Die Alternativen Awards 2017

Felix Trenner 08.01.2018

Italiener des Jahres: Brazzo

Es war in gewisser Weise ein italienisches Jahr für den FC Bayern München: Natürlich funktionierte auch in 2017, unter Leitung eines italienischen Cheftrainers, lange Zeit der Großteil. Man wurde Meister, allerdings so unelegant und geschmeidig wie ein Oberbayer das Wort „Gnocchi“ aussprechen kann. Es war ja nicht alles schlecht, aber wie die in der italienischen Wirtschaft hatten sich auch beim italienischen FC Bayern mit der Zeit so viele Probleme eingeschlichen, dass das System kollabierte. Also: weg mit Pizza, Pasta und Amore und zurück zu Schweinsbrat’n, Weißwurst und Mia san Mia.

Nun bleibt allerdings die Frage zu klären, wer den beliebten Award für den „Italiener des Jahres“ erhält (der Preis wird in den Gedanken der Miasanrot-Redaktion in Form einer großen vergoldeten Portion Penne all‘ Arrabbiata vergeben). Weder Carletto noch seine Co-Trainer haben sich in Position gebracht, um den Squadra-Azzura-Oscar zu bekommen, soviel steht fest. Kandidaten daher: Rafinha, der mal ein Jahr in Genua gespielt hat und gebrochen italienisch spricht, Luca Toni, der für die FC-Bayern-Traditionself auflief und Diego Contento, immer noch Vereinsmitglied.

Doch letztendlich konnte der Preis nur an den Mann gehen, dessen italienisch nicht nur vom rauen nördlichen Dialekt Turins, sondern auch noch von Mitspielern wie großartigen bärtigen Typen wie Gianluigi Buffon, Andrea Pirlo und Allesandro Del Piero geprägt wurde. Allein diese Galerie an legendären Ex-Kollegen lassen Hasan Brazzo Salihamidzic in einem rot-weiß-grünen Licht erstrahlen. Eine kurze YouTube-Recherche liefert den endgültigen Beweis: wenn der Mann „cosa fai?“ fragt, kauft man ihm den Italo-Bosnier ab – das reicht angesichts der miesen Konkurrenz im Jahr 2017 fast schon, um der beste Italiener beim FC Bayern zu sein.

Bestes Haustier: Cando

Wie eine „Recherche“ einer deutschen Boulevardzeitung vor kurzem ergab, leben insgesamt 22 Haustiere bei Spielern und Verantwortlichen des FC Bayern. Highlights: Ben, Labrador-Mischling und Nachfolger des 2014 verstorbenen Hoeneß-Lieblings Kuno; Cassius, Ivory und Butch, das Bulldoggen-Boxer-Trio mit dem Jerome Boateng im heimischen Wohnzimmer an der Zweikampfbilanz arbeitet; Thiagos Pudel Babi, an dessen Frisur sich offenbar nicht nur das Herrchen, sondern auch David Alaba und Kingsley Coman ein Vorbild genommen haben.

Trotzdem kann es nur ein Haustier des Jahres (Preis ist eine vergoldete original Hoeneß-Wurst) geben. Nie zuvor hat ein Hund beim FC Bayern mehr Einfluss genommen als Cando, als er seinem Herrchen Jupp Heynckes mit einem dreimaligen kurzen Bellen Ende September mitteilte, dass er noch einmal Trainer werden sollte. Cando übernahm die Bürde, von nun an alleine Gassi zu gehen, sich sein Futter selbst zu besorgen und fand trotzdem die Zeit, regelmäßig am Samstag vor dem Fernseher bei Spielen mitzufiebern. Wir können Cando, dessen sympathischer Komagnion, der Koi-Karpfen Philippo, den die Bayern-Mannschaft nach dem Triple 2013 in die Freiheit des Heynckesschen Tümpels entließ, übrigens mittlerweile verstorben ist, gar nicht genug für seine Opferbereitschaft danken und kraulen ihn im Geister täglich hinter den Ohren.

Magath des Jahres: Giovanni Mauri

Seit Felix Magath als Trainer in China endlich das Regime gefunden hat, das seine martialischen Trainingsmöglichkeiten nicht im Sinne der Menschenrechte als Gefahr für Leib und Leben einstuft, hat sich auch in Deutschland viel verändert. Die Laptoptrainer, die Medizinbälle und Qualhügel nur noch aus den Erzählungen ihrer Väter bzw. Großväter kennen, setzen auf Übungen mit dem Ball und taktische Schulungen statt Ausdauerläufen. Um die Tradition des richtigen Trainings für echte Männer aufrecht zu erhalten, vergibt Miasanrot 2017 den Magath-des-Jahres-Award für herausragende Trainingskonzeptionen in Form eines goldenen Kopfballpendels.

Giovanni Mauri setzte auf eine völlig andere Methode als Magath oder die Jungs mit dem Ernährungsplan. Sie trug den Codenamen „Marlboro“ und setzte sich zum Ziel, während eines jeden Trainings die Anzahl der gerauchten Zigaretten über der Anzahl der Sprints zu halten. Diese Methode brachte ihm nicht nur Ärger mit Brazzo (Originalton: „Giovanni, non si fuma qui!“), sondern auch mit Arjen Robben (Originalton: „&“$($&!=!?§/$“!“) ein. Zu wenig Training war keine Option für den FC Bayern, der ja immer noch von echten Männern geführt wird, denen echtes Training wichtig ist. Mit Giovanni Mauri verließen die Marlboros die Säbener Straße – wir schicken ihm immerhin einen Award nach.

Kalle des Jahres: Uli Hoeneß

Der Kalle des Jahres wird normalerweise an – Überraschung – Karl-Heinz Rummenigge vergeben. Während der letzten Jahre hatte der Vorstandsvorsitzende immer wieder mit dem ein oder anderen Kalauer (bzw. Kalleauer) überzeugen können. Doch 2017 meldete sich der König der markigen Sprüche, die in einer beeindruckenden Konsequenz über das Ziel hinausschießen, zurück. Uli Hoeneß ist wieder da und kommentiert fast alles: Aussagen zu Fans, Vereinsstrategie und Transfers stehen neben Meldungen zu Trump, der CSU und der sonstigen Weltpolitik.

Das rot-weiße Mikrofon, das während Hoeneß Zeit im Gefängnis langsam aber sicher in Rummenigges Händen gelandet war, gehört jetzt wieder dem Präsidenten und er hat sogar noch einmal in eine bessere Soundanlage investiert. Dafür gibt es für uns den Kalle-des-Jahres-Award (eine vergoldete Rolex). Am Ende des Tages verdient, wie Kalle sagen würde.

Thomas Müller des Jahres: Thomas Müller

Keine Überraschungen hier: So sicher, wie Meryl Streep ihren Oscar als beste Hauptdarstellerin bekommt, so sicher bekommt auch Thomas Müller die Auszeichnung als bester Thomas Müller. Kurzzeitig hatte man zwar glauben können, dass er den Nimbus des oberbayrischen, schlaksigen und vorlauten Müllertums verloren hatte, dann aber kam Cando, bellte dreimal, schickte Jupp nach München und der wiederum hat dem Müllerthomas wieder einmal verraten, wie man Räume deutet. Auch wenn der Müller des Jahres (in Form eines goldenen Grinse-Gesichts) diesmal fast an Mats Hummels (oberbayrisch, schlaksig aber nicht vorlaut genug) gegangen wäre (vorzeitige Entscheidung der ThoMats-Challenge damit vertagt), war der Hinrunden-Müller dennoch gut genug, um weiterhin die Münchner Meryl Streep zu bleiben.

Haarschnitt des Jahres: Greywandowski

„Szary“ ist das Wort, nach dem ihr alle gesucht habt. Es ist polnisch für „grau“ und beschreibt damit nicht nur die Farbe des Münchner Himmels kurz vor der Ancelotti-Entlassung, sondern auch die Haartönung des Robert Lewandowski. Der Servicegehalt dieses Artikels erhöht sich sogar weiter: falls man Lewy demnächst in München auf der Straße begegnet (am wahrscheinlichsten ist das in der Gegend um den Herzogpark in Bogenhausen, einfach auf einen roten Ferrari F12 warten), kann man ihm ein freundliches „cooles szary, Lewy!“ entgegenrufen – und hat damit schon mal einen Stein im Brett.

Spaß kurz mal beiseite: Teile der Miasanrot-Redaktion sind seit Anfang November bei Betrachtung der Bayernspiele stark verunsichert, weil da ein Neuner über den Platz läuft, der aus der Ferne eher an ein Muskelpaket mit dem Kopf von Sky du Mont erinnert. Greywandowski hat Mut zur fahlen Farbe bewiesen und liegt damit voll im Trend: auch Fernsehmoderatorin Birgit Schrowange hat stolz graue Haare präsentiert und war damit eines der Aushängeschilder für mehr Selbstwertgefühl bei Frauen (die Bunte titelte gleich mehrfach mit dem „Grauhaar-Outing“). Lewys grau kommt zwar aus der Dose, allerdings reicht das für den goldenen Lockenwickler, den Miasanrot für den Haarschnitt des Jahres vergibt.

Derbygott des Jahres: Fabian Benko

Müssen wir dazu noch was sagen? Eigentlich nicht, oder? Danke Fabian Benko, das goldene Giesinger Stadtteilschild für den Miasanrot Derbygott des Jahres hast du dir mit diesem Tor redlich verdient.

Meinungsstärkstes Social Media: Arturo Vidal

Klare Kante zeigen kann Arturo Vidal auf dem Platz, neben dem Platz und sogar bei Instagram. Wer dem Account des Chilenen dort noch nicht folgt, verpasst etwas. Etwas bedeutet in dem Fall eine Mischung aus südamerikanischem Hip-Hop, häufig live vorgetragen auf der Fahrt zum Training, Selfies mit „mi hermanooooo“ Rafinha/James/Alaba und jeder Menge Momente mit Sohn Alons(it)o (hat übrigens einen neuen YouTube-Kanal, auch da mal reinschauen!) oder anderen Mitgliedern des Vidal-Clans.

Ein besonderes Highlight sind jedoch sicherlich die Meldungen zu medialer Kritik aus der Heimat, die gerne einmal mit einem Schwall an Schimpfwörtern unterlegt vorgetragen werden. Ohne Frage: Arturo Vidals Social Media hat sich den Award sicherlich verdient. Und man kann nur hoffen, dass sein zukünftiger Verein beim Scouting nicht zu genau bei Instagram hinschaut.

Special Award für politisches Engagement: Joshua Kimmich

…weil keiner die rechte Flanke besser zumacht.