Guter Anfang, zähes Ende: Ein 1:0-Sieg als Spiegelbild der Hinrunde
In Augsburg tat sich der FC Bayern schon immer etwas schwer, besonders allerdings in den letzten beiden Spielzeiten. Einem knappen 3:2-Sieg folgte ein 2:2-Unentschieden mit einem Last-Minute-Treffer durch Finnbogason. Mit diesem Wissen treibt die aktuell anfällige Defensive noch ein paar zusätzliche Sorgenfalten auf die Stirn des ein oder anderen Bayern-Fans.
Falls ihr es verpasst habt
Die Aufstellungen
Hansi Flick hat bei der Rotationsmaschine die Handbremse angezogen und wechselte vor dem innerbayerischen Duell nur auf einer Position. Hernandez, der zuletzt oft nur auf der Bank saß, rückte für Davies in die Startelf. Der gegen Freiburg angeschlagen ausgewechselte Gnabry bekam den Vorzug vor Sané.
Auf der Gegenseite versuchte Heiko Herrlich nach zuletzt zwei Niederlagen in Folge das Ruder herumzureißen und brachte dafür Richter zurück in die Startelf, der in einer offensiven Dreierreihe neben Vargas und Hahn auflaufen durfte. Die Hausherren stellte Herrlich in einem 3-4-3-System auf, das gegen den Ball zu einer kompakten Fünferkette werden sollte.
Ein kleiner Blick in die Statistik zeigt, dass Boateng sein 300. Bundesligaspiel absolvierte. Zudem traf Lewandowski auf seinen Lieblingsgegner. Gegen Augsburg hatte der Pole in 15 Spielen 19 Tore erzielt. Auf der anderen Seite ging es für den FC Bayern darum die Einstellung eines Negativrekordes zu vermeiden. Mit einem Gegentor wäre es das zwölfte Spiel in Folge gewesen.
Die erste Halbzeit
Endlich mal wieder ein relativ souveräner Auftakt des Tabellenführers. Bis auf ein Luftloch von Boateng verlebte Neuer einen ruhigen Abend. Auf der Gegenseite näherten sich die Münchner dem Augsburger Tor an. In der 13. Minute hielt Khedira bei Hernandez den Fuß drüber und Schiedsrichter Jöllenbeck entschied auf Strafstoß. Mit gewohnter Sicherheit verwandelte Lewandowski seinen fünften Elfmeter der Saison.
Nach der Führung waren die Bayern nun deutlich am Drücker. Das typisch hohe Bayern-Pressing setzte den Hausherren in dieser Phase merklich zu und bescherte dem FCB einige hohe Ballgewinne. Nur ein Tor wollte daraus zunächst nicht resultieren, denn bis zur Halbzeit ließ man gleich mehrere Großchancen aus.
Die zweite Halbzeit
In der Pause hatte Herrlich seine Augsburger wohl ins Gebet genommen, denn mit Wiederanpfiff waren die Hausherren deutlich aktiver. Auf der Gegenseite schlichen sich nun kleinere Fehler und Ungenauigkeiten ins Münchner Spiel ein. Auch daher ergaben sich keine weiteren Chancen für die Bayern.
Flick reagierte und brachte Tolisso und Sané. Dafür gingen Gnabry und, überraschenderweise, Lewandowski vom Feld. Der Pole war wohl leicht angeschlagen. Von nun an spielte Müller in vorderster Spitze und Tolisso auf der Zehn.
Es kam wie es kommen musste: Iago schoss Pavard den Ball an die Hand und der Schiedsrichter entschied zum zweiten Mal an diesem Abend auf Elfmeter. Kimmich fasste lautstark die Gedanken aller Bayern-Fans in diesem Moment zusammen: “Tausend Chancen, Mann!!”. Doch Fortuna war in diesem Spiel den Bayern hold und Finnbogason vergab den Strafstoß. Sein Schuss prallte an den Pfosten (75.).
Als der Ausgleich der Augsburger durchaus verdient gewesen wäre, brachte Flick in seiner besten Kovač-Imitation als letzte Bastion noch Martínez für Müller. Zuvor war bereits Musiala gekommen, der zumindest die wenigen Entlastungsangriffe der Bayern anführte. Nach vier langen Minuten Nachspielzeit war das Bangen vorbei. 1:0!
Am Samstag geht es dann zum Rückrundenauftakt gegen den FC Schalke. Die Königsblauen durchlebten nach dem 0:8 am ersten Spieltag eine rabenschwarze Saison. In der Theorie eine gute Gelegenheit für die Münchner um endlich mal wieder über 90 Minuten zu überzeugen.
Dinge, die auffielen
1. Und dennoch Hinrunden-Meister
Keine Pause, keine Sommervorbereitung, ein vollgepackter Spielkalender, der Ausfall des wichtigsten zentralen Spielers, keine Winterpause und dennoch, dennoch ist der FC Bayern München Hinrunden-Meister der Bundesliga-Saison 2020/21. Sogar mehr als das: der Serienmeister hat bereits vier (!) Punkte Vorsprung auf den nächsten Verfolger.
Wohl selten hatte die nationale Konkurrenz so gute Karten wie in dieser Saison. Eine müde Offensive, ein löchriges Zentrum und eine wackelige Defensive: die Bayern schwächelten. Doch wer ist da wenn der Rekordmeister strauchelt? Am Ende waren es wieder doch nur die Münchner.
Die Erzrivalen aus Dortmund verloren sich irgendwo im Zwist mit dem zu zahmen Favre. Den aufstrebenden Leipzigern fehlte die Konstanz. Dem jungen Vizekusen-Team ging die Abgezocktheit in den entscheidenden Momenten verloren. Man kann die Roten gar nicht hoch genug loben für diese Leistung in einer Saison in der jeder ihnen einen niedrigeren Gang verziehen hätte. Doch der Wille und die Motivation des Teams ist wie der Kampf um die Meisterschaft einer gewissen königsblauen Mannschaft aus dem Ruhrpott: unendlich.
2. Lucas, der Gegenpressing-Lokomotivführer
Das Münchner Gegenpressing ist eine fein abgestimmte Maschine, bei dem jeder Spieler wie ein kleines Zahnrad im großen Getriebe fungiert. An einem Abend wie in Augsburg läuft diese Maschine wie geschmiert und es scheint fast unfair ein einzelnes Zahnrad hervorzuheben. Doch gegen Augsburg bewies Lucas einmal mehr seine hervorragenden Fähigkeiten im Spiel gegen den Ball.
Der Franzose versteht es besonders gut im Pressing genau die richtigen Räume zu besetzen und im perfekten Moment den extra Druck aufzubauen, der den Gegner zum Ballverlust zwingt. Seine Smartheit in jeder Aktion ist dabei mindestens so wichtig, wie der Speed seines Kontrahenten Davies.
3. Nachlegen, bitte!
Nach zuvor acht Spielen mit 0:1-Rückstand konnten die Bayern gegen Augsburg zum vierten Mal in Folge mit 1:0 in Führung gehen. Anders als noch in den vorherigen Spielen ließ man dieses Mal nicht nach, sondern zeigte eine der konzentriertesten und überzeugendsten Leistungen der letzten Monate. Am Ende der Halbzeit standen Elf zu Null Torschüsse und 1,9 expected Goals – allerdings auch nur ein tatsächliches Tor.
Trotz bester Gelegenheiten verpassten es die Münchner das wichtige zweite Tor nachzulegen. Ein zweites Tor, das Kräfte sparen und Nerven schonen kann. Der Trend zeigt klar nach oben in den letzten Spielen. Aber um die aktuellen Leistungen bei dem erforderlichen Pensum zu halten, wird man in Zukunft Spiele wie heute nach einer Halbzeit entschieden haben müssen.
4. Nervöser Aufbau unter Druck
Das Münchner Spiel in der ersten Hälfte wirkte auch deswegen so souverän, weil die Fuggerstädter es dem Meister einfach machten. Die Augsburger setzten auf tiefe Kompaktheit mit einem lockeren Mittelfeldpressing, so dass Kimmich und Goretzka nach Belieben Schalten und Walten konnten. Zwar wurde es rund um den Sechzehner dann eng, doch immer wieder gelang es den bayerischen Offensiven mit Läufen in der Defensive Lücken zu kreieren.
Mit der zweiten Halbzeit presste Augsburg zwanzig Meter höher an. Auch Boateng und Alaba wurden nun bereits in der eigenen Spielhälfte angelaufen. Direkt wurde der Aufbau des Gäste nervöser und unsouverän. Gepaart mit sich nun häufenden individuellen Fehlern sowie deutlich weniger Pressingsituationen ergab sich eine hektische Schlussphase. Lösungen konnte sich die Flick-Elf an diesem Abend leider nur in der ersten Hälfte erspielen.
5. Neuer Rekord für Ma-Null
Endlich mal wieder zu null! Nicht nur den eigenen Negativrekord von zwölf Spielen in Folge mit Gegentor konnte der Rekordmeister abwenden, sondern für Manuel Neuer gab es sogar noch einen Rekord. Zum 196. Mal musste der Welttorhüter nicht hinter sich greifen und stellte damit die bisherige Bestmarke von Ex-Welttorhüter Oliver Kahn ein. Gratulation, auch wenn dieses Mal ein Pfosten fleißig helfen musste!