Max Eberl (FC Bayern)
Bild: Alexander Hassenstein/Getty Images for DFB

FC Bayern: Wirtz-Millionen für das Transferbudget? Wie es jetzt weitergeht

Justin Trenner 26.05.2025



Florian Wirtz hat dem FC Bayern München offenbar abgesagt. Offiziell ist sein Transfer zum FC Liverpool noch nicht, aber mehrere Medien berichten derzeit, dass die Engländer der klare Favorit wären. Und auch Herbert Hainer bestätigte jüngst, dass der Leverkusener wohl zu den Reds tendiere.

KEINEN ARTIKEL MEHR VERPASSEN – JETZT UNSEREN WHATSAPP-KANAL ABONNIEREN!

Ein herber Rückschlag für die Münchner, aber auch eine Chance. Vielerorts wird jetzt die Frage aufgeworfen, was der Rekordmeister mit dem freigewordenen Budget anstellt. Schließlich war man dem Vernehmen nach bereit, bis zu 150 Millionen Euro für den Offensivstar auszugeben.

WERBUNG: Hol dir jetzt das leckere Frühstück von Harry Kane auf den Tisch! 15 Prozent Rabatt auf das gesamte Sortiment von 3Bears mit dem Code MIASANROT15.

Die Antwort des kicker ist unspektakulär: Nichts. Demnach sollen die Ausgaben für den geplanten Wirtz-Transfer wie eine Art Sonderposten behandelt worden sein. Der Umkehrschluss, der daraus gezogen wird: Es gibt kein Geld für Max Eberl, um den Kader zu verstärken, solange er keine Spieler verkauft. Aber wird es wirklich so kommen?

Ein Blick auf die letzten Transfersommer

Das darf zumindest bezweifelt werden. Ein Blick auf die vergangenen Jahre genügt dafür. Seit dem Sommer 2015 haben die Münchner in neun von zehn Transferperioden ein Minus verbucht. Die höchsten Differenzen belaufen sich bei -84,5 Millionen Euro (2019), -84,25 Millionen Euro (2017), -64,65 Millionen Euro (2024), -57,25 Millionen Euro (2015) und -55,2 Millionen Euro (2021). Die niedrigste Differenz liegt bei -12,08 Millionen Euro (2023). Im Jahr 2018 machte man ein Transferplus von 70 Millionen Euro.

Die Transferausgaben der letzten drei Jahre beliefen sich stets bei über 140 Millionen Euro, 2023 auf 187,5 Millionen Euro – wobei der 30-Millionen-Euro-Transfer von Sacha Boey sowie die Leihgebühren für Eric Dier und Bryan Zaragoza erst im Winter dazukamen. Was man aus den Zahlen aber mitnehmen kann: Wenn der FC Bayern in der Vergangenheit dringenden Bedarf sah, Geld für den Kader in die Hand zu nehmen, dann hatte er kein Problem damit, der sportlichen Leitung ein Ausgangsbudget von 70-90 Millionen Euro an die Hand zu geben.

Bedeutet: Der Betrag, mit dem der FCB in die Transferperiode geht, ohne Verkäufe mit einzuplanen, bewegte sich dann in diesem Bereich. Nun ist seit der Coronapandemie durchaus ein Rückgang des Transferminus zu erkennen, nicht aber bei den bloßen Ausgaben für neue Spieler. Die drei letzten Spielzeiten waren die teuersten der Geschichte. Allerdings auch, weil die Münchner auf der Gegenseite Rekorde bei den Einnahmen erzielten: 121,9 Millionen Euro (2022), 175,42 Millionen Euro (2023), 84,35 Millionen Euro (2024).

FC Bayern zwischen Sparkurs und rosiger Jahreshauptversammlung

Man könnte nun pessimistisch an die Sache herangehen. Pessimistisch bedeutet, dass man davon ausgeht, dass die Bayern es mit ihren vielen Aussagen zum Sparkurs so richtig ernst meinen und dass es ihnen wichtig ist, diesen Sommer kein großes Transferminus zu machen – mit einer einzigen Ausnahme, die Wirtz dargestellt hätte. Sicherlich war ein Teil der Aussagen aber auch Strategie, die mit dem Wunschtransfer des Leverkuseners zusammenhängt.

Ohnehin fragen sich viele Fans seit Monaten, wie der Sparkurs mit der feierlich verkündeten Umsatz-Milliarde im Winter 2024 zusammengeht. Ein Teil der Antwort ist, dass die Zahl etwas geschönt wurde. Anders als bei den Jahreshauptversammlungen der Vorjahre wurde hier auf den Umsatz des Gesamtkonzerns verwiesen und nicht auf jenen der Fußball AG. Trotzdem hinterließ der Betrag natürlich Eindruck.

Aber: Das Geschäftsjahr 2023/24 war bei genauerer Betrachtung und auf dem Niveau des FC Bayern eher durchwachsen. Einerseits profitierte man extrem von der großen Ausnahme in der Geschichte des Clubs, dass man mit 185 Millionen Euro sehr hohe Transfererlöse erzielte – unabhängig davon, wie diese über die kommenden Geschäftsjahre verrechnet werden. Eine genauere Analyse hatten wir damals bei uns im Blog.

Gut möglich also, dass man beim FC Bayern diese Entwicklung trotz großer Jubelbilder auf der JHV ähnlich wahrnimmt und dass man fürchtet, dass bald ein Plateau erreicht wird, auf dem Wachstum immer schwieriger wird – während gerade die Transferpreise in den vergangenen Jahren enorm in die Höhe geschossen sind.

Mit welchem Startbudget kann Eberl planen?

Andererseits weiß auch der FC Bayern, dass er bei weitem nicht so arm ist, wie er sich in den verschiedenen Interviews und Hintergrundgesprächen gerade darstellt. Oder konkreter formuliert: Der Club hätte gar kein ernsthaftes Risiko dabei zu befürchten, Eberl ein Startbudget von 70 bis 90 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – so wie es in der Vergangenheit immer der Fall war, wenn man den Bedarf sah.

Es liegt auch am Sportvorstand, dem Aufsichtsrat glaubhaft und schlüssig zu erklären, warum er dieses Budget braucht. Scheitert er daran, wird sein Ausgangspunkt vermutlich bei einem niedrigeren Betrag liegen – vielleicht bei 50 oder 60 Millionen Euro. Was wiederum bedeutet: Ein Transfer in der Güteklasse von Michael Olise oder João Palhinha wäre möglich. Alles darüber hinaus müsste durch Verkäufe gegenfinanziert werden.

Immerhin: Mit Tom Bischof, Jonas Urbig und voraussichtlich auch Jonathan Tah hat Eberl bereits vorgesorgt und drei Spieler für relativ wenig Ablöse verpflichtet. Aber auch auf der Verkaufsseite winken ihm ein paar lukrative Möglichkeiten.

FC Bayern: Die Verkaufskandidaten im Überblick

Schaut man sich den Stammkader der ersten Mannschaft genauer an, gibt es dort einige Spieler, die den FC Bayern in diesem Sommer verlassen könnten, vielleicht sogar wollen. In der folgenden Auflistung zeigen wir zunächst den durch Transfermarkt geschätzten Marktwert der Spieler, dahinter definieren wir einen subjektiven Bereich von einer pessimistischen Erwartung bis hin zu einer sehr optimistischen Erwartung.

  • Daniel Peretz – Marktwert: 3 Millionen Euro – 3-10 Millionen Euro
  • Min-jae Kim – Marktwert: 45 Millionen Euro – 30-60 Millionen Euro
  • Raphaël Guerreiro – Marktwert: 10 Millionen Euro – 5-15 Millionen Euro
  • Sacha Boey – Marktwert: 18 Millionen Euro – 10-20 Millionen Euro
  • João Palhinha – Marktwert: 40 Millionen Euro – 20-50 Millionen Euro
  • Leon Goretzka – Marktwert: 22 Millionen Euro – 10-30 Millionen Euro
  • Kingsley Coman – Marktwert: 35 Millionen Euro – 20-40 Millionen Euro
  • Serge Gnabry – Marktwert: 25 Millionen Euro – 15-30 Millionen Euro
  • Bryan Zaragoza – Marktwert: 12 Millionen Euro – 10-20 Millionen Euro
  • Mathys Tel – Marktwert: 40 Millionen Euro – Kaufoption 55 Millionen Euro; 30-55 Millionen Euro

Bei Tel gibt es zwar eine Kaufoption, aber es ist nicht auszuschließen, dass beide Clubs dennoch nachverhandeln. Nicht selten werden diese Beträge als Richtwert genutzt. Würde man jetzt bei allen Verkaufskandidaten den von uns als pessimistisch gewählten Betrag einnehmen, dann hätte der FC Bayern Einnahmen in Höhe von 153 Millionen Euro. Der (zu) optimistische Betrag würde bei 330 Millionen Euro liegen.

Gut für Eberl wäre, dass er trotz zehn Verkäufen nicht allzu viele Spieler direkt ersetzen müsste. Peretz ist einer von derzeit vier Torhütern und selbst wenn mit Sven Ulreich nicht verlängert wird, könnte man auch einen Keeper aus dem Jugendbereich als dritten Torwart etablieren. Es ist allerdings noch unklar, ob der Israeli verkauft oder verliehen wird. Boey ist aktuell einer von drei Rechtsverteidigern und wurde von Vincent Kompany kaum noch berücksichtigt.

Im zentralen Mittelfeld gibt es ohne Palhinha und Goretzka drei Spieler: Joshua Kimmich, Aleksandar Pavlović und Tom Bischof. Gingen beide, bräuchte es womöglich noch Verstärkung – auch wenn Konrad Laimer ebenfalls gelernter Mittelfeldspieler ist. Einer von beiden kann aber ersatzlos gehen.

Für Zaragoza braucht es ebenfalls keinen direkten Ersatz, wie die Rückrunde gezeigt hat. Bei Tel könnte man ähnlich argumentieren, da aber Thomas Müller keinen neuen Vertrag bekommen hat und mit Kingsley Coman und Serge Gnabry in diesem Szenario weitere Spieler gingen und auch die Zukunft von Leroy Sané unklar ist, würde die Offensive zur Großbaustelle mutieren.

Ein Verkaufsszenario für den Sommer

Insofern lässt sich das Fazit ziehen, dass es wohl fahrlässig wäre, all diese Spieler abzugeben. Zumal sich andeutet, dass es schwer wird, sie alle zu verkaufen. Gnabry, Goretzka und auch Palhinha haben immer wieder verdeutlicht, dass sie gern in München bleiben würden. Am ehesten hätte man somit vielleicht eine Chance, das Missverständnis mit dem Portugiesen zu beenden, sollte Kompany keinen Bedarf für ihn sehen.

In der Abwehr braucht es allerdings frischen Wind, wie die Rückrunde gezeigt hat. Mit Hiroki Ito kann man nicht verlässlich planen, auch Alphonso Davies war oft verletzt. Guerreiro wiederum hat nicht mehr die Leistungsfähigkeit, die ihn einst zu einem der besten Außenverteidiger in der Bundesliga machte. Innen kommt zwar aller Voraussicht nach Tah, aber Eric Dier geht auch ablösefrei. Hinzu kommt die Unzufriedenheit mit den Leistungen von Kim. Bestünde die Möglichkeit, den Südkoreaner zu verkaufen und dafür einen weiteren sehr guten Innenverteidiger zu holen, wäre das wohl klug.

Offensiv soll im besten Fall ein neuer Star her. Gehen Sané, Müller und noch einer aus Gnabry/Coman wäre der Bedarf aber deutlich größer. Es könnte daher weiterhin sinnvoll sein, den Vertrag mit Sané doch noch zu verlängern und zusätzlich einen Spieler für die Breite zu holen. Vor diesem Hintergrund wäre diese Verkaufsliste realistisch:

  • Min-jae Kim – 30-60 Millionen Euro
  • Raphaël Guerreiro – 5-15 Millionen Euro
  • Sacha Boey – 10-20 Millionen Euro
  • João Palhinha – 20-50 Millionen Euro
  • Kingsley Coman – 20-40 Millionen Euro
  • Bryan Zaragoza – 10-20 Millionen Euro
  • Mathys Tel – 30-55 Millionen Euro

Macht pessimistische Einnahmen von 125 Millionen Euro und (zu) optimistische in Höhe von 260 Millionen Euro. Gut möglich also, dass Eberl mit diesen Verkäufen die 150 Millionen Euro knacken könnte. Zusätzlich zu mindestens 50 Millionen Euro macht das ein Budget für Neuzugänge von 200 Millionen Euro und vielleicht sogar mehr.

Diesen Bedarf hat der FC Bayern im Sommer

Zugegeben: Das sind Milchmädchenrechnungen. Der Transfermarkt und auch das Verhandeln mit dem Aufsichtsrat sind komplexer. Aber wie man die Argumente dreht und wendet, unter dem Strich wird ein Betrag übrig bleiben, mit dem man als Topclub arbeiten kann. Schauen wir mal auf den Bedarf, den der FC Bayern hätte, wenn die oben genannten Spieler verkauft werden:

Oberste Priorität

  • Ein Star für die Offensive
  • Ein Offensivspieler für die Breite
  • Ein Innenverteidiger
  • Ein Linksverteidiger

Wenn Budget übrig bleibt

  • Noch ein Spieler für die Breite in der Offensive
  • Je nach Bischofs geplanter Rolle noch ein Mittelfeldspieler

Für die vier oben genannten Baustellen sollte ein Budget von um die 200 Millionen Euro ausreichen. Diskutieren könnte man sicherlich auch über die rechte Abwehrseite, aber dort hat man mit Josip Stanišić und Laimer zwei stabile Lösungen, die diese Position eher zum Luxusbedarf machen, falls mal Geld übrig ist und ein Topspieler verfügbar wäre.

FC Bayern: Auch der Campus bietet Chancen

Selbst nach dieser Milchmädchenrechnung wird es wohl Kritiker*innen geben, die behaupten, dass diese Spieler sich niemals alle verkaufen lassen. Aber genau daran wird sich Eberl messen lassen müssen. Der Sportvorstand steht offenkundig in der Kritik beim Aufsichtsrat. Es ist seine Aufgabe, diesen von seinen Visionen zu überzeugen.

Es ist auch seine Aufgabe, von Anfang an auf den Fall vorbereitet zu sein, dass Wirtz nicht zum FCB wechselt. Letztlich spielt es keine große Rolle, wie konsequent der Sparkurs umgesetzt wird. Eberl und der FC Bayern haben ausreichend finanziellen Spielraum und Möglichkeiten, den Kader an entscheidenden Stellen auszubessern.

Und was in der Debatte nach wie vor viel zu wenig diskutiert wird, ist der Campus. Max Schmitt, Adam Aznou, Jonathan Asp Jensen, Adin Licina, Jonah Kusi-Asare, Lennart Karl, Javier Fernández – um nur ein paar von noch mehr Namen zu nennen, die großes Talent mitbringen. Der FC Bayern ist nach wie vor zu konservativ, zu zögerlich und viel zu pessimistisch, wenn es darum geht, jungen Spielern einfach mal eine Chance in der Bundesliga zu geben.

Nicht alle von diesen Spielern werden den Sprung schaffen. Bei Fernández muss auch abgewartet werden, wie er seine Verletzungen übersteht und zurückkommt. Aber selbst wenn manche von ihnen es nicht beim FC Bayern packen, hat man in der Vergangenheit gesehen, dass sich durch Verkäufe auch gute Einnahmen erzielen lassen, wenn die Spieler unverhofft eine Chance erhalten – siehe Joshua Zirkzee.

Der FCB muss die Früchte endlich ernten

Dafür braucht es aber eine konsequentere Einbindung und nicht die Hoffnung, dass alle so viel Glück haben wie Pavlović, der eher zufällig den Weg nach oben fand. Dem Budget würde ein stärkerer Fokus auf den Campus gewiss helfen – und qualitativ? Viel schlechter als das, was so mancher Profi in den vergangenen Monaten und Jahren angeboten hat, wird es wohl kaum werden.

Bouna Sarr und Sacha Boey haben zusammen 38 Millionen Euro an Ablöse und einige weitere Millionen Euro an Gehalt gekostet. Stanišić hat heute einen geschätzten Marktwert von 28 Millionen Euro – und zählt bei weitem nicht zu den stärksten Talenten, die der Campus in den letzten Jahren hervorgebracht hat.

Malik Tillman wechselte 2024 für zwölf Millionen Euro nach Eindhoven. Bei der PSV zeigt er seit einiger Zeit auf hohem Niveau konstant starke Leistungen. Weit entfernt davon, ein Weltklassespieler zu sein, aber mit seiner Flexibilität, seiner Spielintelligenz und seinem Zug zum Tor hätte er durchaus ein Spieler sein können, der auch beim FC Bayern Minuten im vierstelligen Bereich bekommt – und dabei auf ähnliche Scorerwerte kommt wie andere Offensivspieler beim FCB.

Man hat in den letzten Jahren so viel in den Campus investiert. Es wird Zeit, die Früchte auch mal mit beiden Händen zu ernten, statt darauf zu warten, dass sie irgendwann von allein in den Korb fallen. Ein weiterer Faktor, der belegt: Dieser FC Bayern hat gewiss kein Problem, wenn es in den kommenden Transfersommer geht. Im Gegenteil: Er hat ganz große Chancen.

Und wenn die sportliche Leitung diese im Verbund mit dem Aufsichtsrat nicht nutzen, dann müssen womöglich einfach andere Themen auf den Tisch als der vermeintliche Sparzwang.

Hier weiterlesen

♥ Artikel teilen

Jetzt teilen!

Jetzt teilen!