FC Bayern München – Real Madrid 1:2 (1:1)
Diese Frage schwebte über diesem Duell. Nun lag es nur an den Münchnern, sie positiv zu beantworten.
Falls Ihr es verpasst habt:
Heynckes bot im Vorfeld keinerlei Überraschungen.
Für den verletzten Alaba spielte Rafinha und Thiago blieb erneut in einem großen Spiel auf der Bank. Mit James, Müller, Ribéry, Robben und Lewandowski stellte der Trainer sehr offensiv auf.
Auf der anderen Seite deutete sich eine etwas defensivere Haltung an. Zidane verzichtete auf Bale und Benzema, stellte dafür Vazquez auf. Die einzige Frage vor der Partie war, ob Isco auf der Zehn spielen, oder ob er eine Art linken Flügel geben würde.
Es ging direkt mit der hohen Intensität los, die erwartet wurde. Nach gutem Pressing hatten die Bayern schon nach wenigen Sekunden die erste große Chance, doch Lewandowskis Zuspiel war zu ungenau, weshalb Müller verpasste. Auch Real tauchte wenig später in Überzahl vor Ulreichs Tor auf. Kroos tat es Lewandowski aber gleich, und verpasste das letzte Zuspiel.
Unterbrochen wurde diese furiose Anfangsphase durch die Verletzung Arjen Robbens. Der Niederländer spürte Schmerzen im Oberschenkel. Thiago kam so doch noch zu einem Fast-Startelf-Einsatz.
In der Folge gab es wenige klare Höhepunkte. Beide Mannschaften negierten sich mit einer ähnlichen Spielweise. Als dann aber Real Madrid anfing, die Bayern gehörig unter Druck zu setzen, schien das Spiel zu kippen. Wie es im Fußball manchmal aber so ist, sprang das Momentum auf die Seite der Gastgeber. Nach einer Kontergelegenheit spielte James Kimmich frei, der die Führung erzielte (29.).
Bayern konnte damit das Ruder wieder übernehmen, musste mit der Verletzung Boatengs aber erneut wechseln (34.). Süle kam für ihn.
Hummels (39.), Müller (41.) und nochmal Hummels (42.) verpassten jeweils knapp das zweite Tor. Und so wie es ein paar Minuten vorher war, war es auch diesmal wieder: das eigentlich in dieser Phase schwächere Team erzielte das Tor. Marcelo besorgte den Ausgleich mit einem Volley von der Sechzehner-Kante. Leider ein schönes Tor (44.).
In der zweiten Halbzeit ging das Spiel ähnlich weiter. Bayern hatte oft den Ball, kam auch zu guten Gelegenheiten, wusste diese aber nicht zu nutzen. Und so wurden sie erneut bestraft. Der eingewechselte Asensio besorgte nach einem absurdem Fehler von Rafinha an der Mittellinie die Führung für die Gäste (57.).
Real Madrid verließ sich von da an nur noch auf die eigenen Qualitäten im Umschaltspiel. Bayern wiederum hatte weiter beste Chancen, blieb aber ohne weiteres Tor. Es lief fast nichts für den fünfmaligen Champions-League-Sieger.
Mit zunehmender Müdigkeit blieben in der Schlussphase auch die Chancen aus. Heynckes hatte nach den aufgezwungenen Wechseln in der ersten Halbzeit auch kaum noch Möglichkeiten. Und so ging ein Spiel, das der FC Bayern niemals hätte verlieren dürfen, mit 2:1 für Real Madrid aus.
3 Dinge, die auffielen:
1. Reals Matchplan war abgezockt und gut, die Umsetzung maximal okay
Nach einer offenen Anfangsphase offenbarte sich zunehmend, was Zinédine Zidane für diesen Abend geplant hatte. Real schob im Pressing bisweilen unfassbar hoch. Ronaldo als einziger Stürmer wurde aber von zwei Spielern unterstützt, die nicht Vázquez oder Isco hießen, sondern Kroos und Modric. Die wiederum wurden im Zentrum von Casemiro abgesichert und in den Halbräumen von den tieferen Flügelspielern. Carvajal und Marcelo schlossen jeweils die Lücken auf der ballnahen Seite, indem sie ebenfalls extrem hoch agierten.
Zidane schloss damit die Zonen im Halbraum, die Bayern im Aufbau gerne bespielt. Martínez wurde im Zentrum isoliert, die Achter aus dem Spiel genommen, und die Zonen neben Casemiro waren damit schwer zu erreichen. Der Heynckes-Elf wurde damit früh der Zahn gezogen. Allerdings gelang das maximal 20 Minuten lang.
Gegen den Spieltrend kam dann der Treffer von Kimmich, der alles kippte. Bayern bekam mehr Selbstvertrauen, entschied die engen Situationen im Mittelfeld plötzlich für sich und kam so einige Male über die erste Pressinglinie in die gefährlichen Räume neben Casemiro. So schnell kann ein guter Matchplan umgeworfen werden. Madrid reagierte aber flexibel, ließ sich dann etwas fallen und agierte zumindest im Zentrum kompakt in dem Wissen, dass ihre Möglichkeit kommen würde. Und so war es auch. Zwar durch ein Traumtor aus dem Nichts, doch sie erzielten das wichtige Auswärtstor.
Zidane reagierte daraufhin abermals und brachte Asensio für Isco, um bei Kontergelegenheiten noch mehr Tempo auf den Außenbahnen zu haben. Gerade die Rhythmuswechsel der Madrilenen machten den Bayern immer wieder Probleme. Im gesamten zweiten Durchgang bedachten sich die Königlichen aufs Verteidigen und Kontern.
Es reichte aus, um den FC Bayern auf die Flügel zu drängen und dort Zugriff zu bekommen. Je länger das Spiel dauerte, umso besser verteidigten die Gäste. Das war auch der Müdigkeit des FC Bayern geschuldet. Madrid war in den richtigen Momenten zur Stelle, erzielte zwei Tore und war erneut damit erfolgreich. Eine durchschnittliche Leistung reichte aus, um sich erneut in eine starke Ausgangssituation zu bringen. Beängstigend.
2. Der Heynckes-Plan hatte gute Antworten
Auch Jupp Heynckes hatte sich vor dem Spiel natürlich seine Gedanken gemacht. Er wollte das Zentrum im Aufbau bewusst umgehen. Dort machte Martínez immer wieder seine Läufe, um Räume für seine Mitspieler zu öffnen. James sollte wiederum die engen Situationen auflösen und gemeinsam mit Hummels und Boateng Lösungen finden, das Real-Pressing aufzulösen – notfalls mit längeren Pässen, Dribblings oder hohen Schlägen.
Ziel war es, Müller und die beiden Außenspieler zu finden, die wiederum dann Madrids Schwächen auf der Außenbahn nutzen, oder spätestens im Gegenpressing nach langen Bällen erfolgreich sein sollten.
Das gelang zunächst nicht ganz so wie gewünscht. Auch die frühe Robben-Verletzung machte einen Strich durch Heynckes’ Rechnung. Thiago brauchte eine Zeit lang, um ins Spiel zu finden und auch die Ausrichtung war folglich etwas verändert. Bayern forcierte jetzt zunehmend das eigene Aufbauspiel, das mitunter aber zu fehleranfällig war.
Gerade über James gelang es aber hin und wieder, Madrids hohes Pressing zu umspielen und dann Ribéry auf dem linken Flügel zu bedienen. Der Franzose machte vielleicht sein bestes Saisonspiel. Carvajal wirkte gegen ihn wie ein unterdurchschnittlicher Bundesliga-Verteidiger.
Das übliche Muster war ein eröffnender Pass auf Müller, James oder Thiago, die wiederum Lewandowski und Ribéry entweder direkt oder mit einer Verlagerung bedienten. Mit nur zwei Stationen wurde Reals Mannschaft dann geknackt.
Der Plan ging im Prinzip auf. Real hatte Mitte der ersten Halbzeit zu viel Spielraum, sonst hatten die Münchner ihren Gegner aber gut im Griff. Auch sie wussten mit gutem Pressing zu überzeugen, ließen prinzipiell wenig zu und schafften es, sich mehr große Chancen herauszuspielen als der Gegner. Trotzdem reichte es am Ende nicht zu einem positiven Ergebnis.
3. Chancenverwertung und kurze Blackouts
Müller, Lewandowski und Hummels hatten mehrfach das zweite Tor auf dem Fuß, dem Kopf oder gar auf der Brust. Ein ums andere Mal verpassten sie, standen sich gegenseitig im Weg oder hatten absurdes Pech.
Real Madrid hingegen kam in einer schwachen Phase zum ersten Mal nach langer Zeit gefährlich vor das Münchner Tor und erzielte direkt den Ausgleich. In der zweiten Halbzeit kamen sie ebenfalls aus dem Nichts zum zweiten Tor. Besser kann man den Unterschied zwischen dem FC Bayern und den Königlichen nicht darstellen.
Hinzu kamen unfassbare individuelle Fehler. Gerade Thiago enttäuschte im Zentrum erstmals auf ganzer Linie. Vielleicht waren diese Unkonzentriertheiten auch der Grund, weshalb Heynckes sich für Robben und einen größeren Flügelfokus entschied. Jedenfalls ging dem Spanier alles ab, was ihn in der Vergangenheit so unendlich wertvoll für die Bayern machte.
Seine Pässe waren nicht gut getimt, zu unscharf oder schlicht ungenau. Auch im Pressing ließ er sich überraschend oft unter Druck setzen. Es gab nur selten Situationen, in denen der Spanier den Spielaufbau entscheidend lenken konnte. Aber er war nicht alleine damit. Hummels spielte im ersten Durchgang den ein oder anderen schlimmen Fehlpass, Lewandowskis Chancenverwertung war erneut in einem großen Spiel unterirdisch, Kimmich offenbarte gegen den Ball völlig natürliche Schwächen…
Nicht alles davon ist als Vorwurf gemeint. Aber diese Kleinigkeiten entscheiden solch große Duelle eben. Real Madrid hat weniger Fehler gemacht, war in den richtigen Momenten da und hat so eine Partie gewonnen, die sie niemals hätten gewinnen dürfen.
Die Heynckes-Elf war einfach nicht abgezockt genug. Das waren die Bayern schon in der letzten Saison nicht. Und so fährt der deutsche Meister mal wieder mit einem schlechteren Ergebnis nach Madrid, als eigentlich nötig gewesen wäre. Denn leistungstechnisch war das kein schlechtes Spiel des FC Bayern. Im Gegenteil. Man brachte sich völlig unnötig selbst in Situationen, in denen Madrid nur kurz den Bizeps anspannen musste, um das Duell womöglich vorzuentscheiden.
Ebenfalls aus der vergangenen Saison wissen wir, dass die Bayern auch in Madrid so ein Ergebnis drehen können. Doch wenn man ehrlich ist, braucht es dafür eine noch bessere Leistung, viel Spielglück und eine deutlich bessere Chancenverwertung. Unmöglich ist nichts, aber der FC Bayern hat sich selbst auf absurde Art und Weise in eine Scheißsituation gebracht.