Analyse: Leroy Sané führt die Bayern zum 4:0 in Lissabon
Falls ihr es verpasst habt
Aufstellungen
Dino Toppmöller vertrat den erkrankten Cheftrainer Julian Nagelsmann an der Seitenlinie. Sie schickten eine auf drei Positionen veränderte Mannschaft ins Rennen. Kingsley Coman, Marcel Sabitzer und Benjamin Pavard kamen für Serge Gnabry sowie die angeschlagenen Alphonso Davies und Leon Goretzka ins Team.
Damit bildeten Lucas Hernández, Dayot Upamecano, Niklas Süle und Pavard die Viererkette vor Jubilar Manuel Neuer. Marcel Sabitzer übernahm Goretzkas Part auf der Doppelsechs neben Joshua Kimmich hinter Kingsley Coman, Leroy Sané, Thomas Müller und Robert Lewandowski.
Gastgeber-Trainer Jorge Jesus schickte seine Elf im 3-4-3 auf den Rasen. Vor der Defensive um die erfahrenen Nicolas Otamendi und Jan Vertonghen und Ex-Bundesligatorhüter Odysseas Vlachodimos sollte der gebürtige Bayer Julian Weigl die Fäden im zentralen Mittelfeld ziehen. Offensiv würden Rafa, Darwin Núñez und Roman Yaremchuk auf Umschaltsituationen lauern.
1. Halbzeit
Anders als von Toppmöller angekündigt, spielten die Bayern überwiegend mit einer Dreierkette. Pavard rückte auf der rechten Seite vor die Kette, während Coman und Sané gemeinsam über links kamen. Sané besetzte meist den Halbraum, und Coman machte das Spiel breit.
Benfica versuchte von Beginn an, die Bayern mannorientiert zu pressen, was die Gäste aber kaum vor Probleme stellte. In den ersten Minuten kam es zu einer Reihe von Halbchancen für Sané und Lewandowski.
Nach der Anfangsphase kam Benfica besser ins Spiel. Ihr 3-4-3-Pressing spiegelte den Dreieraufbau der Bayernabwehr und verhinderte einen entspannten Aufbau der Bayern. Wenn Kimmich abkippte, um Überzahl zu schaffen, wurde er ebenfalls eng verfolgt, meist von Joao Mario. Den Bayern unterliefen zwischen der 10. und 40. Minute regelmäßig kleinere Flüchtigkeitsfehler. In dieser Phase fiel die beste Chance für Benfica, als Núñez Manuel Neuer in der 33. Minute zu einer Glanzparade zwang. Vorher hatte Upamecano einen langen Ball nicht erreicht und Süle konnte Núñez nur stören, aber nicht am Abschluss hindern.
Nach 49 Minuten beendete der mit langer Leine leitende Ovidiu Hațegan die erste Halbzeit, die leistungsgerecht unentschieden endete.
2. Halbzeit
Ohne Wechsel ging der FC Bayern in die zweite Hälfte, in der Lissabons Schlussmann gleich hellwach war. Coman hatte auf Pavard geflankt und dessen Volleyabnahme lenkte Vlachodimos noch an den Pfosten. Es blieb beim 0:0.
Pech hatten die Bayern in der 52. Minute, als Thomas Müllers Treffer zurecht wegen Abseits durch den VAR aberkannt wurde. Ausgang für die Chance war ein guter Pass von Sabitzer auf Coman. Sanés Abschluss nach Coman-Flanke konnte Vlachodimos zwar noch abwehren, aber Müller stand zum Einschieben bereit. Die gute Strafraumbesetzung der Bayern hätte sich wieder einmal bezahlt machen können. Hätte. Es blieb im Konjunktiv.
In der 66. Minute erhöhten Nagelsmann und Toppmöller die Offensivkraft. Serge Gnabry kam für Benjamin Pavard und übernahm dessen Position als rechter Schienenspieler.
Die erste Chance danach hatte jedoch wieder Benfica. Yaremchuk kam nach einem Konter zum Abschluss. Sein Schuss ging knapp am langen Pfosten vorbei.
Es war ein Standard, der nach 70 Minuten die erlösende Führung für die Gäste brachte. Otamendi hatte Lewandowski gefoult. Leroy Sané übernahm und verwandelte den Freistoß aus halbrechter Position direkt mit einem scharf getretenen Freistoß in den Winkel.
Danach war Benfica mit seinen Kräften am Ende. Josip Stanišić kam für Müller und übernahm die rechte Seite. Gnabry rückte eins nach vorne und machte sich dort gleich bezahlt. Seine Flanke konnte der für Benfica kurz vorher eingewechselte Everton nur ins eigene Tor abwehren. Das 2:0 für die Gäste in der 80. Minute bedeutete eine Vorentscheidung.
Die Spiellaune der Bayern war geweckt. Erst bediente Sané Lewandowski, sodass dieser nur zum 3:0 einschieben musste (82.), dann legte Stanišić für Sané auf, der nur zwei Minuten später zum 4:0 traf.
Geduldige Bayern und ein überragender Leroy Sané sichern dem Deutschen Meister letztlich einen souveränen Auswärtssieg im Estádio da Luz. Sané blüht zuletzt auch in der zentralen Position immer stärker auf und belohnte sich heute mit drei Scorerpunkten für die starke Leistung.
Dinge, die auffielen
1. Taktik und Aufstellung griff nicht sofort, aber Klasse und Geduld setzten sich durch
Es war eine umkämpfte, durchaus anschauliche erste Halbzeit, aber keine, in der die Bayern wie gewohnt dominieren konnten. Die – teils verletzungsbedingt erzwungenen – Umstellungen griffen nicht von Beginn an.
Benfica war in der Lage, den Dreieraufbau von Süle, Upamecano und Hernández mit ihren drei Offensivspieler zu spiegeln und dadurch zu blockieren, wodurch die Bayern sich schwer taten, so geordnet wie gewohnt aufzubauen.
Sabitzer war noch kein gleichwertiger Ersatz für Goretzka und zeigte hier und da Abstimmungsschwierigkeiten mit seinen Nebenleuten.
Pavard, einer der Neuen, machte auf der rechten Seite kein schlechtes Spiel, es bleibt jedoch weiterhin zu zeigen, ob er die Lösung für die offensive Rolle alleine auf der Seite sein kann. Das Überladen der linken Seite mit Coman und Sané griff insofern, als beide gut spielten. Insofern könnte man die verwaiste rechte Seite auch als bewusstes Opfer für die starke linke Seite interpretieren.
Es lag sicherlich nicht nur an den Wechseln, aber mit Stanišić und Gnabry gemeinsam auf der rechten Seite wirkte das Bayernspiel gegen Ende besser ausbalanciert.
2. 100x Manuel Neuer in der Champions League
Der Kapitän des FC Bayern machte heute sein 100. “Champions League”-Spiel für den FC Bayern 43. Mal ohne Gegentor. Insgesamt kassierte er nur 92 Gegentore. Nicht zu vergessen: Zwei der 100 Spiele waren siegreiche Finals.
Neuer reiht sich damit als vierter Spieler in den Hunderter-Club ein, in der ewigen Bestenliste stehen nur Thomas Müller (127 Einsätze in der Champions League), Philipp Lahm (105) und Oliver Kahn (103) vor ihm. Der heutige Vorstandsvorsitzende des FC Bayern musste in seinen 103 Spielen übrigens 102-mal hinter sich greifen.
Passend zum Jubiläum absolvierte Neuer ein herausragendes Spiel mit einigen ebenso sehenswerten wie wichtigen Paraden. Der Kapitän war einmal mehr Garant für einen Sieg des FC Bayern.
3. 28.05.2022 St. Petersburg?
20 “Champions League”-Spiele in Folge sind die Bayern mittlerweile auswärts ungeschlagen. Wenn sie noch vier weitere überstehen, könnte es nach St. Petersburg gehen, wo im Mai 2022 das Finale ausgetragen wird.
Stand heute gehört der FC Bayern München ohne Wenn und Aber zu den stärksten Teams in Europa und Favoriten auf den Titel.