Testspiel-Analyse: City mit mehr Pep
Gegen City wagte der Trainer erstmals ein kleines Experiment: Ribéry, Robben und Coman liefen allesamt von Anfang an auf, vorne startete zudem Wagner. Verzichten mussten die Münchner unterdessen auf Javi Martínez, Juan Bernat und kurzfristig auch Renato Sanches, der mit einer Blockade im Lendenwirbelbereich ausfiel.
Der für den Portugiesen ins Team gerückte Shabani erzielte in der 15. Minute nach schöner Vorarbeit von Rafinha den Führungstreffer, Robben erhöhte wenig später zum 2:0. Ärgerlich war dementsprechend der Anschlusstreffer für City kurz vor der Halbzeit. Dem Team von Pep Guardiola gelang dann der bessere Start in die zweite Halbzeit, bereits in der 56. Minute hatten die Citizens das Spiel gedreht.
Die Bayern versuchten sich zwar noch am Comeback, letztendlich mussten sie sich allerdings mit 2:3 geschlagen geben.
3 Dinge, die auffielen:
1. Ribéry als Zehner
Eigentlich hat es in der Vergangenheit nicht lange gedauert, bis ein Bayern-Trainer entlassen wurde, wenn er es sich mit Franck Ribéry verscherzte. Um das zu erreichen, braucht es in der Regel nicht viel. Van Gaal holte sich schon eine verbale Watschn des Franzosen ab, als er ihn ins Zentrum stellen wollte.
Nun, einige Jahre später, geschah genau das wieder. Nur diesmal schien Ribéry damit einverstanden zu sein. Kovač stellte den Flügeldribbler auf die Zehn und flankierte ihn mit Coman auf Links und Robben auf Rechts. Allein schon in der Theorie eine unfassbare Waffe.
In der Praxis bestätigte sich diese Vermutung. Die Drei wirbelten, rotierten und rannten auf die gegnerische Abwehrkette zu, als gäbe es keinen Morgen mehr. Gerade Manchester City, ein Team das selbst gerne den Ball hat, hatte damit zu kämpfen, das Tempo der Bayern-Offensive zu stoppen. Die Münchner wirkten von Beginn an spielfreudig und spielten sich Chancen aus Ballbesitz heraus, waren aber auch mehrfach nach Kontern zur Stelle. Exemplarisch für gute Tempoangriffe nach eigener Ballzirkulation war das 2:0 durch Arjen Robben, als Ribéry den Niederländer durch einen herrlichen Chip-Ball freispielte.
Kurz darauf gab es schon die nächste Chance für die Bayern – diesmal nach einem Gegenstoß. Coman holte sich den Ball und schickte Ribéry steil, während Robben im Rückraum einlief und den Pass bekam. Der Abschluss war jedoch nicht präzise genug und verfehlte somit das 3:0 knapp. Es war beinahe ein Traumstart.
Später zeigten sich auch Schwächen dieser Konstellation. Bei allen Gegentoren wirkte die Mannschaft alles andere als kompakt. Wagner, Ribéry, Robben und Coman waren ein Mannschaftsteil und der Rest ein anderer. Mehrfach ergaben sich dadurch für City Räume, die von der Bayern-Offensive nicht verteidigt wurden.
Setzt Kovač in Zukunft wieder auf diese Offensive, muss er die Balance zwischen Abwehr und Angriff finden. Andernfalls drohen wieder Kontrollverlust und Gegentore.
2. Ulreich, wir müssen reden!
Sven Ulreich sah beim 2:2 erneut nicht gut aus. Der Torwart ließ einen mäßig platzierten Schuss direkt nach vorne abklatschen und trug somit eine große Verantwortung beim Ausgleich. Ohnehin macht der 29-Jährige aktuell nicht mehr den guten Eindruck, den er in der letzten Saison hinterließ. In allen drei Spielen gab es bisher Unsicherheiten.
Das ist kein Grund für ein Drama. Neuer ist ohnehin bald zurück. Trotzdem wäre es Ulreich zu wünschen, dass er nach der hervorragenden vergangenen Spielzeit wieder in Form kommt. Auch deshalb, weil er Neuer mit seinen Leistungen vielleicht noch mehr pushen kann.
3. City am Ende mit mehr Pep
Nachdem Manchester die Partie gedreht hatte, wirkten sie konzentrierter und besser. Das lag natürlich zu großen Teilen am berühmten Momentum. Auch Wechsel machen in einem Testspiel viel aus. Es zeigte sich aber auch, dass Guardiola bei City bereits lange genug arbeitet, um Automatismen und Mechanismen etabliert zu haben, die fast alle Spieler umsetzen können.
Diese Sicherheit verhalf City dazu, das Ergebnis letztendlich souverän über die Runden zu bringen. Für Kovač bleiben trotz zweier schlechter Ergebnisse bisher trotzdem viele positive Eindrücke.
Obwohl er vielen Jugendspielern die Chance gab, war gegen einige internationale Topstars kein riesiger Unterschied zu erkennen. Das lag daran, dass die Bayern das aus mannschaftstaktischer Perspektive mindestens ordentlich machten. In Ballbesitz war immer die Bemühung zu erkennen, den eigenen Spielern mehrere Optionen zu bieten. Die verschiedenen Zonen des Spielfelds waren meist gut abgedeckt und die Mannschaft hatte in allen Spielen viele Phasen, in denen sie auch gegnerischem Pressing standhielt.
Baustellen hat Kovač ganz klar in der Ausgestaltung der Balance. In einigen Situationen stand die Mannschaft entweder zu hoch, wenn die Kompaktheit fehlte oder sie arbeitete nicht als Kollektiv zurück. Das hängt definitiv nicht nur mit dem vorhandenen Kader zusammen. Es ist spürbar, dass Kovač um einen Kompromiss ringt, der das Ballbesitzspiel durchschlagskräftig macht, gleichzeitig aber dafür sorgt, dass die Absicherung sehr stark ist.
Diese Balance hat er zwar in der nötigen Konstanz noch nicht gefunden, aber er hat gesehen, dass seine Spieler das durchaus umsetzen können. In den nächsten Tagen und Wochen kommen die meisten WM-Teilnehmer zurück. Dann kann Kovač seine Ideen endgültig umsetzen. Welche taktischen Möglichkeiten sich ihm dabei bieten, analysieren wir in unserer aktuellen Patreon-Kolumne.