Bayern Munich's Brazilian midfielder Douglas Costa (R) and Dortmund's midfielder Sven Bender vie for the ball during the German first division Bundesliga football match of Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen in Dortmund, on March 5, 2016.

Borussia Dortmund – FC Bayern 0:0

Steffen Trenner 05.03.2016

Vor allem nach der unglücklichen aber in der Konsequenz verdienten 1:2 Heimniederlage gegen Mainz wurde der Abstand vor dem Spiel auf Borussia Dortmund wieder knapper. Diese hielten sich bisher weitgehend schadlos in der Rückrunde und gewannen bis auf das Auswärtsspiel in Berlin alle Partien. Am Ende wurde es ein 0:0, der herausragenden Sorte. Ein Ergebnis, das beide Mannschaften irgendwie zufriedenstellen wird.

Falls ihr es verpasst habt:

Beide Trainer warteten mit kleineren Überraschungen in der Startelf auf. Guardiola vertraute dem formschwachen Bernat in der Viererkette.

Borussia Dortmund vs. FC Bayern München, 5. März 2016Grundformationen: Borussia Dortmund im 5-3-2 – der FC Bayern im 4-1-4-1 System.

Auch Kimmich erhielt den Vorzug vor dem genesenen Medhi Benatia. Überraschend war auch, dass Thiago keinen Platz in der Startelf fand. Alonso und Vidal sollten das Zentrum verdichten. In der Offensive erhielt Costa den Vorzug vor Ribéry und Coman.

Auf der Gegenseite spielten Schmelzer und Durm von Beginn an, wobei Durm eine sehr spezielle Rolle einnahm (dazu später mehr). Kagawa stand nicht mal im Kader. Sahin und Ginter blieben zunächst unten. In der Innenverteidigung begann Bender statt Subotic. Insgesamt wechselten die Dortmunder sechs Mal im Vergleich zum Sieg gegen Darmstadt unter der Woche. Guardiola tauschte fünf Mal.

Beide Mannschaften begannen mit extrem hoher Intensität gegen den Ball. Die erste echte Chance hatten die Münchner als Bürki eine Flanke von Costa zu kurz abwehrte und Müller den Ball über die Querlatte schob (5.).

Dortmund war zunächst vor allem im Umschaltspiel gefährlich. Reus vergab schon früh eine Halbchance nach einer missglückten Münchner Ecke. In der 11. Minute gewann Aubameyang ein Laufduell gegen Kimmich nach einem Konter und scheiterte letztlich an Neuer. In der 19. Minute hinterlief Durm auf dem rechten Flügel Bernat und traf aus spitzem Winkel das Außennetz.

Es blieb auch in der Folge hochklassig. Kimmich verhinderte in letzter Sekunde im Strafraum eine hundertprozentige Chance von Reus. Beinahe im direkten Gegenzug vergab Douglas Costa die vielleicht klarste Chance dieser Saison als er ab der Mittellinie ohne Gegenspieler auf Bürki zulief und am Dortmunder Schlussmann scheiterte (28.).

Erst danach nahmen beide Mannschaften ein wenig Tempo aus der Partie und waren auf mehr Kontrolle und längere Ballstaffetten bedacht. Vor allem die Münchner übten nun viel Ball- und Spielkontrolle aus. Kurz vor der Pause hatten die Münchner erneut zwei große Chancen zur Führung. Lewandowski verpasste eine Robben-Flanke nur knapp. Kurz danach schoss Robben den Ball aus 18 Metern ebenfalls knapp neben das Tor (43.) Mit dem 0:0 ging es in die Pause.

Nach dem Seitenwechsel hatte Dortmund die erste richtige Chance, als Aubameyang eine Lücke fand und plötzlich frei vor Neuer auftauchte. Der Bayern-Schlussmann parierte den Schuss (50.).

Bayern blieb ruhig und setzte immer wieder Nadelstiche. Durch kluge Raumaufteilungen zogen sie die Hausherren weit auseinander. Vidal per Kopf und zwei Mal Robben mit Schrägschüssen hatten weitere Chancen zur Führung (52., 54., 55.). Bayern hatte nun seine stärkste Phase. Dortmund musste sich weiter zurück ziehen und die Roten hielten den Druck hoch. Vidal vergab die nächste große Chance als er in der 65. Minute nach einer Ecke aus kurzer Distanz am Querbalken scheiterte. Bürki hatte nach einem sensationellem Reflex noch seine Finger am Ball.

In der 72. Minute war es wieder Robben, der nach einer Balleroberung durch Vidal im gegnerischen Strafraum zu viel Rücklage bekam. Bayern hatte das Spiel nun komplett im Griff. Guardiola setzte mit der Einwechslung von Ribéry für Costa (75.) einen weiteren Akzent. Auf der Gegenseite nahm Tuchel den wirkungslosen Reus für Ramos vom Feld. Bayern scheute allerdings sichtlich das ganz große Risiko in den Schlussminuten und Dortmund kam nur noch einmal nennenswert nach vorne.

So blieb es bei einem 0:0 mit dem beide Mannschaften irgendwie leben können, auch wenn für die Münchner eine Vorentscheidung in der Meisterschaft zum Greifen nah war.

3 Dinge, die auffielen:

1. Tuchels gute Ideen

Es war schon erstaunlich mit anzusehen auf welchem hohem taktischem Niveau beide Mannschaften agierten. Wie erwartet hatte sich Thomas Tuchel etwas besonderes überlegt. Überraschend bot Tuchel eine Mischung aus Dreier- und Fünferkette auf. Mit dem Ball fächerte Dortmund zu einem 3-4-3 auf. Gegen den Ball rückten fünf Spieler in die Kette. Durm kam dabei eine besondere Rolle zu. Der junge Nationalspieler spielte als rechter Flügelverteidiger.

Das hatte zwei Effekte. Zum Einen konnten die Dortmunder so recht mühelos gegen Douglas Costa doppeln, zum anderen brachte Durm die Münchner Hintermannschaft in eine Verlegenheit. Sobald Dortmund den Ball eroberte, rückte er weit nach vorne. Da Costa ihm nicht folgte, sondern bei Piszczek blieb, mussten die Bayern in der letzten Reihe faktisch Mann gegen Mann verteidigen. Bernat gegen Durm, Alaba gegen Mkhitaryan, Kimmich gegen Aubameyang und Lahm gegen Reus.

Durm hatte in der Anfangsphase selbst eine große Chance als er Bernat im Rücken weglief. Zudem musste Kimmich nach einer Durm Hereingabe in letzter Sekunde klären. Mehrfach rief Guardiola in der ersten halben Stunde Alaba zu sich nach außen – wohl um die riskante Defensivaufteilung besser zu sortieren. Alonso rückte in der Folge etwas häufiger in die Kette. Das grundsätzliche Problem löste diese Anpassung aber nur bedingt, weil Alonso immer wieder selbst herausrücken musste um Gündogan und Weigl zu stoppen. Dass Dortmund diesen Vorteil nicht häufiger ausspielte, lag am guten Gegenpressing der Gäste und an häufig zu langsamen Spielverlagerungen auf den meist völlig freien Durm.

Guardiola zockte hier seinerseits ein wenig indem er Costa bei Piszczek beließ und nicht weiter nach hinten beorderte. Bayern erhoffte sich so seinerseits Möglichkeiten im Umschaltspiel wenn Durm weit aufgerückt war.

Photo by Christof Koepsel/Getty Images For MAN
Thomas Müller im Zweikampf mit Erik Durm.
(Bild: Christof Koepsel / Getty Images For MAN)

Der zweite Effekt durch die Fünferketten-Staffelung der Dortmunder gegen den Ball war die Rolle von Hummels. Durch die zusätzliche Absicherung in der Kette in der Piszczek bei Ballbesitz Bayern nach innen rückte, konnte Hummels in einer recht frei interpretierten Rolle ins Mittelfeld vorrücken und dort vor allem Müller früh in Empfang nehmen. Schon der FC Augsburg versuchte es vor zwei Wochen mit einer Art Manndeckung gegen Müller. Damals durch den 6er Gouweleeuw. Hummels spielte es anders, versuchte aber Müller durch frühes aufnehmen die Kreativität in der Rauminterpretation zu nehmen. Bender agierte ähnlich gegen Lewandowski. Müller musste so wie schon gegen Augsburg richtig arbeiten und lief wie in der Vorwoche die meisten Kilometer aller Bayern-Spieler.

Diese Beispiele zeigen wie gut der BVB unter Thomas Tuchel geworden ist und wie sehr er sich taktisch im Vergleich zur Zeit unter Klopp weiterentwickelt hat. Gündogans Spiel ist eine Augenweide. Mkhitaryans ebenfalls. Umso erstaunlicher ist es wie der FC Bayern trotz der Verletzungssorgen in der Defensive und einigen formschwachen Spielern dieses Spiel über weite Strecken dominierte. Gerade in der zweiten Halbzeit fanden die Münchner immer wieder Lösungen, um sich aus Drucksitutionen zu befreien und das Spiel kontrolliert vorzutragen. Hervorragend war dabei das Zusammenspiel zwischen Robben, Müller und Lahm auf der rechten Seite. Immer wieder kreierten die drei im Dreieck-Spiel Grundlinien-Durchbrüche und gefährliche Hereingaben.

Am Ende war es auch ein Nervenspiel für die Trainer, die beide das letzte Risiko scheuten, um von außen Einfluss auf die Partie zu nehmen. Beide fürchteten die Niederlage mehr, als dass sie den Sieg wollten. So blieben große taktische Veränderungen während der Partie aus. Der FC Bayern kann jedenfalls mit großem Selbstbewusstsein aus der Partie gehen, weil er einen starken Gegner mit einem sehr guten Trainer insgesamt sicher beherrschte.

2. Vidal zeigt (endlich) warum er geholt wurde

Arturo Vidal hat sich seine Nominierung für die Startelf mit verbesserter Form in den vergangenen Wochen verdient. Nach einer schwachen Vorrunde zeigt der Chilene in dieser Saisonphase endlich warum er zum FC Bayern geholt wurde. Vidal ging enorme Wege, spielte den Abfangjäger für Alonso und rückte immer wieder in den Strafraum nach, um bei Flanken und Hereingaben mit hohem Tempo für Gefahr zu sorgen.

Durch die große Zahl der Durchbrüche auf dem Flügel ist die Torgefahr aus dem Mittelfeld ohne echten Kopfballspieler im Angriffszentrum goldwert. Schweinsteiger hatte das in seiner späten Phase perfektioniert und erzielte einige Tore per Kopf. Es ist schwer für die Abwerkette einen einrückenden Spieler, der von außerhalb des Strafraum durch die Schnittstelle in die gefährliche Zone eindringen kann, aufzunehmen und zu kontrollieren, wenn der Blick gleichzeitig nach außen zum Flankengeber geht. Vidal hatte die zweitmeisten Schüsse (4) und die meisten angefangenen Bälle (5) zu verzeichnen. Hinzu kamen knapp nur knapp verpasste Hereingaben. Er lief nach Müller die meisten Kilometer und gewann die zweitmeisten Zweikämpfe (14). Auch den zunächst kaum zu stoppenden Gündogan bekam er zusehends in den Griff.

Vidal hat seinem Trainer mit dieser Leistung gute Argumente gegeben, um in den weiteren wichtigen Spielen in der Champions League und im Pokal in der Startelf zu stehen. Vidal hat Fähigkeiten, die im Paket und auf diesem Niveau in diesem Kader kein zweites Mal vorhanden sind. Das war der Grund warum viele vor der Saison von einem Königstransfer sprachen. Vidal erinnerte am Samstag-Abend auch seine Kritiker daran.

3. Der weise alte Mann hinten rechts

Gewiss wäre es verdient hier Joshua Kimmich herauszuheben, der in seinem wichtigsten Bundesliga-Spiel bis auf ganz wenige Ausnahmen eine herausragende Leistung zeigte und mit einer Passquote von 94% und viel Ruhe am Ball Bayerns Aufbauspiel organisierte. Es ist aber auch ein passendes Spiel, um einem anderen Mitglied der Viererkette ein Sonderlob auszusprechen. Philipp Lahm ist körperlich nicht mehr auf dem Niveau der Jahre 2006-2014. Das ist auch kein Wunder nach über 10 Jahren ohne große Pausen und mit inzwischen 32 Jahren auf dem Buckel.

Lahm hat gerade gegen schnelle Flügelstürmer klare Geschwindigkeitsdefizite und ist darauf angewiesen den Ball mit der ersten Aktion zu gewinnen. Lahm muss sein Spiel anpassen, um weiter effektiv zu sein. Er geht nicht mehr jeden Angriff mit. Tendiert eher in die Mitte, als ständig den Flügel hoch und runter zu marschieren. Er ist vielleicht nicht mehr der ganz große Stabilitätsanker früherer Jahre. Aber was der Ex-Nationalspieler Woche für Woche auf den Platz bringt ist aller Ehren wert.

Wenn Marco Reus nach 80 Minuten vom Platz geht und nicht mehr als eine gefährliche Aktion im Gedächtnis bleibt, dann hat Lahm etwas richtig gemacht. Vor allem deshalb weil er hinter dem eher zurückhaltend verteidigenden Arjen Robben auch Marcel Schmelzer immer wieder aufnehmen musste. Das besondere daran ist, dass Lahm kaum Defensivzweikämpfe bestreitet. Gerade einmal neun Zweikämpfe verbuchte die Statistik insgesamt. Nicht alle davon waren Defensivzweikämpfe. Auch ansonsten fällt er kaum mit nennenswerten Defensivaktionen auf. Er macht seine physischen Nachteile mit einer klugen Raumnutzung, sehr dosierten aber hocheffektiven Vorstößen im Gegenpressing wett. Lahm fing vier Bälle durch gutes Stellungsspiel ab und bereitete zwei Torchancen vor. Seine eher unterdurchschnittliche Passquote (84%) passt zu dem ein oder anderen unnötigen Ballverlust, der jedoch ohne folgen blieb.

Lahm wird in dieser Phase seiner Karriere vielleicht keine Spiele entscheiden, aber er ist nach wie vor eine Konstante auf einer Problemposition für den kompletten internationalen Fußball. Das Spiel am Samstag-Abend war eine Erinnerung daran wie wichtig er immer noch ist.

3.1 Unsere Ecken…………….

BORUSSIA DORTMUND – FC BAYERN 0:0
Borussia Dortmund Bürki – Piszczek, Bender, Hummels – Durm, Gündogan (90.+1 Sahin), Weigl, Schmelzer – Mkhitaryan, Reus (81. Ramos) – Aubameyang
Bank Weidenfeller – Subotic, Leitner, Castro, Ginter
FC Bayern Neuer – Lahm, Kimmich, Alaba, Bernat – Vidal, Alonso (90. Benatia) – Robben, Müller, Costa (75. Ribéry) – Lewandowski
Bank Ulreich – Thiago, Rafinha, Götze, Rode
Tore
Karten Gelb: Bender / Alonso
Schiedsrichter Stieler (Hamburg)
Zuschauer 81.359 (ausverkauft)