Wer ersetzt Aleksandar Pavlović beim FC Bayern München. João Palhinha, Konrad Laimer, Jamal Musiala oder doch eine Überraschung vom Campus?

Palhinha, Laimer und Co.: Welche Alternativen der FC Bayern für die Pavlović-Position hat

Jonas Trenner 22.10.2024

Bereits in der 8. Spielminute musste Aleksandar Pavlović beim Südschlager gegen den VfB Stuttgart verletzt raus. Der Deutsch-Serbe war nach einem Zweikampf mit dem Stuttgarter Fabian Rieder unglücklich auf der rechten Schulter gelandet. Die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich schnell: Der 20-Jährige brach sich das Schlüsselbein und wurde bereits erfolgreich operiert.

Damit wird der Rekordmeister wahrscheinlich das restliche Kalenderjahr auf seinen – zumindest laut Vincent Kompany – „vielleicht besten Spieler der bisherigen Saison“ verzichten müssen. Pavlović wird dem Rekordmeister in jedem Fall fehlen, das ist sicher. Der 20-Jährige bildete mit Joshua Kimmich eine Schaltzentrale, die Bayerns spielerische Dominanz der letzten Wochen erst auf diese Weise ermöglichte.

Max Eberl stellte jedoch nach der Stuttgart-Partie beim Pay-TV-Sender Sky ebenfalls klar: „Wir brauchen den gesamten Kader. Jetzt haben wir eine Tiefe im Kader, die es ermöglicht, Ausfälle aufzufangen“. Doch wen meint der Sportvorstand damit? Wer sind mögliche Alternativen? Wer ist der bestmögliche Ersatz für den Deutsch-Serben? Miasanrot macht den Kadercheck.

Taugt João Palhinha wirklich als Dauerlösung?

Auf den ersten Blick ist die Antwort auf diese Frage ziemlich offensichtlich: João Palhinha. Der im Sommer für viel Geld verpflichtete und von vielen Fans geforderte Abräumer wurde für Pavlović eingewechselt und machte ein gutes Spiel. Mit einigen gelungenen Grätschen und Tacklings erstickte er viele Stuttgarter Angriffe im Keim und hielt den Münchner Angreifern den Rücken frei. Er tat also genau das, wofür er geholt wurde: als Staubsauger vor der Abwehr für defensive Stabilität sorgen.

Gleichzeitig muss man konstatieren, dass Palhinhas Stärken sich nicht unbedingt mit denen eines Pavlovićs decken. Fußballerisch hat der Deutsch-Serbe dem Portugiesen nämlich einiges voraus. Eine gewisse Pressingresistenz besitzt Palhinha zwar in jedem Fall. Das hat er gegen den VfB Stuttgart nachgewiesen. Jedoch bewegt sich der 29-Jährige gerne mal im gegnerischen Deckungsschatten und fordert auch viel seltener den Ball als beispielsweise ein Pavlović oder ein Kimmich.

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Zwar ist die Stichprobe aufgrund seiner geringen Einsatzzeiten bisher relativ gering, mit durchschnittlich 43,8 Ballaktionen pro Spiel (Quelle: Sofascore) fällt Palhinha im Vergleich zum Deutsch-Serben (80,5) jedoch deutlich ab. Zu Kimmich (123,9) sogar noch deutlicher. Die Ballsicherheit, Vertikalität und das Tempo eines Pavlović besitzt der Portugiese also nicht, weshalb im Spiel nach vorn im Vergleich zu den vergangenen Wochen auch ein wenig Tempo fehlte.  

Zudem veränderte sich die komplette Statik im Spiel der Bayern – das wurde bereits gegen den VfB deutlich. Kimmich, der sonst stets nach halbrechts abkippte, musste deutlich mehr Verantwortung im Aufbauspiel übernehmen und ließ sich dementsprechend häufig zentral zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, um von dort aus den Spielaufbau zu leiten. Palhinha orientierte sich direkt höher, weshalb Bayerns Spielstärke im Zentrum zukünftig womöglich darunter leidet.

Dennoch hat sich der 29-Jährige ohne Zweifel seine Chance redlich verdient. Nicht nur aufgrund seiner Geduld, auch mit seiner Leistung gegen die Schwaben bewies er, dass er im Kompany-System locker mithalten kann und der FCB mit dem Portugiesen auf dem Platz einen Gegner auf Augenhöhe kontrollieren kann. Möglicherweise verleiht er seiner Mannschaft zudem eine noch höhere Stabilität. Mit Kimmich ergänzte er sich ebenfalls gut.

Außerdem war die Partie gegen Stuttgart sicherlich kein richtiges Palhinha-Spiel. Wenn gegnerische Mannschaften wieder häufiger über Konter kommen und weniger hoch pressen – und das werden sie –, dann kann sich der Portugiese vermutlich noch mehr auszeichnen und seinen Platz in der Startelf zementieren.

Konrad Laimer und Leon Goretzka: Zurück im Kampf ums Zentrum?

Beim Blick auf den Kader des Rekordmeisters stellt sich ohnehin erstmal die Frage, gegen wen sich Palhinha überhaupt behaupten müsste. Neben dem gesetzten Kimmich wäre hier wohl noch Konrad Laimer zu nennen. Unter Thomas Tuchel noch weitestgehend Stammspieler, kommt der Österreicher bei Kompany kaum zum Zug und gerade einmal auf knapp 250 Spielminuten.

Angesprochen auf seine geringe Spielzeit gab sich der 27-Jährige zuversichtlich: „Es gibt so viele Spiele in dieser Saison. Ich werde alles geben, und ich weiß, dass ich das Zeug dazu habe.“ Die Verletzung von Pavlović wird seine Chancen auf Spielzeit zumindest nicht verringern. Dennoch ist Laimer spielerisch eigentlich zu limitiert für den Kompany-Fußball. Seine Schwächen im Ballbesitz fallen bereits auf, wenn er als Rechtsverteidiger agiert.

Da er trotz Manndecker-Qualitäten auch nicht über die Zweikampfstärke und Antizipationsfähigkeit eines Palhinhas verfügt, wird er im Mittelfeld wahrscheinlich nur selten zum Einsatz kommen. Auch aufgrund der Personalsituation auf der Rechtsverteidigerposition, auf der er bis zur Rückkehr von Boey und Stanišić noch benötigt wird.

Denselben Absatz kann man auch über Leon Goretzka schreiben. Eigentlich passt der 29-Jährige überhaupt nicht zum Kompany-Stil, unter anderem deshalb wollte der Rekordmeister ihn im Sommer auch unbedingt loswerden. Doch der Ausfall seines Kumpels und einige weitere unerwünschte Umstände könnten dennoch dafür sorgen, dass Goretzka im Laufe der Hinrunde nochmal eine Chance im Zentrum erhält. Auch wenn er derzeit meistens als Innenverteidiger eingewechselt wird.

Raphaël Guerreiro: Dem Spielerprofil von Pavlović am ähnlichsten

Als Rechtsverteidiger hat sich aufgrund der Ausfälle von Boey und Stanišić Raphaël Guerreiro etabliert und ist mindestens bis zu deren Rückkehr eigentlich nicht von der Position wegzudenken. Lediglich für Laimer wird er ab und zu rausrotiert. Der Grund ist offensichtlich: Guerreiros Stärken passen hervorragend zum Kompany-Fußball.

Der Portugiese ist schwer zu pressen, nimmt rege am Ballvortrag teil, kann kombinieren, spielt gute Tiefenbälle und ist sehr beweglich sowie ballsicher. Dazu ist er ein sehr intelligenter Spieler. Er bewegt sich meist ziemlich genau in die richtigen Zwischenräume und füllt damit immer wieder Lücken in Ballbesitz sowie gegen den Ball.

Dementsprechend kann man die These aufstellen, dass der 30-Jährige einen erstklassigen Pavlović-Ersatz abgeben würde. Mit dessen spielerischer Klasse kann er nämlich allemal mithalten und dessen Position hat er beim Rekordmeister auch schon häufiger bekleidet. Unter Tuchel sogar mit Kimmich, weshalb das Duo als Doppelsechs wahrscheinlich nicht allzu viel Anlaufzeit benötigen würde. Was spricht also überhaupt dagegen?

Bei all der Lobhudelei dürfen Guerreiros defensive Schwächen nicht außer Acht gelassen werden. Der Portugiese vernachlässigt immer mal wieder die Rückwärtsbewegung, bei so manchem Gegentor kam er auch in der laufenden Saison schon zu spät. Besonders zweikampfstark ist er auch nicht, vor allem bei Kopfballduellen zieht er häufig den Kürzeren, was seine Quote von 33% bei Luftzweikämpfen beweist. All das fällt auf der Außenverteidigerposition natürlicherweise nicht so auf, im Zentrum jedoch schon.

Ohnehin wird Guerreiro fürs Erste noch als Außenverteidiger gebraucht. Bis zur Rückkehr von Boey und Stanišić auf rechts, als Ersatz und Konkurrent von Davies auf links. Aufgrund seiner chronischen Anfälligkeit für Muskelverletzungen sollte Kompany zudem behutsam mit ihm umgehen. Aufgrund seiner Spielstärke und Vielseitigkeit wird er aber definitiv eine Option für die Sechs bleiben, die sicherlich jeder Trainer liebend gern im Kader hätte.

Raphaël Guerreiro ist derzeit aus der Startelf der Bayern nicht wegzudenken. Wäre der Portugiese aufgrund seiner Stärken am Ball nicht der optimale Pavlović-Ersatz?
(Sebastian Widmann/Getty Images)

Jamal Musiala: Mehr als nur ein Notnagel?

Eine weitere denkbare Alternative könnte Jamal Musiala sein, so absurd das erstmal klingen mag. Doch der 21-Jährige hat die Rolle auf der Doppelsechs unter Julian Nagelsmann und Hansi Flick bereits gespielt. Und das mehr als ordentlich. Besonders seine Stärke, sich tief anzubieten und den Ball ins letzte Drittel zu tragen, kommt auf der Position zur Geltung. Zudem hat er sich defensiv bereits sichtlich weiterentwickelt.

Dennoch würden seine Schwächen im Zweikampf sowie seine fehlenden Qualitäten in der Ballrückeroberung im Kompany-System wohl zu sehr auffallen. Dies würde die Balance im Spiel der Bayern gefährden. Zudem wird Musiala natürlich in der Offensive gebraucht.

Bei besonders tiefstehenden Gegnern oder außergewöhnlichen Spielsituationen – mit einer entsprechenden Absicherung – wäre ein Einsatz des Nationalspielers dennoch gar nicht mal so abwegig und zumindest bis zur Rückkehr von Pavlović eine durchaus veritable Option für Vincent Kompany.

Kommt der neue Pavlović vom Campus des FC Bayern?

Eine Antwort, die die Münchner in der Vergangenheit gern mal gegeben haben, wenn richtig Not am Mann war, ist ein Talent vom Campus. So kam auch Pavlović überraschend dazu, durchstarten zu können.

Im Mittelfeld haben die Bayern tatsächlich einige große Talente, denen in naher Zukunft viel zugetraut wird. Javier Fernández und Jonathan Asp Jensen sind zwei von ihnen. Wobei der Spanier der deutlich ausgewogenere Spielertyp ist. Ihm ist aufgrund von Physis, Zweikampfstärke und Positionsdisziplin eher eine defensive Achterrolle oder gar die Sechserposition zuzutrauen. Qualität bringen beide mit und lange sollte der Schritt in den Profibereich nicht mehr auf sich warten lassen.

Zwei Probleme gibt es allerdings: Erstens sind beide wegen muskulärer Verletzungen raus aus der Verlosung, wie der Rekordmeister kürzlich mitteilte. Und zweitens sind sie noch nicht nah genug am Profikader dran. Zwar gab es hier und da mal Berührungspunkte, doch so eine richtige Andeutung, dass es zeitnah mit einem Sprung klappen könnte, gab es noch nicht.

Fazit: Wer ist nun die optimale Alternative zu Pavlović?

Am wahrscheinlichsten ist, dass João Palhinha mindestens bis zum Ende des Jahres die Position neben Kimmich als Stammspieler übernimmt, auch wenn er aufgrund seines Profils Pavlovićs Rolle nicht exakt übernehmen kann. Dennoch hat der Portugiese – vor allem aufgrund seiner Stärken gegen den Ball – das Potenzial, den Rekordmeister besser zu machen.

Und falls eine Partie mal überhaupt kein Palhinha-Spiel ist, der Portugiese eine Pause braucht oder aufgrund einer bestimmten Spielsituation ein offensiverer Ansatz nötig ist, dann hat der FCB mit Raphaël Guerreiro einen geeigneten Spieler in der Hinterhand, solange der 30-Jährige nicht als Außenverteidiger gebraucht wird.

Auch Konrad Laimer und Leon Goretzka haben ihre Bayerntauglichkeit natürlich schon nachgewiesen und wären ebenfalls Kandidaten fürs Zentrum, auch wenn der Kompany-Fußball den beiden so ihre Probleme bereiten könnte. Und falls aufgrund akuten Personalmangels oder einer bestimmten Spielsituation mal ein außergewöhnlich offensiver Ansatz benötigt würde, könnte Jamal Musiala die Pavlović-Position ebenfalls bekleiden. Eine Lösung vom Campus ist indes erstmal nicht in Sichtweite – zumindest kurzfristig.



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