<3

SV DARMSTADT 98 – FC BAYERN 0:3 (0:1)
SV Darmstadt 98 Mathenia – Garics, Sulu, Caldirola, Holland – Niemeyer (69. Rosenthal), Gondorf – Heller, Rausch (77. Vrancic) – Kempe – Stroh-Engel (59. Wagner)
Bank Zaluska, Sailer, Junior Diaz, Jungwirth
FC Bayern Neuer – Rafinha, Boateng (72. Alonso), Alaba, Bernat – Rode, Kimmich, Vidal (66. Martínez) – Coman, Götze, Costa (68. Müller)
Bank Ulreich, Thiago, Lahm
Tore 0:1 Vidal (20.), 0:2 Coman (62.), 0:3 Rode (63.)
Karten Gelb: Wagner, Sulu / Martínez
Schiedsrichterin Zwayer (Berlin)
Zuschauer 17.000 (ausverkauft)