Der FC Bayern trennt sich von Carlo Ancelotti
Bereits am frühen Morgen verbreiteten sich Gerüchte, dass die Klubführung kritisch über die Trainerposition diskutiere. Was zunächst nur ein Gerücht war, wurde dann zur Wirklichkeit. Die Bayern haben den Italiener mit sofortiger Wirkung entlassen. Dies teilte der Klub in einer Pressemitteilung am Nachmittag offiziell mit.
Gekommen als Verwalter, gegangen als großes Missverständnis
Als die Klubführung nach Pep Guardiola eher einen Pragmatiker suchte, wurden sie schnell auf Carlo Ancelotti aufmerksam. Kein verfügbarer Trainer konnte mehr Erfolge vorweisen als er. Und doch war von Anfang an das Gefühl da, dass es nicht so richtig passen würde.
In unserem ausführlichen Portrait beleuchteten wir damals die große Karriere des Carlo Ancelotti. Doch wir formulierten auch Aufgaben.
In seiner Zeit wird er Lösungen finden müssen, um Ribéry, Robben und Lahm zu ersetzen sowie junge Spieler wie Coman, Kimmich und Sanches zu entwickeln. Nach vier Meisterschaften in Folge wird es immer schwerer für die Bayern. Alle warten auf eine kleine Pause und genau in diesen Übergang könnte sie fallen. Das zu verhindern und direkt erfolgreich zu sein, wird eine weitere Aufgabe des Italieners sein.
Er übernahm eine Mannschaft, die ihren Zenit lange überschritten hatte. Während Guardiola durch ständigen Wandel und immer neue Herausforderungen erreichte, dass das Team diesen Zenit etwas streckte, scheiterte Ancelotti an seiner Eintönigkeit. Gerüchten nach war das Training zu lasch und der Anspruch an die Spieler zu gering.
Vielleicht wäre der Italiener vor 3-5 Jahren erfolgreich gewesen. Als Robbery noch fitter waren, Lahm auf seinem Höhepunkt und Gedanken an den Umbruch noch zu früh gewesen wären. So ist er aber gescheitert. Nicht, weil er ein schlechter Trainer wäre, sondern weil er nicht in diese Phase des Vereins gepasst hat.
Ancelotti sollte die Leistung des Kaders verwalten. Doch zur Wahrheit zählt, dass man ihn entwickeln muss, um das Niveau halten zu können. Das schaffte er nicht. Diesen Fehler muss sich vor allem die Führung ankreiden lassen, die nach Namen und Titeln entschied. Die „kleine Pause“, von der wir im Portrait sprachen, ist nun da.
Will der Klub für etwas stehen?
Sie wäre zu verhindern gewesen, doch der Klub badete im eigenen Erfolg und war sich zu schade, die gute Vorarbeit von van Gaal, Heynckes und Guardiola zu nutzen, um endgültig etwas zu etablieren, für das der FC Bayern steht. Ancelotti war der Rückschritt in alte Zeiten. In Zeiten, in denen der FC Bayern irgendwie erfolgreich war, aber gewiss nicht durch System, Strategie und Plan. Sondern vor allem durch Zusammenhalt und individuelle Klasse.
Das funktioniert vielleicht, wenn du einen Kader wie Real Madrid hast. Es klappt aber nicht, wenn der Rückstand auf Europas Spitze immer größer wird. Auch das wurde in Paris endgültig offenbart.
Carlo Ancelotti wird dem FC Bayern nun als großes Missverständnis in Erinnerung bleiben. Für den Trainer selbst wird dies nur ein kleiner Fleck in einer großartigen Karriere sein. Die Klubführung sollte hingegen schleunigst die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Denn Ancelotti mag vielleicht das schwächste Glied der Fehlerkette gewesen sein, doch seine Entlassung löst nicht gleich alle Probleme.
Es braucht Veränderung in München. Der Klub muss moderner, einheitlicher, innovativer und kreativer werden und das auf allen Ebenen, nicht nur auf der Trainerposition. Am Ende wird diese Entlassung nur der richtige Schritt gewesen sein, wenn im Anschluss die richtigen Entscheidungen getroffen werden. In nicht mal zwei Jahren schafften die Verantwortlichen es, die spielerische Identität nahezu zu zerstören. Will dieser Klub für etwas stehen oder entscheidet er sich für den nächsten Namen, der halbwegs vielversprechend klingt?
Erstmal wird Willy Sagnol eine Position nach oben rücken. Der Franzose kann natürlich nicht die endgültige Lösung sein, dafür steht auch er bereits zu sehr für den massiven Rückschritt. Deshalb darf man gespannt sein, wie der FC Bayern sich verhalten wird und wer wann die Nachfolge antritt. Auch den Spielern wird jetzt ein Stück weit das Alibi genommen. Sie stehen in der Verantwortung. Es scheint, als könne die Mannschaft nur noch aus sich heraus eine geschlossene und ordentliche Saison spielen.
Fakt ist, dass das Ende Ancelottis nur der Anfang eines Tiefpunktes ist. Ab jetzt wird sich entscheiden, ob die Bayern im internationalen Vergleich auf Dauer konkurrenzfähig bleiben und ob es wieder bergauf geht.