Last Man Standing – Ein Ausblick auf das Spiel gegen Borussia Dortmund
Im Vorfeld, geprägt durch (meist) belanglose Länderspiele, wurde schon heftig über die verschiedensten Vorzeichen diskutiert. Die Ausgangslage ist klar. Der FC Bayern hat gegenwärtig 4 Punkte Vorsprung in der Tabelle vor Dortmund. Zudem warten mit Braunschweig, Hamburg und Bremen in den nächsten Wochen eher Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte. Auf Dortmund wartet Mainz, Leverkusen, Hoffenheim. Zudem benötigt man in der Champions Leaque noch zwei Siege, um das Achtelfinale zu buchen. Kurzum: Der BVB darf am Wochenende nicht verlieren, will man die Meisterschaft noch offen halten. Der FC Bayern sollte sich keine Niederlage erlauben, schließlich hat man mit der FIFA Club WM noch eine zusätzliche Belastung im Terminkalender.
Die Saison der Borussia
Borussia Dortmund ist klar die Mannschaft, die den FC Bayern national und vielleicht sogar international am meisten gefährlich werden kann. Zum einen verfügen sie mit Reus oder Lewandowski über die nötige individuelle Klasse um ein Spiel zu entschieden und zum anderen haben sie Spieler wie Großkreutz oder Blaszczykowski Spieler, die chamäleonartig das Gerüst der Mannschaft bilden und sich immer wieder an neue Situationen anpassen können. In der Bundesliga stehen bei 12 Spielen 9 Siege und insgesamt 28 Punkte. Zudem hat der BVB noch einen Vorsprung in der Tordifferenz. International muss man aufpassen, dass Achtelfinale der Champions League nicht zu verpassen. Aktuell verbucht der BVB 2 Siegen und 2 Niederlagen in der wohl stärksten Gruppe der diesjährigen Saison. Die aktuelle Spielzeit des BVB erinnert stark an die des FC Bayern aus dem Jahre 2011/12. Die Mannschaft spielt teilweise überragenden Fußball und überrollt ihre Gegner – wie zuletzt Stuttgart oder vor einigen Wochen den HSV. Allerdings gibt es auch Spiele, in denen fast nichts geht – bestes Beispiel sind die Auftritte in Wolfsburg oder auch Neapel.
Kein Wunder, dass der Gini-Koeffizient im europäischen Vergleich einer der schlechtesten ist. Der Gini-Koeffizient misst die Ungleichheit einer Datenreihe. Je höher der Wert, umso ungleicher sind die Tore der Mannschaft auf die Spiele verteilt. Der Wert spiegelt also die Torausbeute der Mannschaft in den letzten Wochen wieder (letzte 10 Spiele: 0, 5, 3, 0, 1, 2, 3, 6, 0, 1). Gerade in der Offensive wurde der Abgang von Götze noch nicht vollends kompensiert – die Neuzugänge Aubameyang und Mkhitaryan haben zwar schon tolle Auftritte für ihre neue Mannschaft gehabt, allerdings konnten sie die bisherige Leistung noch nicht mit der letzten Konstanz abrufen. Einzig Marco Reus hat im Vergleich zum letzten Jahr noch mal einen deutlichen Sprung gemacht. Ihn aus dem Spiel zu nehmen wird die Hauptaufgabe des FC Bayern sein.
Der Endspurt der Bayern bis zur Winterpause
Auch beim FC Bayern wird es bis zum Heiligen Abend noch mal spannend. Sie müssen nach der langfristigen Verletzung von Schweinsteiger umbauen. Durch den Ausfall ist noch unklar, ob sich der heimliche Plan von Pep Guardiola umsetzen lassen kann. Ursprünglich war sicherlich angedacht, Lahm wieder fest als Rechtsverteidiger auflaufen zu lassen. Gerade gegen Marco Reus braucht es einen taktisch sehr intelligenten Spieler, der zudem Zweikampfstark ist. Ein RV-Lahm würde sicherlich auch noch mehr Druck über die rechte Angriffsseite ermöglichen. Hier konnte Rafinha Robben/Müller/Götze zuletzt nicht in der Lahm’schen Art & Weise unterstützen. Andererseits ist durch den Ausfall von Schweinsteiger der Motor im Mittelfeld verloren gegangen. Wie wichtig Schweinsteiger ist, zeigt ein Blick auf seinen Goalimpact-Score – dort ist er auf Platz 3 weltweit mit 180,5 Punkten gelistet – nur Ronaldo und Messi sind wichtiger für ihr Team. Da Pep Guardiola am liebsten mit 12 Mittelfeldspielern auflaufen würde, ist durchaus denkbar, dass wir an der Achse Martinez – Kroos und Lahm festhalten. Vielleicht könnte aber auch Götze den Part von Lahm auf der „8“ übernehmen. Götze wirkte zuletzt nach seinen vielen Spielen für den FC Bayern und für die Nationalmannschaft etwas müde. Vielleicht will Pep ihm auch den zu erwartenden Spießrutenlauf ersparen. Die Reaktionen nach seinen Wechsel überschritten jedenfalls die imaginäre Linnie der Menschlichkeit. Es wird sich zeigen, ob sich die Wogen geglättet haben.
Pep wird zudem seine Lehren aus der Niederlage im Supercup gezogen haben. Der BVB gewann das erste Pflichtspiel der Saison, weil sie im Mittelfeld präsenter waren – gerade Gündogan machte damals sicherlich eines seiner besten Spiele. Natürlich hinkt der Super-Cup-Vergleich etwas. Beim FC Bayern fehlten damals Neuer, Dante, Martinez und Schweinsteiger. Der BVB hatte nahezu die gleiche Elf vom Champions League Finale auf dem Platz.
Die Deutsche Krankenhausmeisterschaft
Das Fehlen von Akteuren wird sicherlich das beherrschende Thema im Vorfeld dieser Partie sein. Der BVB hat am letzten Bundesligaspieltag Subotic mit einem Kreuzbandriss verloren, dass war bereits vor der Länderspielpause klar. Jetzt hat es zudem Hummels und Schmelzer erwischt. Während Schmelzer »nur« drei Wochen fehlen wird, liegt Hummels bis Ende Januar flach. Jürgen Klopp wird seine Abwehr also umbauen müssen. Zumindest mit Sokratis kann man Subotic 1:1 ersetzen, ob ein Ausfall von Hummels und Schmelzer zu verkraften wäre? Interessante Frage.
Zumindest bei Piszczek – dem vierten von vier aktuell verletzten Stammabwehrkräften sieht es wieder besser aus. Dieser bestritt ein Testspiel, allerdings kommt ein Einsatz gegen den Rekordmeister (wohl) noch zu früh. Wahrscheinlicher wird sein, dass Klopp Kehl & Bender zurückzieht. Die Abwehr würde also lauten: Großkreutz – Kehl – Sokratis – Bender. Das Quartett hat in der Form sicherlich noch nicht zusammen auf dem Rasen gestanden, allerdings haben alle die nötige Erfahrung bzw. Klasse. Ein Nachteil an diesem Gedankenkonstrukt – man opfert die verbliebenen defensiven Mittelfeldspieler. Es bliebe nur noch Sahin übrig, da Gündogan bekanntlich fehlt. Eine Option ist dann Mkhitaryan als 6er/8er spielen zu lassen. Allerdings wäre diese Formation sehr offensiv, aber auch sehr spielstark. Was sicherlich kein Nachteil gegenüber dem zu erwartenden Bayernpressing ist.
Beim FC Bayern sieht die Lage nach den Länderspielen allerdings nicht viel besser aus. Robben reiste schon vorzeitig von der Nationalmannschaft wieder zurück nach München. Martinez brach am vergangenen Donnerstag das Training ab und hat an beiden Spielen seiner Nationalmannschaft nicht aktiv teilgenommen. Zudem musste sich Ribery in den Duellen mit der Ukraine mehrfach behandeln lassen. Selten hat man einen Spieler gesehen, der so viele Fouls einstecken musste. Zumindest bei Robben gab es leichte Entwarnung. Erstes Training ist allerdings erst am Donnerstag. Dann wird man sehen, ob Müller-Wohlfahrt neue Kundschaft bekommt. Es ist wirklich offensichtlich, dass beide Mannschaften einen hohen Preis für die Mehrfachbelastung ihrer Akteure bezahlen.
Fazit – Was kommt?
Wer die Ausfälle schlussendlich besser wegstecken kann, wird am Samstag zu sehen sein. Der BVB wird sicherlich in den ersten 15-20 Minuten sein bekanntes Offensiv-Feuerwerk abbrennen. Hier wird es für den FC Bayern wichtig sein, nicht in Rückstand zu geraten. Schaut man auf den direkten Vergleich beider Teams in den vergangen Jahren, so zeigt sich, dass der FC Bayern kein Spiel bei Rückstand gegen den BVB drehen konnte. Führte der BVB, wurde das Spiel fast immer verloren. Zugleich kann man sich als Fan des FC Bayern mal wieder auf einen Gegner freuen, der der Mannschaft über die vollen 90 Minuten alles abverlangen wird. Die letzten sechs Spiele seit der Oktober-Länderspielpause wurden allesamt gewonnen, obwohl man drei Mal zurück lag. Irgendwie hatte sich eine gewisse Springpferd-Mentalität breit gemacht. Hin und wieder wurden kleinere Fehler gemacht, allerdings hat man dennoch jede Hürde trotz dieser Wackler genommen.
Wer jetzt nach den Ausfällen aufseiten des BVB einen Selbstläufer erhofft, sollte Borussia Dortmund nicht unterschätzen. Jürgen Klopp ist es schon häufiger gelungen langfristige Ausfälle gut zu verkraften. So ist zum Beispiel Großkreutz als Rechtsverteidiger ein Kandidat für die Nationalmannschaft. Der BVB wird zeigen müssen, dass nach zwei Pflichtspielniederlagen in Folge noch genug Benzin im Tank ist und dass sie die nötige Kaderbreite haben, um auch Rückschläge zu verkraften. Der FC Bayern kann bei einem Sieg einen großen Schritt Richtung Meisterschaft gehen. Ideale Voraussetzung für ein gutes Fußballspiel – und mehr kann man sich als Fan nicht wünschen.
*UPDATE I, Mittwoch 20. Nov 22:48 Uhr*
Der BVB-Feldreporter gab in Sachen Friedrich Entwarnung: Er wird spielen können. Daher tippt er auf folgende BVB Aufstellung:
Mein Tipp: Weidenfeller – Kuba, Sokratis, Friedrich, Großkreutz – Bender, Sahin – Auba, Mkhitaryan, Reus – Lewandowski. #bvbfcb
— Thomas Hennecke (@ThomasHennecke) 20. November 2013
*UPDATE II, Donnerstag 21. Nov 11:48 Uhr*
Traurige Gewissheit bei Ribery. Zwar hielten wohl die Knöchel und Bänder allerdings hat er sich eine Rippe angebrochen. Er fällt somit für das Spiel gegen den BVB sicher aus. Wahrscheinlich wird Robben in als LF Stürmer ersetzen und wir sehen auf der rechten Seite Müller oder Götze.
Ohne Ribéry in Dortmund! Franck mit angebrochener Rippe von Länderspielen zurück. Einsatz CL in Moskau (Mittwoch) fraglich | ^M.Hörwick
— FC Bayern München (@FCBayern) 21. November 2013