FC Bayern gewinnt in Frankfurt

FC Bayern in Frankfurt: Zwischen Dominanz und Fragilität – muss Kompany anpassen?

Justin Trenner 06.10.2024

Vincent Kompany verzichtete in Frankfurt auf eine großflächige Rotation. Der FC Bayern München startete mit einer ähnlichen Elf wie zuletzt gegen Aston Villa. Raphaël Guerreiro und Thomas Müller rückten für Konrad Laimer und Kingsley Coman in die Startelf.

Ohne den verletzten Jamal Musiala setzte der Belgier auf das gewohnte System: Hohes Pressing, viel Ballbesitz und möglichst große Dominanz. Eintracht Frankfurt verteidigte hingegen erwartbar tief im 4-4-2 mit Omar Marmoush und Hugo Ekitike als Umschaltspieler in der Offensive.

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Die Ausgangsposition für beide Teams war eindeutig: Der Sieger steht an der Tabellenspitze der Bundesliga. Ein Unentschieden würde den Bayern für den Platz an der Sonne reichen. Mit einem Sieg hingegen könnte man Leverkusen distanzieren, die am Vortag gegen Kiel nur 2:2 spielten.

FC Bayern bei Eintracht Frankfurt: Ein wechselhafter Spielverlauf

Die Bayern kamen energisch und mit hoher Aggressivität auf den Platz. Das hohe Pressing führte zu einigen hohen Ballgewinnen, Kontersituationen der Eintracht wurden im Keim erstickt. So entwickelte sich in den ersten Minuten eine Partie, in der man auf den Führungstreffer der Gäste wartete. Der kam auch: Eine kurz ausgeführte Ecke gelangt schließlich zu Minjae Kim, der das 1:0 für den FCB erzielt (15.).

Lange blieben die Münchner aber nicht in Front. Trotz Dominanz und Kontrolle riss die Eintracht das Spiel mit den beiden einzigen gefährlichen Kontersituationen an sich. Marmoush vollendete zum 1:1 (22.) und Ekitike einige Minuten später zur Führung (35.). Auch die Frankfurter blieben nicht lange in Front. Dayot Upamecano hatte – erneut nach Ecke – die direkte Antwort: 2:2 (38.).

In der zweiten Halbzeit rissen die Bayern das Spiel wieder stärker an sich. Frankfurt hatte kaum Gelegenheiten zum Umschalten, die Gäste wurden wieder druckvoller. In der 53. Minute eroberte Upamecano tief in der gegnerischen Hälfte einen Ball und fand Guerreiro. Der Portugiese bediente Kane, der wiederum auf Olise ablegte. Mit einem überlegten Abschluss traf der zum 3:2.

Die Bayern blieben anschließend kontrolliert auf dem Gaspedal, hatten aber den einen oder anderen Angriff, der vielversprechend gewesen wäre. Weil sie es verpassten, das vierte nachzulegen, wurde es am Ende nochmal etwas heißer.

Und tatsächlich gelang der SGE der Ausgleich. Die Bayern ließen sich die Kontrolle in den letzten Minuten nehmen und wieder war es Marmoush, der zum 3:3 traf (90.+4). Bayern bleibt Tabellenführer, nimmt aber Diskussionen mit in die Länderspielpause.

FC Bayern in Frankfurt: Dinge, die auffielen

Defensive Wechselhaftigkeit: Muss Kompany sein System anpassen?

Wieder sind es vor allem Konter, die dem FC Bayern das Leben schwer machen. Lange Bälle oder schnell ausgespielte Situationen über wenige Stationen. Ob nun Pech oder Unvermögen: Klar ist, dass dieses Risiko klar einkalkuliert ist.

Wer so hoch verteidigt und angreift wie der FC Bayern, nimmt solche Konter wie bei den Gegentoren schlicht in Kauf. Kann sich Upamecano vor allem beim ersten Gegentor gegen Marmoush besser anstellen? Vielleicht. Aber das ist gar nicht der springende Punkt. Die besten Innenverteidiger der Welt werden in diesem System immer wieder solche Situationen erleben.

Und dafür haben die Bayern im Schnitt in den vergangenen Wochen immer noch wenig zugelassen. Die große Frage sollte daher nicht sein, ob die Verteidiger nicht gut genug für dieses System sind. Das sind sie. Die Frage ist viel mehr, wie man das System offensiv ertragreicher gestalten kann. Denn entstanden sind die Situationen, weil man vorn zu unpräzise, zu hektisch oder schlicht zu naiv agiert hat.

Ballverluste wie den von Müller vor dem zweiten SGE-Tor aus dem Mittelfeld heraus besser abzusichern ist die eine Aufgabe. Die andere ist es schlicht, aus dem Spiel heraus mehr Offensivgefahr zu erzeugen und die Chancen entsprechend zu nutzen. Dass es noch keinen Grund gibt, das System gänzlich zu hinterfragen, zeigt der herausragende Ballgewinn von Upamecano vor dem Olise-Tor zum 3:2.

Es ist ein Abwägen zwischen Chancen und Risiken. Kompany wird wöchentlich analysieren müssen, wie viel Anpassung gegen Gegner notwendig ist, die wie Frankfurt eine enorme Offensivqualität haben. Doch die grundsätzliche Dominanz im Spiel und die Energie, die das Team auch nach Rückschlägen zeigt, sind eher Pro-Argumente.

Ein großes Contra-Argument ist, dass man sich hat in der Schlussphase trotz Führung in einer sehr offenen Situation erwischen lassen. Das darf einer Mannschaft, die Titel gewinnen will, schlicht nicht passieren. Drei Konter, drei Gegentore – das ist bei aller Frankfurter Qualität, die eine der besten Offensivreihen stellen, zu viel.

Thomas Müller hilft dem Spiel

Zumal es offensiv auch schon wieder deutlich besser lief als noch am Mittwochabend. Ein Grund dafür war der unermüdliche Müller. Der Routinier sorgte mit seinen Bewegungen und Läufen für deutlich mehr Variabilität im offensiven Zentrum und so auch für mehr Tiefe.

Zusätzlich bringt er einen Überraschungsfaktor ins Spiel, der die Bayern weniger berechenbarer macht. Umso verwunderlicher, dass Müller in den letzten Wochen kaum eine Rolle spielte. Mit dieser Qualität kann er dem Team von Kompany immer noch helfen.

Flügel-Ambivalenzen: FC Bayern gleichzeitig gut und ausbaufähig

Was im Offensivspiel der Bayern aktuell sehr gut funktioniert, ist das Freispielen der Außenspieler. Durch die offensive und oft einrückende Rolle der Außenverteidiger sowie die Spielstärke im Zentrum schaffen es die Münchner häufig, den Gegner ins Zentrum zu ziehen.

Mit zwei Mitteln gelingen ihnen dann häufig Durchbrüche außen: Entweder schnelle Seitenverlagerungen von Pavlović oder Kimmich, oder mit Überladungen und gegenläufigen Bewegungen sowie Steil-Klatsch-Spiel. Das Problem ist, dass sie zu wenig Ertrag aus den Räumen ziehen, die sie dort öffnen.

Das taktische Mittel ist gut, nur wenn aus den Durchbrüchen keine hochkarätigen Chancen entstehen und man eher noch in einen Konter läuft, dann fehlt der zählbare Gegenwert. Inwiefern das eine Qualitätsfrage ist oder ob es einfach nur mehr Rhythmus benötigt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

Mehr Stabilität innerhalb der eigenen Leistung

Was in jedem Fall Hoffnung für die Zukunft macht, ist die grundsätzliche Stabilität im Spiel des FC Bayern. Damit ist nicht gemeint, dass sie defensiv oder offensiv besonders stabil wären, sondern dass sie konstant ihren Fußball auf den Rasen bringen – unabhängig vom Ergebnis.

Die Schwankungen der Vorjahre sind bisher geringer und man reagiert besser auf Rückstände oder verpasste Chancen. In Frankfurt hätten die beiden Konter das Spiel komplett kippen können, aber die Münchner blieben dran – verpassten es allerdings, aus ihrer Überlegenheit einen größeren Vorsprung herauszuspielen. Und so kam es am Ende zu einer Situation, die im Fußball nicht unüblich ist, wenn ein Team nochmal alles nach vorn wirft.

Hier müssen sich die Bayern fehlende Abgezocktheit vorwerfen lassen. Und Kompany muss sich die Frage gefallen lassen, ob er mit seinem Dreifachwechsel kurz vor Schluss nicht doch eher den Spielfluss zerstört hat, als irgendetwas zu stabilisieren. Laimer, Palhinha und Dier kamen für Olise, Pavlović und Upamecano. Mindestens Laimer sah beim 3:3 überhaupt nicht gut aus.

Aber auch bei Manuel Neuer muss die Frage gestattet sein, ob er in seiner Peakzeit mindestens einen dieser drei Abschlüsse gehalten hätte. Von einem klaren Fehler lässt sich selten sprechen, wenn dreimal ein Stürmer allein vor ihm auftaucht. Und doch waren mindestens zwei der drei Abschlüsse nicht wirklich platziert.

Der Faktor Zeit ist an der Säbener Straße ein anderer als bei anderen Clubs. Und doch sollte man die vielen positiven Ansätze vielleicht etwas stärker akzentuieren als die weniger positiven. Auf Basis dieses Saisonstarts lässt sich vieles aufbauen. Und doch geht man mit einem Gefühl der leichten Unzufriedenheit in die nun zweiwöchige Pause.



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