Verabschiedung, Wut, Uli-Show und ein neuer Präsident
Karl Hopfner wäre der Mann gewesen, der im Fokus stehen sollte, wenn es nach mir gegangen wäre. Der Verein Bayern München wählte ihn mit 99,6% bis 2016 zum neuen Präsidenten und bestätigte Rudolf Schels und Dr. Dieter Mayer als Vizepräsidenten. Hervorragende Ergebnisse für Männer, deren Vorstellungsausführungen nicht immer Hoffnung auf spannende Redebeiträge auf kommenden Versammlungen machen, aber die sich ihrer Aufgabe und Verantwortung beim FC Bayern bewusst sind.
Aber es war eben nicht der Abend des Karl Hopfner, der gleichzeitig als Abschluss einer langen Fan- und Mediendiskussion gesehen werden kann und Uli Hoeneß vermutlich (absolute) Ruhe vor dem Antritt seiner Haftstrafe gegeben hätte. Die außerordentliche Hauptversammlung war eben die Feier mit seinen Freunden und Anhängern in der »Familie FC Bayern«, aber auch ein Einblick in Hoeneß Seelenleben und die Abrechnung bzw. harsche Kritik mit Teilen der Presse- und Medienlandschaft. Es war die Uli-Show, mit Selbstmitleid, Wut, aber auch verständlichem Ärger über das, was seiner Familie widerfahren ist. Die Bühne gehörte Uli – auch nach seiner Rede, in der über die schwierigen Monate im Kreis der Familie und die kommende Last der zu zahlenden Steuerschuld sprach, sich bedankte, verabschiedete und eine Rückkehr in Aussicht stellte. Hoeneß ist der FC Bayern und der FC Bayern ist Hoeneß. Und er wird es auch bleiben, denn seine Meinung wird auch aus dem Gefängnis großes Gewicht im Tagesgeschäft haben. Das kündigte nicht nur Karl-Heinz Rummenigge an. Der ehemalige Präsident geht als verurteilter Straftäter und jemand, der seine Firmenanteile verkaufen / weitergeben musste, um ins Reine zu kommen. So richtig verstanden hat er die Verurteilung wohl noch immer nicht. Da bleibt der Eindruck vom Prozessbesuch (Liveblog).
Während der außerordentlichen Mitgliederversammlung wollten einige am liebsten nach jedem Punkt am Ende eines Satzes applaudieren. Ich saß eher auf meinem roten Stuhl und wusste nicht an welcher Stelle es angebracht und mit Blick auf die Lebensleistung notwendig ist, oder wann man doch lieber wegen einiger Aussagen den Kopf schütteln sollte. Es war eine abstruse, stellenweise skurrile Veranstaltung, bei der es noch immer schwer fällt die richtigen Worte zu finden. Alles was am Freitagabend im Audi Dome passierte, konnte man im Vorfeld erwarten. Vielleicht waren meine persönlichen Erwartungen anders, extrem niedrig oder doch zu hoch. Uli Hoeneß sagte nicht nur »Servus« sondern verabschiedete sich mit einer für ihn typischen Kampfrede und spürbarer Wut im Bauch. Phasenweise in angebrachter und unangebrachter Rage, dann wieder mit Momenten, die ihm nahegingen. Er tritt ab und hinterlässt einen exzellent aufgestellten FC Bayern mit einer neu formierten Führungsriege und fähigen Nachfolgern. Aber so richtige Ruhe kehrt wohl auch jetzt noch nicht ein. Weder für ihn persönlich noch im Klub.
Uli Hoeneß stehen im Verein von offizieller und Seite der Fans alle Türen offen. Er hat eine Rückkehr angekündigt. Sein Stuhl bleibt warm, die Möglichkeiten einer erneuten Kandidatur und Wahl als Präsidenten ist (höchst)wahrscheinlich oder gar anzunehmen. Die Bewertung dieses Schritts, der Wirkung bis 2016 (oder darüber hinaus) und der Eindruck auf die Arbeit des Präsidiums bis dahin bleibt jedem selbst überlassen. Ebenso sollte jeder für sich entscheiden, ob er das gut findet.
Mir bleiben Zweifel.