WM-Kaderausblick Teil 5: Tor, Abwehr und Raumdeuter
Manuel Neuer (28/Deutschland/45 Länderspiele)
Im deutschen Kader gab es zwei Positionen, um die nicht debattiert wurde. Zum einen war das Philipp Lahm, wo auch immer er schließlich aktiv ist. Zum anderen das Tor mit Manuel Neuer.
Allerdings kam selbst hier das Vorbereitungspech der Nationalelf, das in der Verletzung von Marco Reus seine Krönung fand, zur Geltung. Im Pokalfinale verletzte sich Neuer an der Schulter, spielte sogar noch zu Ende, doch bis heute steht nicht fest, ob der 28-Jährige bis zum Spiel gegen Portugal am 16. Juni fit wird. Dabei lief die Saison für den Torwart ausgezeichnet – neben mannschaftlich guten Leistungen mit dem FC Bayern wurde er im Januar auch von der FIFA zum Welttorhüter gekürt. Mehr geht fast nicht mehr. Was bei seiner Nationalmannschaftskarriere auffällt: 45 Länderspiele als 28-Jähriger Stammtorhüter sind eigentlich nicht viel – Neuer ist erst seit 2010 im DFB-Team richtig angekommen, als er für den Verletzten Rene Adler einsprang. Bei seinem dritten großen Turnier will sich Neuer nun in dem Stil auszeichnen, in dem es 2002 schon ein Oliver Kahn geschafft hat. Bei der teilweise wackligen deutschen Viererkette sollte er dazu auch Chancen bekommen.
Prognose: Neuer wird bei der WM mehr zu tun bekommen als beim FC Bayern – gesetzt dem Fall dass er bis zum 16.06. fit wird.
Jerome Boateng (25/Deutschland/39 Länderspiele)
Jerome Boateng geht es (leider) so wie vielen anderen: Er ist unheimlich variabel – darf somit allerdings nicht immer auf seiner Lieblingsposition spielen.
„Ich sehe mich bei der Nationalmannschaft da, wo ich beim FC Bayern immer gespielt habe: In der Innenverteidigung“, sagte Boateng vor einigen Wochen. Nun ja, würde er weiterhin auf seinen Platz im Zentrum bestehen, würde er wahrscheinlich auf der Bank landen. Denn während zentral Hummels und Mertesacker gesetzt sind, ist durch Lahms Wechsel ins Mittelfeld rechts eine freie Position entstanden. Und glaubt man Löws Aufstellung in den Testspielen heißt die Idealbesetzung Boateng. Schon bei den Turnieren davor war er auf den Außenpositionen gefragt, 2010 lief er vier Mal als Rechts- und einmal als Linksverteidiger auf, genauso 2012, wo er seinen Stammplatz rechts hinten sicher hatte. Dieses Jahr ist Boateng ein gutes Beispiel dafür, was die DFB-Elf schaffen muss, um ein gutes bis sehr gutes Turnier zu spielen. Denn erst wenn Boateng auf der rechten Seite, trotz möglicherweise vorhandener Frustration über die Nicht-Berücksichtigung in der Mitte, gute Leistungen erbringt, trägt er zum Teamerfolg am meisten bei.
Prognose: Boateng wird einen Teufel tun und die Rechtsverteidigerposition „ablehnen“. Somit gehört er zur Startelf der Nationalmannschaft.
Thomas Müller (24/Deutschland/49 Länderspiele)
Der „Raumdeuter“ war Shootingstar 2010 und wird meiner Meinung nach der entscheidende Faktor im deutschen Spiel sein.
Viele hatten ihm die schwierigste Saison seiner Karriere vorhergesagt. Guardiola möchte technisch perfekte Spieler und keine schlaksigen Freiläufer wie Müller, so der Tenor vor der Saison. Dazwischen gab es allerdings immer auch die Meinung, ein bisschen Chaos sei genauso wichtig. Nun, beide Seiten hatten irgendwo Recht. Müller brauchte ein wenig, um reinzukommen ins bayrische Tiki-Taka. Und Guardiola setzte auch nicht immer auf ihn, gerade in den großen Spielen nahm der Pähler auch mal auf der Bank Platz. Andererseits: Wenn er spielte brachte er meist seine Topleistung und etablierte sich zudem immer mehr als Sturmspitze, einer Position die ihm unter Heynckes noch nicht lag. Im Nationalteam macht ihn eben das so wertvoll. Denn Miro Klose wird in Brasilien kaum durchspielen können und da Löw neben ihm keine echte Neun nominiert hat, ist Müller die Nummer eins in der „Thronfolge“. Mit Götze, Özil und Kroos laufen im Mittelfeld drei Leute herum, die den entscheidenden Pass in die Tiefe spielen können. Allerdings braucht es einen Abnehmer – für mich die Idealposition von Müller.
Prognose: Der WM-Torschützenkönig 2010 wird der Schlüsselspieler im deutschen System, weil er für die Portion Chaos sorgt, die es braucht.