SC Freiburg: Wirtschaftlicher Steckbrief vor den Bayern
442 Millionen EUR statt Aufstellung 4-4-2, Hauptsponsor statt Hauptrivale lautet das Motto. Die Meisten kennen die sportlichen Profile der Gegner der Bayern, aber wie steht es eigentlich um ihre wirtschaftliche Situation? Wie viel Geld erlösen die Vereine von ihrem Hauptsponsor? Von ihrem Ausrüster? Von der DFL? Machen sie Verluste oder Gewinne und wie investieren sie ihr Geld? In Steine? In Beine? Und wie stehen sie eigentlich im Vergleich zum FC Bayern da? Nach einem Blick auf die Zahlen schließt der Artikel mit einem kurzen Ausblick auf das anstehende sportliche Geschehen am Wochenende.
Die Eckdaten
Das erste Mal unter dem Namen „SC Freiburg“ tritt der SC Freiburg im Jahr 1912 in Erscheinung, nachdem er aus der Fusion zweier Vorgängervereine, die unabhängig voneinander im Jahr 1904 entstanden waren, hervorgangen ist. Nach wiederholten Zusammenschlüssen und Aufspaltungen mit einem Freiburger Turnverein und den Wirren zweier Kriege wird der SC Freiburg im Jahr 1952 endgültig unter seinem heutigen Namen „Sport-Club Freiburg e. V.“ als reiner Fußballverein ins bundesdeutsche Vereinsregister eingetragen. Heute gehören zum Verein neben der Herrenmannschaft eine U23, eine gestaffelte Jugendabteilung mit Mannschaften bis hinunter zur U12 sowie eine Damenmannschaft und seit 1975 auch eine Tennisabteilung. Der SC Freiburg ist neben dem 1. FSV Mainz 05 und dem FC Schalke 04 einer von drei aktuellen Bundesligavereinen, die ihren Spielbetrieb nicht in eine dedizierte Spielbetriebs-Gesellschaft ausgelagert haben. Präsident des Vereins ist seit Oktober 2021 nach zweijähriger Vakanz in dem Amt der studierte Germanist und Lehrer Eberhard Fugmann als Nachfolger des 2019 zum DFB gewechselten Fritz Keller. Hauptberufliche Vorstände sind seit 2014 der Diplom-Betriebswirt Oliver Leki für die Bereiche Finanzen, Organisation und Marketing sowie der Diplom-Sportökonom Jochen Saier für den Bereich Sport. Sportdirektor ist seit 2013 der studierte Mathematiklehrer und ehemalige Spieler des SC Freiburg Klemens Hartenbach. Der SC Freiburg hat aktuell ungefähr 46.000 Mitglieder, er ist damit nach dem VfB Stuttgart der zweitgrößte Sportverein in Baden-Württemberg. Mit dem VfB verbindet den SC Freiburg auch eine lang gehegte Fan-Rivalität.
Nach langen Jahren in Zweit- und Drittklassigkeit gelang dem SC Freiburg in der Saison 1992/93 erstmalig der Aufstieg in die Bundesliga. Vier Mal ist er seither in die 2. Bundesliga abgestiegen, dreimal davon für nur ein Jahr, und seit der Saison 2016/17 spielt der Verein durchgängig in der Bundesliga, mit wachsendem Erfolg. Die bis dato beste Platzierung in der Bundesliga ist ein dritter Platz in der Saison 1994/95, dazu gesellen sich fünf Teilnahmen im UEFA-Cup bzw. der Europa League, zuletzt in der aktuellen Saison, sowie eine DFB-Pokal-Finalteilnahme in der letzten Saison.
Der Freiburger Weg
Der heutige sportliche und wirtschaftliche Erfolg des Vereins bildet den vorläufigen Höhepunkt einer jahrzehntelangen langsamen, aber stetigen Aufwärtsentwicklung, deren Grundlagen in den frühen 1990er Jahren vom späteren Langzeit-Trainer Volker Finke und Langzeit-Präsident Achim Stocker gelegt wurden, die mit ihren damaligen Ideen für den Verein heute nur als visionär gelten können. Für Stocker und Finke stand nach dem ersten Bundesliga-Aufstieg 1993 schnell fest, dass der SC Freiburg als Verein mit einem verhältnismäßig kleinen Namen, ohne großes sportliches Renommée und ansässig in einer Region mit niedriger Bevölkerungsdichte und geringer Wirtschaftskraft seinen zukünftigen Erfolg vornehmlich von innen heraus würde gestalten müssen. Sie ahnten, dass unter solchen Vorzeichen junge, aufstrebende Spieler auf dem Weg nach oben dem Verein absehbar wohl kaum die Türe einrennen würden und immer wieder neue gestandene Spieler zu kaufen den Verein auf Dauer wohl zu teuer kommen würde. Stocker und Finke wollten den SC daher nicht als Käufer-, sondern als Ausbildungsverein in der ersten Liga mit dem Ziel etablieren, dass sich der Verein in einem nennenswerten Umfang aus eigener Kraft mit Profispielern versorgen können sollte, die er bereits als Jugendliche in den eigenen Verein lotsen und mit enger schulischer, pädagogischer und medizinischer Begleitung zu fertigen Fußballern ausbilden wollte. Sie tauften dieses Konzept – anfänglich kaum mehr als eine Idee – den „Freiburger Weg“. Und so begann der SC Freiburg bereits Mitte der 90er mit der Konzipierung, Planung und im Jahr 2000 schließlich dem Bau der bundesweit ersten Fußballschule nach Idee der späteren Nachwuchsleistungszentren, als deren ideeller Urvater sie heute gelten darf. 2001 wurde die sogenannte Freiburger Fußballschule nach nur einem Jahr Bauzeit eröffnet, kurz bevor Nachwuchsleistungszentren vom DFB und der DFL zur allgemeinen Pflicht für alle Vereine im deutschen Profifußball gemacht wurden. Kernelemente der 12 Mio. EUR teuren Schule waren eine parallel zur eigentlichen Fußballausbildung stattfindende, verpflichtende schulische und berufliche Ausbildung der Nachwuchsspieler, eine enge pädagogische, medizinische und physiotherapeutische Begleitung des Trainingsbetriebs sowie die enge Integration der Nachwuchsmannschaften mit der Profimannschaft in Bezug auf Training, Analyse, Spielidee, Feedback und vor allem Durchlässigkeit für die Nachwuchskicker. Mit dem Versprechen hoher Durchlässigkeit wollte der Verein sowohl attraktiv für vielversprechende Talente aus der eigenen Region als auch produktiv für die Versorgung der eigenen Profimannschaft mit frischen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs sein. Im aktuellen Kader der Erstligamannschaft stehen allein elf Spieler, die eine Zeitlang an der Freiburger Fußballschule ausgebildet wurden, darunter etwa Heimkehrer Matthias Ginter, Niklas Höfler, Christian Günther und Keven Schlotterbeck. Historisch hat der „Freiburger Weg“ viele weitere Spieler hervorgebracht, etwa Ömer Toprak, Oliver Baumann, Dennis Aogo, Daniel Caligiuri oder Alexander Schwolow, ebenso wie viele Trainer und Funktionäre des Vereins. So war beispielsweise der heutige Cheftrainer Christian Streich zwischen 1995 und 2011 zunächst Jugendtrainer und später sportlicher Leiter der Fußballschule, selbiges gilt auch für den heutigen Sportdirektor Klemens Hartenbach. Auch die beiden aktuellen Co-Trainer Christian Streichs waren zuvor als Jugendtrainer in der Freiburger Fußballschule tätig. Der Freiburger Weg, geprägt von enger Verzahnung und hoher Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs, Profis und Vereinsfunktionären, ist seither eng mit der Identität des Vereins verbunden.
Die Spielstätte
Die erste eigene Spielstätte des SC Freiburg war zwischen 1928 und 1936 das Winterer-Stadion, bis die Reichsregierung diesen Ort für einen Flugplatz für die Luftwaffe beschlagnahmte und das Stadion wenig später abriss. Das erste wirklich dauerhaft feste eigene Stadion des SC Freiburg war ab 1955 das nach dem Fluss Dreisam benannte „Dreisamstadion“, das ursprünglich mit einer Kapazität von gut 13.000 Plätzen eröffnet wurde und nach mehreren Erweiterungen und Umbauten heute ungefähr 24.000 Zuschauern Platz bietet. Seit dem Umzug der Profimannschaft in das „Europa -Park-Stadion“ zur Spielzeit 2021/22 dient das Dreisamstadion dem SC Freiburg noch als Spielstätte für die Spiele der Damenmannschaft und der U23.
Das Dreisamstadion war aufgrund seiner Lage und seiner kultigen Besonderheiten wie zum Beispiel der, dass es eigentlich nach UEFA-Regularien knapp fünf Meter zu kurz war und einen Meter Gefälle von Süd nach Nord aufwies, oder der, dass die Spiele stets von dem monotonen Surren und Brummen eines vernehmbar lauten Notstromgenerators begleitet wurden, unter Fans sehr beliebt, war dies allerdings weniger unter den Anwohnern im Stadtteil Waldsee, die erstmalig bereits im alten Jahrtausend gerichtlich gegen die Lärmbelästigung durch das Stadion vorzugehen begannen. Als der SC Freiburg in den späten 2000er Jahren damit begann, sich über einen Stadionausbau bzw. -neubau Gedanken zu machen, kam ein Ausbau des Dreisamstadions auf zeitgemäße und der Bundesliga angemessene Verhältnisse unter anderem deshalb aufgrund von Lärmschutzbedingungen von vornherein nicht infrage. Er wäre außerdem auch völlig unwirtschaftlich gewesen. Also fiel schließlich Anfang der 2010er Jahre in enger Abstimmung mit der Stadt die Entscheidung, die Möglichkeit für einen Neubau an einem neuen Ort auszuloten, was die Stadt bereits 2012 per Gemeinderatsbeschluss positiv beschied. Nach einer längeren Standort-Suchphase fiel die Entscheidung schließlich auf ein Areal im Stadtteil Wolfswinkel, das nach Widerstand aus der Bevölkerung durch einen Bürgerentscheid im Jahr 2015 rechtlich verbindlich und abschließend positiv bestätigt wurde. Widerstand aus der Bevölkerung und Klagen begleiteten den Planungsprozess jedoch weiterhin, der offizielle Baubeginn erfolgte erst im Jahr 2019. Noch bis vor wenigen Monaten hatten Teile der Klagen Auswirkungen auf den Betrieb des Stadions, so durften dort Sonntags zwischen 13 und 15 Uhr schlechthin und nach 20 Uhr in der Bundesliga kein Spielbetrieb stattfinden, lediglich DFB-Pokalspiele und Europapokalspiele waren von dem 20-Uhr-Verbot ausgenommen. Im Februar 2022 konnte dieser Streit mit einem Vergleich außergerichtlich beigelegt werden. Die Baukosten für das 34.700 Zuschauer fassende Europa-Park-Stadion beliefen sich planmäßig auf 76,5 Mio. EUR, die der SC Freiburg über eine anfängliche Kapitaleinlage in Höhe von 20 Mio. EUR als atypischer stiller Gesellschafter in die zusammen mit der Stadt gegründete Stadionbetriebsgesellschaft sowie eine jährliche Zahlung in Höhe von 3,8 Mio. EUR für Pacht, Tilgung, Verwaltung und sonstige Nebenkosten vollständig alleine trägt.* Hinzu kommen Kosten in Höhe von rund 50 Mio. EUR für weitere Infrastruktur rund um das Stadion wie Parkplätze und Zubringung, die vollständig die Stadt Freiburg übernimmt. In der Summe hat das Projekt Europa-Park-Stadion damit ein Investitionsvolumen con 130 Mio. EUR. Am 8. Spieltag der Saison 21/22 feierte der SC Freiburg mit einem Spiel gegen den RB Leipzig schließlich die Bundesliga-Eröffnung des Europa-Park-Stadions, die von vielen Fans anfänglich befürchteten sportlichen Anpassungsschwierigkeiten sind bisher ausgeblieben.
*Die Idee hinter diesem Konstrukt: Die Stadt finanziert die Differenz zwischen Baukosten und Einlage des SC Freiburg mit Hilfe eines günstigen öffentlichen Darlehens vor, um die Kapitalkosten für alle Projektbeteiligten zu minimieren.
Die Finanzkennzahlen
Seit dem Geschäftsjahr 2017/18 veröffentlicht die DFL jedes Jahr im Zuge einer Transparenzverpflichtung eine Reihe wesentlicher Finanzkennzahlen der Bundesligavereine. Einige ausgewählte davon für den SC Freiburg sind (Angaben in EUR):
Da der SC Freiburg seinen Spielbetrieb nicht in eine veröffentlichungspflichtige Gesellschaft ausgegliedert hat, sondern als gemeinnütziger Verein verfasst ist, ist er rechtlich nicht verpflichtet, seine Jahresabschlüsse der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und tut dies auch nicht. Sämtliche öffentlich verfügbaren offiziellen Daten stammen daher einzig aus dem DFL-Finanzreport und den Präsentationen von Oliver Leki auf den jährlichen Mitgliederversammlungen des SC Freiburg, von denen die jüngste gerade am 11. Oktober stattfand und mit ganz frischen Zahlen für das am 30.06.2022 abgelaufene Geschäftsjahr 21/22 aufwartete.
Beim Blick auf die allgemeinen Finanzkennzahlen präsentiert sich der SC Freiburg ähnlich wie der erst kürzlich an dieser Stelle porträtierte FC Augsburg als ein sehr solide geführtes Unternehmen – nur noch etwas solider. So weist er etwa eine im Ligavergleich niedrige Personalaufwandsquote (Personalaufwand/Umsatz, ein Indikator für die wirtschaftliche Effizienz der Mannschaft, Platz 6), einen sehr niedrigen Verschuldungsgrad (Fremdkapital/Eigenkapital, ein Indikator für die strukturelle finanzielle Gesundheit, Platz 3), und gemessen am Jahresergebnis eines der wohl erfolgreichsten Überstehen der COVID-19-Pandemie in der gesamten Liga auf. Der SC Freiburg ist neben RB Leipzig und dem FC Bayern einer von nur drei Vereinen in der Bundesliga, die selbst während der Hochzeit der Corona-Pandemie durchgängig verlustfrei geblieben sind und sogar noch an Eigenkapital zulegen konnten. Sogar im besonders schweren Geschäftsjahr 20/21 konnte der SC Freiburg mit 10 Mio. EUR Gewinn nach Steuern einen deutlich positiven Gewinn ausweisen und belegte damit mit deutlichem Abstand Platz 1 vor dem FC Bayern auf Platz 2 mit 2 Mio. EUR. Auch das Geschäftsjahr 21/22 konnte der SC Freiburg mit 2 Mio. EUR Gewinn nach Steuern wieder in den schwarzen Zahlen abschließen und damit sein grundsolides Wirtschaften einmal mehr bestätigen.
Die sehr gesunde Gegenwart des SC Freiburg ist ein Spiegel seiner seit vielen Jahren sehr positiven wirtschaftlichen Entwicklung, die wesentlich auf zwei Faktoren basiert: Zum einen ist dies ein – die Zeit der Pandemie ausgeklammert – nachhaltig wachsendes operatives Geschäft, das die Grundlage der guten Jahresergebnisse des Vereins bildet, aufbauend auf tendenziell steigenden Spieltagseinnahmen, Werbe- und Sponsoringeinnahmen und vor allem TV-Einnahmen durch bessere Platzierungen in der Liga und Teilnahmen im Europapokal. Im Unterschied beispielweise zum erst letzten Woche hier porträtierten BVB hat der SC Freiburg den großen Vorteil, sein operatives Geschäft momentan noch relativ einfach und auf naheliegenden Wegen weiter ausdehnen zu können, ohne dafür größere akrobatische Verrenkungen anstellen zu müssen. Zu nennen wäre insbesondere das neue Stadion mit einem Plus von gut 10.000 Plätzen sowie deutlich besseren Werbe- sowie Hospitality- und Catering-Möglichkeiten gegenüber dem alten Stadion – ein Pfund, das erst in der laufenden Saison das erste Mal vollständig zum Tragen kommt – sowie zum zweiten das große Feld der Europapokal-Einnahmen, das sich der SC Freiburg erst jetzt mit dem steigenden sportlichen Erfolg der letzten Jahre allmählich zu erschließen beginnt. (Wachsende DFL-TV-Einnahmen und DFB-Pokal Einnahmen aufgrund des besseren Abschneidens in diesen Wettbewerben sind ein weiteres nettes Zubrot in diesem Kontext.) Wachsender sportlicher Erfolg und höhere internationale Präsenz gebieren auch höhere Attraktivität und Anziehungskraft auf potentielle neue Fans. Ein Indikator für den rasanten Aufstieg des SC Freiburg in diesem Bereich ist die Mitgliederentwicklung. 2016 hatte der Verein noch rund 10.000 Mitglieder, im August 2019 waren es bereits 20.000 und heute, im Oktober 2022, sind es schon 46.000. Höhere Attraktivität und neue Fans wiederum führen zu höheren Einnahmen aus Werbung, Sponsoring und Merchandising durch den Absatz von mehr Trikots und Lizenzprodukten und lukrativere Verträge mit Werbepartnern. Anders als beim BVB, bei dem die Einnahmen aus dem Spielbetrieb und das Merchandising-Geschäft seit Jahren stagnieren, die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring nur langsam wachsen und mit der Dauerteilnahme an der Champions League das Fass der Einnahmen aus dem europäischen Geschäft bereits umfänglich angezapft wird, liegt vor dem SC Freiburg auf diesen Feldern noch verhältnismäßig viel offene „grüne Wiese“, die es wirtschaftlich zu erobern gilt.
Neben dem Aufwuchs auf dem Gebiet der traditionellen operativen Einnahmen begründet sich der Erfolg des SC Freiburg der letzten Jahre, zweitens, auch auf die nicht-traditionelle Einnahmequelle Transfereinnahmen. Im Geschäftsjahr 2020/21 beispielsweise, als alle anderen Bundesligavereine (mit Ausnahme der Bayern) infolge pandemiebedingt wegbrechender operativer Einnahmen teilweise dramatische Verluste anmelden mussten, waren es vor allem die gut 30 Mio. EUR aus den Transfers von Robin Koch, Luca Waldschmidt und Alexander Schwolow, die dem SC Freiburg zu einem am Ende sogar noch sattschwarzen Gewinn von 10 Mio. EUR Gewinn verhalfen. Auch hier ist der Vergleich zum BVB instruktiv. Genau wie für den BVB stellt auch für den SC Freiburg das Transfergeschäft eine wichtige Komponente im Einnahmen-Mix dar. Aber anders als beim BVB, der strategisch gezielt bestimmte Spieler kauft, veredelt und dann weiterverkauft, sind beim SC Freiburg die Wertsteigerungen der Spieler und mit ihrem Verkauf gegebenenfalls erzielten Transfergewinnne eher ein Kuppelprodukt des „Freiburger Weges“, dessen primäres Ziel historisch nicht die Generierung von Einnahmen durch den Verkauf von gut ausgebildeten Spielern war, sondern der Aufbau einer dauerhaften, verlässlichen Stütze für die Versorgung des Profikaders mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs. Dies zeigt sich anschaulich im Vergleich der Transferstruktur beider Vereine. Während beim BVB ein nennenswerter Teil des Umsatzes auf einige große und spektakuläre Transfers wie die von Haaland, Sancho, Pulisic, Dembélé und Aubameyang entfällt (von denen mutmaßlich alle bis auf Aubameyang und gegebenenfalls Dembélé von vorneherein strategisch zum Weiterverkauf akquiriert wurden), ist es beim SC Freiburg ein nahezu konstanter Strom vieler kleinerer, gleichmäßiger verteilter, aber in der Summe dennoch finanziell nennenswerter Transfers, der die Einnahmenstruktur prägt, von denen wohl nur die wenigsten von Anfang an zum einträglichen Weiterverkauf nach einigen Jahren eingeplant waren. So hat der SC Freiburg von den letzten zehn Kalenderjahren acht mit einem positiven Transfersaldo abgeschlossen – Bundesligabestwert über diesen Zeitraum, beim BVB waren es nur vier – und mit knapp 55 Mio. EUR im Gesamtsaldo dürfte er noch vor Mainz 05 das höchste Verhältnis von kumulierten Transfereinnahmen zu Umsatz unter allen Bundesligavereinen über diese Periode aufweisen. Anders gesagt: Der SC Freiburg macht von allen Bundesligisten im langjährigen Mittel im Verhältnis zum Umsatz den höchsten Gewinn mit Spielertransfers.
Alles in allem hinterlässt der SC Freiburg damit auf allen Ebenen einen sehr soliden, gesunden und „runden“ Eindruck als ein Verein, bei dem alle Elemente nahtlos ineinandergreifen, harmonisch aufeinander abgestimmt sind und sich gegenseitig befördern: Strategie, Zukunftsaussichten, Selbstbild, Vereinskultur, personelle Stabilität, Aufstellung im Umfeld – alles erbracht in enger Verzahnung von sportlicher und wirtschaftlicher Ebene bis hinunter ins tägliche „Doing“ im operativen Tagesgeschäft. Es scheint vor diesem Hintergrund wenig überraschend, dass der Verein seinen Personalaufwand seit Jahren auf dem Platz sportlich „outperformt“, und wenn der SC Freiburg es schafft, seine Kultur der ruhigen Hand, geprägt von hoher personeller und konzeptioneller Kontinuität beizubehalten und nicht beginnt, wie es so viele andere Vereine tun, langfristige Vernunft auf dem Altar kurzfristiger Opportunität zu opfern, dann besteht eine gute Chance, dass er sich in den kommenden Jahren wirtschaftlichen weiter sportlich nach vorne entwickeln wird.
Hauptsponsor, Ausrüster, DFL-TV-Einnahmen
Hauptsponsor
Der Hauptsponsor des SC Freiburg ist nach sechs Jahren Schwarzwaldmilch seit der Saison 2022/23 der erst 2018 im Vereinigten Königreich gegründete Online-Gebrauchtwagenhändler Cazoo, der seit einigen Jahren versucht – ähnlich wie Castore im Fall Bayer Leverkusen – mittels massierten Sportsponsorings in verschiedenen Sportarten wie Darts, Snooker, Golf, Pferderennen, Cricket, Rugby und auch Fußball mit Nachdruck und schnell große Bekanntheit aufzubauen. Gegenwärtig ist das Unternehmen im Fußball Trikotsponsor bei Aston Villa, OSC Lille, Olympique Marseille, Bologna FC, CF Valencia und nun eben auch dem SC Freiburg. Neben der Erstligamannschaft trägt auch die U23 der Freiburger Cazoo auf der Brust und das Unternehmen sponsert auch die Freiburger Schule. Welchen Betrag der Autohändler an den SC Freiburg jährlich für sein Sponsoring zu überweisen hat, ist mir unbekannt. Schwarzwaldmilch soll ca. 3 Mio. EUR pro Jahr bezahlt haben, seinen anderen Klienten auf dem Kontinent soll Cazoo zwischen 4 und 5 Mio. EUR p. a. zahlen, damit erscheinen mir 4 Mio EUR für den SC Freiburg als eine realistische, wenn auch in Anbetracht des Umfangs konservative Schätzung. Mit diesen Erlösen liegt der SC Freiburg am unteren Ende der Bundesligatabelle und ähnlich wie beim Ausrüster gilt (siehe unten), dass dieser Betrag, gesetzt den Fall, die sportliche Hausse des Vereins geht ungebrochen weiter, zunehmend zu gering ausfällt.
Anfang September gab Cazoo bekannt, sich aufgrund wirtschaftlicher Probleme komplett aus seinem EU-Geschäft inklusive allen Sportsponsorings auf dem Kontinent zurückzuziehen. Noch geht der SC Freiburg davon aus, dass das Unternehmen seinen Vertrag dennoch erfüllen wird.
Ausrüster
Ausrüster des SC Freiburg ist seit der Saison 22/23 in Nachfolge des dänischen Sportartikelherstellers Hummel wieder der US-amerikanische Sportartikelhersteller Nike, der auch schon vor Hummel die Arbeitskleidung der Mannschaft stellte. Nike soll dem SC Freiburg ca. 2 Mio. EUR pro Jahr überweisen, was akzeptabel ist, aber mit wachsendem sportlichen Erfolg der Freiburger zunehmend zu wenig werden wird.
DFL-TV-Einnahmen
Aus den Ausschüttungen der TV-Zentralverteilung der DFL erhält der SC Freiburg in der laufenden Saison planmäßig 55 Mio. EUR, womit er sich im Mittelfeld der Liga einsortiert, während der Trend nach oben weist.
Der Vergleich mit dem FC Bayern
Der Vergleich des SC Freiburg mit dem FC Bayern zeigt zwei Vereine, die im Rahmen ihrer jeweiligen, hochgradig unterschiedlichen Kontextanforderungen seit Jahren überaus nachhaltig und erfolgreich wirtschaften. Sowohl der SC Freiburg als auch der FC Bayern haben ein sehr niedriges Verhältnis von Verbindlichkeiten zu Gesamtkapital („Schuldenquote“, beim FC Bayern zumal fast ausschließlich Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung), eine für Fußballvereine sehr gesunde Personalaufwandsquote und eine sehr hohe Eigenkapitaldecke. Nicht umsonst sind es genau diese beiden Vereine, die als einzige in der Bundesliga ohne einen Euro Verlust durch die Pandemie gekommen sind.
Der Vergleich zeigt aber auch, wie meilenweit der SC Freiburg vom FC Bayern wirtschaftlich entfernt ist – und sich trotzdem einen erfolgreichen Verein nennen darf. Der Vergleich zeigt damit, wie in einem gemeinsamen Ökosystem zwei Spezies auf ihre ganz eigene Weise und fast ohne miteinander je in Berührung zu kommen in ihren eigenen ökologischen Nischen erfolgreich sein können.
Transfers
Die Transfers zur Saison 22/23
Der SC Freiburg hat zur Saison 22/23 jeweils sechs Zu- und Abgänge zu verzeichnen. Die bekanntesten Neuzugänge sind sicher Matthias Ginter und Michael Gregoritsch, der spannendste vielleicht Ritsu Doan. Aus den Abgängen sticht Nico Schlotterbeck hervor, für den der BVB ca. 20 Mio. EUR zu zahlen bereit war (alle Zahlen und Daten zu den Transfers wie immer von transfermarkt.de).
Zwar hat der SC Freiburg vor dieser Saison nur einem Spieler aus dem eigenen Nachwuchs einen Profivertrag gegeben, aber zur Saison 21/22 waren es dafür gleich sechs, im Jahr davor ebenfalls sechs und im Jahr davor waren es vier. Nicht alle diese Spieler haben sich durchsetzen können, aber mit Kevin Schade, Noah Weißhaupt und Kiliann Sildillia sind es gegenwärtig allein drei Spieler, die ihren Profivertrag vor der Saison 21/22 bekamen, die beim SC Freiburg in der Bundesliga zurzeit nennenswerte Einsatzzeiten bekommen. Aus den Jahren davor sind es mehrere weitere. Dies demonstriert, wie eng der SC Freiburg die eigene Jugend mit der Profimannschaft verzahnt hat.
Im Kaderwertvergleich zwischen den Freiburgern und den Bayern zeigt sich das gewohnte Bild. Die Bayern sind wertmäßig dem Vergleichspartner wie immer meilenweit voraus.
Die Gehälter der Freiburger Spieler werden wie gewohnt vom Verein nicht öffentlich bekanntgegeben, aber neuer Spitzenverdiener soll dem medialen Vernehmen nach Matthias Ginter mit einem Jahresgehalt von 3 bis 4 Mio. EUR sein. Weitere Gutverdiener im Kader sind Christian Günter, Vincenzo Grifo und Jonathan Schmid und einige andere, die bei zwischen 1 und 2 Mio. EUR pro Jahr liegen sollen. Die Bayern zahlen solche Gehälter bereits für die Kaderplätze 15 bis 20, die Spitzenverdiener liegen beim Fünf- bis Sechsfachen von Ginter.
Transferflüsse zwischen dem SC Freiburg und den Bayern
Noch mit keinem anderen Verein hat es in dieser Serie so wenig Spielerverkehr mit den Bayern gegeben wie dem SC Freiburg.
Immerhin ist mit Alain Sutter ein Name darunter, der auch heute wohl noch den meisten Bayern-Fans geläufig ist und sei es auch nur deshalb, weil er sich in grauer Vorzeit auch schon einmal bei uns im Forum betätigt hat.
Der sportliche Ausblick auf die Begegnung am Wochenende
In der Bundesliga gab es aufgrund der insgesamt noch nicht allzu langen Zugehörigkeit des SC Freiburg zur Liga erst überschaubare 44 Spiele beider Mannschaften gegeneinander. 31 Mal gewann der FC Bayern (Siegquote 70 %), vier Mal der SC Freiburg. Der höchste Sieg der Bayern war ein 7:0-Heimsieg im Jahr 2011, die letzte Niederlage eine 2:1-Auswärtsniederlage im Jahr 2015, die drei anderen Niederlagen stammen aus dem letzten Jahrtausend. Die letzte Begegnung gewannen die Bayern im April dieses Jahres 1:4 auswärts. Auch gegen den SC Freiburg haben die Bayern eine Torquote von > 2 pro Spiel.
Für den Sonntagabend in der Allianz Arena sind auf der Seite der Bayern Lucas Hernández mit seinem Muskelbündelriss und Bouna Sarr mit Patellasehnenproblemen sowie Kingsley Coman nach einer gelb-roten Karte im Spiel gegen den BVB nicht verfügbar. Auf Seite der Freiburger fehlen Kimberly Ezekwem mit einer Muskelsehnenreizung und Roland Sallai, der sich noch von einer Augenoperation erholt.
Bei den Bayern will sich in dieser Saison einfach keine Konstanz einstellen, was völlig ungewöhnlich ist. Nach einem ungefährdeten, aber nicht restlos befriedigenden Sieg gegen Pilsen in der Champions League und einem intensiven, aber nicht jederzeit hochklassigen 2:2 gegen den BVB in der Liga am Wochenende zuvor ist der SC Freiburg eine der Mannschaften, die die Bayern Zuhause normalerweise schlagen, aber was ist in dieser Saison schon normal? Der SC Freiburg ist heuer stark wie nie, hat gerade erst am Donnerstagabend überzeugend 0:4 auswärts in Nantes gewonnen, dazu in der Bundesliga erst ein Spiel verloren und liegt in der Tabelle gegenwärtig sogar zwei Punkte vor den Bayern. Mein Bauchgefühl traut den Freiburgern auch für diesen Sonntag mehr als nur eine anständige Niederlage zu. Die Wettquoten sehen eine Chance von gut 75 % für einen Heimsieg der Bayern, 15 % für ein Unentschieden und knapp 10 % für einen Auswärtserfolg der Freiburger.
Anstoß ist am Sonntagabend um 19:30 Uhr MESZ in der Allianz Arena. Viel Spaß!
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Die vorherigen Ausgaben dieser Serie befinden sich hier: VfL Bochum, Borussia Mönchengladbach, 1. FC Union Berlin, VfB Stuttgart, FC Augsburg, Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund.
EDIT: Das Verbot des Spielbetriebs an Sonntagen zwischen 13 und 15 Uhr und nach 20 Uhr in der Bundesliga ist im Februar 2022 nach einer außergerichtlichen Einigung zwischen Klägern und Verein aufgehoben worden. Der Verein darf sein Stadion jetzt jederzeit für Fußballspiele nutzen. Ursprünglich hatte ich geschrieben, dass diese Beschränkung nach wie vor gilt. Ich habe diesen Fehler korrigiert. Danke an den Leser, der mich darauf aufmerksam gemacht hat!