Hannover 96 – FC Bayern München 0:1 (0:1)
Das Weihnachtsgeschenk dürften viele Fans gerne mitnehmen. Zumal der Verein die Leistungsträger Xabi Alonso (2017), Javi Martinez (2021), Jerome Boateng (2021) und Thomas Müller (2021) gebunden hat. Unabhängig der Zukunft von Pep Guardiola wird der Spielbetrieb also aufrecht erhalten werden können.
Falls ihr es verpasst habt:
Mit 14 Feldspielern reisten die Münchner nach Hannover. Die absolute Minimalbesetzung lag am wachsenden Krankenstand unter der Woche. Neben den bereits bekannten Ausfällen gesellte sich auch Philipp Lahm hinzu.
So ging Pep Guardiola zum ersten Mal seit Wochen wieder mit einer größeren taktischen Änderungen in die Partie – weg vom 4-3-3 hin zum 3-4-3 Grundsystem, mit Badstuber, Boateng und Martinez in einer Dreierkette. Wobei die Kette immer wieder von Rafinha unterstützt wurde, der zunächst etwas höher im rechten Mittelfeld begonnen hatte. Zudem waren Thiago, Alonso und Vidal im Team. Die Offensivreihe blieb mit Müller, Lewandowski und Coman im Vergleich zu den Vorwochen unverändert.
Hannover spielte relativ konservativ im 4-4-2 und war eher auf eine gute defensive Grundordnung bedacht. Pressing der Offensivreihe war nur selten bis gar nicht zu sehen.
Die Münchner begannen die Partie in den ersten Minuten durchaus druckvoll. Bereits in der fünften Spielminute hatte Thiago eine Großchance. Der Mittelfeldakteur nahm eine hohe Halbfeldflanke von Vidal im Strafraumzentrum mit der Brust an und kam aus sechs Metern völlig frei zum Abschluss. Der Schuss war aber zu unplatziert. Aber auch Hannover wusste gefällig nach vorne zu spielen. Nur drei Minuten nach der Großchance von Thiago hatte Xabi Alonso einen Ballverlust im Mittelfeld. Albornoz fand mit einer Flanke in der Mitte Andreasen, dessen Kopfball Neuer mit den Fingerspitzen noch an die Latte lenkte (8.). Anschließend verflachte die Partie aus Münchner Sicht etwas. Das Problem war in der 3-4-3 Grundordnung, dass Badstuber zum einen sehr hoch, aber doch recht isoliert auf der linken Außenverteidiger-/Mittelfeldposition war, zum anderen auf der Gegenseite auch Rafinha nur unzureichend in das Spiel eingebunden wurde bzw. oftmals in isolierte Aktionen gedrängt wurde. Müller orientierte sich mehr in die Mitte, weshalb das Kombinationsspiel auf der rechten Außenbahn sichtlich gelitten hat.
Erst eine Umstellung brachte Besserung. Coman, der wenig bis gar nicht mit Badstuber harmonierte, rückte auf die rechte Außenbahn. Thiago rückte dafür auf die linke Außenbahn und Vidal spielte etwas tiefer. Mit dieser Umstellung kam Hannover nicht zurecht. Es entwickelten sich Chancen für die Münchner im Minutentakt. Lewandowski traf mit einem Fernschuss den Pfosten und Müller brachte den Nachschuss am (eigentlich) schon geschlagenen Zieler nicht unter (30.). Wenig später rettete Marcelo gegen Lewandowski (33.), Thiago (34.) und Müller (35.) vergaben ebenfalls. Es war die beste Phase der Münchner, denen es gelang die Mittelfeldlinie von Hannover relativ leicht zu umspielen und Coman immer wieder Eins-gegen-Eins gegen Albornoz zu schicken. So entstand wenig später auch die Führung für die Münchner: Alonso und Rafinha, der zunehmend eher eine Halbposition im Mittelfeld begleitete, spielten Coman auf der rechten Seite frei. Dieser flankte in die Mitte und Schulz nahm den Ball mit dem Oberarm an. Ein klarer Strafstoß. Nach kurzer Rücksprache mit Lewandowski verwandelte Thomas Müller (40.), nachdem er zuletzt gegen Zagreb nicht treffen konnte.
In der zweiten Halbzeit entwickelte sich eine zähe und höhepunktarme Partie. Die Münchner hatten nur noch sieben Torschüsse in den zweiten 45 Minuten, in den letzten 30 Minuten des Jahres sogar nur drei Versuche. Zu sehr war die Spielweise auf Einzelaktionen ausgelegt, zu oft fehlte das nötige Tempo. Auf der Gegenseite konnte allerdings auch Hannover 96 nur wenig Druck ausüben. Auch mit zunehmenden Spielverlauf gab es nur selten Druck auf die Bayernspieler. Selbst in den letzten 10 Minuten änderte Hannover die Spielweise nicht mehr, obwohl Michael Frontzeck durchaus offensiv gewechselt hatte. Der schnelle Saint-Maximin kam für Andreasen (69.) und Klaus für Karaman (84.). Torgefahr konnte Hannover nur noch ein Mal entwickeln: Prib eroberte gegen Vidal den Ball im Mittelfeldzentrum und zog etwas überhastet aus 25 Metern ab. Der Ball ging deutlich über das Tor (66.). Pep Guardiola nahm nur wenige Anpassungen vor. Lediglich auf die Einwechselung von Saint-Maximin reagierte er und brachte Kimmich für Badstuber. Rafinha tauschte die Seiten und die Münchner spielten die Partie im 4-2-3-1 zuende. Kurz vor dem Abpiff gab es erneut eine Verletzung auf Seiten der Münchner: Vidal konnte in der 87. Minute das Feld nur humpelnd verlassen. Für ihn kam Rode.
Am Ende siegten die Münchner erneut glanzlos, aber nicht unverdient mit 1:0 in Hannover. Mit der zweitbesten jemals gespielten Hinrunde gehen die Bayern als Herbstmeister in die Weihnachtspause – dank zwei später Kölner Treffer sogar wieder mit acht Punkten Vorsprung. Das Spiel dürfte bereits morgen vergessen sein, wenn der Verein wohl offiziell den Weggang von Pep Guardiola zum Saisonende verkünden wird. Die Diskussionen um seine Person waren zumindest am letzten Spieltag der Hinrunde kein Faktor.
3 Dinge, die auffielen:
1. Vertragsverlängerer als Matchwinner
Am Tag vor dem Spiel wurden die Vertragsverlängerungen von vier Leistungsträgern auf Seiten der Münchner gefeiert. Alle vier zeigten in dieser zähen Partie ihre Klasse. Boateng und Martinez bewiesen in der Innenverteidigung, warum sie klar gesetzt sind. Die Taktik von Hannover, lange Bälle auf Erdinc zu spielen, der wiederum ablegen sollte, ging im Regelfall nicht auf. Zu überlegen waren beide Spieler im Kopfballspiel. Auch sonst zeigten sie eine absolut souveräne und unaufgeregte Leistung. Besonders erwähnenswert ist hier Jerome Boateng. Dieser gewann 100% seiner Zweikämpfe, spielte demzufolge auch kein einziges Foul an diesem Samstagnachmittag. Mit 12/21 langen Bällen eröffnete Boateng in gewohnter Weise das Spiel des Rekordmeisters. Ebenfalls äußerst souverän agierte sein Pendant auf der rechten Innenverteidigerposition, Javi Martinez. Vier Klärungen und zwei wichtige gewonnene Zweikämpfe in der zweiten Halbzeit zeigen, dass Martinez weiterhin auf dem richtigen Weg ist. Seine Leistung hat sich im laufe der Hinrunde immer weiter gesteigert. Mittlerweile wirkt er auch wieder deutlich fitter.
Ein weiterer Vertragsverlängerer war es schlussendlich, der den FC Bayern auf die Siegerstraße brachte. Thomas Müller verwandelte seinen fünften von sechs Elfmetern im Laufe der Hinrunde. Es war bereits sein 14. Treffer in der laufenden Saison, für ihn persönlich ein neuer Rekord. Bisher hatte er stets maximal 13 Tore in der Liga erzielt, jetzt hat er bereits nach der Hälfte seinen eigenen Bestwert nach oben geschraubt. Ebenfalls wichtig – bereits fünf Mal erzielte Müller das Führungstor für die Münchner. Er ist der absolute Schlüsselspieler, auch wenn ihm ansonsten wenig gelang. Beim wichtigen Strafstoß war Müller da.
2. Der lange Weg des Holger Badstuber
Holger Badstuber ist auf einem langen Weg zurück zur Normalität. Wie schwierig dieser sein kann, zeigte seine rote Karte gegen Piräus vor ein paar Wochen in der Champions League. Pep Guardiola setzte ihn trotz einiger personeller Probleme nur äußerst behutsam ein. Am heutigen Samstag gab es für den spanischen Trainer aber nur wenig Alternativen, weshalb seine Wahl auf Holger Badstuber fiel. Dieser sollte zunächst in einer Dreierkette den linken Verteidigerpart übernehmen. Auf dieser Position musste er einen großen Raum abdecken und hatte in den Anfangsminuten sichtlich Probleme damit. Wenig später stellte Pep Guardiola etwas um und spielte fortan eher mit einer Viererkette – mit Badstuber als linken Außenverteidiger. In dieser Rolle war Badstuber gar nicht in das System eingebunden. Nur 16 Ballkontakte konnte er nach 30 Minuten aufweisen. Das Spiel ging weitestgehend an ihm vorbei. Bezeichnend, dass mit dem Flügelwechsel von Coman und der damit verbundenen Unterstützung von Rafinha das Spiel der Münchner deutlich mehr Zug zum Tor entwickelte.
In Halbzeit zwei, als die Münchner defensiver agierten, war Badstuber auch besser eingebunden und konnte zumindest durch seine Passsicherheit gefallen. Seine unaufgeregte Art und eine Passquote von 95% beruhigten das Bayernspiel. Hinzu kamen zwei Klärungen und eine Zweikampfquote von 40%. Seine gefürchteten langen Bälle spielte er nur selten (2/3). In der 73. Minute war der Arbeitstag für Badstuber dann beendet. Es zeigte sich erneut, dass ihm noch die letzten Prozentpunkte der Fitness und vor allem der Spielpraxis fehlen. Über die Winterpause muss Badstuber weiter an sich arbeiten, will er wieder dauerhaft eine feste Rolle in dieser Mannschaft spielen. Zu sehr haben sich Martinez und Boateng in der Innenverteidigung fest gespielt. Hinzu kommt ein Benatia, der stets solide spielen kann, sollte er nicht wegen einer Verletzung pausieren müssen.
3. Zuhause ist es am Schönsten
Ein 1:0-Sieg ist das wohl denkbar knappste Ergebnis im Fußball. Erneut war es nur eine minimalistische Vorstellung in fremden Stadien. In acht Auswärtsspielen schossen die Münchner „nur“ 14 Tore. Das sind gerade mal 1,75 Tore pro Spiel. Demgegenüber stehen eine solide Defensive mit fünf Gegentoren, also 0,625 Gegentreffern pro Partie. Trotz dieses knappen Unterschiedes konnten sechs Spiele erfolgreich bestritten werden. Hoffenheim, Darmstadt, Bremen, Mainz, Schalke und Hannover wurden geschlagen. Gegen Frankfurt reichte es nur zu einem torlosen Unentschieden, gegen Gladbach verlor man in einer ausgeglichenen Partie 1:3. Ein Blick auf die Mannschaften zeigt: Bis auf Schalke und Gladbach stehen noch viele Herausforderungen für die Mannschaft in der Rückrunde bevor. Gegen die vier ‚Verfolger‘ in der jetzigen Tabelle muss der FC Bayern noch auswärts antreten. Hinzu kommen noch die aktuellen Tabellenplätze 9. – 11., also solide Mittelfeldmannschaften. Kurzum, es warten noch einige schwere Aufgaben in der Rückrunde auf die Mannschaft von Pep Guardiola. Diese muss sich teilweise deutlich steigern, will sie den sicheren Vorsprung vor Dortmund nicht mehr aus der Hand geben.
HANNOVER 96 – FC BAYERN 0:1 (0:1) | |
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Hannover 96 | Zieler – Sakai, Marcelo, Schulz, Albornoz – Schmiedebach, Sané – Karaman (84. Klaus), Andreasen (69. Saint-Maximin), Prib – Erdinc (58. Benschop) |
Bank | Tschauner – Gülselam, Felipe, Anton |
FC Bayern München | Neuer – Martinez, Boateng, Badstuber (73. Kimmich) – Thiago, Alonso, Vidal (88. Rode) – Rafinha, Müller, Coman – Lewandowski |
Bank | Ulreich – Kirchhoff |
Tore | 0:1 Müller (40./Handelfmeter) |
Karten | – / – |
Schiedsrichter | Manuel Gräfe (Berlin) |
Zuschauer | 49.000 (ausverkauft) |