Die Wandlung des Mario G.
„Früher habe ich versucht, in 15 Minuten die Welt einzureißen, war nicht frei im Kopf. Jetzt bin ich völlig frei von jeglicher Erwartungshaltung. Ich habe einfach das riesengroße Ziel vor Augen, Meister zu werden. Diesem Ziel werde ich alles unterordnen. Wenn ich am Saisonende noch zehn Joker-Einsätze mehr habe – und wir Meister sind – dann bin ich auch glücklich.“ Bild-Zeitung, 12.12.2012
Jeder Bayern-Fan, der dieses Bild-Interview mit Mario Gomez liest, wird es mit einem Lächeln tun. Mario Gomez sagt in diesem Interview sehr viele richtige Dinge. Wir erleben einen gereiften Gomez.
Der Bayern-Stürmer hatte es in seiner bisherigen Karriere nicht immer leicht. Ob seiner hölzernen Art mit dem Ball am Fuß und Sinnbildern wie dem legendären Fehlschuss gegen Österreich bei der EM 2008 häufig belächelt, auf Grund des 30-Millionen-Ablöserucksacks lange in einer Art Bringschuld. Man merkte Gomez auf dem Feld aber auch in Interviews häufig an, dass er diese Lasten mit sich herum trug. Gomez sprach in der Vergangenheit häufig von Vertrauen, das er benötige um gute Leistungen zu bringen. Vertrauen von Trainern, Fans und das ständige Bedürfnis beweisen zu wollen, dass er es packen kann bei Bayern und in der Nationalmannschaft prägten viele seiner Aussagen. Diese Phase scheint beendet. Gomez hat es allen bewiesen. Er ist vielleicht der beste deutsche reine Torjäger seit Gerd Müller. Er wird wohl noch in dieser Saison Rudi Völler, Giovane Elber und Uwe Seeler in der ewigen Bundesliga-Torjägerliste überholen. Er hat eine Torquote von fast 59% (129 Tore in 219 Spielen) pro Spiel. Eine bessere Torquote in der ewigen Top-20 haben nur Gerd Müller (85 %) und Jupp Heynckes (59,6%). Seine Qualitäten im Abschluss sind überragend, seine Qualitäten im Pressing sind unterschätzt. Sein Kopfball- und Kombinationsspiel ist dagegen eher unterdurchschnittlich und verbesserungswürdig. Gomez scheint jedoch bereit für den nächsten Schritt. Er lebt neuerdings eine Gefräßigkeit auf Titel und Erfolge vor, die den FC Bayern lange ausgezeichnet hat.
„Ja. Aber ich habe die letzten zwei Jahre fast immer gespielt. Und am Ende bin ich in Urlaub gefahren und hatte nichts, weder einen Pokal noch die Meisterschaft. Das ist schon extrem drin in dieser Saison, dass wir es unbedingt schaffen müssen und wollen. Diese Gier und diesen Willen spürt man bei jedem Spieler, auch bei uns drei Stürmern.“ Bild-Zeitung, 12.12.2012
Dass Mario Gomez im Champions League Finale 2012 im Gegensatz zu Anderen Verantwortung übernahm und seinen Elfmeter sicher verwandelte war für viele bereits ein Fingerzeig. Mario Gomez ist 27 – sein Vertrag beim FC Bayern läuft noch bis 2016. Trotzdem wird sein Name im Zusammenhang mit dem Begriff Führungsspieler beim FC Bayern bisher nicht genannt. Die Aussagen des gewandelten und gefräßigen Mario Gomez machen Mut, dass er erkannt hat wie wertvoll er für diese Mannschaft sein kann. Weit über die reine Torquote hinaus.